Archiv für Mai 2025

Journal Samstag, 10. Mai 2025 – Von Wolfratshausen heimgegangen (fast)

Sonntag, 11. Mai 2025

Nach etwas unruhiger Nacht (schwieriges Atmen, weil meine Nasenschleimhäute geschwollen waren – ich werde mir doch nicht Heuschnupfen zugezogen haben?) wachte ich früh auf – gar nicht unwillig, den ich hatte Wanderpläne für diesen angekündigten Sonnentag mit kühler Luft (= ideales Wanderwetter).

Meine Wanderstiefel hatte ich am Vorabend frisch eingefettet – und zu meiner Überraschung und Enttäuschung festgestellt, dass sich nach nur zwei Jahren an diesen Meindl-Schuhen bereits eine Naht löste. Da es keine wichtige ist, trug ich die Stiefel trotzdem, muss sie aber bald zur Schusterin bringen.

Die Wanderpläne: Vergangenen Samstag hatte ich beim Wandern um Wolfratshausen ein Wanderschild des Isartalvereins entdeckt, das einen Weg nach München auswies – das fand ich auf angenehmste Weise abgefahren, den wollte ich gehen. Auch GPS-Daten hatte ich dazu gefunden (allerdings nicht vom Isartalverein), auf die ich zur Not zurückgreifen konnte, so nutzte ich die nächstmögliche Gelegenheit: gestern.

Da auf von dem Schild von 30 Kilometern die Rede war, die Wegbeschreibung zum GPS-Track acht Stunden veranschlagte, brach ich zeitiger auf als sonst und startete kurz nach zehn vom Bahnhof Wolfratshausen. Immer mit der Erinnerung, dass mein Vater vor über 20 Jahren (damals zwei Jahre älter als ich heute und wenige Wochen nach einer Knie-OP) mit seinem besten Freund den Camino de Santiago mit Tagesetappen von durchschnittlich 30 Kilometern gegangen war.

Selfie einer Person mit Schirmmütze und Sonnenbrille im Grünen, hinter ihr Wanderwegweiser, u.a. „München 30,0 km“

Start am ausschlaggebenden Schild im Norden von Wolfratshausen. Den ersten Abschnitt ging ich nach Erinnerung, ab Ebenhausen/Schäftlarn folgte ich der GPS-Route – die ich auch brauchte, denn die Ausschilderung war sehr wenig zuverlässig (mir ist sehr bewusst, wie komplex und aufwändig eine gute Wegbeschilderung ist).

Breiter Wanderweg durch sonnigen, lichten Laubwald, darüber blauer Himmel

Erhöhter Blick gerahmt von Bäumen auf eine weite Gläche mit Wald und Flussdelta, im Hintergrund dunstige Berge mit Wolkensaum

Blick vom Riemerschmidpark.

Durch eine Lücke zwischen Laubblätterkronen Blick hinunter auf ein verwachsenes Flusstal im Sonnenlicht

Pupplinger Au.

In der Sonne ein altes, hölzernes Wehrgebäude mit rotem Dach, das sich im Fluss spiegelt

Ickinger Wehr.

Zuwachsender Bachlauf im Sonnenschein

Oben in Icking fragte mich ein Wanderpaar, ob ich mich auskennte: Sie brauchten Entscheidungshilfe, ob sie an der Isar nach Kloster Schäftlarn oder nach Wolfratshausen gehen sollten. Ich erzählte vom eigenen Fehlversuch des vergangenen Jahres, einen Weg nach Kloster Schäftlarn zu schlagen und schickte die beiden Richtung Wolfratshausen – mit der Empfehlung, einmal durchs Ickinger Wehr und zurück zu gehen, weil das Holz in der Sonne so gut riecht (ihrer Miene nach war ihnen dieser Aspekt völlig neu – tut mir leid, dass sie ausgerechnet an mich gerieten).

Blick einen sanften Grashügel hinab auf Wald und Tal, darüber blauer Himmel mit wenigen weißen Wolken

Blick von Icking aus übers Isartal.

Vor sonnenbeschienener Weide zwei weiß-braun gefleckte Jungrinder im Schatten eines Baumes

Vor einer Wiese im Sonnenlicht eine mächtige alte Rosskastanie, links daneben eine junge rote Kastanie

Eine der schönen Kastanien-Alleen um Holzen. Die nachgepflanzten Bäume sind alle rote Kastanien – ich unterstelle als Grund deren Resistenz gegen die Miniermotte.

Holzwand von innen, links ein großer offener Bogen in hellgrüne, sonnige Bachlandschaft, rechts an der Wand ein Schild mit der Aufschrift "Maria Rast"

Kurz vor Kloster Schäftlarn – Inspiration für einen weiteren bayerischen Feiertag?

Links hinten ein barocker Kirchturm mit Uhr, rechts ein altes Wirtschaftsgebäude

Kloster Schäftlarn. Ich sah schon weitem, dass im Biergarten der Klostergaststätte Hochbetrieb herrschte, Menschen waren mit Autos, Motorrädern, Fahrrädern gekommen. Also ließ ich Mittagscappuccino aus und ging gleich weiter.

Die zwei Stunden zwischen Kloster Schäftlarn und Baierbrunn waren wenig abwechslungsreich, halt ein breiter Schotterweg im Laubwald, genau das richtige für die vielen Radler*innen (zu großer Mehrheit mit Bio-Antrieb). Und eigentlich waren das vermutlich eh anderthalb Stunden: Ich hatte wohl eine Abzweigung verpasst und ging einen Umweg.

