Journal Donnerstag, 4. Dezember 2025 – Erste Weihnachtskarte erhellt die Dezember-Düsternis
Freitag, 5. Dezember 2025 um 6:16Wieder zu früh aufgewacht, wieder im Düsteren aber nicht zu Kalten in die Arbeit marschiert. Und wieder hielt sich das Düster den ganzen Tag.
Beherzt losgearbeitet, nahezu ungestört bis Mittag (ein wenig irritierend, ich checkte mehrfach, ob Telefon, E-Mail und Teams überhaupt funktionierten).
Meinen Mittagscappuccino nutzte ich für ein Abenteuer – was bei mir halt so als Abenteuer zählt: Ich spazierte zu einer neuen Quelle, die mir auf beruflichen Gängen aufgefallen war, in die andere Richtung als sonst immer.
Solche liebevoll Kitsch-affinen Läden (die Untersetzerchen sahen selbstgehäkelt aus) mag ich ja sehr als Alternative zu den coolen, designigen Cafés / Speciality Coffee Orten. Der Cappuccino war, hm, nicht meine Lieblingssorte. Nur wenige hundert Meter von meinen sonstigen Wegen begegneten mir recht andere Menschen als sonst. Die sehe ich mir sicher öfter an.
Späteres Mittagessen am Schreibtisch: Apfel, Quark mit Joghurt, Trockenpflaumen.
Emsiger Nachmittag, darin auch eine interessante Info-Veranstaltung.
Auf dem Heimweg ein wenig Lebensmitteleinkäufe, kurz vor daheim hörte ich aus der Klinik gegenüber mal wieder Gebär-Geräusche – und mir fiel ein, dass “entbinden” auf Spanisch “dar a luz” heißt, also ans Licht geben. Einerseits poetisch, andererseits heißt “luz” ja auch elektrischer Strom, und die Tätigkeit könnte auch Elektriker*innen zugeschrieben werden. Ich hätte SO eine Zukunft auf einer kastilischen Comedy-Bühne!
Daheim standen frisch gebracht zwei Crowdfarming-Kisten: Sowohl die erste Lieferung Orangen also auch mein Jahresanteil Manchego-Käse waren diesmal wie angekündigt und problemlos eingetroffen.
Ebenfalls eingetroffen war die erste Weihnachtskarte – und die auch noch mit selbst gemalten Lesezeichen!
Eine Runde Pilates, dann Brotzeitvorbereitung – und gleichmal die erste Orange aus der großen Kiste. Nachtmahl war aus dem gestrigen Ernteanteil Rote Bete aus dem Ofen mit Linsen (!) und Feta, sehr gut. Nachtisch Weihnachtsgebäck und Schokolade.
Früh ins Bett zum Lesen, ich ließ mich von John Steinbeck und seinem Hund Charley auf einen Road Trip durch die USA des Jahres 1960 nehmen.
§
Herr Kaltmamsell erwähnte kürzlich eine Geschichte von Ray Bradbury, “THere Will Come Soft Rains”, die ich sofort lesen wollte: Sie geht um ein vollautomatisiertes Haus, das seine Abläufe auch nach Verschwinden der Bewohner brav wie programmiert ausführt. Er reichte mir den (selbstverständlich antiquarisch erworbenen Pulp-Papier-)Band Martian Chronicles, in dem sie steht, gleich mit Einmerkerchen an (ich habe Martian Chronicles zwar vor Jahrzehnten gelesen und weiß noch, dass mir der Kurzgeschichten-Zyklus sehr gut gefiel, doch an diese konkrete Geschichte habe ich keinerlei Erinnerung). Die kurze Short Story erinnerte mich an die Meisterschaft von Ray Bradbury, mit der er ganze Welten in wenigen Details vermittelt – und sie las sich in Zeiten von Internet of things gruslig aktuell. Wenn Sie mögen, es gibt sie auch online (PDF-Download):
“There Will Come Soft Rains”.
