Journal Sonntag, 25. August 2024 – Return of the Drinnen

Montag, 26. August 2024 um 6:38

Gestern also der angekündigte Regensonntag. Von Fenster zu, damit es nicht heiß reinkommt am Samstag (28 Grad) zu Fenster zu, damit es nicht kalt reinkommt (15 Grad).

Ausgeschlafen, zu meiner Überraschung und Freude hatte das Wetter genug Sommer für Balkonkaffee übrig gelassen. Über die folgenden beiden Stunden, die ich dort saß, wurde es allerdings langsam und spürbar kühler, ich wechselte an den Esstisch drinnen.

Gestern hatte ich eine Laufrunde an der Isar geplant, mein Sonntagsrhythmus (je älter ich werde, desto eingefahrener in diesen Dingen) legte den Start auf etwa 10 Uhr. Der Regenradar, der ja nun auch nicht gerade für Kompromissbereitschaft bekannt ist, legte den Start eines ernsthaften und ausgedehnten Regengebiets auf dieselbe Zeit. Also setzten wir beide stoisch unsere Vorhaben um: Ich nahm in Schirmmütze und Regenjacke die U-Bahn nach Thalkirchen, das Wetter begann bei meinem Verlassen des U-Bahnhofs zu tröpfeln, verstärkte Vorhersage-gemäß den Regen im Lauf meiner 100 Minuten immer weiter – aber nie Spaß-verderbend unangenehm, danke schön.

Lohn der Regenläuferin: Fast keine anderen Leute.

Nebenfluss mit Uferbewachsung unter dunklen Wolken

Tröpfeln in Thalkirchen.

Blick von oben auf Fluss (rechts), Uferwege (Mitte), Nebenfluss (links) mit viel Ufergrün, dunkelgrauer Himmel

Regenwolken über der Großhesseloher Brücke.

Hydrant in hoch und wild gewachsener Wiese

Parkbank mit fehlenden Sitzbrettern und Rückenlehne, darum ein weiß-rotes Plastikband, dahinter Blick aufs Isartal

Bank überm Isartal bei Pullach kaputt!

Teich im Regendunst, am gegenüberliegenden Ufer eine Hütte aus dunklem Holz

Richtig Regen auf dem Rückweg am Hinterbrühler See.

Erst in der zweiten Hälfte lief ich leichter und mit Genuss, davor fühlte sich das Traben ein wenig mühsam an. Abschließend holte ich Frühstückssemmeln beim Zöttl (der mit den guten Laugen-Zöpferln).

Eines davon gab es kurz vor zwei zum Frühstück mit Tomate, außerdem Pfirsich mit Joghurt und Leinsamenschrot. In Socken, langen Ärmeln, Hosenbeinen, Strickjacke las ich die Wochenend-Süddeutsche. Ich empfehle das Buch zwei über die Frankfurter Drogenszene, warum sie in den vergangenen Jahren so schlimm geworden ist und wer welche Ideen zur Abhilfe hat. Gianna Niewel schreibt angenehm wertungsfrei, hat mit vielen Menschen vor Ort gesprochen, auch mit einigen Drogenabhängigen, um die es ja geht (€):
“Hilfe!”

Eine Runde Bügeln, fast genug für diese arte-Doku, die ich seit Wochen als offenen Tab im Browser hatte:
“Menopause – Frauen berichten”.
Genauer gesagt: Französische Frauen berichten, das ist meiner Meinung nach sehr deutlich. Dennoch fand ich die verschiedenen persönlichen Perspektiven spannend – die sich alle von meinen Erfahrungen unterschieden. Wichtig aber: Dass wir darüber sprechen, dass die weiblichen Wechseljahre endlich aus dem Tabu rauskommen, das sie umgibt. Ich sehe in den vergangenen Jahren deutliche Anzeichen dafür, jetzt aber bitte nicht nachlassen.

Es regnete einfach durch.

Ich stoppe ja nicht mit (wer stoppt schon den Zeitaufwand für ein Hobby mit?), aber gerade als ich dachte, bis Yoga-Gymnastik könnte ich ja noch ein Stündchen Roman lesen, fiel mir ein, dass ich erst noch die Fotos vom Isarlauf runterladen, benamsen, für den Blogpost bearbeiten könnte – und dann war vor Yoga-Gymnastik gar keine Zeit mehr für Romanlesen. No na, andere Leute gucken Serien.