Mittagspause deshalb später als eigentlich geplant: Ich wollte erst sicher sein, dass ich wieder auf dem richtigen Weg ging. Gerade in diesen Stunden kam ich an keinem Bankerl vorbei, also musste dieser halbwegs trockene Baumstamm als Sitzgelegenheit dienen.

Im Sonnenlicht zwischen Laubbäumen ein umgestürzter Baumstamm, bereits fast kahlgebleicht

Es gab Äpfel und eine Nussschnecke (2,80 Euro – irgendwie habe ich bislang den Augenblick verpasst, in dem Kleingebäck so viel kostete, wie ich es von einem Stück Torte erwartet hätte) (ich will gar nicht wissen, wie viel ein Stück Torte inzwischen kostet).

Meine Kleidung erwies sich als perfekt für die kühle Luft: Ich hatte kein einziges Mal das Bedürfnis, die Fleecejacke über dem T-Shirt abzulegen.

Breiter, leicht abschüssiger Schotterweg zwischen Laubbäume, darüber blauer Himmel

Irre Farben, aber auf die Dauer langweiliger Weg (außer für schnelle Radler*innen).

Blick durch Baumstämme auf nahen Fluss, im Vordergrund gemauerte Stufen für einen Zufluss

Doch dann kam ich wieder nah an die Isar. Um den Preis, dass ich den Menschenlärm (nur männliche Stimmen), der das Tal die ganze Zeit emporgeschallt war, einordnen konnte: Floß-Party.

Blick durch Laub auf sonnigen Fluss mit wenig Wasser, darauf ein Holzfloß mit vielen Menschen und einem roten Regenschirm

Gerade als ich dachte: “Wenigstens haben sie keine Musik”, stimmte ein Party-Quartett auf dem Floß “Rosamunde” an. Die größte Enttäuschung war aber, dass ich durch genaueres Hinschauen die Quelle eines eigenartiges Brumm-Geräuschs erkannte: Das Floß hatte einen kleinen Außenbord-Motor. Ich nehme an, dass nur so ein Zeitplan eingehalten werden kann.

Selbst hätte ich durchaus mal Lust auf eine Floßfahrt von Wolfratshausen nach Thalkirchen: Mit Biolog*innen/Naturschützer*innen, die mir Flora und Fauna von dort aus erklären. Wir können gerne auch Brotzeit machen und einen Kanon zusammen singen.

Auf einem Fluss vor grünen Auen türmt sich Schwemmholz, rechts schieben sich Floßruder und zwei Flößer ins Bild

Schmaler Pfad, der sich durch Läubbäume zu einem FLussufer windet, durch die Bäume leuchtet blau das Wasser

Moderne, hohe Brücke vom Flussufer aus gesehen, sie führt auf einen hoch gelegenen Ort zu

Nächste Wegmarke: Die Grünwalder Brücke.

In einem Laubwald führt eine steinerne Treppe mit Eisen-Handlauf nach oben

Treppe zurück zum Hochufer.

Tempel-artige Kapelle in sonigem Laubwald, davor zwei Spaziergängerinnen

Ich lernte, dass Grünwald direkt in Pullach übergeht. Zweite Pause auf DER Bank mit DER Aussicht, jetzt befand ich mich bereits auf meiner gewohnten Laufstrecke.

Sehr erhöhter, sehr weiter Blick über bewaldete Flusslandschaft, darin ein gemauertes Wehr-Gebäude

Ich setzte mich zu zwei Herrschaften, plauderte sogar.

In dieser Pause beschloss ich, tatsächlich die ganze Strecke bis nach Hause gehen. Doch als ich aufstand und mich auf den Weg machte, merkte ich schnell, dass es genug war: Ich fühlte mich erschöpft, mein Beine waren schwer, ich ging langsam.

Sehr erhöhter Blick auf Flussbett in Sonne

Blick von der Großhesseloher Brücke.

Blick übers Wasser auf ein großes Wehrgebäude mit rotem Dach, davor zwei Schwäne und mittem im Wasser aus Zweigen ein Nest

Isarwerk mit rechts brütendem Blesshuhn.

Also war ich vernünftig (wo es doch so cool gewesen wäre sagen zu können, dass ich von Wolfratshausen aus heim gegangen bin) und ließ es bei Thalkirchen gut sein: Ich kürzte die restlichen fünf Kilometer ab und nahm die U-Bahn nach Hause. Siebeneinhalb Stunden und gut 29 Kilometer reichten.

Was mich beim Gehen am meisten beschäftigte (was es eh seit Lektüre getan hatte): Die Erkenntnisse von Historiker Daniel Blatman über Grausamkeiten der deutschen Zivilbevölkerung am Ende des Zweiten Weltkriegs. Nicht nur bin ich erschüttert über diesen neuen Beleg unfassbarer Rohheit. Sondern er legt nahe: So ist die menschliche Natur. Was in Konsequenz bedeutet: Auch ich wäre dazu in der Lage.

Auch wenn ich in der Kühle nicht wirklich verschwitzt war, hatte ich zuhause große Sehnsucht nach einer heißen Dusche – also gönnte ich sie mir.

Gestern hatte die Post auch das Büchl des Isartalvereins gebracht, das ich eine Woche zuvor für die gestrige Wanderung bestellt hatte, Das Isartal – nein auch das Buch verlinkt keinen GPS-Track (z.B. per QR-Code). Schaue ich fürs nächste Mal durch.

Zum Nachtmahl hatte ich mir Shakshuka gewünscht, Herr Kaltmamsell machte uns eines.

