Archiv für Juni 2022

Journal Donnerstag, 23. Juni 2022 – Bachmannpreislesen, Tag 1, Bürgermeisterempfang auf Maria Loretto

Freitag, 24. Juni 2022

Guter und ausreichender Schlaf in der Klagenfurter Ferienwohnung. Nach Duschen, Anziehen und nötigsten Reha-Übungen setzte ich mich mit Milchkaffee auf den Balkon (die Mitbewohnerin war so aufmerksam gewesen, eine Ferienwohnung mit dieser Möglichkeit auszuwählen) und machte den Blogpost fertig, las noch ein wenig Twitter nach. Auf der Tonspur ein Gemisch aus Spatzen-Tschilpen und Mauersegler-Schrillen.

Die Ferienwohnung rumpelt und klappert. Was auch immer man anfasst, vor allem Türen und Möbel, macht Lärm. Erst dadurch wurde mir bewusst, wie sorgfältig wohl alles in meiner eigenen Wohnung mit Dichtungen und Stoppern etc. gedämpft ist.

Zum ORF-Theater brach ich früh durch den milden Morgen auf, um mir durch eine vordere Position in der Schlange vorm Fernsehstudio möglichst einen Platz darin zu sichern. Doch alles war anders: Vor dem Eingang zum ORF-Theater wartete gar keine Schlange, und als wir paar Leute eingelassen wurden, musste ich mir zum ersten Mal unter vielen freien Stühlen einen aussuchen.

Beim Start der Lesungen war immer noch ein Viertel leer, ich nutzte die Sitzfläche neben mir zur Ablagen von Zeugs.

Die erste Geschichte von Hannes Stein, “Die königliche Republik”, war für mich eine New Yorker Matt-Ruff-Fanfiction, vielleicht ein wenig Michael Chabon drin – insgesamt aber ein müder Abklatsch.

Die Jury, aus der ich live bislang nur Klaus Kastberger kannte, urteilte wohlwollender, sah “Schrägheit” (Mara Delius), außereuropäische Nuancen (Kastberger), die Flucht eines einsamen in Ausgedachtes (Vea Kaiser), bemängelte aber dramaturgische Ungenauigkeit (Insa Wilke), störende Informationsvermittlung (Brigitte Schwens-Harrant), die alt-onklig bräsige Erzählstimme mit angestaubten Wörtern (Philipp Tingler – auch mich hatte der Ausdruck “Anno Schnee” in KuhlemkampKulenkampff-Zeiten versetzt, auf unangenehme Weise).

Es folgte mein Tages-Favorit: “Der Körper meiner Großmutter” von Eva Sichelschmidt. Ein präziser, durchkomponiert rhythmischer Text aus der Sicht einer Enkelin über das Sterben ihrer über 100-jährigen Großmutter und gleichzeitig über ein einfaches Frauenleben.

Die Diskussion der Jury drehte sich viel um die Strukturiertheit des Textes, das Michael Wiederstein allerdings als “hohles Konstrukt” sah. Auch die Rolle des Körpers als rotem Faden des Texts wurde viel Raum gegeben. Längere Uneinigkeit über die Funktion der Plattitüden übers Sterben, die immer wieder auftauchen.

Leon Engler las “Liste der Dinge, die nicht so sind, wie sie sein sollten”, den Gedankenstrom eines jungen Schauspielers, der nur aus Unsicherheit besteht und sich an der Enttäuschung über sich selbst entlang hangelt (ich konnte Vieles nachvollziehen). Wilke sah einen “furchtbar simplen Text”, der gleichzeitig aber eine ganze Sprachlandschaft an Anspielungen transportiere, die folgende Diskussion war uneins, was überwog – und ob die Selbstironie des Texts manche Themen verschone.

In der Mittagspause hatte ich keinen Appetit auf das mitgebrachte Brot, also gab’s nur einen Cappuccino (den ich nicht wiederholen werde, uiuiui).

Zu den Nachmittagslesungen waren die Publikumsstühle im Studio dann nur noch zur Hälfte besetzt. Ich ließ mich auf der anderen Seite der Jury nieder.

Es startete Alexandru Bulucz mit “Einige Landesgrenzen weiter östlich, von hier aus gesehen”, praktisch ohne jede Handlung, aber dicht und poetisch mit Erinnerungen. Nebengedanke: Wie lange wird es wohl dauern, bis Eingewanderte erster Generation in Klagenfurt mit anderen Themen als ihrem Eingewandertsein auftauchen? Und bei denen nicht als erstes über die “Sprachgenauigkeit” gesprochen wird, vor allem für jemanden, dessen Muttersprache nicht Deutsch sei?

Kastberger erwähnte, dass für die Rezeption des Textes ein “Sinn für Lyrik” förderlich sei, Wiederstein arbeitete als roten Faden die “Kreismetapher” heraus, Tingler mäkelte, dass sich ihm nicht erschlossen habe, warum in dieser Innerlichkeit immer noch eine Ebene hinzugekommen sei, Schwens-Harrant mochte die ständigen Schwingungen des Nachdenkens.

