Journal Samstag, 22. Februar 2025 – Das Wochenende der Orange

Sonntag, 23. Februar 2025 um 7:32

Früh aufgewacht – Beschluss, das für meine Morgenpläne zu nutzen.

Nämlich:
1. Bettwäschewaschen inklusive Matratzenschoner, mittlerweile müffelte mein Bett bereits wenige Tage nach Frischüberziehen. Ich bin Bettmüfflerin, das liegt bei uns in der Familie, väterlicherseits. Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur glaubwürdigen Diva.
2. Brotbacken – und zwar ein so altes Rezept, dass es noch aus meiner allerersten Brotbackphase in den 1980ern stammte (die endete, als mein Vater vorsichtig fragte, wann es mal wieder richtiges Brot gebe): Ein Kartoffelbrot mit Roggenschrot. Aus Erfahrung weiß ich heute, dass grober Roggenschrot über Nacht kalt gewässert (oder in Sauerteig) wie im Rezept angegeben nicht weich genug wird; ich hatte ihn Freitagmorgen mit kochenden Wasser übergossen und so zwölf Stunden stehen lassen. Weitere Änderung auf Basis meiner Erfahrung: Hefezugabe deutlich reduziert, Verlängerung Stock- und Stückgare.

Auf einem runden Kuchengitter, das auf einer schwarzen Kochfläche steht: ein runder Laib Brot

Ging schön auf. (Meine Brote sehen alle gleich aus, ich muss den Schluss mal bei Stückgare oben lassen und einschneiden oder so.)

Schwimmpläne: Bis kurz vorher war ich unschlüssig, ob mir der Sonnenschein für eine (winterteure) Schwimmrunde im Dantebad reichte. Letztendlich entschied ich mich für drinnen und Olympiabad, genoss die milde Luft beim Hinradeln.

Blick durch eine offene Tür auf die gepflasterte Ebene über der Schwimmhalle, darin zwei Menschen an Stehtischen

Es war so mild, dass die Außentür zum Café über der Schwimmhalle offenstand.

Guter Schwumm, praktisch keine Geräteschwimmer*innen auf meiner Bahn, der Körper signalisierte allerdings, dass die Oberkörper-betonte Yoga-Einheit vom Vorabend (eagle arms zum Saufuttern) nicht die ideale Vorbereitung auf 3.000 Meter Kraul war.

Beim Eincremen und Anziehen hörte ich aus Nebenkabinen Gespräche auf Japanisch (zwei Männerstimmen) und Türkisch (zwei junge Frauenstimmen), freute mich an diesem München, hätte allerdings zu gerne verstanden, worum es ging – sicher ganz alltägliche Dinge, aber ebenso sicher aus einem anderen Alltag als meinem.

Mildes Heimradeln, an einer der vielen roten Ampeln an der Schleißheimer Straße nahm ich sogar das Stirnband ab.

Nahaufnahme aungeschnittener Laib Brot

Frühstück kurz vor zwei war restlicher Waldorfsalat vom Vorabend und Brot (Butter, Marmelade) – es schmeckte ok, der Roggenschrot innen war weich genug, aber halt an der Oberfläche wieder hart gebacken. Ich notierte auf dem historischen Rezept, dass es keinen weiteren Versuch wert ist, dazu habe ich zu viele erprobte und bessere Alternativen.

Nachmittag mit Lesen im meist sonnigen Wohnzimmer, darunter die Wochenend-Süddeutsche. Unter anderem wird ein Mann portraitiert, der seit 30 Jahren wahlhilft: “Ehrenamtliche Wahlhelfer gibt es kaum noch, die meisten sind im öffentlichen Dienst und bekommen die Arbeitsstunden gutgeschrieben.” Kaum noch? Stecke ich wieder in einer Wahrnehmungs-verzerrenden Blase, in meinem Sichtfeld werden es nämlich immer mehr? Und bei den jüngsten Einsätzen als Wahlhilfe bestanden die Teams immer zu mindestens der Hälfte aus Ehrenamtlichen.

Eintrag meiner Blogposts 2024 bei der VG Wort abgeschlossen.

