Journal Mittwoch, 24. Mai 2023 – Publikums-Vergnügen in den Kammerspielen: A scheene Leich

Donnerstag, 25. Mai 2023 um 6:48

Gut geschlafen mit nur einmal Aufwachen, zuletzt geträumt von Fahrradfahren in einem fremden Land, in dem das unüblich war. Ich stellte mein Radl vor einer Schule ab und nahm einen beruflichen Termin wahr; als ich damit wieder los fuhr, stellte ich fest, dass der Sattel hochgestellt war und Teile des Radls abfielen, weil einige Schrauben entfernt worden waren.
Wie fragte bei solchen Traum-Erzählungen immer die letzte von den beiden Analytikerinnen, mit denen ich zu tun hatte: “Und was verbinden Sie damit?”
Dass mein Fahrrad in meinem Leben eine wichtige Rolle spielt.

Das Draußen war unverändert grau, dafür ein paar spürbare Grad kühler als am Montag.

Vormittags Ringkampf mit dem deutschen Vergaberecht, mein Ausruf, als ein Beteiligter meine Ergebnissse hinterfragte: “Oh Gott, Sie wollen dem doch nicht etwa mit Logik beikommen?!” (Weil nur Auswendiglernen und stures Anwenden gefragt ist, auch wenn es noch so unlogisch erscheint.)

Als Mittagscappuccino testete ich einen unweiten Quiche-Laden, in dem ich eine mächtige Siebträger-Maschine erspäht hatte.

Schmeckte mir überdurchschnittlich gut, das hier könnte meine Anlaufstelle bei nicht so schönem Wetter werden. (Bis es hoffentlich irgendwann wieder eine Quelle im Büro-Haus gibt.)

Mittags kam zu Wolken und Kühle auch wieder Regen. Zu essen gab es selbstgebackenes Roggenschrotbrot und Hüttenkäse mit Banane.

Ich zwang mich zu ganz frühem Feierabend, denn ich hatte für den Abend eine Theaterkarte: Nachgeholte Vorstellung für den Abo-Abend, an dem ich um Urlaub war.

Daheim nutzte ich die Zeit für Zubereitung des Teigs von Chocolate Chip Cookies, Buffet-Beitrag für das Treffen in Rheinhessen am Samstag (lassen sich auch im Arbeitsalltag herstellen, überstehen Bahnreise und 48 Stunden ohne Kühlung). Auch für Fußpflege und eine Runde Yoga-Gymnastik war Gelegenheit, bevor Herr Kaltmamsell das Nachtmahl servierte: Senfeier mit Salzkartoffeln. Schmeckten sehr gut, auch wenn seine elaborierte Sauce weit entfernt von der Kantinen-Version war, an die ich mich mit Genuss erinnere.

Abmarsch ins Theater (Herr Kaltmamsell ging allein in den Lindy-Hop-Tanzkurs): In den Kammerspielen wurde A scheene Leich gegeben, Komödie von Gerhard Polt, den Well Brüdern und Ruedi Häusermann.

Ich wusste ja schon vorher, dass das der Zuschauerraum-Füller der Spielzeit war, ich komplettierte ein Silber-Meer an grauen und weißen Häuptern, dazwischen wenig jüngeres Volk eingestreut (Familienausflüge). Das Publikum war enorm vergnügungswillig, jedes Wort von Gerhard Polt rief Gelächter hervor. Das Stück – ja mei. Nett und niederschwellig, das Thema Lebensende in unserer Gesellschaft (Pflegeheime, Bestattungsinstitute) wurde nicht wirklich originell verarbeitet, die Beobachtungen und Scherze tanzten leichtfüßig durch offene Türen. Doch auch ich wurde unterhalten, vor allem von der Musik der Well Brüder und ihren Geschichten aus Kindheit und Jugend, als sie die Beerdigungen bei ihnen im Dorf musikalisch umrahmten (in meiner musizierenden Jugend nannten wir das “Gruft-Muggen”, wobei “Mugge” für Musikalisches GelegenheitsGEld stand).

Ich kam spät wieder heim, Herr Kaltmamsell schlief schon.

Stelle fest, dass es mir bei Mastodon immer gemütlicher wird. Die schnellen und launigen Interaktionen steigen, ich bekomme immer mehr den Input an Neuigkeiten, wie ich ihn in guten Zeiten bei Twitter schätzte. War ja klar, dass das nicht sofort so sein würde, mein Twitter hat sich ja auch über Jahre entwickelt. Vielleicht gab es dort anfangs auch noch Gezicke in Richtung anderer Online-Autauschplattformen, wie er mich jetzt auf Masotodon in Richtung Twitter nervt, vielleicht habe ich das einfach vergessen.

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Die Kandidat*innen des diesjährigen Bachmannpreis-Wettlesens stehen fest, und es zwickt mich durchaus, dass ich Klagenfurt verpasse. (Letztmöglicher Drei-Wochen-Urlaub mit Herrn Kaltmamsell außerhalb der bayerischen Sommerferien vor der Rente.) Nein, ich kenne niemanden davon, das ist einer der Zwick-Faktoren.

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Ms Marmitelover, langjährige englische Foodbloggerin und Foodjournalistin, beschreibt einen Gastro-Trend in UK, der sie als Vegetarierin schmerzt: Anscheinend setzen immer mehr Lokale auf vegane Angebote als Alternative zu Fleisch oder Fisch und lassen vegetarische Gerichte mit Milchprodukten ganz aus:
“Vegan v Vegetarian”.

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@formschub hat eine Sammlung von Obsttüten aus Papier im Web entdeckt (seht ihr, liebe Kinder, dafür wurde das Internet erfunden). Gestern hatte ich sogar eine davon in meinem Arbeits-Rucksack:

(Ich versuche, jede Obsttüte mehrfach zu verwenden – was bei den dünnen Plastiktüten allerdings erheblich besser geht, die verwende ich sicher zehn Mal, bis sie löchrig werden und ich sie wegwerfen muss.)

die Kaltmamsell

2 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 24. Mai 2023 – Publikums-Vergnügen in den Kammerspielen: A scheene Leich

  1. Madame Graphisme meint:

    Die Aggressivität, mit der in den Kommentaren zum “Vegan v Vegetarian”-Artikel Vegetarier von Veganern angegangen werden, ist schon ziemlich erschreckend.
    Zum Glück ist das wohl wieder so eine “Zorn aus der Anonymität”-Sache, da ich das außerhalb des Internets noch nicht in diesem Maße erlebt habe.

    Große Liebe für die Obsttüten! Solche Sammlungen sind kleine Museen. Ich wüsste zu gerne, was für Farben verwendet werden, da “rot und grün” keine Druckfarben sind. Es ist ja vermutlich Siebdruck oder Tampondruck und dann braucht es Sonderfarben. Aber was wird da verwendet? Außerhalb Deutschlands ist HKS nicht wirklich verbreitet und Pantone erst in den sechzigern anfing, Sonderfarben für den Druck herzustellen.
    Spannend! Erinnert mich an die Sache mit dem Ursprung der Dönertüten und Pizzakartons.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Ich war auch erschrocken, Madame Graphisme, erlebe das aber nicht zum ersten Mal. Erst kürzlich fielen militante Veganer*innen auf Facebook anlässlich eines Fotos über Katharina Seiser her – mit Klarnamen und persönlichem Profil: Für diese Aggression braucht es keine Anonymität, sondern nur genügend Verblendung und Hass.

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