Journal Samstag, 21. Mai 2022 – 29. Rosentag mit Museum Fünf Kontinente und Abend im Broeding

Sonntag, 22. Mai 2022 um 9:59

Ganz gute Nacht (bis auf einmal Aufspringen und Dehnen weil Krampf), gut ausgeschlafen.

Morgens kümmerte ich mich erst mal um den Brotteig, es gab herzhaftes Schokoladenbrot. Die nächsten Stunden fühlten sich ruhelos an. Zwischen Brotback-Handgriffen standen Bloggen, Pediküre, Duschen auf dem Programm, danach erster Einkaufsgang.

Denn gestern war Rosentag (seine Geschichte, meine Geschichte., die große Feier zum 25.). Diesmal mit neuer Vase, gestellt von meiner Mutter, die Vase sollte auch die nächsten Jahre den Strauß fassen können.

Das Draußen war weiter sonnig, zum Glück nicht mehr heiß. Ich zog nochmal los, um einen Zweitbikini und eine weiße, weite Sommerhose zu kaufen, Start im Kaufhof am Marienplatz. Meine Güte: Ich hatte völlig vergessen, wie zeitaufwändig Kleidungskauf ist. Bis ich endlich mit Bikini und Hose zurück kam, waren zwei Stunden vergangen – und ich war wirklich nicht zu Shopping abgeschweift, sondern hatte gezielt gesucht. (Na gut, Erdbeeren hatte ich auch mitgenommen.)

Die weitere Überraschung: Meine Fresse sind Bikinis teuer. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen Bikini ganz regulär gekauft habe, also nicht als Schnäppchen im Schlussverkauf oder gebraucht bei ebay, es mag 20 Jahre her sein. Der Kaufhof am Marienplatz löst gerade seine Sportabteilung auf (ganz oder wegen Umbau?), als Folge bekam ich 20 Prozent an der Kasse, was den Preis von Oberteil und Hose (Chantelle) nicht unter 100 Euro brachte.

Nach der Hose suchte ich erst im Kaufhaus, dann klapperte ich die Theatinerstraße ab – vergeblich. Erst als ich auf dem Rückweg auch in den COS ging, hing da etwas, was meinen Vorstellungen entsprach (jajaja, ich weiß: Ausbeuterkleidung). Ich stellte mich an der kürzeren Umkleide-Schlange der Männerabteilung an (auch das eine Überraschung: die enormen Schlangen an allen Umkleiden – na ja, Samstag halt): Die Hose sah super aus. Das beschichtete Leinen ist zwar laut, aber das beschloss ich zu verschmerzen.

Frühstück war dann Schokoladenbrot (gut!) mit kroatischem Pressack, Erdbeeren.

Für den Nachmittagsausflug zog ich die neue Hose gleich an:

Eigentlich hatte ich Herrn Kaltmamsell anlässlich des Rosentags ins Naturkundemuseum ausführen wollen, was in München die Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie ist (Hauptsache Dinosaurierknochen), doch die ist am Wochenende leider geschlossen. Statt dessen spazierten wir zum Museum fünf Kontinente, das wir vor vielen Jahren mal besucht hatten, als es noch “Völkerkundemuseum” hieß.

Die Innenstadt und damit auch die Maximilianstraße war knallvoll Menschen.

Das Museum hat sich nicht nur mit der Namensänderung auf den langen, schwierigen Weg der Selbstreflexion und bewussteren Einordnung der eigenen Geschichte und Bestände begeben. Ich fand sehr spannend, an welchen Stellen bereits Transparenz und offener Blick zu erleben waren, und an welchen Stellen noch alter Kolonialismus und West-zentrierter Herrenmenschenblick dominierten.

Zu Ersterem gehörte die Foto-Ausstellung im Treppenhaus.

Mich amüsierte der Hinweis, dass schon im 19. Jahrhundert wir Westler*innen bestimmen wollte, was in anderen Kulturen authentisch ist und was nicht.

Diesmal beschränkten wir uns auf das erste Obergeschoß, sahen uns in den wirklich schön präsentierten Abteilungen Orient, Ozeanien und Myanmar um.

Unter anderem lernte ich über die verschwundene Kultur in Nuristan in Ostafghanistan, von der ich noch nie gehört hatte.