Aufsicht auf einen gedeckten Tisch, in der Mitte eine weite Pfanne mit roter Sauce, darin vier gestockte Eier

Dazu tranken wir die restliche Maibowle. Nachtisch Schokolade aus der sich bedrohlich leerenden Süßigkeitenkiste.

§

Wir lieben Eulen. Wir lieben Asterix. Zum besten bei Asterix gehören die Eulen, hier eine Zusammenfassung.

Journal Freitag, 9. Mai 2025 – Kühle Sonne, Abschied von Margot Friedländer

Samstag, 10. Mai 2025

Nach dem Weckerklingeln noch ein wenig besinnlich im Bett gelegen, alles gut.

Meine Zeitung lag nicht vor der Wohnungstür, steckte nicht im Briefkasten bei der Haustür – aber als ich am Hoftor nachsah, stand davor das Radl mit Anhänger des Zeitungsboten – er kam gerade mit dem Aufzug wieder herunter. Ich freute mich, ihn mal persönlich zu treffen und wechselte ein paar Worte mit dem Herrn: Er sorgte sich sehr, ob mich meine Exemplare auch erreicht hätten.

Es war weiterhin kühl, doch die Wolken am Himmel lockerten wie angekündigt auf.

Am Straßenrand vor Bäumen und einer großen freien Fläche stehen über ein Dutzend Elektroroller und Leihräder, die die Zufahrt verstellen

Theresienwiese zu Zeiten des Frühlingsfests.

Jetzt aber wirklich und eindeutig: Die Mauersegler sind da, ich sah sie über mein Wohnviertel flitzen und übers Westend.

Emsiger Arbeitsvormittag, während es draußen immer sonniger wurde.

Mittagscappuccino im Westend, auf dem Weg saukalt im Schatten, richtig warm im Sonnenschein.

Nahaufnahme einer Kastanienblüte vor unscharfem Blätterhintergrund

Verzaubert von der Opulenz der Kastanienblüte.

Aufsicht auf eine dunkle Holzfläche, sonnenbeschienen, auf der ein Cappuccino steht, links daneben angeschnitten weißes Jeansbein, das in einem weiß-blauen Turnschuh endet

Guter Cappuccino.

Auf einer ockerfarbenen Hauswand zwischen zwei Fenstern ein minimalistisches Graffiti: wenige schwarze Linien deuten ein Gesicht an und einen erhobenen Zeigefinger

Zu Mittag heimische Bio-Lageräpfel, überraschend aromatisch, ein dickes selbstgebackenes Roggenmischbrot mit Frischkäse.

Planen, Organisieren, Lesen am Nachmittag.

Ich sah, dass meine weiße Jeans nach fünfmal Tragen doch in die Wäsche musste: Ich hatte sie so lange ohne Befleckung getragen, dass sie einen leisen Graubeige-Schleier entwickelte. Vielleicht hat mich unversehens doch dieses Erwachsensein erwischt. (Liebe kleine Krummelus, niemals will ich werden gruß.)

Pünktlicher Feierabend, um in kühler Sonne auf Besorgung und Lebensmitteleinkauf zu gehen. Erfolg im kleinen Teeladen gleich hinterm Sendlinger Tor: Habemus Blechdosem!

Auf einer schwarzen Cerankochplatte stehen eine Herdkanne aus Edelstahl eine mattmetallene Dose, ein mit Einmachgummi umwickeltes angebrochenes Paket Espressopulver

Schlichtes Design, gut einrastender Deckel, ohne ganz luftdicht zu schließen: Behälter für das gemahlene Espressopulver von ein paar Tagen.

Daheim war Herr Kaltmamsell noch in einer beruflichen Telefonkonferenz, ich turnte eine halbe Stunde Yoga-Gymnastik – nachdem ich den angetrockneten Waldmeister in eine Flasche Weißwein gesteckt hatte, der ihn eine gute Stunde lang aromatisierte.

Als wir beide bereit dafür waren, gab es Maibowle, diesmal aufgegossen mit halbtrockenem Sekt, den guten süßen Moscato hatte ich diesmal nicht bekommen.

Balkontisch in schräger Abendsonne, die sich in zwei gefüllten Sektschalen bricht, links daneben ein Blumentöpfchen mit Waldmeister, hinter der Balkonbrüstung Bäume in hellem Licht

Reines Schmuckbild, auf dem Balkon war es deutlich zu kühl fürs Draußensitzen.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Entrecôte wieder nach der neuen Garmethode (erst langsam im Ofen bei niedriger Temperatur, dann in der Pfanne gebraten), dazu gab es reichlich Brokkoli mit Mandelblättern. Zum Nachtisch die ersten Erdbeeren der Saison, die ich in Bio-Qualität und wunderbar duftend für horrendes Geld gekauft hatte. Sie waren es wert. Danach noch Schokolade.

Über die oberee rechte Ecke eines weißen Schranks ranken sich grüne Zweige und große Blätter, die die drei Kabel und Lampenschirme einer Hängelampe verschieben

Die Efeutute rangelt seit vielen Monaten mit einer Deckenleuchte – ich lasse sie und verfolge das Ausbreiten gespannt.

§

Margot Friedländer ist gestorben. (Aufmacher der gestrigen 20-Uhr-Tagesschau, das begrüße ich.) Es gibt hin und wieder Momente, in denen ich sogar als zutiefst Ungläubige wünsche, ich könnte einen Segen aussprechen – dieser war einer. Friedländers menschliche Größe war so selten.
“Man muss es doch wenigstens versuchen” ist, was mir besonders von ihr bleibt.

