Journal Dienstag, 19. Oktober 2021 – Daheim

Mittwoch, 20. Oktober 2021 um 6:40

Morgens meldete ich mich in der Arbeit krank, ich habe mich einmal zu oft mit “ach geht schon irgendwie” ins Büro geschleppt.

Mehr geschlafen.

Mittags ein großes Stück restlichen Apfelkuchen, die Kerne der restlichen Granatäpfel.

Der Liefertermin für den Schrank-Korpus, den ich Anfang Juni bestellt habe, wurde soeben zum vierten Mal verschoben, jetzt auf Ende Oktober (die Abstände werden kürzer, YAY!). Nein, Otto-Versand, ich möchte mir weiterhin nicht statt dessen etwas anderes aussuchen, denn zum einen besitze ich bereits vier Stück solcher Bücherschränke und brauche einen fünften gleich daneben, der bitte genauso aussehen soll, zum anderen habe ich bereits seit Juni vom selben Hersteller die Glastüren für den Schrank-Korpus daheim, die meiner laienhaften Einschätzung nach nicht auf den Korpus eines anderen Herstellers passen. Machen Sie jetzt bitte wirklich mal hinne.

Den Nachmittag mit Ruhe und Zeitunglesen verbracht.

In der Dämmerung wollte ich dann aber doch raus in die frische Luft. Es war überraschend mild, den düsteren Tag hatte ich für kälter gehalten.

Ich sah nach dem Stand des Herbsts auf dem Alten Südfriedhof und an der Isar. Um die Brücken und am Ufer sah ich immer wieder Fledermäuse flattern, zwischen Wittelsbacherbrücke und Reichenbachbrücke flog mir laut quakend ein großes V Kanadagänse über der Isar entgegen.

Herr Kaltmamsell war aushäusig, ich machte mir zum Nachtmahl zwei Ingolstädter Bauernwürscht aus der Gefriere warm und aß sie mit reichlich Krautsalat. Nachtisch viel Schokolade.

§

In der nachgeholten Wochenend-SZ ein besonders interessanter Artikel darüber, warum Intelligenz und Bildung nicht nur nicht vor der Neigung zu kruden Theorien und Verschwörungsmythen schützen, sondern dafür sogar besonders empfänglich machen könnten (€):
“Prof. Dr. Irrlicht”.

Dumm und ungebildet sind (…) stets die Anhänger des gegnerischen Lagers, die brauchen Bildung. Alleine das sollte misstrauisch machen: Es ist extrem unwahrscheinlich, dass sich, pardon, alle Doofen auf der einen und alle Schlauen auf der anderen Seite versammeln. Vielleicht ist das doch etwas komplizierter mit der Intelligenz, der Bildung und der, sagen wir: Rationalität.

Aus der Psychologie und verwandten Disziplinen sind zuletzt einige Studien gedrungen, die wie Querschüsse klingen. Intelligenz und Bildung bieten demnach nur geringen Schutz vor Irrungen und Wirrungen. Unter manchen Umständen kann ein wacher und schneller Geist die Anfälligkeit für Verirrungen sogar erhöhen. Wer schlau ist und viel weiß, verrennt sich womöglich erst recht in seiner Weltsicht. So berichten zum Beispiel Psychologen um Brittany Shoots-Reinhard von der Ohio State University im Fachjournal Intelligence, dass kognitive Fähigkeiten wie ein Polarisierungsfaktor wirken können: Mit dem Grad des verbalen Vermögens verstärkten sich die ideologischen Gegensätze in der Bewertung der Covid-19-Pandemie. Salopp gesagt, eloquente Diskutanten keifen einander besonders unversöhnlich an. Andere Arbeiten zeigen, dass Intelligenz und Bildung die Neigung zu motiviertem Denken erhöhen können: Mit hoher geistiger Kapazität lässt sich eben fast jede Aussage so interpretieren oder verbiegen, dass sie einen Platz als Stützpfeiler der persönlichen Weltanschauung findet.

Genau deshalb halte ich es für so wichtig, sich möglichst früh mit den Mechanismen von Wahrnehmung und Erkenntnis zu befassen und mit kognitiven Verzerrungen, bias.

§

In UK verrottet die Ernte auf den Feldern und Bäumen.

Offensichtlich hatten die durch Brexit ausgesperrten Einwanderer gar niemandem den Job weggenommen – und in der Feldarbeit sogar noch nie. James Rebanks verlinkt den Aufsatz der Historikerin Caroline Nye von 2016:
“Who picked British fruit and veg before migrant workers?”

Britain’s reliance on migrants to do seasonal agricultural labour is not a recent phenomenon and it’s helpful to look at the history of how British workers turned away from this kind of work to understand the current predicament.

(…)

Prior to the introduction of the Gangs Act in 1867, a large proportion of those performing seasonal work were women and children who provided cheap labour to both gang masters – a term still used today for individuals who organise and employ groups of workers for casual work on agricultural land – and farmers.

(…)

The fact is that many British people simply do not want to carry out seasonal labour because incentives for doing so are very low. Changes in the composition of rural populations mean that areas of high unemployment are often located at significant distances from the farms offering work. Seasonal jobs are also known to be low-paid, hard work, with long hours, and are often associated with unfavourable conditions and diminished social status.

Vielleicht sollte man den Pro-Brexit-Wähler*innen, die von einer Rückkehr zu Alten Zeiten träumen – und irgendeinen Tolkien-Roman vor Augen haben – anbieten, Kinderarbeit wieder zu legalisieren? (SCHERZ!)

die Kaltmamsell

1 Kommentar zu „Journal Dienstag, 19. Oktober 2021 – Daheim“

  1. Susann meint:

    Angesichts der sich jetzt zeigenden Fragilität von Lieferketten (auch hier berichtet BR24 heute davon, dass es zu Weihnachten Lieferengpässe geben dürfte), wäre es möglicherweise eine gute Idee, lokale und regionale Wirtschaft zu stärken. Das war ja nicht von Ungefähr ein Anliegen der globalisierungskritischen Bewegung in den späten 90ern/frühen 2000ern, soweit ich mich erinnere. Dass das leichter gesagt als getan ist, ist mir schon klar, und das dürfte auch die britische Politik gemerkt haben. Ist ja suuper, wenn man high-wage, high-skill Jobs kreieren will und hofft, dass die steigende Nachfrage die Löhne schon nach oben treiben wird – aber wer soll diese Löhne zahlen? Die britischen Bauern, die ohnehin schon finanziell knapp dran sind? Können sie die Preise so einfach an ihre Abnehmer weitergeben? Ich bezweifle, dass Waitrose plötzlich höhrere Preise für britische Äpfel zahlen wird, wenn es andere Alternativen gibt. Also: wahrscheilnich ist das Anliegen, lokale/regionale Lieferketten zu stärken, lang- und mittelfristig gut und wichtig und wir haben jetzt das, was man “schmerzhafte Kurskorrektur” nennt; aber einem Nackten kannst nicht in die Tasche greifen, und der Bauer/die Bäuerin wird nicht in der Lage sein, high wages zu zahlen, ohne die Preise anderswo nach oben anzupassen und über die diversen Händler an die Konsumenten weiterzugeben. Selbst höhere wages reichen wahrscheninlich nicht aus, um Einheimische für Saisonarbeit im benötigten Ausmaß zu bekommen. Immer problematisch, wenn in einem sehr komplexen System einzelne Faktoren verändert werden.

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