Yoga-Gymnastik war wohltuend und anstrengend. Fürs Nachtmahl sorgte wieder Herr Kaltmamsell: Er kochte ein Lamm-Curry auf der Basis einer geschenkten Gewürzmischung. War gut, war mir nur ein wenig zu scharf, so dass ich das Lamm gar nicht richtig schmeckte – und ich mag Lammgeschmack sehr gern.

Beim Abräumen rief Herr Kaltmamsell erschrocken nach mir: Eine überraschend große Heuschrecke hatte sich ins Wohnzimmer verirrt. Mit koordiniertem Einsatz, Schüsseln und Zeitung fingen wir sie ein und setzten sie auf die Balkonbrüstung.

Auf einer Balkonbrüstung eine Tonschale Wasser, daneben eine grüne Heuschrecke

Nachtisch Zwetschgenkuchen und Schokolade. Auf arte lief einer meiner Allzeit-Lieblingsfilme: Gattaca.

Im Bett beim Lesen beschlossen, Miranda July, All Fours nach einem Viertel abzubrechen: So ein Schmarrn. Die Grundidee hätte schon lustig sein können: Eine Künstlerin/Autorin in Los Angeles mit Mann und Kindern beschließt, eine Reise nach New York mit dem Auto anzutreten, kommt aber nicht mal aus ihrer Heimatstadt raus und mietet sich in einem Hotel ein, lässt ihr Zimmer für 20.000 Doller neu dekorieren, empfindet eine Obsession für einen Mietauto-Angestellten. Doch alles daran wird derart ausufernd bis in jedes noch so unnötige Detail beschrieben, jede noch so kleine Empfindung wird unter die Selbstreflexions-Lupe genommen, Formulierungen wiederholen sich ständig – nichts daran interessierte mich, glaubte ich auch nur. Weg damit, es gibt Dutzende anderer Bücher, die ich lieber lesen möchte. Ich lud ein weiteres von meiner Wunschliste herunter: Anja Reich, Simone. Der Anfang las sich schon so fesselnd, dass ich das Licht später löschte, als ich geplant hatte.

§

Herzbruch hat erfahren, dass sich Lars Klingbeil in Chicago auf dem Parteitag der US-Demokraten Inspiratation für den SPD-Bundestagswahlkampf geholt hat und malt sich die Umsetzung aus.

Das ist fachlich fundiert und komisch – allerdings gehen emotional mitreißende Politik-Veranstaltungen mit charismatischen Politiker*innen komplett an meinen persönlichen Emotionen vorbei: Ich grusle mich, denn mir fällt sofort die prä-demokratische deutsche Vergangenheit ein, in der das mit dem charismatischen Mitreißen sehr gut und mit verheerenden Auswirkungen auf große Teile der Menschheit funktioniert hat. Ich stehe auf sachliche Politiker*innen und Inhalts-orientierte Politik, lassen mich ob dieser Oxymoren aber gerne auslachen und weiß, dass auch die Forschung Wahlentscheidungen zu nahezu 100 Prozent auf nicht-sachlicher Basis nachweist.

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal Sonntag, 25. August 2024 – Return of the Drinnen“

  1. N. Aunyn meint:

    Oh, vielen Dank für den Hinweis auf das Buch von Anja Reich. Hatte ich noch gar nicht mitbekommen. Sie ist eine meiner Lieblingsautorinnen bei der Berliner Zeitung, besonders, was den Nahost-Konflikt (in Berlin) betrifft, z.B. hier:
    https://www.berliner-zeitung.de/wochenende/nahost-konflikt-in-neukoelln-lassen-sie-die-toten-aus-dem-spiel-li.160512

  2. Susanne meint:

    Da ich Ihre Fotos von den Läufen an der Isar immer sehr schön finde, musste ich bei diesem Podcast (23 min) an Sie denken, vielleicht ist er ja von Interesse:

    https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/die-isar-portraet-eines-geliebten-flusses/2096887

    Ich wusste vorher kaum was über die Isar und fand es sehr spannend!

  3. Eva meint:

    Danke, jetzt fühle ich mich nicht mehr so allein mit meinem Vorbehalt gegenüber charismatischen Politikmenschen – schon die Erwartung an Charisma, Ausstrahlung.. finde ich verstörend. Ideen, Plane, Zukunftsentwürfe, die Zustimmung, gar Begeisterung hervorrufen, gerne – aber ich hab’s nicht so mit Führern

Beifall spenden: (Unterlassen Sie bitte Gesundheitstipps. Ich werde sonst sehr böse.)

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