Journal Samstag, 2. März 2024 – Echter Frühling, Manteljagd

Sonntag, 3. März 2024 um 8:31

Gut und lang geschlafen, das war schön.

Der Tag startete trüb, hellte aber bald auf.

Nach dem Morgenprogramm mit Bloggen, Milchkaffee, Wasser, Tee, bereitete ich den Teig für Chocolate Chip Cookies vor: An diesem Wochenende wird für Herrn Kaltmamsells montägliches Kuchen-für-neue-Kolleg*innen-Mitbringen gebacken. Und da Herr Studiendirektor ja wochenends vor allem arbeitet, übernehme ich den Großteil.

Aufs Radl für meine Schwimmrunde im Olympiabad. Unterwegs begnete ich zu meiner Überraschung immer wieder Gruppen junger Leute in Oktoberfest-Verkleidung – dann fiel mir ein, dass Starkbierzeit ist, für Treffen dazu in Wirtshäusern wird sich ja mittlerweile auch verkleidet.

Schwimmen in rege beschwommenen Bahnen, aber mit vernünftigem Umgang. Doch leider auch mit vielfältigen Schmerzen: Die linke Schulter meldete sich wieder gleich zu Anfang, doch diesmal wurde der Schmerz stärker, verbreitete sich über Arm und Nacken, das störte. Dazu kam mal Zwicken links im Kreuz, mal rechts, ständig drohten Krämpfe in den Waden. Leider diesmal kein Schwimmgenuss, trotz Sonne durch die riesigen Fenster der Olympiahalle.

Danach erfreute mich aber, wie schnell das Trockenföhnen der kurz geschnittenen Haare ging. Rückfahrt über Semmel- und Weinkauf, zweimal musste ich schnell vom Rad springen, um mir gegen sehr nahes Martinhorn die Ohren zuzuhalten und gegenzusummen.

Zu Hause kümmerte ich mich erst mal ums Backen der Cookies, zwischen den vier Blechen packte ich aus und frühstückte zwei Semmeln (die Butter vom Käsestand des Donnerstagmarkts schmeckte besonders gut).

Plan für den Nachmittag war ein Einkauf: Mein 20 Jahre alter billiger Wildledermantel verabschiedet sich (von H&M, würde ich mir heute und die vergangenen Jahre aus ethischen Gründen nicht mehr kaufen, doch weil ich ihn halt schon mal hatte, wollte ich ihn zumindest so lang wie möglich tragen): Das zerschlissene Futter, das ich schon einmal für teuer Geld erneuern hatte lassen, ist wieder völlig zerschlissen, das Wildleder an einigen Stellen speckig, Nähte lösen sich.

Draußen wundervoll milde Frühlingssonne, es wurden bereits die Sommerkleider ausgepackt; um drei zeigte das Thermometer im Schatten beim Juwelier Fridrich 13 Grad an.

Nachdem ich mich so über die Kapuze meiner Winterjacke als Schirmersatz gefreut hatte, träumte ich von einem Übergangsmantel mit ebensolcher. Allerdings hatte ich bemerkt, dass seit ca. zwei Jahren leichte Mäntel (die Bezeichnung “Übergangsmantel” ist ausgestorben) praktisch ausschließlich in Form von Trenchcoats angeboten werden, und das auch noch praktisch ausschließlich in Beige. Wollte ich nicht. Zumindest entdeckte ich beim systematischen Abklappern der Bekleidungsläden (Other Stories, COS, Mango, Zara) Trenchcoat-Varianten in Schnitt und Farbe, bei Massimo Dutti aber auch einen Kapuzenmantel. Den kaufte ich.

Es war viel los in der Fußgängerzone, Besucher*innen, aber auch viele Bekehrungskundgebungen: In der Sendlingerstraße ganz klassisch Bekehrung zu Jesus (junger Mann mit Mikrofon: “Ich habe geweint, als ich erfahren habe, was Jesus für mich getan hat.”), aber Richtung Marienplatz auch gegen den Kommunismus in China oder für die Proteste im Iran.

In den Bekleidungsgeschäften, in denen ich gezielt suchte, sah ich faszinierende Menschen vielerlei Alters, für mich am interessantesten die originell und sorgfältig gestylten älteren Frauen (also in meinem Alter und ein wenig drüber). Ich empfehle ein samstägliches Schlendern durch Bekleidungsgeschäfte für Leutegucken – und zur Erforschung der Frage, warum all die Männer, die mit leerem Blick oder gelangweiltem Smartphonelesen irgendwo in diesen Geschäften unbeteiligt rumsitzen, eigentlich mitgekommen sind (ich erlebte durchaus auch sehr engagierte männliche Begleitungen von einkaufenden Frauen: “Sieht gut aus – weil an dir halt alles gut aussieht”, ganz nüchtern geäußert).

