Essen & Trinken

Journal Sonntag, 27. Oktober 2024 – Vorübergehender Sonnensieg

Montag, 28. Oktober 2024

Ist mir möglicherweise noch nie passiert: Ich hatte morgens das Ende der Sommerzeit vergessen. Beim Aufwachen zeigte mein Nicht-Funk-Wecker sieben Uhr an, das passte zu meinem Gefühl des Ausgeschlafenseins. Doch später nach Spülmaschine-Ausräumen und Milchkaffeekochen war es auf meinem Handy 20 nach 6, dasselbe zeigte der Laptopbildschirm an. Wo es doch draußen bereits sichtbar tagte? Erst jetzt erinnerte ich mich an den Grund. Und aktualisierte die Uhren an Mikrowelle und Backofen, im Bad und Schlafzimmer.

Beim Aufwachen zogen gerade meine Nasenschleimhäute wieder zu: Am Vortag hatte ich mir einen Chlorschnupfen aus der Hölle geholt und zum Schlafen Nasenspray gebraucht. Herr Kaltmamsell wiederum hustete und schnupfte echt und infiziert, der ärmste, sein Husten klang schon ganz mut- und kraftlos.

Nach Bloggen und der Zubereitung von Gelbe-Bete-Salat (Ernteanteil) fürs Abendessen war ich also in neuer Zeitzählung schon um halb zehn fertig für meinen Isarlauf. Zu meiner Begeisterung hatte sich gerade jetzt der Hochnebel verzogen und die Sonne durchgelassen. Ich konnte mich schier nicht für eine Strecke entscheiden, denn auf allen meinen gewohnten gab es Ansichten und Aussichten, die ich gern bei diesem Licht und zu dieser Jahrezeit sehen wollte. Es wurde dann die Strecke direkt weg von der Haustür über den Alten Südfriedhof Richtung Thalkirchen und zurück.

Ich hoffte mit leichtem Zagen auf Lauftüchtigkeit, nachts war ich einmal mit besonders heftigen Kreuzschmerzen bis ins Bein aufgestanden. Doch das hatte keine Auswirkungen, erst gegen Ende meiner gut 100 Minuten zwickte das Kreuz ein wenig. Als sich auf Höhe Maria Einsiedel auch die ersehnte Leichtigkeit in Beinen, Herz und Kopf einstellte, erfüllte mich tiefe Dankbarkeit für die Körpertüchtigkeit, die mir das ermöglichte.

Düsterer Himmel über einem herbstbunten Park, man sieht die Sonne hindurch

Erste Ahnung, dass es die Sonne schaffen könnte.

Denkmal in einem sonnenbeschienenen Herbstpark, auf dessen Sockel sitzen zwei Männer, zwischen ihnen ein E-Roller

Alter, parkähnlicher Friedhof mit Sonnenschein

Etwas erhöhter Blick auf einen Bach, daneben ein Weg, umgeben von Bäumen

Brücke über Fluss, in der Mitte ein Reiterdenkmal, rechts der Fluss, an dessen Ufer sitzen Menschen

München strömte umgehend ins endlich sonnige Draußen, die Weg füllte sich schnell mit Menschen an Hundeleinen, Jogger*innen, Spaziervolk, Sonnensitzer*innen.

Kahler kleiner Baum über Pfade, im Hintergrund Wiese und Sonnenschein

Hohe, fast kahle Bäume über einem Fußweg

Sonnige Flusslandschaft mit weitgehend kahlen Bäumen

Weg mit fast kahlen Bäumen in der Sonne, darauf eine Joggerin, im Hintergrund Schornsteine

Lichter herbstlicher Laufwald in der Sonne, in der Mitte ein Fußweg

Alter, parkähnlicher Friedhof in der Sonne, im Hintergrund ein kleiner Kirchturm mit Ziffernblatt einer Uhr

Frühstück kurz nach eins: Kartoffelsalat mit Majo, Roggenvollkornbrot mit Tomate, Nusskuchen (etwas zu viel). Kurze Siesta, dann Zeitunglesen und Romanlesen im Wohnzimmer – ich musste den Rollladen ein wenig herablassen, um nicht vom Sonnenlicht geblendet zu werden!