Den Abschluss bildete “Der Silberriese” von Andreas Moster, die Geschichte eines alleinerziehenden Baby-Vaters und Leistungssportlers. In der Diskussion fragte sich die Jury von Anfang an, wie dieselbe Geschichte aus Muttersicht rezipiert worden wäre, und war sich (mit Ausnahme der Einreicherin Vea Kaiser: “Große politische Bedeutung!”) einig: Dann wäre sie konventionell, platt und an vielen Stellen kitschig (Wilke: “Holzschnittartig.”). Uneinigkeit herrschte aber über die Glaubwürdigkeit der Leistungssportlerfigur (Kastberger: “Ich glaub dem Text kein Wort.”).

Fragen, die der erste Lesetag unter anderem offen ließ: Warum waren so wenige Menschen ins (schön kühle) TV-Studio gekommen, wo doch die Magic happens? Waren mehr der Ansicht, dass die Magic draußen bei den Lesenden happens? Sind tatsächlich einfach so viel weniger Bachmannpreisinteressierte angereist? Und: Wird das seit zweieinhalb Jahren real dominierende Thema Corona in irgendeinem Text auftauchen?

Ich spazierte durch trübe, schwüle Sonne rüber zum Lendhafen, wo die Internet-Leute meiner Bekanntschaft Lesungen und Jury-Diskussion verfolgt hatten, traf auf einen besonders lieben Internet-Menschen, den ich seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte.

Nun brauchte ich aber wirklich etwas zu essen. Ich holte mir in der Innenstadt ein großes Eis.

Und schob die Brotzeit-Scheibe Brot hinterher.

Ausruhen in der Ferienwohnung, Aufarbeitung des Gesehenen mit der Mitbewohnerin (die am Lendhafen gesessen hatte), Zusammenfassung hier im Blog. In meinem Internet überwog Enttäuschung über den ersten Tag der Lesungen – wie immer, an dieser Stelle war alles in Ordnung. Vor dem Fertigmachen für die abendliche Einladung (ich trug reichlich Mückenspray statt Parfum auf) war sogar noch Zeit für eine Einheit Yoga.

Klagenfurts Bürgermeister Christian Scheider hatte ins Schloss Maria Loretto zum Empfang eingeladen. Ich nutzte den Shuttle-Service vom Neuen Platz und ließ mich im Sonderbus rausfahren.

Die traumhafte Kulisse kannte ich ja schon, und es waren wohl wirklich weniger Menschen angereist. Bürgermeister Scheider reagierte in seiner Begrüßung ausführlich auf die Rede zur Literatur von Anna Baar vom Eröffnungsabend und zählte auf, welche Initiativen Klagenfurt in den vergangenen Jahrzehnten zur Verarbeitung von grausamer Vergangenheit ergriffen habe inklusive dem Umgang mit Straßenbenennungen nach Nazi-Größen.

Reichliches warmes Buffet, ich aß große Mengen Braten, Serviettenknödel, Beilagengemüse, dann einen ausführlichen Teller vom Dessertbuffet (Kaiserschmarrn, Apfelkuchen, Eaton Mess mit roten Johannisbeeren – letzteres schmeckte so gut, dass ich es nachbauen möchte). Dazu Hugo, Weißweinschorle, Plaudern mit lang nicht getroffenen Internetmenschen.

Als sich der Garten leerte, ging ich gegen elf wie geplant zu Fuß zurück: Auf dieses Stündchen entlang dem nächtlichen Lendkanal hatte ich mich nach dem Bewegungsmangel des Tages sehr gefreut. Es war dann auch sehr schön; am Hotel Seepark blieb ich mit einer eben per Rad überholenden Internetfreundin stehen und lauschte eine Weile einem überraschend vielstimmigen Froschkonzert.

Journal Mittwoch, 22. Juni 2022 – Fahrt nach Klagenfurt, Änderungen im Bachmannpreisablauf

Donnerstag, 23. Juni 2022

Gute Nacht. Ich stand mit dem arbeitspflichtigen Herrn Kaltmamsell auf, um den Morgen auszukosten.

Wetter gestern früh düster und warm.

Reisefreigabe. Gestern sprang auch meine Corona-Warn-App zurück auf grün, mal sehen ob etwas vom Augsburg-Wochenende und dem knallvollen Theater nachkommt (ich trug Maske).

Der Lohn fürs frühe Aufstehen: Ich fand sogar Zeit für eine Runde Yoga.

Zusammen mit dem Übernachtungsbesuch rollkofferte ich zum Bahnhof (Besuch hatte die Ferienwohnung in Klagenfurt gebucht, die wir zusammen bezogen), Regionalbahn nach Salzburg, dort Umstieg in den ÖBB Railjet (wieder vergebliches Spähen nach dem Jet-Antrieb) nach Klagenfurt.

Unterwegs weitere Wetterverdüsterung mit Regentropfen. Frühstück um eins: Apfel und mitgenommenes Birchermuesli mit Joghurt.

Unter anderem hörte ich einen lange vorgemerkten Podcast aus der Redaktion von Brigitte Woman:
“Ach so, Hormone! Wechseljahre für Einsteigerinnen mit Diana”.

