Journal Samstag, 5. August 2023 – #WMDEDGT

Sonntag, 6. August 2023 um 9:19

Am fünften jedes Monats fragt Frau Brüllen den Freundeskreis Tagebuchbloggen “Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?”, kurz #WMDEDGT, die Antworten sind diesmal hier gesammelt.

Dass das Samstagswetter schlecht sein würde, war schon lang angekündigt, und es hatte diesmal das Briefing gründlich gelesen. Aber ich hatte mich darauf eingestellt und entsprechend geplant: Fester Termin war ab 13 Uhr Wahlhilfeschulung für Schriftführer*innen zur bayerischen Landtags- und Bezirkswahl am 8. Oktober, der Rest also drumrum.

Ich wachte nach guten Nachtschlaf zum 7-Uhr-Läuten von St. Matthäus auf. Dass Herr Kaltmamsell, der neben mir eingeschlafen war, dort nicht mehr lag, hatte ich schon beim nächtlichen Klogang bemerkt. Er saß in seinem Zimmer vorm Rechner und erklärte, dass er schlecht geschlafen habe, wach gelegen, und dass er deshalb in sein Bett gewechselt sei.

In meinen Morgen-Kaftan geschlüpft, Milchkaffee für zwei zubereitet. Zum Bloggen getrunken, dann ein Glas Wasser, dann eine große Tasse Schwarztee mit Milch.

Verhältnismäßig früh machte ich mich fertig fürs Schwimmen, von dort würde ich direkt zur Schulung fahren. Weil Scheißwetter mit Tram.

Ich duschte, schlüpfte gleich in den Schwimm-Bikini. Drüber langärmlige Bluse, Jeansjacke, an die Füße dicke Turnschuhe weil brrrrr. Schon auf dem Weg zur Tram-20-Haltestelle am Stachus brauchte ich meinen Schirm.

Sehr verständnisvolle Streetart in der Unterfühurung Olympiapark West (meine Tram-Haltestelle) zum Dantebad. Mal wieder geht mein größter Respekt an all die Leute, die Sport aus reiner Vernunft treiben, obwohl sie keine Lust drauf haben und er ihnen keine Freude bereitet.

Die Freude bekam ich mal wieder nach schnellem Ausziehen, Nassmachen unter der Dusche und Gleiten ins Wasserbecken: Fast niemand auf den Schwimmbahnen, ich konnte gedankenverloren unter wechselnd grauem Himmel und mit vereinzelten Regentropfen meine Meter machen. Ich beließ es bei 2.700, denn der Blick auf die Uhr und detailliertes Nachrechenen meines Zeitplans ließen mich Eile befürchten, sollte ich die gewohnten 3.000 Meter ausschwimmen. Wobei ich ja eh viel lieber zweimal die Woche nur 2.000 Meter schwömme statt einmal 3.000, aber der Zeitaufwand.

Duschen mit Haarewaschen und Abseifen gegen den Chlorgeruch, in der Frauen-Sammelumkleide cremte ich mich ein, trank meine Wasserflasche leer, schminkte mich und föhnte meine Haare trocken.

Mit der Tram voller Touristen (an der Dachauer Straße liegen zahlreiche Hotels) fuhr ich in leichtem Niesel zum Stiglmaierplatz. Den Schulungsort AWA Außenwirtschaftsakademie fand ich am Anfang der Seidlstraße, jetzt hatte ich noch Zeit für einen schnellen Einkauf beim Rewe in der Hopfenpost gegenüber.

Es folgten dreieinhalb Stunden Schulung mit zehn weiteren Teilnehmenden – diesmal leider nicht so durchdacht, souverän und auf den Punkt, wie ich alle vorherigen Wahlhilfeschulungen erlebt hatte (werde die Details im Feedback-Formular hinterlegen, die es nach jeder solchen Schulung gibt). Übrigens bin ich jetzt die nervige Alte, die in diesem Fall der Neuling-Nachbarin die fehlenden Informationen souffliert (“Und dieser Knopf auf dem Bildschirm hilft Ihnen…” / “Wenn der Wahlvorstand versucht XY, müssen Sie ihn darauf hinweisen, dass…” / “Mit der Tab-Taste geht’s schneller.” etc.). In der Schulungspause frühstückte ich einen Eiweißriegel und ein paar Mirabellen.

