Journal Sonntag, 9. Juli 2017 – Verhinderter Regenlauf und Nachdenken über Europa

Montag, 10. Juli 2017 um 6:52

Eigentlich sollte es ein Regenlauf werden: Nach dem Morgenkaffee auf dem Balkon setzten Gewitter ein, auf dem Regenradar sah es nach Regen bis mindestens elf Uhr aus. Also setzte ich Kontaktlinsen ein und trug eine Schirmmütze. Doch der Regen hörte schon auf meiner U-Bahn-Fahrt zum Odeonsplatz auf, es war dampfig warm und ich schwitzte sehr. Entsprechend schnell bekam ich Durst; sonst trinke ich ja schon mal aus der Isar, doch gestern schreckte mich das regenbraune Wasser ab.

Die Fassade der Theatinerkirche ist nach Renovierung wieder hüllenlos.

Nach dem Frühstück Zeitungen gelesen.

Wieder mal gemerkt, wie wenig Ahnung ich von Lokalpolitik habe. Selbstverständlich ging ich bislang davon aus, dass München, die drittgrößte Stadt der Bundesrepublik Deutschland, einen stadtweit übergreifenden Bebauungsplan hat, abgeleitet von strategischen Zielen. Stellt sich heraus: Sowas wurde zuletzt 1983 aufgesetzt. Im Lokalteil der Print-Süddeutschen wurde Stadtbaurätin Elisabeth Merk zitiert, die einen Gesamtentwicklungsplan aus einem Guss vorschlägt: “Der Stadtentwicklungsplan von 1983 war das letzte Papier dieser Art.”

Ausgiebig gebügelt, diesmal kam Tischwäsche dazu, dabei unter anderem beim Deutschlandfunk
“Reden zu Europa 1945 bis 1979
‘Auf dass endlich Friede werde!'”

gehört. Mir wurde klar, wie jung und wie einzigartig das Projekt Europa ist. Zum Beispiel kenne ich den Begriff “Montanunion” aus den Nachrichten meiner Kindertage; erst jetzt begriff ich, wie eng wirtschaftliche und Friedensfragen damals verknüpft waren. Und dass bis heute die Europäische Union wirtschaftliche und politische Frage kontinuierlich ausbalanciert. Wieder ergriff mich Bestürzung über anti-europäische Bewegungen allgemein und den Brexit (BLOODY IDIOTS!) im Besonderen. Auch die eben verstorbene Simone Veil hörte ich; ich erinnerte mich, wie sehr mir als Kind auffiel, dass die Chefin des Europäischen Parlaments eine Frau war (außerdem fand ich sie wunderschön) – dass es sich um das erste Europäische Parlament überhaupt handelte, war mir nicht bewusst.
Auf den Arte/Deutschlandfunk-Schwerpunkt “Große Reden” hatte mich ein Artikel der SZ gebracht.

Nochmal liegen gebliebene Zeitungen gelesen, bis Herr Kaltmamsell das Abendessen servierte.

§

Bachmannpreisfan Andrea Diener war zum ersten Mal in Klagenfurt live dabei und fragte sich, warum sie das nicht schon viel früher gemacht hat (meinen Verdacht, sie habe sich dem Besuch bislang aus Bockigkeit verweigert, bestritt sie).

Und wie ich erwartet hatte, ist ihre Zusammenfassung sehr schön.
“Das Lieblingstier heißt Rehragout”.

der Bachmann-Nostalgiker erwischt sich bei dem Gedanken, dass eine Daniela Strigl dem Spiel jetzt gut tun würde

§

Auch der Bundesrat hat der Gesetzesänderung zur Ehe für alle zugestimmt, sie ist durch.
Gleichzeitig lohnt es sich, über weitere Verträge zwischen zwei Privatpersonen nachzudenken, wie es sie in einigen Staaten bereits gibt:

“Pakt für das Zusammenleben
Willst Du mich pazen?”

“In Frankreich wird der Pacs inzwischen seltener aufgelöst als die Ehe”

via @FrauZiefle

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal Sonntag, 9. Juli 2017 – Verhinderter Regenlauf und Nachdenken über Europa“

  1. Trulla meint:

    Ich halte mich im allgemeinen für gut informiert, auch dank digitaler Medien und Vielleserei. Doch Sie toppen mal wieder alles mit Ihren Hinweisen auf interessante Artikel. Danke also für “pazen”. Nie zuvor gehört und begeistert gestaunt, obwohl n Frankreich schon lange erprobt. So lebensnah und praktisch. Dank der endlich durchgesetzten “Ehe für alle” auch in Deutschland denkbar geworden, hoffen wir es!
    Ich erinnere mich, dass eine gute Freundin mich vor etwa 35 Jahren fragte, ob ich ihr Kind im Falle ihres Todes in meine Familie aufnehmen und mit groß ziehen würde. Die Tochter sollte dann keinesfalls zu den jeweiligen Großeltern. Dazu war ich bereit, aber alles wurde letztlich nur mündlich besprochen. Ein Pakt der geschilderten Art wäre bestimmt hilfreich gewesen.
    Glücklicherweise ist nichts passiert und Mutter und Tochter haben ein wunderbares Leben miteinander gelebt. Wir sind immer noch gute Freunde.

  2. Susann meint:

    Ja, der Pacs ist deutlich überfällig in Deutschland.

    Möchte an dieser Stelle nur kurz mal ein “Danke” rüberschicken, für’s Teilen von Leben, Lieblingslinks und klugen Gedanken. DANKE!

  3. Hauptschulblues meint:

    Schön sind Ihre Fotos aus München, die ich (fast) alle verorten kann. Allmählich werde ich Ihr Fan.
    Von Herrn Kaltmamsell bin ich es schon lange.

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