Ein sehr erhellendes und hiermit empfohlenes Interview von Gesundheitsredakteurin Diana Helfrich mit der Gynäkologin Dr. Katrin Schaudig, Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft, mit Hormon-Schwerpunktpraxis und Fortbildungsakademie in Hamburg. Schaudig erklärt wirklich einleuchtend die hormonellen Abläufe im weiblichen Körper, wie sie sich mit den Jahren verändern und was daran zu Klimakteriumsbeschwerden führt. Doch dann verdutzte sie mich: Schaudig vertritt die Überzeugung, dass dagegen am besten ein Arbeiten an der inneren Einstellung hilft – sich informieren, Achtsamkeitsübungen -, nicht etwa Hormonbehandlung. Bei allem Respekt: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich damit die bis zu drei Glutattacken in der Stunde wegbekommen hätte. Die jetzt schon nach sechs Wochen Hormonersatztherapie auf zwei bis drei täglich und ein bis zwei nächtlich zurückgegangen sind. Auch die vielfältigen negativen Auswirkungen des Hormonentzugs in den Wechseljahren auf Herz-Kreislauf-System und Kochendichte lassen sich durch gründliche Information wenig beeinflussen.

Draußen sah ich ein Reh, fliegende Reiher, ein paar mal Falken. Für die letzte Stunde Bahnfahrt brach die Naturgewalt einer Schulklasse übers Großraumabteil herein: Ca. 10/11 Jahre alte Kinder, österreichisch, sie sagten tatsächlich „Frau Lehrerin!“. Das war natürlich sehr laut, aber zumindest eher fröhlich laut als aggressiv.

Auf ein paar Minuten pünktliche Ankunft im sehr schwülen, aber trockenen Klagenfurt, Bezug der zentral gelegenen Ferienwohnung. Wir gingen auf Lebensmitteleinkäufe für unseren Aufenthalt hier zum Billa; während ich die Einkäufe in die Ferienhausküche brachte, holte die Mitbewohnerin ihr Leihrad ab – es gibt wohl doch eine Alternative zu Nextbike.

Spaziergang zum ORF-Theater für Abholung von Informationen und Goodies (dieses Jahr u.a. Metall-Strohhalme mit Reinigungs-Bürstl, Regen-Capes, Wasserflasche, Brillenputztuch, Schal- und Mützenschlauch sowie – das Wichtigste – Einladung zum Bürgermeister-Empfang auf Maria Loretto) für Akkreditierte. Nach ein wenig Internetlesen in der Ferienwohnung war es schon Zeit, für die Eröffnungsveranstaltung zum ORF zurückzukehren.

Dieses Jahr lesen die Autor*innen im Garten, nicht im ORF-Theater vor der Jury. Diese neue Bühne wurde auch gleich für die Auslosung der Lesereihenfolge genutzt.

Ich bin ja mal gespannt, wie das mit dem getrennten Vorlesen funktionieren wird; als Team Jury (ich lese Literatur, schreibe sie nicht) werde ich versuchen, einen Platz im Studio zu bekommen. Auch die eigentliche Bestimmung der Bepreisten wurde neu geregelt, klingt vernünftig.

Es gab das übliche Programm an Ansprachen der Geldgeber und lokalen Honoratioren (der Klagenfurter Bürgermeister Christian Scheider antwortete auf die Frage nach seinem Lieblingsautor mit dem Kleinen Prinzen und indirekt Antoine de Saint-Exupéry, schaffte damit eine schlagartige Verschwisterung des Publikums in innerem Aufseufzen). Abschließend die “Rede zur Literatur” von Anna Baar: In ihrem “Die Wahrheit ist eine Zumutung” ging es sehr ernsthaft um das Verschweigen, das Lügen und die Instrumentalisierung von Macht am Beispiel von Missbrauchsfällen in jüngerer Klagenfurter Geschichte. Ein empfehlenswerter und sehr literarischer Text.

Kurz vor acht Übergang zu Geselligkeiten – zu denen ich leider ebenso wenig fähig war wie zum Griff ins (großzügige und reichhaltige) Buffet. Ich spazierte statt dessen eine Weile durch Klagenfurt, bis ich etwas entspannte. Zurück in der Ferienwohnung ein dickes Tomatenbrot aus mitgebrachtem Selbstgebackenen, Erdbeeren mit Joghurt, ein paar gestern im Supermarkt gekaufte weiße Mozartkugeln (aha – vielleicht sollte man am Original einfach nichts ändern).

Journal Dienstag, 21. Juni 2022 – Drohende Übermenschung

Mittwoch, 22. Juni 2022

Schon kurz nach fünf aufgewacht, allerdings richtig munter. Also beschloss ich, die zusätzliche Zeit für eine Runde Morgenyoga zu nutzen. Im 30-Tage-Programm “Home” war eine Einheit Dehnen dran, sie tat sehr gut.

Draußen war es bedeckt und kühl. Ich kleidete mich trotzdem sommerlich, denn für den Tag waren wieder 26 Grad angekündigt, fror halt erstmal ein bisschen an den nackten Beinen.

Sinkendes Herz beim Querungsversuch Theresienwiese: Sie ist tatsächlich zwei weitere Wochen früher als vor Corona-Ausfall gesperrt. Dafür aber weiträumiger und gründlicher: Anders als früher wird die Haupt-Schneise zur Bavaria nicht mal zeitweise freigehalten. In jeder Bürgerversammlung dieses Wahlbezirks wird beantragt, die Sperrung der Theresienwiese für den Oktoberfest-Aufbau zeitlich und räumlich enger zu begrenzen; jedes Jahr wird sie ohne ersichtlichen Grund länger und größer. Das schmerzt besonders, da der Bürgerschaft durch die Corona-Beschränkungen viele weitere Nutzungsmöglichkeiten eingefallen waren, gestern sah ich eine Gruppe Menschen am Rand der Sperrung beim Zirkeltraining.