Erst kürzlich las ich eine Folge zum 80. Jahretag des Kriegsendes in der Süddeutschen über ein Kapitel des Grauens, das ich bis dahin noch nicht so gut kannte (die Süddeutsche hatte und hat in allen Ressorts viele ausführlich und tief recherchierte Artikel zum Jahrestag der Befreiung, markiert mit eigenem Logo): Ein doppelseitiger Artikel berichtete über die Todesmärsche aus KZ in Bayern (€ – wieder bin ich der Meinung, dass bei manchen Themen die möglichst große Reichweite wichtiger ist als die Gegenfinanzierung; in diesem Fall ist der Artikel das Geld eines Tages-Abos wert).
“Bayerns dunkelstes Kapitel”

Ein Interview mit dem Historiker Daniel Blatman nahm mir die Illusion, dass die bayerische Bevölkerung spätestens beim Anblick der Todesmärsche mit ihren elenden, verhungernden Gestalten vor ihrer Haustür zu Bewusstsein kam, endlich umdachte und Erbarmen zeigte (€).
“‘Die Todesmärsche brachten den Völkermord direkt vor die Haustür gewöhnlicher Deutscher'”.

Dabei hätte mir klar sein müssen, wie tief und lang die Nazi-Propaganda von “Abschaum” und “Ungeziefer” wirkte, das ausgemerzt werden müsse.

Diese Situation löste eine schreckliche Welle der Gewalt von Zivilisten aus, die bis dahin nicht aktiv am Genozid beteiligt waren. Getrieben von der Angst vor den „Untermenschen“ aus dem Osten, ausgemergelten, verhungernden und sterbenden Menschen, und besorgt wegen der bevorstehenden Besetzung durch die Alliierten organisierten sie brutale Jagden nach geflüchteten Gefangenen. Sie töteten viele an Ort und Stelle und verübten in einigen Fällen regelrechte Massaker. Es gab zwar viele Fälle, in denen empathische Zivilisten Gefangene versteckten, bis die Alliierten kamen. Wie viele das waren, ist schwer zu ermitteln. Aber feststeht, dass Zurückweisung, Verrat und sogar Mord an geflüchteten Gefangenen durch Zivilisten charakteristisch waren in diesen chaotischen letzten Monaten und Tagen vor dem Ende des Reiches.

(…)

Die Todesmärsche zu erforschen erfordert, sich mit der dunklen und unbequemen Wahrheit auseinanderzusetzen, dass ganz gewöhnliche Deutsche, Feuerwehrleute, Polizisten, Bürgermeister, ältere Menschen und Angehörige der Hitlerjugend zu Tätern wurden. Sie waren aber keine Massenmörder und wurden nie vor Gericht gestellt wie KZ-Kommandanten. Auch lokale Beamte und Parteifunktionäre, die die Ermordung von Dutzenden Menschen in den Wäldern begleiteten, wurden nie zur Verantwortung gezogen. Selbst Historiker haben sich nicht sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt, weil diese letzten Monate des NS-Regimes immer unter dem Blickwinkel des allgemeinen Kollapses betrachtet wurden.

Margot Friedländers Appell “Seid Menschen” ist alles andere als banal.

Journal Donnerstag, 8. Mai 2025 – Lerchenlauf, neue Folgen

Freitag, 9. Mai 2025

Guter Nachtschlaf – aber nur bis kurz vor vier. Dann ging nichts mehr, doch gerade als ich mich geschlagen geben wollte und aufstehen, klingelte der eh frühere Wecker: Ich wollte vor der Arbeit eine Laufrunde drehen.

Trotz dieser Schlafabkürzung und trotz düsterem Himmel fühlte ich mich munter, geradezu aufgekratzt, ich kam früh los. Nach wenigen Minuten begann es zu tröpfeln – jetzt fiel mir ein, warum ich am Vorabend die Schirmmütze herausgelegt hatte, die ich nicht trug, weil warum? Der Regen war nämlich bereits am Vorabend vorhergesagt worden, ich hätte mal besser meinem Vorabend-Ich vertraut. War dann aber nicht schlimm, der Regen blieb beim Tröpfeln, und ansonsten war ich mit langer Laufhose, Windbreaker überm kurzärmligen Laufshirt und Halstuch richtig angezogen.

Das düstere Wetter belohnte mich mit einsamen Wegen, auch gestern begann der Lauf-Betrieb an der Isar erst kurz vor sieben. Ich kam auf meine Kosten, und keine einzige Wade zickte rum (ich achtete aber wieder von Anfang an auf nicht zu steilen Vorfuß).

Auf einer grünen Wiese zwei Fußpfade, die auf einen blühenden Weißdorn zulaufen, darüber grauer Himmel

Blick einen breiten hölzernen Steg entlang mit hölzernem Geländer, auf beiden Seiten Bäume

Wunderbarer Duft nach frischem, nassem Holz.

Schmaler betonierter Kanal, der auf einen Fluss zuführt, Bäume auf beiden Seiten, ein umgestürzter Ast liegt quer

Zackige Körperreinigung. Alterserscheinung: Der Körper wird knochig und schwabblig zugleich. Bisschen wie ideales Suppenfleisch.

Zackiges Anziehen (Outfit beim Laufen überlegt), zackiger Marsch in die Arbeit. Im Westend hörte ich ganz sicher ein Mauerseglerschrillen, nachdem ich am Mittwochabend bei Yoga aus dem Augenwinkel einen lediglich möglichen Mauersegler gesehen hatte.

