Archiv für November 2020

Journal Montag, 2. November 2020 – Wolverine und ich

Dienstag, 3. November 2020

Das mit der Putzmannanwesenheit war dann gar kein so großes Problem: Er kam erst nach zwölf. Ich spazierte über den Alten Südfriedhof an die Isar und setzte mich in den Frühlingsanlagen (ich wusste bis dahin nicht, dass sie so heißen) auf ein Bankerl, wo ich eine gute Stunde las.

James Rebanks’ English Pastoral lese ich sehr gern. Ohnehin finde ich es aufregend, seine Entwicklung als Landwirt und die seines Hofs über jetzt doch einige Jahre so nah mitzubekommen. Dass sein Vater kurz vor Veröffentlichung des ersten Buchs A Shepherd’s Life gestorben war, wusste ich; doch wurde mir erst bei der neuen Lektüre erst, dass James Rebanks danach den Hof übernommen hat, jetzt der Bauer war und deshalb all die Veränderungen und Projekte umsetzen konnte, die ich auf Twitter mitverfolge.

Der Tag war bewölkt, aber sehr warm, ich brauchte keine Jacke.

Nachmittags Ersttermin im Schwabinger Reha-Sportstudio. Er startete mit einer Pro-forma-Untersuchung eines Arzts, dann schickte man mich in das Stockwerk mit den Sporträumen, wo ich mich umzog.

Ein Physio-Trainer stellte mein Reha-Programm zusammen. Ich habe wirklich besonderes Glück mit der Einheilung meiner Endoprothese: Der Trainer äußerte sich mehrfach verwundert, welche Übungen er mir nur vier Wochen nach OP auf den Trainingsplan setzen konnte – weil ich sie halt schon problemlos ausführen kann. (Der passende Moment, mich ein winziges Bisschen mit Wolverine zu vergleichen? Adamantium-Titanium / potetoe-potatoe?)

Das Programm besteht ausschließlich aus Übungen, die ich daheim nicht machen könnte, und diese sind fast durchwegs Wackelübungen (Trainer nennt sowas “Stabilität”). Die fallen mir schon immer ausgesprochen schwer, weswegen ich sie nicht ausstehen kann, was bedeutet, dass ich sie wirklich nötig habe. Darunter sind unter anderem Bodenübungen mit Peziball, Kniebeugen auf der Schnittfläche eines Halbkugelpolsters, Seilzugübungen auf Wackelpolster stehend. Weil, wie der Trainer schnell feststellte, “die reine Kraft hast’ ja schon”.

Wermutstropfen: Im Sportraum ist Maskenfreiheit erlaubt, “wenn die Übung anstrengend ist” – was die Patientinnen und Patienten offensichtlich ausgesprochen memmig interpretieren. Denn: Nein, Krankengymnastik ist kein Kardio-Training, und wer bei den Übungen ernsthaft außer Atem kommt, hat eigentlich ein Problem. Und in der Rehaklinik am Tegernsee hatte ich ja erlebt, wie Menschen aller Altersgruppen ihre Übungen mit OP-Maske durchführen können. Da ich mir meine Tage weitgehend frei einteilen kann, werde ich versuchen, möglichst menschenarme Zeiten zu erwischen.

Als ich am Sendlinger Tor aus dem U-Bahnhof stieg, sah ich Fledermäuse in der Dämmerung um den Turm von St. Matthäus. Aus dem heimischen Wohnzimmer hielt ich mit Herr Kaltmamsell Ausschau, bis wir auch hier eine sahen.

Zum Abendessen kochte ich uns Exotisches: Eier in Senfsauce.

Mit Petersilie wäre das Gericht etwas hübscher gewesen, doch die hatte ich bereits gehackt in der Küche vergessen.

Wie so viele anderswodeutsche Gerichte habe ich das in einer Kantine kennengelernt. Senfsoße mochte ich sofort. (Lauch – war noch da, musste weg – und Kartoffeln aus Ernteanteil.)

Die Wahlen in den USA dominieren meine Nachrichtenkanäle (neben Corona). Es würde mich sehr erleichtern, wenn ich bald nicht mehr täglich lesen müsste, welche Ungeheuerlichkeiten das gewissenlose Monster Trump jetzt wieder gesagt und getan hat.

Journal Sonntag, 1. November 2020 – Ruhiger Drinnensonntag

Montag, 2. November 2020

Ausgeschlafen, gebloggt, Sportprogramm. Draußen war es nass und grau.

Zum Frühstück toastete ich ein paar Scheiben fragwürdiges Lievito-Madre-Brot, aß es mit Käse und Chutney.

Ich bügelte den Stapel T-Shirts weg, der sich über die vergangenen Wochen angesammelt hatte. Nachmittagssnack: Apfelkuchen und eine Birne.

An sich hatte ich durchaus einen Spaziergang eingeplant, doch das Wetter blieb regnerisch, ausgesprochen ungemütlich und nicht besonders Krücken-kompatibel – dann halt nicht.

Mit meinem Laptop siedelte ich zum Beinehochlegen um aufs Sofa, das nicht besonders gemütlich ist, außerdem eigentlich eine Chaiselongue mit nur einem anlehnbaren Ende, welche keinen Blick nach draußen ermöglicht, doch draußen gab es gestern eh nichts zu sehen.

Dort guckte ich eine Doku über die Erzählmittel von Stephen King, auf die Croco verwiesen hatte – sehr interessant.