Ab Nachmittag roch es köstlich in der Wohnung: Herr Kaltmamsell briet auf meinen Wunsch fürs Nachtmahl die erste Gans der Saison. Sie war gerade gar, als ich eine Runde Pilates durchgeturnt hatte.

Braun gebratene Gans

Bei Geflügel ergänzen sich Herr Kaltmamsell und ich perfekt: Er kommt aus einer Brust-Kultur, ich aus einer Schenkel- und Knochenfiesel-Kultur. Also holte ich mir Keule und Flügel der Gans, er bekam eine Brust, beide bedienten wir uns an der Semmelknödel-Füllung, als Gemüse hatte ich ja Gelbe-Bete-Salat vorbereitet. Schmeckte alles hervorragend – und es blieb reichlich für mindestens eine weitere Mahlzeit übrig. War dann aber doch so viel, dass nur ein winziges Stück Schokolade hinterherpasste, eher aus medizinischen Gründen.

Früh ins Bett zum Lesen, weiter Vergnügen an der Lektüre von Raphaela Edelbauers Die Inkommensurablen und Formulierungen wie:
“Gelbe Barockfassaden standen in der Sonne wie geschmückte Pfingstochsen.”

§

“Der Straßenverkehr ist ein Kriminalitätsschwerpunkt”.

§

Ein schöner Artikel über Kommunikation in Fremdsprachen, mir als Teil einer vielsprachigen Familie mit nicht immer klar abzugrenzenden Überschneidungen ist das vertraut.
“Austausch an der Adria
Jedes Verstehen ist ein Gruppenerfolg”.

Es gibt auf Reisen mehr als Verstehen und Nichtverstehen. Reden in zwei verwandten Sprachen, von denen jede Person am Tisch nur eine spricht, fühlt sich an, als würden zwei Züge in gegensätzliche Richtungen aneinander vorbeifahren. Man nimmt Schemen und Fetzen wahr, ein bisschen Wahrheit und eine Kaskade von Irrtümern. Die jüngere Frau: „Mein Vater lebt in Deutschland.“ Ich: „In welcher Stadt in Deutschland?“ „Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Stuttgart …“ „Nein, ich meine, wo lebt dein Vater?“ „Wieso mein Vater? Mein Vater ist tot.“ ­Samuel Beckett hätte seine Freude gehabt.

Aber unser absurder Diskurs hat auch eine merkwürdige Poesie. Wir wiederholen uns in Endlosschleife, langsam und betont wie Betrunkene. Wenn nichts geht, lächeln wir und trinken mehr Kaffee.

§

Es mag eine Art Aberglaube sein: Je mehr Berichte ich von Menschen lese, die sterbende Angehörige begleitet haben, desto weniger schlimm wird dieses Begleiten für mich werden. Dabei weiß ich doch, dass es Gefühle gibt, auf die ich mich nie werde vorbereiten können. Dennoch hier weitergereicht sieben Geschichten, die Angehörige vom Sterben erzählen:
“Protokoll: ‘Ich habe mir das Sterben irgendwie unwürdiger vorgestellt'”.

Hier noch einer, der bei “Daß ich weder den Tag noch die Stunde kenne” nicht an sein eigenes Ende denkt, sondern an den der allerliebsten.
“Von einer großen Liebe bleibt auch,”.

Journal Samstag, 26. Oktober 2024 – Energischer Hochnebel, Kulinaritäten

Sonntag, 27. Oktober 2024

Nach gutem und reichlichem Nachtschlaf gab es Mokkatorte zum Frühstück: Ich hatte am Vorabend bereits die Kuvertüre für das Überziehen des Haselnusskuchens bereitgestellt, und zwar in einer Tasse für Milchkaffee. Schmelzen in der Mikrowelle (seltener Einsatz), Kuchen rundum bepinselt – und in diese Tasse goss ich dann Espresso und geschäumte Milch. Eine üppige Mahlzeit.