Die schön mürben Ernteanteil-Äpfel verarbeitete ich zu Nachtisch, nämlich Apple Cumble mit gemahlenen Mandeln in den Streuseln. Während des Backens turnte ich Yoga-Gymnastik.

An diesem Wochenende sollten möglichste viele Orangen aufgebraucht werden, wir müssen sie täglich prüfen und entdecken immer welche mit Matschstellen. In den Drinks am Freitagabend waren sechs Stück verschwunden, die gestrigen Drinks Green Monkey beseitigten eine weitere, und für das Abendessen hatte ich Herrn Kaltmamsell schon im Januar ein Rezept aus dem SZ-Magazin angereicht: Ragout vom Schwein mit Orangen.

Aufsicht auf große tiefe Pfanne mit Sauce, darin Fleischstücke, halbe Orangenscheiben,Estragonbündel

Schmeckte wirklich gut! Keine Beilagen, im Glas den Kochwein, den Herr Kaltmamsell verwendet hatte (er hatte halb Brühe, halb Wein verwendet), ein italienischer Chardonnay, überraschend frisch. Nachtisch Apple Crumble.

Noch früher ins Bett zum Lesen.

§

Dank an @charmingLiisa für den Hinweis auf diesen Text der immer anregenden Mely Kiyak:
“Freiheit aus dem Tante-Emma-Laden”.

Dabei wäre gegen eine vertiefte politische Auseinander­setzung mit Migration, Flucht, Asyl überhaupt nichts einzuwenden, im Gegenteil, ist sie doch seit Jahrzehnten überfällig.

Meine Rede seit langem.

Wenn fremde Staaten in Deutschland das Gerücht verbreiten, dass eine vermeintlich ungezügelte Migration die Deutschen bedroht, dann wirkt diese Desinformation auf die demokratische Stabilität ähnlich verheerend wie eine Streubombe. Diktaturen und autokratische Führer haben das schon lange begriffen, sie sind Spezialisten darin, die Sicherheits­architektur ausländischer Staaten mit dem sehr simplen Mittel der Rhetorik zu lenken, indem sie in den sozialen Netzwerken Volkszorn simulieren – bis tatsächlich welcher entsteht. Man kann den Faschisten alles Mögliche vorwerfen, aber ganz sicher nicht, dass sie die menschliche Psychologie nicht begriffen hätten.

Gleichzeitig schreibt sie auch viele Ideen, auf die ich nie gekommen wäre, die ich aber sehr spannend finde, zum Beispiel eine digitale Wehrpflicht.

§

Ashifa Kassam hat sich für den Guardian die spanische Wirtschaftsentwicklung und Politik angesehen und identifiziert als Ursache für derzeit steigendes Bruttoinlandprodukt und niedrigste Arbeitslosenquote seit 2008 – TUSCH! – Offenheit für Einwanderung.
“How Spain’s radically different approach to migration helped its economy soar”.

Other factors are also at play. Spain’s abundance of wind and solar renewables has helped to keep energy relatively cheap while EU Covid recovery funds bolstered the economy and the socialist-led government ran a deficit to fund initiatives such as raising pensions and public sector hiring.

(…)

After years of watching the far right’s hardline views on migration become mainstream, analysts were swift to highlight how Spain was different. “One remarkable facet of Spain’s recent performance has been the role of immigration,” economists at JPMorgan noted in a recent research report. “2022 saw the highest net migration in 10 years, at close to three-quarters of a million individuals.”

§

“Deutschland verbraucht 17 % weniger Wasser nach AKW-Abschaltung”.
Inklusive schöner (und halt anstrengender) Aufschlüsselung, wie man sowas berechnet.

die Kaltmamsell

19 Kommentare zu „Journal Samstag, 22. Februar 2025 – Das Wochenende der Orange“

  1. Hanna meint:

    Ich habe zuletzt mehrfach im Radio gehört, dass es zumindest bei dieser Wahl mehr freiwillige Wahlhelfer gab als benötigt (ich weiß aber nicht mehr, ob sich das auf das ganze Land oder nur NRW bezog)

  2. die Kaltmamsell meint:

    In München ist das regelmäßig so, Hanna.