Abschließender Edeka-Einkauf restlicher Wochenend-Lebensmittel, dabei Begegnung mit einer besonders entzückenden Kassenangestellten.

Daheim machte ich mich unwillig ans Bügeln, aber wenn ich das jetzt nicht erledigte, würde der Berg unangenehm deutlich höher als eine Stunde. Dabei hörte ich nach Langem mal wieder Musik, über den Mix der Bruderfamilie stieß ich auf die Band Elbow, hörte interessiert das Album “The Seldom Seen Kid” durch.

Mein Körper fühlte sich an, als täte ihm eine Wiederholung der sportlichen Yoga-Folge vom Donnerstag nicht gut. Also ließ ich gestern Yoga bleiben.

Zum Abendessen machte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch die Ernteanteil-Rote-Bete zu einem Linsengericht, als Topping gebratene Champignons und Petersilie. Dazu ein spontanvergorener Blaufränkisch aus dem Burgenland: Andert-Wein Ke(c)k – schmeckte mir, machte aber nichts mit den Beten und den Linsen. Nachtisch Schokolade.

Start einer neuen Lektüre: The Future, der neue Roman von Naomi Alderman.

§

Pah, heute wird Musik ja nur noch von Computern gemacht. FRÜHER! Mit, äh, Nadeldruckern.

die Kaltmamsell

15 Kommentare zu „Journal Samstag, 2. März 2024 – Echter Frühling, Manteljagd“

  1. Chris Kurbjuhn meint:

    Die Männer mit leerem Blick und Smartphone sind vermutlich mitgekommen, weil die Partnerin darauf bestanden hat, unter Androhung verschiedenster Konsequenzen. Sowas liegt meiner Frau gottseidank vollkommen fern, ist aber im erweiterten Bekanntenkreis gar nicht mal so selten.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Oh, Chris Kurbjuhn, das hatte nicht erwartet, ist aber sehr interessant: Ob wohl eine der bestehenden Partnerinnen bereit wäre, ihre Motive fürs Bestehen zu erläutern? Mir fallen keine ein außer albernen Machtspielchen, die möchte ich keiner unterstellen.

  3. Marlies meint:

    Der neue Mantel ist sehr schick
    BTW: https://www.brigitte.de/amp/mode/trends/h-m–diese-marken-gehoeren-alle-zum-konzern–10919242.html

  4. die Kaltmamsell meint:

    Ähm, Marlies: Welche Bedeutung hat Ihre Verlinkung zu den Modemarken, die alle zu H&M gehören?

  5. Chris Kurbjuhn meint:

    https://maschinist.blog/2019/04/15/das-skelett-bei-pimkie/

  6. Marlies meint:

    Liebe Kaltmamsell
    Sie schrieben, dass Sie aus ethischen Gründen nicht bei H&M einkaufen möchten. Warum suchen Sie dann in die Tochterunternehmen?
    Schönes Wochenende

  7. Neli meint:

    Mein Mann geht sehr gerne einkaufen, auch Bekleidung. Er geht auch gerne mit der Tochter shoppen. Manchmal sind wir nicht einer Meinung, aber er ist ehrlich. Er hat von uns dreien die meisten Sachen und auch mehr Schuhe als wir Mädels .

  8. Trulla meint:

    @Chris Kurbjuhn:
    Ja, ich kann über das Skelett lachen. Obwohl…auch hier steht das weibliche Verhalten mal wieder im Mittelpunkt der Kritik, während die zur Begleitung abkommandierten (ist es vielleicht s e i n Auto, das s i e nicht fahren darf?) bedauernswerten Männer irgendwie die gestohlene Zeit herumbringen müssen. Womit? Sie spielen Candy Crash oder Tetris! Sinnvolle Tätigkeiten, die sie viel lieber zu Hause vollbracht hätten, evtl.auf dem Sofa! Oder – Überraschung -hätten sie in der Zeit etwa das Kochen, Putzen oder Bespaßen der Kinder übernommen?

    Fragen über Fragen…

    Ich kaufe übrigens für mich ohne Begleitung meines Mannes ein, mittlerweile sogar oft online. Hingegen begleite ich ihn, auch im eigenen Interesse. Ich bin nämlich ein Augenmensch und sein Anblick erfreut mich noch mehr durch gute Verpackung.

  9. Croco meint:

    Der Mantel gefällt mir sehr.
    Und wie elegant die Kapuze angeschnitten ist, nicht nur ein Zusatzlappen im Nacken, wie das oft der Fall ist.
    Die Männer sind vielleicht schon im zehnten Laden und haben einfach keine Lust mehr? Ihre Expertise wird nicht gefragt? Sie trauen sich eine Beurteilung im Modebereich nicht zu?
    Ich hab Herrn croco gerne dabei, weil er ehrliche Aussagen trifft. Verkäuferinnen haben es nicht so damit und sind meist auch anderweitig beschäftigt oder abgetaucht. Er reicht mir auch machmal Sachen in die Kabine, die ihm gefallen. Und auf die ich alleine nicht gekommen wäre. So habe ich jetzt eine vegane Lederjacke in gelb.

