Journal Freitag, 24. November 2023 – Aufziehende Dezemberdüsternis, erster richtiger Schnee 2023

Samstag, 25. November 2023 um 9:04

Recht gute Nacht, doch ich fühlte den inneren Dezember aufziehen (zur Erinnerung: für mich ist nicht November der schlimme Düstermonat, sondern Dezember).

Locker gegürtet gefällt mir die Winterjacke besser.

In die Arbeit kam ich unter drohenden Wolken trocken, erst nach Ankunft setzte Regen ein, heftig und vom Wind gepeitscht.

Mittags regnete es immer noch prasselnd und mit Böen, das war mir zu abstoßend für einen Marsch zu Mittagscappuccino. Ich bemühte statt dessen den grässlichen Automaten.

Als Mittagessen gab’s einen Apfel und ein großes Glas Granatapfelkerne mit Sojaquark (versehentlicher Kauf statt Sojajoghurt, schmeckt aber sehr ähnlich, ist nur etwas weniger flüssig).

Nach Feierabend in einer Regenpause zu Einkäufen ins Forum Schwanthaler Höhe, nach und nach statte ich eine Weihnachtsfeier aus (schon mal gelernt: Ausstattung wie Kessel und Tassen zu leihen, wird durch hohe Liefergebühren mindestens so teuer wie Kauf). Für den Weg von dort nach Hause brauchte ich dann doch einen Regenschirm.

Zu Hause Häuslichkeiten, unter anderem waren die ersten zehn Kilo Crowdfarming-Orangen eingetroffen, die alle auf weiche Stellen durchgesehen und sortiert werden mussten.

Auch dieses Jahr aufregend: Der erste richtige Schneefall, der allerdings schnell versiegte.

Eine wohltuende Runde Yoga-Gymnastik.

Einige der Orangen presste ich für den Freitagabend-Drink Campari Orange aus. Auch die Exemplare mit viel grüner Schale hatten kräftig oranges Fruchtfleisch.

Arrangiertes Foto zur Feier des ersten Schnees.

Herr Kaltmamsell briet uns hervorragende Entrecôte, dazu machte ich Ernteanteil-Radicchio mit Balsamico-Dressing an.

Den Wein von Luis Saavedra, Vinos de Madrid Chulo 2017, hatte ich wegen der Bezeichnung “Chulo” gekauft: Ich verbinde damit einen Dandy aus einfachem Volk im Madrid des 19. Jahrhundert, typisch für die Kleidung ist Pepita-Muster. Hier ein spanischer Artikel zum Hintergrund, hier ein Ausschnitt aus der Zarzuela “La verbena de la Paloma”, in der man die (stereo-)typischen Anzüge sieht. Dem Wein halfen meine bunten Assoziationen nicht: Seine Einzelgeschmäcker von stechendem Alkohol über Rauch und Holz bis Bomben-Fruchtsüße verbanden sich nicht. Am ehesten passte er dann zu meiner Überraschung zum Nachtisch: Herr Kaltmamsell hatte endlich mal genug altes Brot gesammelt, um englischen Bread Pudding zu backen (üblicherweise wird bei uns kein Brot alt).

Zadie Smith, The Fraud ausgelesen. Hm, war mir zu sehr um drei Ecken erzählt, mit unter anderem der Folge, dass mir keine der Figuren nahe kam. Neue Lektüre: Der Katalog zur Zuloaga-Ausstellung in der Hypo-Kunsthalle, herausgegeben von Roger Diederen, Nerina Santorius und Carlos Alonso Pérez-Fajardo, laut Rückseite “die erste umfassende Publikation zu Zuloaga in deutscher Sprache”. (Wäre ich 2022 eigens nach Irún gefahren, um “Mujeres de Sepúlveda” zu sehen, wenn ich die Pläne für die Zuloaga-Ausstellung in München gekannt hätte? Ich weiß es nicht.)

Status: Alles fühlt sich als Belastung an (selbst die Leere, wenn nichts ist), jede Wahrnehmung löst ein “oh, schlimm” aus, jedes Angesprochenwerden veursacht inneren Widerstand, Sein ist gerade besonders anstrengend. Aber sicher gibt es auch Aussichten, die mich freuen und mein Herz leichter machten: Zum Beispiel die Aussicht, dass das alles endlich ist und ganz sicher aufhören wird.

Was mich nicht von Amüsement abhält. Gestern am größten darüber: James Rebanks, der Landwirt im nordenglischen Cumbria, ist ja sehr stolz darauf, wie belegbar sein Vorgehen die Biodiversität auf seinen Weiden vergrößert hat. Doch mit einem Papagei hatte er nun wirklich nicht gerechnet.
In einem weiteren Tweet kündigte er an, den Papagei auf die Biodiversitätsliste des Hofs zu setzen. Finde ich völlig korrekt.

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Ich habe zwei Bluesky-Zugangscodes zu vergeben – will wer?
(Dort gibt es keine Hashtags, man kann keine Wörter stummschalten und keine Posts nachträglich korrigieren. Ich sag ja nur.)

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Noch ein schönes Interview im Guardian, dieses mit Autorin Naomi Alderman (wir kennen sie spätestens seit ihrem sensationellen Roman The Power).
“Naomi Alderman: ‘A writer’s job is courage. You’ve got to be as honest as you can'”.

The 49-year-old describes herself as a “games writer turned novelist”: she co-created the Zombies, Run! app, which has 10 million users, “to make exercise a bit less bloody boring”. Just as she aims to keep people running, so she writes to keep people reading, taking the pacy, wildly inventive possibilities of gaming into her novels. Whereas Iris Murdoch used to write fiction in the mornings and philosophy in the afternoons, Alderman does books in the mornings and games after lunch – and she’s currently doing an Open University MA in classical studies, for good measure. “My trouble is I’m interested in everything.”

die Kaltmamsell

2 Kommentare zu „Journal Freitag, 24. November 2023 – Aufziehende Dezemberdüsternis, erster richtiger Schnee 2023“

  1. Ilka meint:

    Potsdam meldet auch den ersten Schnee.
    Und falls das als Tipp durchgeht: Tassen gleich für die Zweitverwendung Büroküche beschaffen oder die Leute die eigenen Tassen mitbringen lassen und die “schönste” Glühweintasse küren. Kessel und Kochplatte hatten wir aus Privatbeständen.

  2. Jenny meint:

    Wenn Sie noch einen Bluesky-Zugangscode haben, hätte ich Interesse.

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