Im Vordergrund auf einem kleinen weißen Teller zwei Scheiben Kastenkuchen, im Hintergrund der restliche mit Schokolade überzogene Nuusskuchen

Herr Kaltmamsell ließ sich später zum Frühstück zwei Scheiben servieren und kam zu demselben Ergebnis wie ich beim Kosten am Nachmittag: Guter Haselnusskuchen, aber nicht besser als unsere bisherigen Rezepte. Meine Erkenntnis: Nussgebäck mag ich am liebsten in Form von Hefezopf.

Nach dem Bloggen kochte ich Kartoffeln zur Verwertung der restlichen Majonese, setzte Hefeteig für die Pizza am Abend an, der im Kühlschrank gehen sollte.

Telefonat mit genesendem Familienmitglied: Endlich die erlösende Nachricht deutlicher, sogar schlagartiger Besserung, es fiel der Begriff “Wunder”; da wir beide aber nicht gläubig sind, er zumindest nicht katholisch, fiel uns nicht gleich ein Heiliger oder eine Heilige ein, der wir ein Votivtäfelchen pinseln könnten.

Draußen war es wieder hochneblig düster, aber mild. Ich radelte zum Olympiabad.

Draußen vor einer mehrspurigen Straße ein SUV-Auto in Originalgröße, das aussieht, als sei es mit einer vermodernden Decke überworfen

Am Stiglmaierplatz: Über dieses Kunstprojekt “Mash & Heal” von Folke Köbberling hatte ich bereits im Blog von Heiko Bielinski gelesen. Der scheinbare SUV wurde “aus einem selbsthergestellten kompostierbaren Verbundstoff aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt”. Der Zersetzungsprozess bis Oktober 2025 ist Teil des Projekts – da ich auf dem Weg zum Schwimmen regelmäßig daran vorbeikomme, bin ich schon gespannt auf den wechselnden Anblick. Gestern kehrte ich fürs Foto um (es brauchte ein paar Sekunden, bis ich begriff, was ich da gesehen hatte): Auf dem Heimweg würde ich nicht so nah dran vorbeifahren.

Die Schwimmrunde im eher mehr frequentierten Olympiabad war anstrengend, es wollte sich nicht so recht das Vergnügen an der Bewegung und dem Wasser einstellen. Außerdem zwickte und stoch es heftig im Kreuz, mal auf der einen, mal auf der anderen Seite.

Direkter Weg nach Hause (zweimal abspringen vom Rad für Ohrenzuhalten – wo die so schmerzhaft tutenden Polizeiautos an der nahezu leeren Kreuzung doch eh grün hatten!), dort gab es kurz vor zwei Frühstück: Roggenvollkornbrot mit Butter und Tomate, Nusskuchen.

Dann machte ich mich gleich wieder auf den Weg zur U-Bahn: Ich war am Rotkreuzplatz mit einer genesenden Freundin verabredet. Wir saßen vorm Garibaldi und tranken Cappuccino (gut!), auch hier gute Gesundheitsnachrichten.

Für den Nachmittag war ein Lichten des Hochnebels angekündigt. Das trat nicht ein. Ich begleitete die Freundin noch in ihr Neuhauser Zuhause, nahm dann eine U-Bahn zurück.

Daheim bereitete ich Schmalspur-ensaladilla zu (Kartoffeln, Möhren und Erbsen aus dem Glas, Majo), las dann Wochenend-Süddeutsche – die mir Herr Kaltmamsell auf seiner Einkaufsrunde besorgt hatte, Freitag und gestern war mein Briefkasten leer geblieben.

Nach Sonnenuntergang begann ich nochmal die Pilates-Woche mit Gabi Fastner (obwohl das der vierte Durchgang ist, hatte ich bereits alles vergessen und war nicht gelangweilt), dann stellte ich die Pizza fertig. Zur Vorspeise gab ein wenig ensaladilla.

Auf Backpapier eine gebackene, unregelmäßig runde Pizza Margarita

Hmja, ist mir schon besser gelungen: Der Teig war zu hart geworden. Dazu ein Glas spanischer Rotwein. Nachtisch Schokolade.