  3. Christine meint:

    Bei dem Wahlhelfenden-Andrag gibt es wohl regional große Unterschiede: In Recklinghausen gibt es wohl sogar eine Warteliste!
    ~
    Die Kombi von Schwein und Orange fand ich so lange befremdlich, bis ich im Rezept “Ingwer” gelesen habe. Da ergab plötzlich alles Sinn!

  4. Poupou meint:

    Die Wahlhelfer aus dem oeffentlichen Dienst machen das auch ehrenamtlich. Wir koennen allerdings statt Zahlung bin Erfrischungsgeld auch Freizeit waehlen (für den Staat letztlich kostengünstiger). Eine Dienstverpflichtung waere moeglich, wenn sich nicht genug Freiwillige melden, wird aber in der Regel nicht benötigt.

    LG
    Poupou

  5. Karo S. meint:

    Auch in meiner Blase als Wahlhelfende in München: bis auf die Bundestagswahl vor vier Jahren (zufällig zugeteilt zu einem fest verabredeten Team aus Berufsschulkollegen zu Briefwahl) waren es immer deutlich mehr als 50% Ehrenamtlich / nicht öffentlicher Dienst.

    Danke für ihren Einsatz!

  6. Roland meint:

    Als ich mit dem Wahlhelfen anfing, waren verpflichtete (?) Helfer und Helferinnen aus dem Öffentlichen Dienst bei uns meinem Eindruck nach die absolute Ausnahme. Möglicherweise hat sich das im Laufe der vier Jahrzehnte so verschoben, daß der Eindruck „kaum noch Freiwillige“ entstand.

  7. Barbara meint:

    Merkt man selbst, dass man Bettmüfflerin ist? :) also, kann man das selbst feststellen?

  8. Thea meint:

    Griß an den wunderbaren Papa, der sich “endlich mal wieder richtiges Brot” wünscht. Musste sehr lachen und habe mich auch darüber gefreut.

  9. Thea meint:

    Korrektur: “Gruß”, bitte.

  10. Poupou meint:

    @Roland: “Verpflichtete Wahlhelfer aus dem öffentlichen Dienst” sind auch heute die absolute Ausnahme!

    Es ist eher so, dass viele, die im öffentlichen Dienst arbeiten, geneigt sind, sich für so eine Aufgabe ehrenamtlich zu engagieren.

    Der einzige Unterschied ist, dass es die Option gibt, auf Geld zu verzichten. Es ist aber nicht so, dass man dann Stunden aufschreibt und das auf die Arbeitszeit angerechnet wird. Man bekommt so eine Art Urlaubsgutschein. Und das auch nur, wenn man dem eigenen Dienstherren geholfen hat. Wenn ich z.B. als Brandenburger Beamtin bei der Berliner Landtagswahl helfe, bekomme ich nur die Geldzahlung wie alle anderen Ehrenamtlichen auch.

    LG
    Poupou

  11. Roland meint:

    @Poupou: Ich vermute eine Verpflichtung (bei uns in der Stadt, früher) weil mir damals gesagt wurde „Wenn es zu wenig Freiwillige gibt, müssen wir halt ran.“

    Und hier in Bayern war das auch bei den Ehrenamtlichen nicht so völlig freiwillig. Wenn man mal „im System“ war, wurde man regelmäßig verpflichtet. Zumindest formal musste man sich dann mit Begründung entpflichten lassen.

  12. albatros meint:

    Ich kenne es so, dass es im Vorfeld einer Wahl einen Aufruf an die kommunalen Beschäftigten gibt, als Wahlhelfer freiwillig bereitzustehen. Viele machen das über Jahre hinweg und sind deshalb schon routiniert. Und in vielen Kommunen (zum Beispiel in der Frankfurter Stadtverwaltung) erhalten sie montags dafür einen zusätzlichen Tag frei als ein Zeichen der Anerkennung für ihr Engagement.