In der Arbeit holte mich im Verlauf des Vormittags dann doch der Schlafmangel ein, ich fühlte mich benommen.

Mittagscappuccino bei Nachbars, kurzer Abstecher zur Apotheke: Unser Ibu war alle, ich hatte nicht gesehen, dass der halbe Blister für die Arbeit der letzte gewesen war und bei der Suche nach einer Tablette gegen Morgenkopfweh ins Leere gegriffen.

Nachmittags müde und langsam noch Dinge weggeschafft. Auf dem Heimweg tröpfelte es wieder, Lebensmitteleinkäufe beim Edeka.

Daheim Blumengießen, Pediküre (gna), aus dem Ernteanteilsalat, den Herr Kaltmamsell eben geholt hatte, bereitete ich das Abendessen mit Haselnussmusdressing zu, außerdem gab es selbstgebackenes Brot aus der Gefriere mit Frischkäse und Bruder-geriebenem Meerrettich (der zog noch ganz schön!).

Überraschung beim Start der Tagesschau: Einmal kurz nicht hingeschaut, schon gab’s einen frischen Papst. Was 2/3 der Tagesschau einnahm und einen “Brennpunkt” im Anschluss rechtfertigte, Papst ist halt Popstar.

Nachtisch Schokolade.

§

Gerade in Zeiten, in denen Scheiße sich überschlägt, will ich nichts über Detailscheiße wissen, schon gar nicht inklusive atemloser Detailempörung. Zum Beispiel beim Thema Täglicher Trump.

Aber Zusammenfassungen sind super, und mit die besten zur aktuellen Trump-Regierung gibt es von Rachel Maddow, hier bei Stephen Colbert.

Teil 1

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https://youtu.be/PmDxy_RDrQA?si=f4rBotcdPmsYxI4s

Teil 2 (unter anderem mit Lobgesang auf lokale Medien)

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https://youtu.be/Ov4IQ5D8ysM?si=u_FQfl5AyudkQexH

Teil 3

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https://youtu.be/ZydcNDRTsUI?si=yELW_-GqmWD4NQ7-

via @stedtenhopp

Journal Mittwoch, 7. Mai 2025 – Kaltmamsell and the holy international train ticket

Donnerstag, 8. Mai 2025

Erst in der letzten Schlafphase in die Angst gerutscht, das ist für die aktuelle Situation echt super.

Auf dem Weg in die Arbeit (frisch, aber heller Himmel) Überfall durch Martinshörner: Als ich auf dem Kaiser-Ludwig-Platz an der roten Ampel wartete, schrie mich eine Kolonne von acht Polizei-Kleinbussen und unmarkierten Kleinbussen an, die von der Beethovenstraße in die Herzog-Heinrich-Straße bog, bis ich weinte, weil wieder weder Ohrenzuhalten noch Gegenschreien half. Ich wüsste ganz sachlich gerne, was diesen konkreten Martinshorneinsatz erforderte (den weniger empfindliche Gehöre womöglich gar nicht weiter wahrnehmen).

Entsprechend erledigt kam ich im Büro an, zum Glück so lang vor Eintreffen von Kolleg*innen, dass ich Zeit hatte mich zu fassen.

Emsiger Vormittag, über dessen Verlauf sich der Druck langsam legte.
(Wobei mir auffiel, dass alles noch viel schlimmer sein könnte: Diese und nächste Woche habe ich den gefürchteten Jour-Dienst, und im Gegensatz zu den Monaten davor – ich checke den Inhalt immer wieder, um auf dem Laufenden zu sein – ist es da total ruhig.) (Ja, ich habe sichergestellt, dass nicht lediglich die Systeme kaputt sind.)

Diesmal ging ich wirklich aus Genussgründen auf meinen Mittagscappuccino ins Westend durch kühle Luft: Die Bewegung tat gut, der Cappuccino schmeckte gut.

Mittagessen: Apfel, der Rest Linsen mit Karotten vom Vorabend.

Am Nachmittag viel Arbeit, dazu Bomben-Kopfweh, das sich mit Ibu nur wenig lindern ließ.

Aber irgendwann war Feierabend, ich hatte Pläne und marschierte zum Bahnhof: Noch hatte ich ja für meine Oktoberfestflucht mit Wandern in Südengland kein Zugticket.

In München haben wir ja seit einer Weile und auf unabsehbare Zeit keinen Bahnhof, nur ein Ende der Gleise. Im improvisierten Reisezentrum holte ich mir wie gewohnt eine Nummer, allerdings statt von einem Automaten von einem Menschen ausgehändigt, der mich müde und ergeben informierte, dass ich mit einer halben Stunde Wartezeit rechnen müsse. Ich beruhigte ihn, dass ich auf Wartezeit gefasst war und eh Feierabend hatte. Es dauerte dann gar nicht mal so lang, bis ich an einen Schalter gerufen wurde.

Eine sehr herzliche Bahnerin versorgte mich – soweit sie konnte: Der Eurostar (Paris-London hin, London-Brüssel zurück) lässt sich laut ihrem System erst 120 Tage vor Fahrtantritt buchen. Ich kaufte die Tickets bis dorthin (über Stuttgart) und von dorthin (über Köln), tauschte mit der Bahnerin Fernreise-Erfahrungen aus, bekam Tipps.

Später am Abend ging ich aus reiner Neugier auf die Eurostar-Website – wo ich völlig problemlos und überraschend günstig (63 Euro hin, 65 Euro zurück) Tickets kaufte. Internationaler Bahnverkehr, wir müssen reden. Wieder. Immer noch. Zefix.