§

Hans Well fasst in der Süddeutschen die Misere der deutschen Automobilindustrie zusammen, und ich begreife einfach nicht, warum das eine Minderheiten-Erkenntnis ist (€):
“Die Fossilen”.

„Der Deutsche“ verschnarchte im Schlaf des Selbstgerechten entscheidende Entwicklungen. Konzeptstudien auch für E-Autos verschwanden offenbar zugunsten immer größerer SUVs in Schubladen; frustrierte E-Ingenieure gingen samt technologischem Know-how nach China, wo man ihre Ideen umsetzte. Deutsche Auto-Krattler setzten derweil kriminelle Energien zum Pratzln von Diesel-Kunden um.

Lang lief es ja unter der „Klima“-Kanzlerin für deutsche Autofirmen rosig. EU-Abgasregeln wurden regelmäßig nach deutschen Regeln geregelt. Schadstoffverursacher formulierten EU-Wunschwerte gleich selber. Zahlreiche Lobbyisten verhinderten mit Politikspezln in EU-Kommissionsberatungsgruppen wie Cars 21 schärfere Teststandards. Dabei hätten diese den Dieselskandal der deutschen Rosstäuscher wohl verhindert.

(…)

Minis wuchsen zu Maxis, obwohl die Reichweite von Batterien bei Viertonnern schmilzt wie Grönlandeis; der Klimawandel scheint der Autoindustrie eh wurst zu sein – man hofft wohl auf Märkte für Amphibienfahrzeuge.

(…)

München würde, statt Feinstaub zu bekämpfen, womöglich am liebsten der IAA am Marienplatz auch noch das Rathaus als Showroom bieten. Dabei dräut ab 2025 ein CO₂-Flottenwert der EU von 100 g/km. Das weiß VW schon lange, sieht aber trotz der Überschreitung darin kein Problem, weil die Chefetage gesichert ahnt, dass sie sich auf Lobbyisten und Politiker beim Verhindern von EU-Strafzahlungen verlassen kann.

Dass Politik und Autolobby damit die überlebenswichtige Transformation auf die automobile Neuzeit gefährden, könnte einem am Kotflügel vorbeigehen, wäre Massenarbeitslosigkeit kein potenzieller Turbolader für eine AfD, die schon jetzt bei 18 Prozent steht. Dabei läge es doch im Eigeninteresse aller Parteien, E-Fuel- und Antiverbrenner-Populismus einzustellen und dieser deutschen Schlüsselindustrie mit klaren Leitlinien auf die Sprünge zu helfen.

Und nein: Diesmal geht es nicht darum, dass man hinterher immer schlauer ist. Diese Stimmen und Hinweise samt Belegen gibt es seit Jahrzehnten.

§

Aber: Klimakatastrophe Schmimakatastrophe, kommen wir zu den wahren Skandalen. In England hat sich ein Betrüger 22 Tonnen handwerklich hergestellten Cheddars erschlichen, die hoch geschätzte Neal’s Yard Dairy steht vor großem Schaden.
“Cheesemakers in shock as £300,000 of produce stolen in sophisticated scam”.

The 950 stolen cheeses were Hafod Welsh organic cheddar, Westcombe cheddar, and Pitchfork cheddar, which have won a number of awards and are among “the most sought-after artisan cheeses in the UK”, Neal’s Yard Dairy said.

Jamie Oliver hat zur Unterstützung der Polizei-Ermittlungen aufgerufen.

(Wo zum Henker will der Betrüger seinen Käse gewinnbringend verkaufen? Der Betrug hat sich doch sofort in der Feinschmecker-Community herumgesprochen! HANDELT ES SICH UM EINE AUFTRAGSTAT?!)

Journal Freitag, 25. Oktober 2024 – Neue Backform, neuer Zauberstab (und persönliche Gottschalk-Erinnerungen)

Freitag, 25. Oktober 2024

Eigentlich wundert mich eher, dass mir das nicht öfter passiert: Einen Entwurf dieses Posts habe ich gestern Nachmittag versehentlich veröffentlicht, durch “privat”-Stellen gleich wieder offline genommen. Ich bitte um Nachsicht für die Verwirrung.