Für mich persönlich folgte am anderen Ende eine zusätzliche Umleitung: Der Weg am Bavariapark vorbei (Ode-Schaefer-Weg) ist derzeit wegen Bauarbeiten komplett gesperrt. Ich war also insgesamt zehn Minuten länger unterwegs als sonst und in der Folge gereizt.

Ein weiterer Panik-Arbeitstag, dessen Arbeitsberge vor dem Urlaub schier nicht enden wollten – ich musste mehrere Querschüsse abwehren, weil sie wirklich nicht zu schaffen waren (und mit in den Urlaub nehme ich Arbeit nicht mehr, dafür habe ich mich nicht auf diesen Posten geackert). Wie sollen bitte Prozesse flüssig laufen, wenn andere auch so doof sind wie ich?!

Mittagessen waren zwei Scheiben Pumpernickel mit Kräuterquark und eine besonders aromatische gelbfleischige Banane im für mich idealen Reifegrad (kurz vor Sommersprossen). Für den letzten Job, der vor Urlaub wirklich unbedingt noch weg musste, brauchte ich am späten Nachmittag natürlich zehnmal so lang wie sonst.

Und dann freue ich mich nicht mal auf den Urlaub, weil all das, worauf ich mich eigentlich freuen würde, in diesem übervölkerten Juni von der Belastung durch schon wieder Menschen überlagert wird. Ich hätte den Inhalt dieses Junis wirklich, wirklich gern auf drei Monate verteilt, aber das ging halt nicht. Und der Bachmannpreis ist nunmal nur jetzt.

Später Heimweg.

Mir egal, wie diese Bronze vor der Medizinischen Lesehalle tatsächlich heißt: Für mich wird sie immer den Titel “Thank God it’s Friday” tragen.

Wir erwarteten Übernachtungsbesuch und hatten ein gemeinsames Abendessen geplant. Doch die Bahn zeigte sich von ihrer schlechten Seite und verursachte auf der Fahrt von Berlin mehr als zwei Stunden Verspätung – so lange hielt ich den Hunger nicht aus: Herr Kaltmamsell servierte auf dem Balkon eine Parmigiana. Der Besuch bekam seine Portion leider erst um neun.

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Kaninchenloch YouTube: Gestern fand ich diese Folge “Private Screenings with Robert Osborne” mit Ann Miller, hier Teil 1.

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https://youtu.be/bXo87eflLmg

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Ja komm haha: The Fifth Element kann UNMÖGLICH schon 25 Jahre alt sein. Hier erzählt Mila Jovovich über ihre Rolle als ikonisch gewordene Leeloo.

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https://youtu.be/rgRUraJK_iw

Journal Montag, 20. Juni 2022 – Vor-Urlaubs-Endspurt im Büro

Dienstag, 21. Juni 2022

Bereits um halb acht war es auf dem Weg in die Arbeit zu warm für schnelles Gehen. Kurz zuvor hatte ich noch bedauert, so früh schon die Wohnung verdunkeln und verschließen zu müssen (Herr Kaltmamsell hatte das Haus wie jeden Montag in diesem Schuljahr um 6.45 Uhr verlassen) – doch es wäre eh nicht viel Morgenkühle hereinzuholen gewesen.

Die Sperrung der Theresienwiese zeichnet sich schon jetzt ab, noch früher als früher, buhuhuhu.

Im Büro gesellte sich zur üblichen Montagspanik die Vor-Urlaubs-Panik, als links und rechts Jobs einschlugen, die mich von dem abhielten, was ich unbedingt noch vor Mittwoch wegarbeiten muss. Zudem hatte ich viel Meckerns und Maulens.

Zu meinen beruflichen Aufgaben gehörte gestern das Lesen von ganz viel Wissenschaftsjournalismus (yay!). Lassen Sie mich zusammenfassen, ohne Vertraulichkeit zu brechen:
1. Es gibt sensationell tolle Recherchen und und ausgezeichnete Vermittlung der Ergebnisse da draußen. (Ich lernte zum Beispiel, dass derzeit erfreulich viel zu alternativen Baustoffen geforscht wird, die die Klimaschädlinge Beton und Zement ersetzen sollen.)
2. Könnten sich seriöse Medien darauf einigen, dass “Erfahrungsberichte” nichts im Wissenschaftsteil zu suchen haben? Persönliche Erfahrung (siehe “Aber bei MIR hat’s geholfen!”) ist genau das Gegenteil von Wissenschaftlichkeit.

Mittagessen: Joghurt mit Quark (die ungeliebte Magerstufe, aber die Sahne-Variante war gerade aus gewesen), eine große Birne, die auch eine Woche nach Kauf nicht nachgereift, sondern geschmacksfrei war.