Zentrales Element war auch in dieser Schulung (wie in denen für alle Funktionen im Wahllokal) die Auszählübung mit Beurteilung von Gültigkeit der Stimmzettel, die nicht regel-konform ausgefüllt waren.

Wir überzogen ein wenig, ich stand erst um dreiviertel fünf wieder auf der Seidlstraße. Auf dem Heimweg merkte ich: Es ging mir gut, richtig gut. Das ist so selten, dass ich
a) es im Blog festhalte,
b) sofort davon ausgehe, dass etwas Stimmungstrübendes eintreten wird.
Und ich fühle mich darin bestätigt, dass mein Befinden in erster Linie Biochemie ist und wenig mit äußeren Umständen zu tun hat.

Zu Hause leerte ich erstmal meinen Sport-Rucksack, trug dann meinen Teil zum Abendessen bei: Israelischen Schnippselsalat aus Tomaten, Gurke, Gemüsezwiebel aus Ernteanteil, zugekaufter grüner Paprika und Petersilie.

Dann war noch Zeit für eine Folge Yoga-Gymnastik, bevor ich den Wein des Abends öffnete:

Claus Preisinger KalkundKiesel aus dem Burgenland, ein roter Gemischter Satz, spontanvergoren, ungeschwefelt und ungefiltert. Der Geschmack überraschte mich – und gefiel mir sehr gut: voll obstig ohne süß, Rumtopf ohne Rum. Ich verwende “obstig” statt “fruchtig”, weil ich immer wieder darauf bestehe, dass ich fruchtige Noten in Rotwein nicht mag, das hier ist also was Anderes. Wenn Sie es zum ersten Mal mit einem Naturwein versuchen wollen, empfehle ich diesen zum Einstieg.
Wir schmeckten beide nach, wozu der wohl passen könnte – und landeten bei Milchreis und Kaiserschmarrn, vielleicht Blauschimmelkäse.

Herr Kaltmamsell leitete mir eine Dankes-Mail weiter: Auf unserer Wanderung in den westenglischen Cotswolds hatten wir von einem Hotelier-Paar in unserer Unterkunft gehört, wie sehr sie deutschen Senf vermissten, vor allem den scharfen, und dass der seit einer Weile nicht mehr zu bekommen sei. Da wir uns mit diesen beiden ohnehin besonders gut verstanden hatten, war mir beim Weiterwandern die Idee gekommen, ihnen aus Deutschland ein Paketchen mit verschiedenen Senfen zu schicken (Develey aus München in Klassisch und Extrascharf, ostdeutschen Bautz’ner als weiteres Beispiel), auch wenn ich bereits wusste, dass die Post-Brexit-Zollformalien das anstrengend machen würden. Doch Herr Kaltmamsell hatte die Idee nach unserer Rückkehr aufgegriffen und all die Anstrengungen unternommen, das Päckchen gefüllt, formalisiert und abgeschickt. Sehen Sie, das ist das übliche Muster: Ich habe viele liebevolle Ideen, kriege aber fast nie den Arsch zur Umsetzung hoch – dazu braucht es andere.

Nachtmahl gab es zu jetzt wieder heftigem Regenrauschen. Als Vorspeise hatten wir die restlichen Oldenburger Salzgürkchen gegessen.

Herr Kaltmamsell hatte zum Schnippselsalat zweierlei Käse gebraten (Halloumi und Rougette Grillkäse), alles schmeckte hervorragend. Zum Nachtisch probierte ich endlich den Buddenbohm’schen Käsekuchen und freute mich daran.

Früh ins Bett zum Lesen: Jetzt, wo Bov Bjergs neuer Roman auf mich wartet, möchte ich meine aktuelle Lektüre Julie Orringer, Transatlantic so schnell wie möglich weglesen.

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Was mir aus gegebenem Anlass auffiel: “Digital detox” setzt einen Tox voraus, den ich bei mir in fast 30 Online-Jahren noch nie diagnostiziert habe.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Samstag, 5. August 2023 – #WMDEDGT“

  1. Mareike meint:

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    Gerne gelesen

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  2. Beate meint:

    Das kenne ich auch – das Innehalten und “In-sich-hineinspüren” und überrascht sein: Oh, es geht mir jetzt gerade sehr gut!

    Sehr selten, das.

  3. Thea meint:

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    Gerne gelesen

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  4. Friederike meint:

    Danke besonders für den letzten Satz!

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