Journal Dienstag, 17. September 2019 – Aufs Rad umgestiegen

Mittwoch, 18. September 2019 um 7:02

Schlechte Nacht.

Wie geplant mit dem Fahrrad in die Arbeit – ging gut, auch wenn ich rechts wegen Hüftschmerzen nicht so kräftig in die Pedale treten kann.

Nach einem bewölkten Tagesbeginn wurde das Wetter nochmal schön, es hatte allerdings abgekühlt.

Den ganzen Tag fühlte ich mich knochenmüde und benommen – aber hey: Das hatte ich auch schon ohne Qualnächte. Obwohl es draußen abgekühlt hatte, war es im Büro ungewohnt warm (nein, nix mit Wechseljahren, die 19-Jährige gegenüber glänzte und ächzte wie ich).

In manchen Bereichen der Arbeit werde ich richtig gut im Klappehalten. Am besten gelingt mir das in Besprechungen, am wenigsten in Fachgesprächen zu zweit.

Mittags Brot, Käse, Zwetschgen, nachmittags ein Eiweißriegel.

Den Donnerstags-Rehatermin hatte ich auf gestern vorverlegt, weil am Donnerstagabend ein lange vereinbarter Friseurtermin liegt. Die Gymnasikrunde in der Gruppe enthielt wenigstens angemessene Übungen, doch Detailerklärungen, Beobachtung, individuelle Korrektur scheinen nicht zum Programm zu gehören. Wenigstens wirkte die gestrige Vorturnerin nicht so schmerzhaft gelangweilt wie die meisten ihrer Kolleginnen.

An die Geräte im Maschinenraum ließ mich das System erst mal nicht: Der Bildschirm forderte mich auf, meine Gewichte neu einstellen zu lassen. Ein Trainer erledigte das in Rücksprache mit mir auf seinem Trainerrechner, ich ließ natürlich überall etwas drauflegen (an der Beinpresse, die nicht computergesteuert ist, hatte ich das bereits beim dritten Training selbst gemacht). Jetzt absolvierte ich meine Runde, weiterhin sehr müde.

Wenigstens war ich mit dem Rad schnell daheim. Herr Kaltmamsell hatte aus Ernteanteil Fenchel-Zucchini-Suppe gemacht, nach zwei Tellern davon gab es den am Vorabend vergessenen Zwetschgenröster mit Schlagsahne.

Ich verabschiedete mich früh ins Bett (dann doch mal wieder Ibu) und hoffte auf eine bessere Nacht.

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Julia Felicitas Allmann geht die Frage systematisch an und achtet darauf, den Bias der eigenen Seite zu berücksichtigen.
“Sind Rechte wirklich dümmer als Linke?”

Wahrscheinlich kennt jeder Mensch mit tiefen politischen Überzeugungen dieses Gefühl: Das können “die anderen” unmöglich ernst meinen! Verstehen die nicht, was sie da sagen? Sind sie vielleicht einfach zu dumm, um es zu checken?

Das linksgerichtete Lager gibt sich gern intellektuell, das konservative hält sich dagegen für “realistisch” und “bodenständig”.
Das sind die Vorurteile gegenüber Rechten und Linken.

Sind das nur arrogante Thesen – oder ist da wirklich etwas dran?

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Juan Moreno, der die Relotius-Lügen aufgedeckt hat, hat jetzt ein Buch darüber veröffentlicht. Im Spiegel gibt es einen Auszug daraus:
“‘Claas Relotius war nie Reporter'”.