Auf meinem nachmittäglichen Hofgang stellte ich fest, dass es draußen gar nicht so heiß war, wie es die Bürotemperatur befürchten ließ (die Sonne brannte bis 14 Uhr auf meine Fenster, die Automatik verhinderte gestern das Herablassen der sonnenschützenden Jalousien -> *brutzel*). Mein Kreislauf war not amused. Das führte nachmittags zu komplettem Leistungseinbruch, ich musste mit großer Anstrengung Energie zusammenkratzen, um das Nötigste zu erledigen – ich hatte ja nur noch den eh vollen Dienstag vor Urlaub.

Über ein paar Einkäufe beim Vollcorner heimgewackelt, die Temperaturen draußen waren angenehm. Nach einer Runde Reisevorbereitungen ging ich mit Herrn Kaltmamsell auf ein Draußen-Nachtmahl in den Schnitzelgarten – auch wenn sich immer wieder schwarze Wolkenwände am Horizont aufbauten, hielt das Wetter.

Zu meiner Überraschung schaffte ich zu meinem alkoholfreien Weißbier mit Genuss das Riesen-Cordonbleu Gorgonzola fast ganz – die mitgebrachte Plastikdose musste nur ein übersichtliches Stück für Herrn Kaltmamsells Frühstück einstecken.

Daheim systematisches Räumen und Packen, aus Gründen schon gestern für Mittwoch. Schokolade als Nachtisch passte dann doch gar nicht mehr so viel in mich.

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Am Mittwochabend beginnen in Klagenfurt die Tage der Deutschsprachigen Literatur, vulgo der Bachmannpreis. Jurymitglied Klaus Kastberger (das einzige, das ich schon mal erlebt habe, die weitere Jurymitglieder sind mir neu) äußerte sich im August 2021 zum Stand der deutschsprachigen Literaturkritik:
“Das Schlimmste ist, sich beim Lesen wohlzufühlen – Interview mit Klaus Kastberger”.

Das Akademische und das Journalistische haben sich in extremer Weise auseinander entwickelt. Mein Professor, Wendelin Schmidt-Dengler, war in den 70er-Jahren einer der ersten in Österreich, der Gegenwartsliteratur an der Universität gelehrt hat und auch diesen Spagat zwischen literaturkritischer Tätigkeit im Fernsehen, im Radio und in Zeitungen hinbekommen hat, indem er die Kritik mit einem sehr energiegeladenen, emotionsfrohen literaturwissenschaftlichen Zugang verbunden hat. Und auch er hätte fast keine Professur bekommen, weil er damit institutionell gleichsam auf der roten Liste gestanden ist. Jemand, der mit dem Radio reden kann, kann keiner von uns sein. Diese akademischen Standesdünkel sind nach wie vor vorhanden.

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“How Animals Would Cross the Road if They Were People.”

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Sie haben nichts für Hiphop übrig? Ich glaube, diese Tanzeinlage wollen Sie trotzdem sehen.

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https://youtu.be/Saj65ySCOSo

Journal Sonntag, 19. Juni 2022 – Hitzebekämpfung und andere Häuslichkeiten

Montag, 20. Juni 2022

Ich hatte mir den Wecker gestellt, um Zeit zum Bloggen zu haben; nach recht guter Nacht (wir hatten das Zimmer – Westfenster ohne Rollläden oder sonstige Hitzesicherung – nachmittags mit einer Stunde Klimaanlage vorgekühlt) wachte ich vorher auf.

Wieder holte ich mir nach dem Duschen aus der Hotel-Lobby einen Kaffee, diesmal mit systematischen Experimenten am Kaffeevollautomaten, um den Cappuccino weniger wässrig schmecken zu lassen: Ich zog die Tasse weg, wenn der Espressostrahl durchsichtig wurde. Fast richtig gut wurde das Ergebnis nach zwei Versuchen, wenn ich einen Cappuccino auf dieses Weise zubereitete und dann noch einen Espresso nachgoss. Bis dahin hatte ich allerdings deutlich mehr Koffein zu mir genommen, als gut für mich war.

Der Morgen wurde bereits wieder sehr heiß. Bei Schwiegers verabschiedeten wir uns mit herzlichem Dank für das wundervolle Augsburg-Wochenende, dann ließen sich Herr Kaltmamsell und ich von meinen Eltern zum Bahnhof fahren. Die pünktliche, übersichtlich besetzte und gut temperierte Regionalbahn brachte uns kurz nach elf aus der Augsburger Hitze in die Münchner Hitze.

Daheim wässerte ich erst mal Pflanzen und packte aus, dann ging ich nochmal ins Heiße, um Semmeln zu holen.

Vor das Frühstück hatte der Tagesplan aber noch einen Liebesdienst gesetzt: Ich buk aus dem Ernteanteil-Rhabarber einen Kuchen mit Baiserhaube für Herrn Kaltmamsell, der Rhabarber liebt. Selbst mag ich Rhabarber ja gar nicht, Baiser respektiere ich nicht besonders (hätte er sich ein bisschen angestrengt, wären köstliche Makronen – bevorzugt Schoko- oder Nuss- – oder Amaretti draus geworden).

Frühstück um zwei: Semmeln. Eine gute Stunde später, nachdem ich den Kuchen aus dem Ofen zog, gab es den zweiten Eiskaffee der Saison.

