Journal Samstag, 28. August 2021 – Bayerischer Wald 7: Rückfahrt, Heimkommen in München

Sonntag, 29. August 2021 um 8:09

Diese Nacht dann mit zwei Stunden Schlafpause. Nicht mal Lesen machte mich schläfrig, ich stand auf, setzte mich in die Bettdecke gewickelt an den Rechner und stellte die Bilder für den Blogpost fertig.

Gepackt war morgens schnell, trotz Gerädertheit von schlechter Nacht. Wir nahmen nach Frühstück/Morgen-Cappuccino die Halb-Zehn-Waldbahn zurück nach Plattling, von dort die Regionalbahn. Das Wetter war wieder grau, kalt und regnerisch, auch bei unserer Ankunft in München.

Vor unserem Wohnhaus sahen wir gleich mal ein rotes Eichhörnchen, dann trippelte einen Meter vor meinen Füßen ein winziges, kugliges Mäuselein in die Hecke. Willkommen daheim.

Immer spannend beim Heimkommen nach Urlaub: Der Geruch der eigenen Wohnung, den man ja beim Bewohnen nicht wahrnimmt – das eigene Zuhause riecht gar nicht. Jetzt aber erschnupperte ich etwas, und ich fand es zum Glück angenehm.

Koffer auspacken, ich füllte die erste Waschmaschine. Mit Herrn Kaltmamsell besprach ich die Essenspläne für Samstag und Sonntag, Montag reisen wir nach Berlin. Wir teilten uns die Einkäufe auf und ich zog mit Regenschirm los.

Die Innenstadt war voll wie vor der Pandemie, ich hatte bereits vergessen, wie gründlich das zügiges Einkaufgehen behindert. Am Viktualienmarkt stand ich um Blaubeeren und Pilze an einer Schlange an – dachte ich: Als sich gar nichts bewegte, erinnerte ich mich daran, dass die meisten Rumsteher vor Ständen früher vor allem am Samstag Touristen waren. Ich fragte also laut: “Steht hier irgendjemand an?” – Und schon zerstob die scheinbare Schlange, es blieben zwei Einkäufer*innen vor mir übrig.

Abstecher im Eataly, dann ging ich Stop-and-go in die Kaufingerstraße zum Bodyshop. Und erschrak, weil auch der zugemacht hat (nach meinem langjährigen Stammladen in der Sendlinger Straße). Einer fiel mir noch ein: im Stachus-Untergeschoß. Den gab es tatsächlich noch, die Verkäuferin versicherte mir, dass es für diese Filiale keine Schließungspläne gebe (aber wüsste sie diese?). Vorsichtshalber kaufte ich die benötigten Produkte (Oliven-Körperbutter und Oliven-Körperlotion) gleich doppelt ein, ich rechne ja seit Jahren mit dem Verschwinden des Unternehmens.

Zurück daheim aß ich vernünftig eine Schale Weizenkleie mit Milch. Beim Knopfannähen fiel mir aus meinem Nähkästlein ein Werkzeug entgegen, das ich seit Teenagerjahren besitze und eigenartigerweise all die Jahre unnütz aufbewahrt habe.

Das ist eine Verlängerung des Schiebergriffs von Jeans-Reißverschlüssen aus den 1980ern.

Hintergrund: In den 80ern waren neben den ikonischen Karottenhosen auch Röhrenjeans angesagt – Teil des Fifties-Revivals (hier ein Beispiel). Die ideale Passform dieser Röhrenjeans war knalleng. Doch Stretch-Material gab es damals noch nicht, das bedeutete: Frisch gewaschen war eine als knalleng gekaufte Jeans nur mit enormer Anstrengung auch nur über Beine und Hüften zu ziehen. Dann noch den Reißverschluss zu schließen, war allerdings nahezu unmöglich und kostete so manchen Fingernagel. Abhilfe schaffte das abgebildete Werkzeug (Werbegeschenk von Rosner, das war damals ein angesagter Hosenhersteller mit Sitz in meiner Geburtsstadt und Werksverkauf in der Nähe meines Elternhauses): Es verlängerte den Griff.

Ich legte die Reißverschlussverlängerung zurück ins Nähkästchen: In 20 bis 30 Jahren könnte sie Erleichterung bei altersstarren Fingern bedeuten.

Mehr Waschmaschinenfüllungen und Wäscheaufhängen. Ich gönnte mir eine ausführliche Runde Rückenyoga.

Aufs Abendessen hatte ich richtig Appetit: Herr Kaltmamsell hatte auf meine Bitte Shakshuka gemacht, es gelang ihm besonders gut – und die Eier hatte meine Mutter dagelassen, sie waren von den glücklichen Hühnern an der Ingolstädter Antoniusschwaige gelegt worden.

Zum Nachtisch gab es die Blaubeeren (so lala, sie waren offensichtlich vor einigen Tagen gepflückt) und Schokolade.

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An diesem Haus im Westend gehe ich oft vorbei. Jetzt weiß ich, was sich darin abspielt – aus einer wundervollen Multimedia-Reportage der Süddeutschen (€):
“Ein Leben im Ledigenheim”.

Frauenbesuch ist verboten, um zehn ist Nachtruhe und einmal die Woche wird geputzt: Im Westend wohnen knapp 400 bedürftige Männer in einem alten Backsteinbau. Das Heim ist eines der letzten seiner Art in Europa – und ein großes Glück.

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Das British Museum zeigt gerade eine Ausstellung über den römischen Kaiser Nero. Mary Beard erklärt ihre Lieblingsstücke.

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https://youtu.be/Hywug2mmoQc

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Samstag, 28. August 2021 – Bayerischer Wald 7: Rückfahrt, Heimkommen in München“

  1. kecks meint:

    Danke für den Link zu dem Video von Mary Beard – es ist wundervoll!

  2. Indica meint:

    Es ist immer toll: Durch dich lese ich nochmal ganz andere Artikel in der SZ-Online, die ich abonniert habe. Manchmal, so scheint es mir, finde ich die überhaupt nicht über die Komplett-App auf dem Telefon. Aber am Rechner lese ich eben sehr selten.

  3. die Kaltmamsell meint:

    In diesem Fall, Indica, war die Geschichte im Münchner Lokalteil versteckt – den siehst du möglicherweise nicht automatisch. Dann empfehle ich gleich mal noch den Artikel über mein Lieblingsfreibad Schyrenbad, auch aus dem Lokalteil und nur für Abonnent*innen.

  4. Indica meint:

    Ah, auch gleich gelesen! Danke auch für den Tipp. Muss den Lokalteil München auch mal wieder dazuklicken. Ich habe da schon öfter interessante Artikel gelesen. Außerdem mag ich die Perspektive, mich von innen durch eine mir nicht so sehr vertraute Stadt zu bewegen. Zum Beispiel sogar die Oktoberfest-Berichterstattungen – nicht wegen der Sause an sich, sondern weil es für mich eine Art Kulturberichterstattung über das (wie auch immer inszenierte) Lebensgefühl über etwas ist, das wir hier in Berlin nicht kennen.

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