Mit insgesamt knapp 300 Euro für die Fahrten nach London und zurück (die Preise für die Bahntickets London-Winchester und Brighton-London weiß ich erst vor Ort) liege ich diesmal sogar deutlich unter doppelt so hohen Kosten wie für einen Flug München-London und zurück (heutiger Buchungspreis ca. 200 Euro).

Vor dem Bahnhof in der Goethestraße auffallendes Krähengeschrei, ich sah mich nach der Quelle um: Ganz oben in einer Platane ein großes Krähennest.

Daheim nahm ich mir noch Zeit für Yoga-Gymnastik, tat gut.

Am Wochenende hatte ich Herrn Kaltmamsell gefragt, warum es bei uns eigentlich nie Pastaschutta gebe.

Aufsicht auf einen tiefen weißen Teller, darin Spaghetti, Hackfleischsauce, geriebener Käse

Ich hatte mich den ganzen Tag darauf gefreut, schmeckte sehr gut. Nachtisch restliche Osterschokolade und andere.

Schonmal Waldmeister für die Maibowle am Freitagabend geschnitten und zum Welken aufgehängt (ich fürchte, die Pflanze im Töpfchen hat sich in den drei Wochen seit Kauf Mehltau eingefangen).

§

Weit ab von jedem persönlichen Geschmack sind Einfamilienhausgebiete schlecht für die Gesellschaft, angefangen mit der Bodenversiegelung. Architekturprofessor Wolfgang Rossbauer hat im SZ-Interview weitere Argumente.
“Der Alptraum vom Toskanahaus”.

Früher war ein Bauernhof Abbild des Sozial- und Wirtschaftsraumes zugleich. Ein Neubaugebiet ist hingegen organisatorisch eine Abgrenzungsmaschine. Dann brauchst du nur noch eine monofunktionale Erschließung, Bürgersteig und Garagen. Nix wie früher auf der Straße spielen, mit dem Bulldog rangieren, Feierabendbier trinken. Heute ist die Straße zum Autofahren da, dörflich ist das lange nicht mehr.
(…)
Warum bleibt das Einfamilienhaus der große Lebenstraum, für den man riesige Opfer bringt?
Weil es alle machen, deshalb will man es auch. Alle wissen, dass ein Einfamilienhaus nicht nur teuer, sondern auch im Ressourcenverbrauch schlecht ist. Aber die Antwort darauf lautet: Jetzt will ich erst recht eines. Das Toskanahaus ist die logische Fortsetzung einer Wachstums- und Wegwerfkultur.

§

Heiko Bielinski war in Venedig und bloggt darüber – ich bekam solche Sehnsucht!
“Ah, Venedig”.

§

Vor 50 Jahren kam Monty Python and the Holy Grail ins Kino, deutsch Die Ritter der Kokosnuss. Damals gab es keinen Trailer. Das haben Fans jetzt nachgeholt.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/21488auCBqw?si=c5IlwT46JCtYQ2OC

via @slowbiex

Journal Dienstag, 6. Mai 2025 – Mehr Arbeitsdruck

Mittwoch, 7. Mai 2025

Recht gute Nacht, nur wenig Unruhe und Wirres. Gedanke bei Weckerklingeln: “Two down, three to go.”

Wetter weiter düster und regnerisch, auf meinem kühlen Weg in die Arbeit war Regenschirm aber eher Ermessenssache, denn es tröpfelte nur.

Großes Plakat in Hochformat an einer Veranstaltungshalle in Gelb- und Orange, darauf die Zeichnung von drei altmodischen Glühbirnen an Kabeln. Der Text: „Branchengipfel. Der Weg ins Zuhause von morgen“

Beim Passieren der Alten Kongresshalle gelernt: Die Zukunft liegt in der Glühbirne.

Im Büro wurde es wegen eines Personalausfalls unerwartet druckvoll, über den Vormittag sah ich mich meist gezwungen, mehrere Dinge gleichzeitig zu machen (manches davon durch meine Konfliktscheu selbst verschuldet, weil die Alternative Streit gewesen wäre). Durch mein Beharren auf Mittagscappuccino im Westend stieg der Druck zusätzlich, ich fetzte wie auf der Flucht durch die Straßen, ebenfalls selbst schuld. Jetzt war der Himmel zwar weiterhin düster, doch der Boden bereits trocken; ich brauchte keinen Schirm.

Zu späterem Mittag gab es Apfel, Muesli mit Joghurt (ich hatte versehentlich dem mit 3,8 Prozent Fett erwischt, der ist mir derzeit tatsächlich zu schwer fürs eingeweichte Muesli).

Der Nachmittag wurde wild, viele Probleme, vor den meisten davon hatte ich seit Jahren gewarnt, aber sie machen halt vor allem meine Jobs schwer bis unmöglich. Es naht der Moment, in dem ich mir nicht mehr den Arsch aufreiße, trotzdem irgenwie eine Lösung zu schaffen – einfach weil ich in meinem jetzigen Tätigkeitsprofil keine Zeit mehr dafür habe. Es läuft auf ein ekliges “Nein, das ist nicht meine Aufgabe” heraus (“Sounds very much like a you-problem.” darf ich ja auch nicht sagen).

Diesmal war ich erst kurz vor Feierabend fix und fertig, davor hatte der Adrenalinpegel Erschöpfung verhindert. Jetzt hätte ich gern jemanden geschlagen, da ich meine Aggressionen aber im Griff habe, wendete ich sie doch wieder nur gegen mich.