Urteil des Essers: Sehr gut, aber beim nächsten Mal bitte weniger Zucker in den Rhabarber (Baiser sei ja schon süß) und den Baiser bitte als Gitter aufgespritzt. Mit solchem Feedback kann ich arbeiten.

Der Nachmittag verging (in der verdunkelten und gut gekühlten Wohnung) mit Bügeln, Zeitunglesen und einer Runde Yoga. Zum Nachtmahl gab es Einkäufe vom Augsburger Stadtmarkt: Saibling geräuchert, Saibling kalt geräuchert (letzterer fast so hart und salzig wie geräucherter Schinken), eingelegte Oliven, Kräuterfrischkäse, zum Fisch Meerrettichsahne (geschlagene Sahne hatte ich Füchsin vor dem Süßen von der Eiskaffeesahne abgezweigt), außerdem noch vorhandenen Käse und die erste Ernteanteilgurke der Saison. Nachtisch reichlich Schokolade.

Einiges an Organisieren und Räumen, denn die Klagenfurtreise wollte vorbereitet sein. Unter anderem richtete ich mir ein Nextbike-Konto ein, das scheint in Klagenfurt inzwischen der einzige Zugriff auf Leihradln zu sein. Und für mindestens zwei Gelegenheiten brauche ich während der Bachmannpreis-Lesetage ein Fahrrad.

Bei noch leicht hellem Himmel ins Bett. Da es draußen noch deutlich wärmer war als in der Wohnung, blieben die Fenster erst mal zu.

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Wenn Sie Zugriff aufs SZ-Magazin haben, empfehle ich sehr die Geschichte über Katharina Grosse (€): Thomas Bärnthaler und Stephanie Füssenich haben die Entstehung eines ihrer riesigen, über-raumgreifenden Wandgemälde begleitet. Nach der Lektüre hat sich meine Auffassung von Kunst mal wieder etwas verschoben (was ich liebe).
“Systemsprengerin”.

Anruf bei Bazon Brock, emeritierter Professor für Ästhetik und Kulturvermittlung in Wuppertal. »Grosse ist eine denkende Künstlerin in der Tradition von Duchamp, keine Malerei-Pathetikerin«, sagt Brock. »Sie gehört nicht zur Tradition der Malschweine wie Van Gogh oder Jackson Pollock.« Grosse betreibe Malerei, die den Zusammenhang zwischen Bild und Nichtbild zum Gegenstand mache, indem sie die Grenzen dazwischen aufhebe, das habe vor ihr noch niemand gemacht.

Journal Samstag, 18. Juni 2022 – Augsburg mit Wassertürmen und Kiss me Kate auf der Freilichtbühne

Sonntag, 19. Juni 2022

Morgens holte ich mir nach dem Duschen und Anziehen in der Hotel-Lobby einen Automaten-Cappuccino, auf den mich mein Vater am Vorabend hingewiesen hatte: Bloggen also in Morgenkaffee-Begleitung.

Es war ein heißer Tag angekündigt, Herr Kaltmamsell und ich machten uns mit meinen Eltern kurz nach neun zu unserem geplanten Spaziergang durch die Augsburger Innenstadt auf. Und wie es halt so ist, wenn Menschen, die sonst nie Öffentliche Verkehrsmittel nutzen, mit Öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind: Es gab eine Panne. Die Straßenbahn von Haunstetten blieb nach wenigen Halten kaputt liegen, auch ein Neustart der Systeme half nicht. Wir stiegen alle aus und liefen zehn Minuten zu einer anderen Straßenbahnlinie.

Die brachte uns endlich zum Königsplatz, ab da glichen Herr Kaltmamsell und ich ab, was sich wie in den vergangenen 23 Jahren verändert hatte, seit wir fortgezogen waren.

Erstes Ziel war der Stadtmarkt, auf dem wir uns ausgiebig umsahen. Ich erkannte Vieles wieder, freute mich aber auch über Veränderungen.

Metzgerhalle.

In der Fischzeile kauften wir Räucherfisch, in der Feinkosthalle beim Stand von damals Kleinigkeiten. Spaziergang Richtung Fuggerei.

Nach einem weiteren fehgeschlagenen Versuch, online eine passende Manomama-Jeans zu kaufen, nutzte ich die Gelegenheit, den einzigen Offline-Manomama-Laden zu besuchen und Jeans anzuprobieren. Jetzt weiß ich: Derzeit gibt es kein Modell, das mir passt, irgendwas steht immer seltsam weg. Vermutlich wären für mich die Herren-Schnitte geeigneter, aber die gibt es nicht in meiner derzeit so niedrigen Größe. (Völlig in Ordnung, ein solch kleiner Hersteller kann ja nicht für alle Körperformen produzieren.)

Maximilianstraße mit Rathaus.

Meine Eltern waren mit Herrn Kaltmamsell schon mal vorgegangen Richtung Elias-Holl-Platz, an dem meine Studentinnenwohnung gelegen hatte. Ich traf sie an im Gespräch mit dem Wirt, der mittlerweile das Lokal führt, über dem ich gewohnt hatte: Seit zehn Jahren ist das sein spanisches Restaurant mit Feinkostverkauf. Er konnte mir einiges Interessantes erzählen über die Leute von damals und wie sich das Lokal warum verändert hatte (und warum nicht).