  10. die Kaltmamsell meint:

    Nein, Marlies, ich kaufe aus ethischen Gründen keinen Billig-Wildledermantel mehr, Ihre Sorge um meine Integrität geht in diesem Fall fehl.

  11. Sandra meint:

    Wo ist das „(Linsen!)“? Kommen sie inzwischen so oft vor, dass man es nicht mehr extra hervorheben muss? Das wäre doch super!

    Ich glaube,manche Paare sind sehr autonom, insofern, dass jeder Teil gerne seinen eigenen Kram macht. Wir gehören nicht dazu. Am liebsten wollen wir (sogar mit den Kindern) alles zusammen machen. Das Wochenende ist kurz…Insofern kommt man auch mal mit, wenn es einen nicht so sehr interessiert. Mein Mann (früher, als ich noch shoppen ging) mit zum Klamotten-Shoppen und ich (mit weiteren Freunden) mit zur Whiskymesse, obwohl ich keinen Whisky trinke. Allerdings bestand ein Shoppingtrip oder der Besuch der Whiskymesse ja nie nur daraus: Im Elektronikmarkt hat mein Mann nicht gedankenverloren sein Handy bedient und wo es Whisky gibt, gibt es auch mal einen Rum oder die Schokolade, die man eigentlich zum Whisky nehmen sollte.

  12. Daniela meint:

    Ah! Das kann ich beantworten, allerdings bin ich ne Frau, die Shopping-begleitet und mein Freund ist ein Mann, der shoppt und mich gerne fragt, ob ich mitkomme.
    Das ist so:
    Wenn er Klamotten kaufen geht, komme ich oft mit, weil er sich dann freut und ich gerne Zeit mit ihm verbringe. Aber, da er lieber und vor allem länger Klamotten shoppt als ich, und ich wochenends oft müde bin, ende ich dann regelmäßig für eine Weile als leer guckendes Handy-starrendes Begleitwesen auf einer Bank.
    Das finde ich total ok, vor allem, weil er sich ja meldet, wenn er dann doch ne Meinung braucht. Und auf dem Rückweg sind wir ja dann auch wieder zusammen.

    Ich freue mich irgendwie sehr, dass wir (auch) da Stereotype einfach umgedreht (er)leben.

    Ach ja, es gibt kein „PartnerIn wird dazu gezwungen, unter Androhung verschiedener Konsequenzen“, wie es in anderen Kommentaren anklang. Ich finde das eine seltsame These und finde, es deutet auf ein verstaubtes Gender-Bild hin (was sowohl Männer-und Frauenbild angeht).

  13. Regina meint:

    In meinem Umfeld ist aber leider genau so. Ich habe jetzt gerade wieder eine Diskussion mit Freundinnen, die sich beschweren, dass ich meinem Mann zu viel „erlaube“. Ich würde dadurch falsche Signale setzen und falsche Dinge vermitteln, was die Männer alles „dürfen“ (alle Mitte 40). Die Männer haben mitzukommen wenn Frau es wünscht, egal ob sie Lust haben oder nicht, sie haben Lust zu haben und wenn nicht, ist die „Liebe nicht groß genug“ oder es „kostet“ (Ausgleichszahlung in Form von Blumen oder Schmuck).

  14. Daniela meint:

    Uff, das hört sich echt furchtbar an, und nach anstrengender Manipulationsarbeit – und gar nicht nach Partnerschaft.

    Ich mag es mir nicht vorstellen, wieso würde man die Energie, die man hat, in der Partnerschaft dazu verwenden, den Partner zu manipulieren, statt sie dazu zu verwenden, partnerschaftlich zu kommunizieren? Oi.

    Und: Wie sind die Männer drauf, in diesen Partnerschaften? Zum (nicht-gut-)Kommunizieren gehören ja immer zwei. Sind die dann resigniert-ausgeklinkt?

  15. Daniela meint:

    So oder so, eine Sache möchte ich bekräftigen: wenn man mich mit Handy als Shoppingbegleitung sieht, fragt man sich vielleicht – wie Frau Kaltmamsell sich hier – warum ich überhaupt mitkomme. Bei mir ist es so: weil genug Gemeinsamkeit bei der Aktion rumkommt, dass wir es beide als schön empfinden (mit Pausen am Handy, wenn ich mich zurückziehe, weil ich müde bin, und nicht gucken / reden / smalltalken will).

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