  13. die Kaltmamsell meint:

    Mein Verdacht, Roland: Das handhabt jede Kommune unterschiedlich. In bin seit über zehn Jahren als Wahlhelferin in München “im System” und wurde nie verpflichtet (wie soll das auch gehen?), sondern lediglich jedesmal freundlich angefragt.
    Und nach meinem letzte Stand bekommen Stadtangestellte in München für ihren Einsatz einen freien Tag.

  14. albatros meint:

    Die Möglichkeit zu einer Dienstverpflichtung ergibt sich für Beamte oder öffentlich Beschäftigte aus dem Direktionsrecht im Dienst- oder Arbeitsverhältnis. Für andere gibt es eine Grundlage in den Wahlgesetzen – die aber meistens nicht benötigt wird, weil es genügend Freiwillige aus der Verwaltung gibt. Aber der Aufwand wäre im letzteren Fall auch viel zu hoch. Seien wir froh, dass es so gut läuft, und herzlichen Dank an alle, die mitmachen!

  15. Lempel meint:

    Dass Beamte immer frei bekommen, stimmt so auch nicht. Lehrkräfte erhalten in der Regel keinen Freizeitausgleich, damit nicht noch mehr Unterricht ausfällt. Hier wird das auf jeden Fall so gehandhabt. Und ich habe in der Tat Kollegen, die von ihrer Gemeinde unter der falschen Auffassung, diese würden als Lehrer einen Freizeitausgleich bekommen, bei der letzten Wahl zwangsverpflichtet worden sind.

  16. Roland meint:

    Zumindest in Bayern ist übrigens rein theoretisch auch eine Verpflichtung als Wahlhelfer:in möglich für früh wählen Wollende, wenn der Wahlvorstand unvollständig ist!

    Willkürliche Verpflichtungen sind natürlich eher kontraproduktiv.

    So wie die theoretisch mögliche Zwangsverpflichtung zur Feuerwehr (kenne ich als Laie halt ebenfalls nur für Bayern). Wenn es nicht genügend Freiwillige gibt dafür, darf der Bürgermeister verpflichten.
    Ziemlich naiv.
    Und vermutlich nie angewandt.
    Höchstens vielleicht gleich nach dem Krieg.

  17. die Kaltmamsell meint:

    Stimmt, Roland, jetzt erinnere ich mich an den Passus der Wahlhilfeschulung: Sollten im Wahlhilfeteam zu viele ausfallen und nicht schnell genug ersetzt werden könne, dürften wir Passanten von der Straße verpflichten – was in München extrem lang nicht mehr vorgekommen ist.

  18. S. meint:

    Bericht aus meinem Hamburger Wahllokal, wo ich im Einsatz war: 7 Wahlhelfende, 0 aus dem ÖD. Trotzdem fand ich die Zusammensetzung interessant: Zwei Rentner:innen, ein Student, zwei politische Referentinnen, eine Stiftungsmitarbeiterin, ein Mensch aus der freien Wirtschaft. Ich könnte mir vorstellen, dass Angestellte aus der freien Wirtschaft tatsächlich grundsätzlich eher unterrepräsentiert sind, aber ehrenamtlich waren alle da und können heute ihre 35 Euro auf den Kopf hauen.

  19. Katja meint:

    Wir hatten am 16.02. Bürgermeisterwahl (mit Stichwahl am 09.03.) und am 23.02. natürlich Bundestagswahl. In ‘meinem’ Wahllokal waren bei der Bürgemeisterwahl von 10 Wahlhelfenden zwei Gemeindemitarbeiter, die auch das Protokoll geführt haben und so für evtl. Rückfragen am Montag auch im Dienst waren.
    Bei der Bundestagswahl waren wir drei der 12 Wahlhelfer Gemeindemitarbeiter, die die Arbeitszeit gutgeschrieben bekommen, denn am Montag sollte alles nochmal nachgezählt werden.
    Ich arbeite im Kreishaus, hätte nach Rücksprache für den Montag Dienstbefreiung beantragen können, habe aber aktuell so viel Arbeit, dass mich das noch weiter zurückgeworfen hätte.
    Gruß aus Hessen Katja

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