Meine Eltern wollten die Fuggerei besichtigen, die dieses Jahr 500. Geburtstag feiert, also gingen wir dorthin und sahen uns um.

Ich kannte diese erste Sozialsiedlung schon, doch mir gefiel aktuell sehr gut, wie die beiden Museen den Blick darauf richteten, dass Bedürftigkeit keine Schande ist, dass sie viele Gesichter hat, dass sie nicht übersehen werden darf.

In einem Schaufenster an der Jakoberstraße gesammeltes (durchaus gewöhnungsbedürftiges) Augschburgerisch.

Für den frühen Nachmittag hatten wir Tickets zu einer Führung durch den wichtigsten Teil des Augsburger UNESCO Weltkulturerbes: Zu den Wassertürmen des Jahrhunderte-alten Wassermanagement-Systems.

Vorher gab es Mittagessen: Wir ließen uns im zauberhaften Gastgarten der Wolfsklause nieder, die derzeit als italienische Osteria Albero Verde bewirtschaftet wird. Ich aß ganz ausgezeichnete Rigatoni mit Salsicce und Pilzen, trank eine große Flasche Wasser dazu.

Die Führung durch die Wassertürme war superspannend, ich hatte davor keine Ahnung gehabt, wie technisch ausgefeilt Ausburg schon in der Rennaissance zu sauberem Trinkwasser gekommen war.

Start am Brunnenmeisterhaus.

Blick nach oben in den kleinen Wasserturm (das eigentliche technische Gerät war nach der Stilllegung Ende des 19. Jahrhunderts leider entfernt worden, Zeichnungen und Modelle machten die Abläufe nachvollziehbar).

Blick in den Handwerkerhof.

Originale Stuckdecke im großen Wasserturm. Das Gestell deutet das verschwundene oberste Geschoß mit Wasserbecken an.

Graffiti gab es immer schon.

Abschließend sahen wir auch Wasser: Dieser Bach war damals zweigeteilt in Trinkwasser (aus Quellen im Siebentischwald) und Antriebswasser aus dem Lech für die Schaufelräder, die das Trinkwasser hochpumpten.

Jetzt war es richtig böse heiß geworden. Wir fuhren mit einer (problemlosen) Tram zurück zum Hotel und schnauften aus.

Abendprogramm: Die Premiere von Kiss me Kate in der Freilichtbühne am Roten Tor – die mir aus meinen Augsburger Jahren vom Vorbeiradeln vertraut war, in der ich aber möglicherweise noch nie eine Vorstellung gesehen hatte.

Bereits feingemacht spazierten Herr Kaltmamsell und ich mit meinen Eltern zu Schwiegers – die als Vor-Theater-Snack kalte Platten auffuhren, dass sich der Tisch schier bog, von Vitello tonnato über Schinkensortiment, Schmalz und Eiern bis Tomaten, Gürkchen, Karotten bis zu einer ausladenden Käseplatte samt Birne und Trauben. Zu ein paar Gläsern Bitter Lemon (hatte ich ewig nicht mehr getrunken, schmeckte mir gestern ganz ausgezeichnet) aß ich große Mengen vielerlei Käse, knabberte Gemüse, schloss mit Trauben ab.

Fahrt zum Roten Tor mit Bus und Tram, uns blieb nach Ankunft noch reichlich Zeit, Theaterpublikum zu gucken. Für die Chronik festgehalten: Die Kleidung für solch eine Freiluftpremiere hatte ein großes Spektrum von Strand-Outfit inklusive Flipflops oder Wander-Funktionsoutfit mit kurzen Hosen über Alltagskleidung bis (kurze) Abendgarderobe mit glänzenden bis glitzernden Materialien (Damen) und Anzug mit offenem Hemdkragen (Herren).

Frau Schwieger hatte als geübte Freiluftbühnen-Besucherin Weiches für die Eisengittersitze dabei – zum Glück für alle, es wäre sonst wirklich unbequem geworden. Und dann verbrachten wir zweieinhalb ausgesprochen vergnügliche Stunden mit durchwegs hochklassigen und enthusiastischen Darsteller*innen, liebevollem Bühnenbild (alle Elemente zum Drehen für die jeweilige Erzählebene), perfektem Sound (das Orchester saß im linken Kulissenteil, man sah es durch den Torbogen). Dass die Handlung des Musicals heute schmerzlich aus der Zeit gefallen wirkt (ein Mann muss widerspenstige Frauen nur so lange schlagen und einsperren, bis sie sich in ihn verlieben), versuchte ich einfach auf die unrealistische Ebene von sprechenden Tieren wie in König der Löwen zu stellen.

UND! Wir bekam zu meiner großen Überraschung und Freude sogar Steptanz zu sehen! Deswegen hier der Abschluss mit der unvergleichlichen Ann Miller (Schauspielen? nein, nicht für ein Fünferl – aber meine Güte konnte die Frau TANZEN) in der ikonischen Verfilmung von genau diesem Cole-Porter-Musical mit “It’s too darn hot” (das man auch in der Augsburger Inszenierung mitgenommen hatte).

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/usM3w18Fdtw?t=77

Am Klavier übrigens in dieser Szene Cole Porter selbst, den Ann Miller zum Schluss mit Namen anspricht.