Es fehlt allerdings die kontinuierliche Auswertung aller Parameter, die mit unserer heutigen Onlineisierung einhergeht, also der Controlling-Aspekt – den sah Ray Bradbury offensichtlich nicht voraus. Und natürlich funktioniert die Geschichte nur ohne Internet, das Haus läuft autonom.
Fasziniert von Bradburys Text recherchierte ich ein wenig drumrum. Der Titel, fand ich heraus, ist auch der Titel des Gedichts von Sara Teasdale – das in der Geschichte gesamt zitiert wird. Damals mit Blick auf Krieg geschrieben, aber halt auch heute in vieler Hinsicht passend.
§
“Braune Zwerge: Diese seltsamen Himmelsgestalten”.
Der Astronom Aleks Scholz forscht an Braunen Zwergen – seltsamen Himmelskörpern zwischen Stern und Planet. Seit 25 Jahren beobachtet er das All, viele Nächte lang, um diese Objekte zu finden. Was hat er dabei entdeckt? Wie geht er vor? Und wozu macht er das nur?
Fesselnde Lektüre (es ist ein absoluter Glücksfall, dass hier ein Astrophysiker soe gut schreiben kann, dass er auch mal beim Bachmannpreislesen den Ernst-Willner-Preis gewonnen hat). So habe ich nicht nur mehr über Braune Zwerge gelernt, sondern überhaupt über die heutigen Prozesse der Astronomie, zum Beispiel wie Aleks überhaupt an Daten für seine Forschung kommt (nein, er schaut nicht von seinem Arbeitsplatz in Schottland durch ein Teleskop nach oben) und warum das James Webb Space Telescope, das seine Arbeit Anfang 2022 begann, ein game changer war.
Die Welt durch ein neues Teleskop zu betrachten bringt immer Überraschungen – als hätte man bisher in dichtem Nebel gelebt, der sich jetzt zum ersten Mal lichtet. Was eben noch wie ein Baum aussah, ist in Wahrheit ein Kirchturm. Anstatt verrauschter Spektren sehen wir auf einmal Details, die wir so nicht eingeplant hatten. Die neue Klarheit ist überwältigend. Die alten Fragen sind schnell beantwortet. Stattdessen stellen sich sofort völlig neue Fragen.
§
Herr Kaltmamsell wies mich auf einen Artikel von 2024 hin über Schaukelparks auf der ganzen Welt:
“Swing Sets Aren’t Just for Kids Anymore”.
Mein Favorit ist ja die 29-Schaukel-Anlage im Moskauer Gorky Park.1
After a certain age, swinging solo loses its thrill.
Ach. In welchem Alter ungefähr muss ich damit rechnen?
- Ich denke je-des-mal an den gleichnamige Film mit William Hurt von 1983, wenn ich “Gorky Park” lese oder höre. Nur einmal gesehen, wahrscheinlich im Fernsehen, aber er hat mich nachhaltig beeindruckt. Lange träumte ich davon, einmal im Gorky Park Schlittschuh zu fahren. [↩]
1 Kommentar zu „Journal Donnerstag, 4. Dezember 2025 – Erste Weihnachtskarte erhellt die Dezember-Düsternis“
Beifall spenden: (Unterlassen Sie bitte Gesundheitstipps. Ich werde sonst sehr böse.)
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.







5. Dezember 2025 um 7:02
Danke für die (wie so oft) großartigen Links – ich profitiere da sehr von Ihrer Lese- und Recherchefreude.
Und, ich möchte es unbekannterweise auch mal anmerken, ich habe, auch ermutigt durch die Beschreibung Ihres Wegs hier im Blog, für die letzten Jahre meiner Berufstätigkeit einen neuen Weg gesucht und gefunden. Damit bin ich gerade aus vielen Gründen sehr zufrieden, auch wenn es zeitweise gut bezahltes Kaffeekochen ist.
Also: Danke, dass Sie bloggen und da sind!!!