Wieder vom Weckerklingeln geweckt, diesmal aber zumindest mit der Aussicht: Morgen und übermorgen zweimal NICHT!

Zum Abschluss der Morgentoilette beduftete ich mich endlich wieder mit meinem aktuellen Lieblingsparfum Eidesis (so schön trocken holzig!): In den Monaten davor hatte ich eine stark duftende Körperlotion verwendet, das wollte ich nicht mischen. (Kürzlich im Nachruf auf einen exzentrischen Parfumhändler gelesen, er habe jeden Tag ein anderes Parfum verwendet – und schon konnte ich mir keinerlei Duft-Kompetenz bei ihm vorstellen, welch grauenhaftes Durcheinander selbst bei täglicher gründlicher Körperreinigung -> Kleidung!)

Morgendunkle Altstadtstraße mit herbstbunten Bäumen, parkenden Autos; mitten auf dem Gehweg steht ein neongrünes Leih-Fahrrad

Münchner Humor.

Das Draußen wurde nur zögerlich hell, ließ weitere Erleuchtungen nach der Stufe Lesen-ohne-Lampe-möglich bleiben, Hochnebel.

Emsiger Vormittag, in dem ich mich auch um Dinge kümmern konnte, die niemand im Blick hat (und die nur wichtig würden, wenn irgendwann jemand entdeckte, dass sich seit Jahren niemand darum gekümmert hat).

Bester Mittagscappuccino im Westend, auf dem Rückweg Brotkauf. Vielleicht nehme ich irgendwann das automatische Angebot der Angestellten an, dieses Brot in Scheiben schneiden zu lassen – einfach um herauszufinden, was ein Bäckerei-Brotschneideautomat aus einem frischen und sehr feuchten Roggenvollkornbrot macht, mein Tipp: Matsch.

Mittagessen später am Schreibtisch: Fenchelsalat (Ernteanteil), Roggenvollkornbrot.

Display eines Stationär-Telefons mit Meldung „Notbetrieb“

Dysfunktionalitäten. Ich möchte bitte ein Schild “Notbetrieb” für meinen Schreibtisch und die Auswahl eines solchen Status auf MS Teams. Für alle Fälle.

Ab zwei schob die Sonne den Hochnebel immer weiter weg, doch bevor es richtig sonnig werden konnte, übernahm schon wieder der Hochnebel.

Zäher Arbeitsnachmittag, auch der endete irgendwann in Feierabend.

Über ausführliche Lebensmitteleinkäufe für Abend und Wochenende ging ich nach Hause: Vollcorner, Verdi – inklusive Schwatz mit der Frau an der Kasse von immer über das ständige Wechseln zwischen Sprachen. Diesmal aktualisierte ich die Einkaufslisten-App ganz, ganz oft, um Doppelbesorgungen wie am Freitag zuvor zu vermeiden.

Wie geplant machte ich mich daheim erstmal ans Backen: Die neue 30-cm-Kastenform sollte mit Nusskuchen getestet werden, ich hatte mich für dieses Rezept aus einer Kommentarempfehlung entschieden.

Auch für Teil 1 des gestrigen Nachtmahls hatte ich mich verantwortlich gemacht: Artischocken mit Knoblauch-Majo. Während die Artischocken im kochenden Wasser garten, weihte ich den neuen Zauberstab ein, Spielanleitungs-gemäß verwendete ich die Schlagscheibe für die Idioten-Majo.

Durchsichtiger Becher mit viel Öl, unten ein Ei und Gewürze

Zutaten in Becher (der neue Zauberstab kam mit einem neuen, durchsichtigen). Zauberstab langsam versenken.

Becher, in dem ein Zauberstab steht, oben ein wenig Öl, unten Majo

Zwischenrgebnis zwei Sekunden nach Einschalten. Zauberstab langsam hochziehen, dann so lange bewegen, bis kein Öl mehr sichtbar ist.

