Journal Samstag, 14. Januar 2023 – Nachmittag mit ausgewandertem Freund an der Isar

Sonntag, 15. Januar 2023 um 7:59

Gut und lang geschlafen.

Überm Morgenkaffee erst mal am namibischen Wasserloch Strauße beim Schlammbaden beobachtet.

Bereits fertiggemacht zum Schwimmen holte ich beim Bäcker Julius Brantner Brot, sein “Bio Brothandwerk 25” (auch wenn ich es als Zumutung empfinde, bei anderen Bäckern “Weltmeisterbrot” oder “Knorzi” sagen zu müssen: ist ein Wort wie aus dem Werkzeugkatalog wirklich die einzige Alternative?).

In deutlichen Plusgraden und freundlichem Licht radelte ich zum Olympiabad. Die Bahnen waren ziemlich voll, fast alles Geräteschwimmer. Doch möglicherweise trieben sie ohnehin einen ganz anderen Sport als ich. Als ich eine Schwimmerin, die mich gerade flott überholt hatte und die jetzt am Rand anhielt, durch eine Geste zum Voranschwimmen einlud (damit sie mich nicht gleich wieder überholen musste), lehnte sie ab: “Ich hab noch Pause.”

Die Wassertemperatur ließ mich 3.000 Meter schwimmen, die letzten 1.000 mit nur gelegentlichem Frösteln.

Daheim gab es kurz vor zwei Frühstück: drei dicke Scheiben Brothandwerk-25-Brot, darauf Nocilla oder Butter.

Die karamellbraune Farbe der Krume (deutlich karamelliger als auf dem Foto) machte mich misstrauisch: Entsteht die wirklich nur durch 40 Prozent Roggenmehl? Der Geschmack war überraschend sauer für ein Weizenmischbrot, die angegebenen 48 Stunden wurde der Teig offensichtlich ziemlich kalt geführt. Eigentlich selbst für ein Roggenbrot zu sauer. Textur schön elastisch, jetzt wird noch spannend, wie es sich am nächsten Tag entwickelt hat.

Herr Kaltmamsell und ich waren mit dem nach Goslar ausgewanderten Freund, Herrn Mittagesser Sebastian, verabredet, er machte nach einer sehr anstrengenden Arbeitsphase gerade Urlaub in München. Wir trafen uns am belebten Marienplatz, nahmen dann eine U-Bahn nach Thalkirchen, um meine Joggingstrecke hinauf nach Pullach zu spazieren.

Es waren sehr schöne Stunden: Mich freuten Neuigkeiten, Rückblicke, Plaudern, auch dass ich ihm neue Anblicke und Ausblicke zeigen konnte. Ich erfuhr viel über Goslar und den Harz, ein Besuch dort wird immer konkreter.

Isarwerk 1

Blick von der Großhesseloher Brücke.

Isartal bei Pullach.

Für mich neu war dieses Licht: Ich kenne die Strecke ja nur vom Morgen bis Mittag.

In einem Pullacher Café kehrten wir auf Kaffeunkuchen (die Herren) und ein Getränk (ich) ein. Zurück nahmen wir eine S-Bahn, Abschied am Stachus auf ein baldiges Wiedersehen.

Kurz vor Heimkehr kämpfte ich wieder mit Kreislauf-Turbulenzen (oder vielleicht doch irgendwas mit Blutzucker nach dem zuckrigen Getränk auf fast leeren Magen?). Ich legte mich ins Bett, nach der Phase Schweißausbruch mit Frieren schlief ich kurz erschöpft ein, wachte erschöpft auf.

Herr Kaltmamsell hatte das Abendessen bereits vorbereitet, musste es nur noch erhitzen.

Der Ernteanteil hatte mit Grünkohl und Karotten die Basis für einen herzhaften Eintopf geliefert, genau das Richtige. Nachtisch Schokolade.

Ich hatte Candice Carty-Williams, Queenie ausgelesen, die Geschichte einer jungen Londonerin aus karibischer Familie, die gerade eine dunkle Phase durchmacht: Die mehrjährige Beziehung zu einem weißen Londoner aus guter Familie zerbricht, ihr erster Job in einer Magazin-Redaktion wackelt, sie kommt mit sich und ihrer Community nicht zurecht, das alles personal aus der Perspektive dieser Queenie erzählt. In der ersten Hälfte ermüdete mich der reichliche wahllose und sehr detailliert beschriebene Sex, auch wenn ich mit der Zeit erkannte, dass die Details für die Charakterzeichnung der Protagonistin wichtig waren. Die Perspektive der jungen Frau of colour in England und ihr Kampf gegen Stereotypen hätten mich mehr gekriegt, wenn nicht verschiedene Aspekte fast lehrbuchartig anhand von Begegnungen mit stereotypen Weißen dargelegt worden wären. Interessanter fand ich da schon die Zwänge der eigenen Commmunitiy von Familien aus Afrika und aus der Karibik, die unter anderem die Existenz psychischer Probleme oder Erkrankungen negiert.

Im Bett begann ich meine neue Lektüre: Sayaka Murata, Ursula Gräfe (Übers.), Die Ladenhüterin.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Samstag, 14. Januar 2023 – Nachmittag mit ausgewandertem Freund an der Isar“

  1. Benjamin Neudek meint:

    Ich erinnere mich, wie wir uns vor vielen Jahren in Sebastians Lokal in Untergiesing(?) zur Lesung von Anke das erste Mal begegneten.

  2. Claudia meint:

    “Queenie” wurde übrigens für das englische Fernsehen (Channel 4) für eine Serie adaptiert mit 8 jeweils 30 Minuten langen Episoden.
    Soll wohl gegen Ende 2023 ins Fernsehen kommen.

    https://www.thebookseller.com/news/channel-4-commissions-candice-carty-williams-create-queenie-drama-series-1277851

  3. Croco meint:

    Bei diesen blaugrünen Streifen wird mir immer warm ums Herz.

    Bei mir kommt es die Tage auch zu Kreislaufschwierigkeiten.
    Ich schiebe den Schwindel auf‘s Wetter.
    Der Blutzucker ist in Ordnung, der Blutdruck aber recht niedrig.

  4. Friederike meint:

    Zu Brot-Namen im Handel: Hier auf dem Wochenmarkt bietet eine Bäckerei „Winterkruste“ an. in ein paar Wochen wird genau dieses Brot Frühlingskruste heißen, dann Sommer- und Herbstkruste. Das Rezept bleibt dasselbe (und ja: ich mag dieses wie-auch-immer-Jahreszeiten-Brot!)

  5. chatts meint:

    Viel Vergnügen bei der Lektüre der ” Ladenhüterin”.
    Mir hat die ganze skurrile Geschichte gut gefallen.

  6. Brittbee meint:

    Ein Crossover von der Kaltmamsell mit meinem Heimatstädtchen, Vorfreude! ich bin gespannt was Ihnen ge- und missfällt.

  7. Franz meint:

    Der höchste Berg am rechten Rand der von München aus sichtbaren Bergkette vor dem steilen Abfall ist übrigens die Zugspitze.

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