Würde man mich fragen, welche Farbe der Reporterberuf hat, meine Antwort wäre: grau. Mattes, kaum polierbares Grau. Ein Reporterleben besteht zum großen Teil darin, Leid, Schmerz und Problemen nachzureisen, sich danebenzustellen, einen Stift und Block zu zücken und das aufzuschreiben, was man sieht. Der Schmerz der anderen, das ist Reporter-Rohstoff. Das ist nicht sonderlich glamourös. Manchmal besuche ich auch Menschen, denen es besonders gutgeht, oder die Glück gehabt haben, aber Leser mögen solche Geschichten nicht. Viele behaupten zwar, dass sie das gern lesen, es stimmt aber nicht. Zweifler mögen einen beliebigen Online-Redakteur fragen, worauf Nutzer “klicken”. Jeder Online-Redakteur kann zu seinen Klickzahlen einen Vortrag halten. So wie jeder Fernsehredakteur einen über Einschaltquoten halten kann. Denn was passiert regelmäßig in Nachrichtensendungen, wenn auf einen erschütternden ein positiver Beitrag folgt? Die Zuschauer schalten ab. Brennende Häuser, ertrinkende Flüchtlinge, keifende Diktatoren, alles kein Problem. Aber zwei gute Nachrichten hintereinander, und der Zuschauer ist weg.

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Eine Folge meiner Überzeugung nach: Ende Mai war die Aufmachergeschichte des SZ-Magazins eine über Frauengesundheit (leider immer noch 1,99€, deshalb hatte ich das damals nicht sofort gepostet):
“Was Frauen krank macht”.

Der auffallende Einstieg von Mareike Nieberding:

Hier könnte die Leidensgeschichte einer Kranken stehen. Zum Beispiel die Geschichte einer der Frauen, die an den Nebenwirkungen von Digoxin starben – einem Wirkstoff, der Männern helfen und Frauen schaden kann, was Ärzte nicht wussten, da Digoxin wie viele Medikamente lange nicht an Frauen getestet worden war, weshalb es jahrelang beiden Geschlechtern verabreicht wurde. Ein Einzelfall, an dem im Kleinen das große Ganze erzählt werden kann.

Berichte über Kranke sind oft Berichte über Schicksale. Aber dass Frauen zwar länger leben als Männer, jedoch öfter an Herzkrankheiten sterben, dass sie mit akuten Schmerzen in der Notaufnahme durchschnittlich 16 Minuten länger auf schmerzstillende Mittel warten müssen als Männer und dass Ärzte sie laut einer Studie der Universität Harvard von 2016 schlechter behandeln, als Ärztinnen das tun – das alles hat nichts mit Glück oder Pech, Schicksal oder Zufall zu tun. Es ist keine Frage des individuellen Leidens, sondern des strukturellen Versagens.

Nieberding verweigert sich der klassischem Rutsche in einen Sachartikel, die jeder Journalistin beigebracht wird: Was konkret Menschliches, Emotionales, um die Leserinnen und Leser in den Text zu ziehen. Und macht transparent, warum das dem Thema unangemessen wäre. Ein echter Gegen-Spiegel.

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Thema Haustiere: Ich habe da einen neuen Wunsch. (Allerdings bin ich immer noch unentschieden, auf welcher Seite der Leine ich am liebsten stünde.)

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Dienstag, 17. September 2019 – Aufs Rad umgestiegen“

  1. Frau Klugscheissewr meint:

    Lass uns einen Club der Humpelnden gründen. Sind wir schon zwei.
    Übrigens interessanter Artikelauszug über die unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern. Ich habe im Flugzeug endlich den Film über Ruth Bader Ginsburg “on the basis of sex” gesehen. Sehr empfehlenswert im Zusammenhang mit derartigen Unterschieden.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Oh je, Frau Klugscheisser, so ein Mist.

  3. Maria meint:

    Dieser Dinosaurier spazierte Ende August im Forum Schwanthalerhöhe herum, ebenso an der Leine.
    Wir waren in der Drogerie im Untergeschoss und hörten von draußen regelmäßig einen komischen Schrei. Ich sagte noch: “Das arme Kind, was ist denn da los?!”
    Bis wir dann vor dem Laden das Vieh sahen…

  4. Frau Irgendwas ist immer meint:

    Ich sehe ihr neues Haustier schon neben dem Fahrrad hertraben, da hätten Sie garantiert freie Fahrt!
    Nicht auszudenken wenn `der Kleine` mit schwimmen oder joggen geht!

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