Abteilung Ozeanien. Wie so oft fragte ich mich, welche Gegenstände ozeanische Menschen wohl aus der oberbayerischen Kultur auswählen würden, um bei ihnen daheim meine Kultur in einem Museum darzustellen. Welche Funktion würden sie ihnen zuschreiben? Welche würden sie als wichtig genug fürs Ausstellen erachten, welche als unwichtig weglassen? (Denn selbstverständlich spiegeln diese Räume nicht die Eigensicht der dargestellten Kulturen, sondern unsere.)

Besonders stolz ist das Museum auf seine Abteilung zu Myanmar.

Im Jahr 1911 reiste Lucian Scherman, Direktor des Münchner Völkerkundemuseums, jetzt Museum Fünf Kontinente, zusammen mit seiner Frau Christine nach Burma, dem heutigen Myanmar. Die beiden legten eine weltweit einzigartige ethnographische Sammlung an, zu der mehr als 2300 Objekte, 1200 Fotografien, ausführliche Reisetagebücher und Tonaufnahmen zählen.

Die Ausstellung beginnt mit einem Raum, in dem ein heutiger Marktstand aufgebaut ist, beschreibt inklusive Geräuschkulisse den Alltag und das Leben in einer dortigen Stadt. Und doch wurde mir mit der Zeit beim Betrachten der vielen Vitrinen und Exponate (wirklich sensationell und sehenswert) ein wenig unwohl: Scherman hat auf seiner Reise offensichtlich alles “gekauft”, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Ich bezweifle nicht, dass er für die Exponate gezahlt hat – aber ich bezweifle, dass die meisten dieser Gegenstände überhaupt zum Verkauf standen. Und genau das wird nicht thematisiert.

Bei dieser Beschriftung musste ich dann doch lachen. Zum einen liest sie sich herablassend wie ein Ausschnitt aus Brehms Tierleben, zum anderen wissen wir ja inzwischen, dass diese “Sanftmut” problemlos einen Genozid an den Rohingya einschließt.

Ich möchte auf jeden Fall wiederkommen; zum einen um die anderen Teile des Museums anzusehen, zum anderen um den weiteren Prozess der Selbstreflexion mitzuerleben.

Was ich als wirklich bizarr empfand: Die Maskenpflicht in den riesigen, fast komplett menschenleeren Museumsräumen. Und das sage ich, wo ich weiterhin konsequent FFP2-Maske trage beim Einkaufen und in Öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in Räumen mit Menschen, zu denen ich keinen Abstand wahren kann.

Der Heimweg war dann schon fast heiß, auf dem Viktualienmarkt gab’s schier kein Durchkommen.

Daheim zog ich mich schon mal fürs Ausgehen um, denn gegen sechs klingelte Ingolstädter Familie sechsköpfig: Die Verwandtschaft hatte in München eingekauft und zog sich bei uns für einen abendlichen Opernbesuch um – wirbelnde Verwandlung in eine Festgesellschaft unter viel Gelächter, mit schnellen Austausch aktueller Informationen, dazwischen ein Schluck Wasser.

Mit Herrn Kaltmamsell verbrachte ich den Abend des Rosentags im Broeding, wir konnten dafür sogar noch auf einen Gutschein zurückgreifen, der Teil der vielen wunderbaren Geschenke zum Rosentag vor drei Jahren gewesen war.

Gruß aus der Küche war geröstetes Brioche mit Kalbsleberwurst und Rotweinbutter – ganz wunderbar. Als Aperitiv hatte ich einen alkoholfreien Rhabarber-Ingwer-Spritz, ich wollte mich vor der Weinbegleitung nicht überfordern.

Gurkenkaltschale mit Räucherfisch-WanTan und Erbsenpüree, im Glas ein sehr intensiver Grüner Veltliner Ebner-Ebenhauer aus dem Weinviertel (der sich vor allem mit den Erbsen hervorragend verstand).

Spinat-Malfatti mit Datteltomaten und Estragon, begleitet von einem wunderbaren Tement Welschriesling.

Gebratene Seeforelle (Starnberger See) mit Spargelsalat, Morchelgemüse und grüner Sauce, dazu ein ungarischer Homonna Tokaji Furmint – sehr spannend.