Journal Freitag, 17. Juni 2022 – St. Brück mit Ausflugstart in Augsburg

Samstag, 18. Juni 2022

Nacht war ok, ich konnte nach ein paar Mal Wachwerden immer wieder schnell einschlafen.

Wieder war es früh am Morgen warm genug für einen Balkonkaffee (aber nur knapp, auf die Dauern fror ich). Dabei wurde ich von einem Buchfink angebrüllt, der sich auf den Sims gesetzt hatte.

Sportplan für den angekündigten Hochsommertag war Schwimmen. Weil ich auch diesen Tag eng durchtakten musste, radelte ich kurz nach neun los zum Dantebad. Dort freute ich mich über die lockere Besetzung der Schwimmbahnen, auch war fast kein Spielzeug in Anwendung – dann fiel mir der Grund ein: Es war ja Freitag und eigentlich ein Arbeitstag. Ein HOCH! auf St. Brück.

Taktung und Pläne hin oder her: Ich nahm mir Zeit für eine gut eingecremte Runde Sonne und hörte dabei Musik. Als ich das Dantebad kurz vor eins verließ, füllte sich die Liegewiese gerade zügig. Es war heiß geworden, ich suchte an roten Ampeln Schatten.

In der Maxvorstadt kaufte ich Espresso auf Vorrat sowie Semmeln fürs Frühstück. Auf der Heimfahrt musste ich mir wegen Baustellen-Straßensperren nördlich des Bahnhofs wieder einen neuen Weg suchen – und ärgerte mich. Denn die Verkehrsplanung für Radlverbindungen zwischen dem südlichem und dem nördlichem Bahnhofsviertel ist schlicht eine Katastrophe. Der Bahnhofsplatz ist seit vielen Jahren Baustelle, vor Start des Bahnhofsumbaus war ja das Tiefgeschoß S-/U-Bahn/Tiefgarage saniert worden. Die Situation für den Radverkehr nord-süd: Halsbrecherisches Schlängeln zwischen Autos beim Passieren des Bahnhofs oder große Umwege wegen halbseitiger Sperrung von Luisenstraße oder Schillerstraße, durch welche Alternative man gerade durchkommt, ist jedesmal ein Abenteuer. Wenn nicht gezielt der Radverkehr eigens geplant wird (es gibt auf der Nordseite durchaus Schleichwege abseits des Autoverkehrs), bleibt das bis mindestens 2030 so, also bis zum angestrebten Abschluss des Hauptbahnhof-Umbaus. Ich werde mir einen Antrag für die nächste Bürgerversammlung überlegen, den Fahrradverkehr bei Umleitungen künftig zu priorisieren. Denn es gibt ja einen Lichtblick: Bei der Sanierung der Paul-Heyse-Unterführung war der Radverkehr offensichtlich kein Nebengedanke, sondern eigene Überlegungen wert gewesen. Selbst in den Bauabschnitten, in denen Autos durch ein Nadelöhr fahren mussten, wurden großzügige Radlspuren freigehalten.

Zu Hause (Herr Kaltmamsell hatte alles Hitze-abweisend verdunkelt) lud ich nur kurz ab, ging dann zu einem kurzen Freundestreffen in der Nähe: Es gab Dinge abzusprechen, einander kurz auf neuen Stand zu bringen.

Schnelle Supermarkteinkäufe für Sonntag. Daheim um drei endlich Frühstück: Semmeln und Flachpfirsiche. Duschen und Anziehen, Packen für den nächsten Ausflug: Wir verbringen das Wochenende mit meinen Eltern bei Schwiegers in Augsburg, sie hatten meinem Vater zum 80. Geburtstag zwei Tage Programm dort geschenkt und uns dazugeladen.

Also setzten wir uns in einen Zug nach Augsburg (fürs Protokoll wg. 9-Euro-Ticket: Bislang habe ich nur einmal eine Nahverkehrsverbindung voll erlebt, und die auch nur jeder-Sitzplatz-besetzt-voll), der spärlich besetzt und wohl gekühlt war. Herr Schwieger holte uns ab, nach kurzem Stopp am Hotel fuhren wir weiter in einen Biergarten. Dort großes Hallo – und Diskussionen, ob ein Biergarten, in dem man keine Brotzeit mitbringen darf, überhaupt Biergarten heißen darf.

Für mich gab’s zu einem Hugo das Brotzeitbrettl – klarer Favorit auf der Speisenkarte, sobald ich “Presssack” las.

Für den abendlichen Absacker setzten wir uns auf den Balkon bei Schwiegers, tranken Cremant, beobachteten Mauersegler am Himmel, identifizierten per App die Flugzeuge, die dazwischen Kondensstreifen erzeugten, sahen beeindruckende Taubenschwänzchen (Wikipedia: “Zahlreiche vermeintliche Kolibrisichtungen in Europa gehen auf Beobachtungen an dieser Schmetterlingsart zurück.” hihihi) und sehr, sehr viele (mutmaßliche) Brachkäfer.

Spaziergang zum Hotel in herrlich kühler Nachtluft – die es leider nicht so recht ins stickig heiße Hotelzimmer schaffte.

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Es hört nicht auf: Immer wieder muss man die eigentlichen Heldinnen der Geschichte ans Licht zerren. Danke, Terra DCKS.

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https://youtu.be/D2O0wUIZEQI