Mit sehr hängendem Kopf nach Hause gegangen, ein weiterer Einkaufsversuch einer kleinen Blechdose gescheitert – nein, der Tchibo hat auch keine (war ein Tipp gewesen).

Daheim eine Einheit Yoga-Gymnastik (Arbeitsärger lenkte mich auch jetzt ab), Häuslichkeiten.

Herr Kaltmamsell servierte als Nachtmahl Linsen (!) mit Karotten und Labneh, ausgezeichnet. Nachtisch Osterschokolade – wir sind am Boden des Körbchens angelangt.

Früh ins Bett zum Lesen. Als ich davor die Balkontür zum abendlichen Lüften öffnete und es sehr kalt reinkam, rief Herr Kaltmamsell was von “Los santos helados!” – ich brauchte eine Weile.

§

“Lieblingskleidung Rock” – eine kurze Doku über Markus Muth, der sich mit seiner Frau einen Kleiderschrank teilt (sie hat dieselbe Größe, wie superpraktisch).

Er bezeichnet sich als “Omnivestit” und “Freedresser”, das gefällt mir.

via @stadtneurotikr

Röcke und Kleider trage ich ja wirklich gern – es will mir nicht eingehen, warum Männer das nicht auch genießen sollen. (Erinnern Sie sich, dass Hosentragen bei Frauen bis vor kurzem ja auch noch als “sich wie ein Mann anziehen” galt, so ein Schmarrn.)

Journal Montag, 5. Mai 2025 – Eher brutaler Wochenanfang

Dienstag, 6. Mai 2025

Diesmal hatte das mit der Regennacht geklappt, als ich mich nach einer üblen Angstphase aus dem Schlaf riss, war draußen nicht nur die Straße nass, sondern auch der Boden unter den Bäumen des Parks. Und es regnete ordentlich weiter: Ich dachte rechtzeitig an meine Gummistiefel für den Arbeitsweg und packte die Büroschuhe in meinen Rucksack.

Aus unguter Vorahnung saß ich besonders früh an meinem Rechner, und tatsächlich brachte mich der Inhalt des Postfachs aus den vergangenen vier Tagen gleich mal in Hektik. Dazu kamen Monatsanfangsdinge und neue Leute. In all dem Stress flirrte ich so, dass ich den Mittagscappuccino gar nicht vermisste, sogar später lieber eine IBU gegen das Stress-Kopfweh nahm.

Sehr erhöhter Blick durch ein regennasses Fenster auf eine verregnete Großstadtlandschaft, im Vordergrund Gleise

Bis Mittagessen war das Gröbste erledigt, es gab Apfel, restlichen Gurken-Paprika-Salat (sehr gut, merken: Joghurt, Thymian), Hüttenkäse. Das Gute: Draußen regnete es nahezu durch, genau den idealen sanften Landregen.

Nachmittag weiter zackig, ich war mal wieder fix und alle, bevor die Arbeit des Tages fix und alle war. Zu den späteren Tätigkeiten des Tages gehörte der Einsatz als Versuchskaninchen für ein Software-Projekt. Vor allem bedauerte ich, dass in diesem Fall kein Anglizismus im Deutschen übernommen wurde: Die englische Entsprechung zu Versuchskaninchen ist guinea pig, also Meerschwein – und das wäre ich viel lieber (hier Highlights aus Vanessa Gieses instagram-Serie “Daily Meerschwein”).

Zu Feierabend regnete es immer noch, aber nur noch wenig. Um die Gummistiefel war ich auf dem Heimweg dennoch froh. Lebensmitteleinkäufe beim Vollcorner, heimschlappen in dem einzigartigen Gang, den nur Gummistiefel ermöglichen. Beim Heimkommen war ich wieder begeistert über das beste Feature dieser Billigstiefel: Sie haben an der Ferse einen kleinen Gummriegel, mit dem die Spitze des anderen Stiefels sie fürs Rausschlüpfen festhalten kann. Der Riegel gibt genau die Ausziehmethode vor, die mir als Kind immer untersagt wurde, weil sie Schuhe kaputtmachen würde. HA!

Nochmal Start eines 30-Tage-Yogaprogramms von Adriene, mal wieder Center. Schon die erste, ganz langsame Folge tat sehr gut.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell die Reste des Sonntagsessens in Nudelsuppe verwandelt.

Ausicht auf einen weißen tiefen Teller, darin Nudelsuppe mit größere Stücke Rindfleisch und ein Stück Karotte

Ganz wunderbar bei diesem Wetter. Nachtisch Osterschokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

Journal Sonntag, 4. Mai 2025 – Ein wenig Regen, Beifang aus dem Internetz

Montag, 5. Mai 2025

Früh aufgewacht, aber ganz munter. Die Straße vor dem Schlafzimmerfenster war nass, doch der Regen hatte den Boden unter Bäumen trocken gelassen. Na gut, es war ja mehr versprochen.

Während ich von Null bloggte und Bilder bearbeitete, wurden das aber nicht mehr als zwei Regenschauer. Über den Tag regnete es immer wieder nur kurz – weiterhin zu wenig, um auch nur den Boden unter dem Bäumen zu befeuchten.

Doch das Wetter war unwirtlich genug, dass ich die U-Bahn zu meiner Schwimmrunde im Olympiabad nahm. Mit mir stiegen auffallend viele Menschen in Laufkleidung mit Sporttasche aus, offensichtlich war im Olympiapark ein organisiertes Laufen angesetzt. Ich befürchtete sofort, wie bereits passiert nach dem Schwimmen nicht mehr zurück zum U-Bahnhof zu kommen, weil die Wege dazwischen zur Laufstrecke gehören würden.