Maibock mit Rahm-Rhabarber, Pastinakenpüree, grünem Wildspargel – hervorragend. Dazu passte wunderbar der 2015er Loimer Pinot Noir Gumpoldskirchen (bei diesem Stichwort singt in meinem Kopf immer Hans Moser das Reblaus-Lied, ich habe vor Jahrzehnten auf dem Flohmarkt Schallplatten mit alten UFA-Liedern gekauft – und oft gehört).

Zum Käsegang gab es im Glas den Knaller des Abends:

Einen Zwetschgen-Portwein aus der Uckermark vom Gutshof Kraatz.

Dessert 1 war Zitronenverbeneneis.

Dessert 2 eine wundervolle Beerengrütze mit Topfennocke. Im Glas dazu nichts Süßes, sondern ein Reiterer Rosé Schilcher Frizzante.

Sehr sattes und zufriedenes Heimschaukeln mit der U-Bahn.

§

Affenpocken: Bevor Sie sich als Laie wild irgendwas zusammenspekulieren (in bestimmten Kreisen wird das “sich eine eigene Meinung bilden” genannt), könnten Sie auch das Interview mit Deutschlands führenden Pocken-Virologen lesen, mit Gert Sutter:
“‘Eine neue Pandemie haben wir nicht zu befürchten'”.

Wir Alten sind ja geimpft, schönen Gruß an die beiden Narben an meinem rechten Oberarm.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Samstag, 21. Mai 2022 – 29. Rosentag mit Museum Fünf Kontinente und Abend im Broeding“

  1. Hanna meint:

    Immer noch interessant, die unterschiedlichen Corona Regeln der Länder wahrzunehmen:
    in NRW ist die Maskenpflicht in Museen schon seit etwa 6 Wochen aufgehoben.

  2. kecks meint:

    Die Maskenpflicht im Museum macht sehr viel Sinn: Abstand bringt indoor fast nichts, gerade seit Omicron, da nochmal ansteckender. Masken sind essentiell. Die infektiösen Aerosole bleiben über Stunden in der Luft. Man kann sich ohne Maske problemlos bei jemand anstecken, der vor zwei Stunden ohne Maske durch diese Museumshalle marschiert ist, außer die hat sehr viele sehr gute Luftfilter, ständig Durchzug o.ä.

  3. Ute meint:

    Der Hinweis, dass schon im 19. Jh. die Westler*innen bestimmen wollten, was in anderen Kulturen authentisch ist und was nicht, muss nicht amüsieren, da dieses zuerst philhellenische und dann eurozentristische Denken ja zu dieser Zeit entstanden sind und wir bekanntlich noch immer stark in diesem Denken verhaftet sind. Restitution ist sehr wohl Thema bei vielen großen europäischen Sammlungen, sonst sind Rezeption und Forschungsgeschichte als eigener Forschungszweig durchaus bekannt. Beschriftungen könnten aber sehr oft besser sein!

  4. Alexandra meint:

    Ich finde die Auseinandersetzung der Museen mit ihrer eigenen Geschichte sehr spannend.

    Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul.

    Um nochmal einen abgewetzten Spruch raus zu hauen – den ich sehr schön fast immer und überall bestätigt finde. Nicht selten bei mir selbst …

    Danke fürs Mitteilen, der Port klingt probierensbedürftig …

  5. Frau Klugscheisser meint:

    Meine Güte, ist das (Rosenfest) schon wieder drei Jahre her? Glückwunsch an’s Haus Kaltmamsell.

  6. Joël meint:

    Ganz ehrlich, warum schreiben Sie IMMER über Dinge, die ich noch NICHT gesehen habe in München? Warum? Jetzt muss ich schon wieder nach München kommen, und mir das Museum über die fünf Kontinente anzusehen! ;-)

    Alles Liebe nachträglich zum Rosentag. Ganz dicke Umarmung.

  7. Croco meint:

    Herzlichen Glückwunsch, etwas nachträglich, zum Rosenfest.
    Bezaubernd war es.
    Bezaubern sind auch die Figuren der Nur.
    Erstaunlich auch, was man so alles aus fremden Ländern raus schleppt.

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