Durchsichtiger Becher mit Majonese

Majo fertig. Ein Drittel davon mischte ich mit reichlich Joghurt, würzte mit Salz, Pfeffer, frisch gepresstem Knoblauch.

Als Aperitif gab es von Little Crab Orangenwein und Wermut – als Probiererl vor einem Jahr von der Herstellerin geschenkt.

Gedeckter Tisch für zwei mit Bast-Sets, in tiefen Glastellern ganze Artischocken, daziwschen eine weiße Schale mit weißer Sauce, zwei Weingläser, eine Weinflasche mit der Aufschrift "Nouat", auf der gegenüberliegenden Seite sitzt ein Mann mit rotem Shirt und Strickjacke

Nachtmahl, Teil 1: Zur Artischocke hatte ich den mallorquinischen Weißwein Nounat bestellt, den Frau Brüllen empfohlen hatte, den ich in Port d’Alcúdia sogar gesehen hatte – allerdings in einem geschlossenen Weinladen. Jetzt wollte ich aber endlich! Stellte sich heraus, dass diese Cuvée aus Prensal Blanc und Chardonnay tatsächlich sehr elegant und besonders schmeckt – und hervorragend zu den Artischocken passte.

Als Teil 2 hatte ich mir Pfefferleber gewünscht, die Herr Kaltmamsell aus Kalbsleber briet, wunderbar. Nachtisch Süßigkeiten, Schokolade.

Dazu ließen wir im Fernsehen Addams Family von 1991 laufen – und stellten fest, dass wir diesen ersten Teil überraschenderweise viel weniger kannten als die Fortsetzung – dabei war das SO eine Erleuchtung damals im Kino!

Nach dem enttäuschenden Dusse hatte ich noch Donnerstagabend in die nächste Lektüre reingelesen, wieder termingerecht bereitgestellt von der Münchner Stadtbibliothek: Raphaela Edelbauer, Die Inkommensurablen. Und war im Wien des späten 19. Jahrhunderts gelandet – für meinen Geschmack ein wenig zu faktendicht erklärend, aber ich wollte umgehend wissen, wie es mit dem 17-Jährigen vom Land weitergeht.

§

Ich habe ja das Glück, dass mein Thomas Gottschalk der prä-Wetten-dass ist, den man nur als Alte und als damalige Hörerin von Bayern 3 kennt. Seine Sendung Pop nach acht lehrte mich internationales Pop-Geschäft, sein Tonfall und die Art seiner Interviews mit Studiogäste waren anders als alles, was ich je im Radio gehört hatte. Gottschalk sprang auch in anderen Sendungen ein. Unvergessen, wie ich Mitte der 1980er mal aus der Schule heimkam, im Radio (bei uns lief damals sehr viel Radio, immer Bayern 3) die mittägliche Sendung “Schlagerkarussel”. Eine Dame sang gerade leidenschaftlich “Wer Liebe will, muss auch Liebe geben”, woraufhin sich eine Moderatorenstimme einschaltete (allein das war unerhört: mitten in die Musik reinzusprechen!): “Da könnte ja jeder kommen: ‘Wer Eier will, muss auch Eier legen’.” Der eingesprungene Thomas Gottschalk, und Radiohören war nie wieder wie vorher.

Dann die Zeit in den nur wenig späteren 1980ern, in der Gottschalk mittags die “B3-Radioshow” mit Günther Jauch machte: Doppelmoderation bei der Übergabe, auch etwas, was es zumindest für mich vorher nicht gegeben hatte – und Jauch kannte ich aus der Sendung “Morgentelegramm”, wo er mir durch seine Sachkenntnis und sein unbeirrbares Nachhaken in Interviews aufgefallen war.

Während dieser Zeit, 1987/1988, arbeitete ich selbst beim Privatradio. In den Büros lief natürlich der eigene Sender (genauer: liefen die drei Sender, die sich über den Tag abwechselnd die Frequenz teilten, es waren die wilden Anfangszeiten des Privatsendertums) – nur zwischen 13 und 14 Uhr wurde auf Bayern 3 umgestellt, und wir klebten an jedem Wort. Alle wollten wir moderieren wie Thomas Gottschalk, so witzig und schlagfertig. (Und journalistisch wollte ich sein wie Günther Jauch – weiß man heute ja gar nicht mehr, dass Jauch als richtiger Journalist angefangen hat.)