Das Schwimmbecken war sehr voll, wurde auch nach dem erfahrungsgemäßen Schichtwechsel gegen halb zwölf nicht wirklich leerer. Ich kam dennoch auf meine Kosten und schwamm problemlos und schmerzfrei.

Sie erinnern sich an den Laufstil von Phoebe? Das gibt’s auch als Kraulstil, schon mehrfach im Schwimmbecken gesehen, u.a. gestern (whatever rocks your boat). Besonderheit dieses Mal: Sie trug dabei Flossen, fett Respekt.

Problemloser Rückweg zur U-Bahn, ich konnte direkt und ungehindert von Absperrungen gehen. Frühstück um halb zwei: Grapefruit mit der allerletzten Avocado, die zum Abschied der Crowdfarming-Saison besonders gut schmeckte, selbstgebackenes Brot mit Butter und Marmelade.

Nachmittag mit Lesen, einer kurzen Siesta (beim Augenschließen Erinnerung an die echten Siestas meiner Kindheit, im August auf Familienurlaub in Kastilien, als auf dem Dorf im Haus meiner Yaya alle in der Mittagshitze nach dem Mittagessen für ein Schläfchen verschwanden – bis ich mich an die dazugehörigen Geräusche erinnern konnte, schlief ich schon), Haushaltskruschen, u.a. Winterschuhe in den Keller gebracht.

Eine elektrische Bialetti für eine Person (mich) und für meine Reisen gekauft. Recherchiert hatte ich die Existenz eines solchen Geräts bereits vor einer Weile, denn auch wenn ich in Hotels übernachte, möchte ich bitte nach dem Aufstehen erstmal meinen Milchkaffee/Cappuccino (elektrischen Milchaufschäumer besitze ich bereits seit vergangenem Jahr), und zwar ohne dass ich dafür geduscht, frisiert und gekleidet bei einem Hotelfrühstück aufkreuzen muss, dessen Rest ich eh nicht in Anspruch nehme, oder ebenso in ein Café gehe. Auch angesehen hatte ich das Gerät im Laden bereits – wo ich es auch gekauft hätte, wäre mir nicht rechtzeitig eingefallen, dass der umweltfreundlichste Kauf der eines Gebrauchtsgeräts ist, das jemand anders nicht mehr haben will. Zwei Drittel des Neupreises (aber darum ging es mir nicht) inklusive Versand zahlte ich nun für ein als wenig benutzt beschriebenes Exemplar mit Originalverpackung und -gebrauchsanweisung.

Als Nachtmahl ein weiteres Meerrettich-Gericht: Herr Kaltmamsell servierte hervorragenden Tafelspitz mit Meerrettichsauce. (Ich machte Gurken-Paprika-Salat mit Joghurt-Dressing dazu.)

Gedeckter Tisch, im Vordergrund ein Glasteller mit Tafelspitzscheiben unter heller Sauce, daneben kleine Kartoffeln, Mohrrüben, rechts daneben ein Schüsselchen mit Salat aus Gurken und roten Paprika

Nachtisch restliches Tiramisu und Osterschokolade.

Früh ins Bett zum Lesen, fürs Einschlafen musste ich wieder das Fenster schließen, weil eine Männergruppe trotz leichtem Regen im Park vorm Schlafzimmer arg laut Gaudi hatte.

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Freudige Überraschung in der Reise- und Mobilitätsbeilage dieser Wochenend-Süddeutschen: Zwei große Reise-Artikel, in denen Zug gefahren wurde:
1) Hier geht es in erster Linie um die Zugreise selbst (€):
“Mit dem Zug nach Marrakesch”.
2) Wandern an der “anderen” Costa Brava (€), und in den Reiseinformationen heißt es unter “Anreise”: “Mit der Bahn von München…”
Geht doch!

Apropos: Zugreiseblogger Sebastian Wilken hat eine der neuen Mini Cabins in den Nachtzügen der ÖBB ausprobiert.
“Mini Cabin: Mein erstes Mal Nachtzug-Kapsel”.

Gleich mal die Verbindung München-Rom in seiner Liste entdeckt – wobei bei mir persönlich noch die Neugier auf die Ausblicke während der Zugreise überwiegt, Schlafen beim Zugfahren wäre mir nur bei bereits sehr vertrauten Strecken lieber.

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Wundervolles Interview in der taz mit Maren Kroymann und Mithu Sanyal:
“‘Wer lacht, hat Macht'”.

taz: Warum ist es bei Frauen so ein Thema, 50 plus zu sein und bei Männern nicht?

Sanyal: Ganz banal: Es liegt an der Fruchtbarkeit. Dafür sind Männer allerdings verzichtbarer. Du kannst mit relativ wenig Männern die Reproduktion am Laufen halten. Deshalb ist das Patriarchat auch nicht gut zu ihnen. Ein Beispiel: Männer sterben fünf Jahre früher als Frauen. Das liegt nicht daran, dass sie schneller kaputt gehen, sondern dass sie lernen, über ihre Grenzen hinwegzugehen. Sie werden sogar viermal so häufig vom Blitz getroffen – oft genug beim Golfen –, und der Blitz ist nicht sexistisch. Aber sie kriegen gesagt, sie sollen sich nicht so anstellen, ist doch nur ein bisschen Regen, davon stirbt man nicht. Manchmal offensichtlich schon.