Abendessen durfte ich machen, Herr Kaltmamsell hatte die Zutaten für Tortano mit Ziegenfrischkäse und getrockneten Tomaten besorgt.

Mein Zeitplan geriet durcheinander, als der Hefeteig nach einer Stunde nicht mal minimal aufgegangen war und ich ihm eine zusätzliche halbe Stunde geben musste. Und dann riss der Teig auch noch beim gefüllten Aufrollen. Nachdem am Freitag der Kartoffelstampf daneben ging und am Samstag das Brot, muss ich wohl folgern: Ich kann nicht mehr kochen oder backen.

Schmeckte aber gut, Herr Kaltmamsell hatte dazu aus Ernteanteil Waldorfsalat gemacht.

Wohnungaufräumen für den montäglichen Putzmannbesuch. Mir ist noch keine Möglichkeit eingefallen, wohin ich mich während der vier Stunden seines Einsatzes absentiere: Zum einen will ich ihm nicht im Weg herumsitzen, zum anderen keine Aerosole mit ihm teilen. Doch Gastronomie, Museen, Schwimmbäder, in die ich sonst an Nicht-Arbeits-Montagen ausweiche, sind geschlossen, Spazieren kann ich derzeit nicht so lange, für Lesen auf Parkbänken wird es voraussichtlich nicht mild und trocken genug sein. Und mein Nach-Reha-Aufnahmetermin ist erst um 15 Uhr. Mal sehen, wie ich das löse.

Journal Samstag, 31. Oktober 2020 – Schnell noch vor Schließung: professionelles Zehennägelschneiden

Sonntag, 1. November 2020

Wieder eine Nacht mit genug Schlaf, das war schön.

Sonniger Tag, ich begann meine Sportrunde mit Crosstrainern am gekippten Fenster, freute mich bei meinem Stündchen Übungen aller Art über das goldene Licht draußen.

Dazwischen buk ich das Pizzabrot mit Lievito Madre.

Zumindest war es diesmal aufgegangen.

Aber innen sulzig. Zum Frühstück gab es dazu fermentierten Mantanghong-Rettich und Chutney aus grünen Tomaten (Herr Kaltmamsell hatte jeweils Ernteanteil verarbeitet) zu gekauftem Käse (wir kaufen ja durchaus auch Fertigprodukte). Nicht im Bild: Weitere Scheiben Brot mit Butter.

Ebenfalls noch von der Reha-Klinik aus hatte ich einen Termin zur Pediküre vereinbart (ohne Runterbeugen kein Zehennägelschneiden) – der zum Glück gestern noch klappte: Flauschige Beine hätten mir wenig ausgemacht, doch ohne professionelle Pediküre hätte ich Herrn Kaltmamsell bitten müssen, zum ersten Mal in seinem Leben jemand anderer die Zehennägel zu schneiden. Sehr, sehr ungern. Meine Kosmetikerin im Westend schwankte zwischen Zukunftssorgen und Zuversicht.

Zum Vollmond nach Hause gekrückelt. (Ich brauchte ein Weilchen bis ich begriff, dass das Zusammenfallen mit Halloween zufällig war.)

Ich stellte fest, dass ich Muskelkater in beiden Oberschenkeln hatte: Übungen im Ausfallschritt hatte ich halt zum ersten Mal seit vielen Monaten machen können, ich freute mich sehr über die Wiederbelebung dieses Körperbereichs.

Zum Nachtmahl gab es Reste vom Vorabend, also Fleisch und Soße mit Nudeln. Nachtisch Apfelkuchen. Im Fernsehen kam der Disney-Film Coco, den ich also endlich mal sah. Nebenher stellte ich Lieblingstweets aus zwei Monaten zusammen, es wurde sehr spät.

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Auslandskorrespondenten oder -büros von Medien könnten nicht arbeiten, hätten sie nicht verlässliche Einheimische an ihrer Seite. Die New York Times nimmt Abschied von P.J. Anthony, der jahrzehnteland das Büro in Delhi leitete.
“The End of a Beloved Delhi Institution”.

via @thomas_wiegold

Readers never saw his name. But for decades, P.J. Anthony did as much for The Times’s bureau in India as anyone.

His job was running The Times’s small office in Connaught Place, in the heart of India’s capital, working closely with the bureau chiefs. (He tended to call the bureau chiefs “Doctor,” even when that was far from the case.) Bureau chiefs are in charge of the journalism and bureau managers are in charge of just about everything else — handling expenses, renewing visas, translating documents and in the case of India, decoding one of the most bewilderingly complex countries on Earth. P.J. loved every day of it.

(…)

He “defied time,” said John Burns, who served as Delhi bureau chief in the 1990s. “In the age of data retrieval, he held fervently to the gospel of the printed word, building a towering fortress around himself in the Delhi bureau of piled-up newspapers reaching back to the age of Nehru,” Mr. Burns remembered.

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Einer der abgefahrensten Technikerinnen-Jobs überhaupt: Theresa Thoma (ehem. Schülerin von Herr Kaltmamsell) bereitet sich auf ihren Einsatz in der Antarktis vor, der WDR berichtet (ab min. 17:30).

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Für alle, die Danny Elfmans Halloween-Weihnachts-Cross-Over Nightmare before Christmas eh schon auswendig können, hat Herr Elfman für dieses Halloween was Neues gemacht.

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https://youtu.be/jjUjrE19eyw