1988 ging ich nach Augsburg zum Studieren, lebte die nächsten zehn Jahre ohne Fernseher, hörte im Radio vor allem Nachrichtensendungen und Hörspiele: Thomas Gottschalk war ab dann nicht mehr Teil meiner Welt (na gut, bei meinen Eltern habe ich sicher die eine oder andere Folge “Wetten dass” gesehen, zumindest habe ich Gottschalk in abenteuerlichen Stylings vor Augen).

Journal Dienstag, 22. Oktober 2024 – Der vielleicht letzte neue Hausarzt meines Lebens

Mittwoch, 23. Oktober 2024

Nach gutem Schlaf vom Wecker in die Unwilligkeit geschubst worden. Große Abwechslung auf dem Weg in die Arbeit: Ich nahm wegen eines nachmittäglichen Arzttermins das Fahrrad. Möglicherweise zum ersten Mal seit einem Jahr, ich musst aktiv den Weg überlegen.

Ging dann gut, das Wetter war bedeckt und mild (weder Handschuhe noch Mütze nötig), der größter Unsicherheitsfaktor im Verkehr waren andere Radler, unbeleuchtet, keine Handzeichen, über rote Ampeln bretternd. Denn dass Fahrer*innen von Riesenautos (so Spielzeuge, die beruflichen Einsatz in Land- oder Forstwirtschaft vorspiegeln, diese Verkleidung aber durch viel Chrom und durch Sauberkeit zunichte machen) mich beim Abbiegen nicht sehen können, kalkuliere ich ein. Der Arbeitsweg dauerte nur für meinen Geschmack nicht lang genug, ich will doch gar nicht schnell in der Arbeit sein.

Deutlich früher als sonst den Rechner hochgefahren, stand auch nichts anderes drin als sonst (aber vielleicht hätte ich sonst nicht die Muße gehabt, diesem Link zu einem spannenden Artikel in der Times zu folgen, in dem mein Arbeitgeber eine Rolle spielt / auch wenn “AI” mal wieder unpassend verwendet wird, pet peeve).

Emsiger Vormittag mit nur wenig Ungeplantem, ich fand Zeit für einen Mittagscappuccino bei Nachbars. Später gab es zu Mittag einen Apfel, außerdem scharfen Karottensalat.

Arbeitsnachmittag mit Besprechungen und Erledigungen, vor allem aber mit frühem Ende: Ich radelte zu einem Allgemeinarzt, der mein neuer Hausarzt werden soll (Herr Kaltmamsell war kürzlich bereits bei ihm gewesen; wir hatten gemeinsam nach einer Praxis recherchiert, die nah zur Wohnung liegt und keine “Alternativmedizin” oder ähnlich Evidenz-Fernes unter den Leistungen aufführt). Beim Hinradeln war es so mild, dass ich eigentlich keine Jacke gebraucht hätte.

Praxis und Arzt machten einen guten Eindruck, erstere gut organisiert, letzterer zum einen jung genug, dass ich auf den letzten Hausarztwechsel vor Pflegeheim hoffen kann, zum anderen gerade so aufmerksam, wie ich gut finde. Im Patientenfragebogen sollte ich mein Gewicht eintragen, das ich seit vielen Jahren nicht kenne (ist doch auch irrelevant, wenn nicht ein Medikament darauf abgestimmt werden muss? bei mir liegt offensichtlich weder ein Verdacht auf Unter- noch auf Übergewicht vor, das nachgewogen werden müsste) – ich handelte es mit dem Arzt anhand des Augenscheins auf “ca. 65 kg” aus. Sympathisch.

Herbstlicher Park mit viel buntem Laub zwischen den Bäumen

So war ich sehr früh daheim – und suchte erstmal einen Anlass, nochmal raus in den milden Herbsttag zu kommen: Einkäufe beim Lidl.

Wieder daheim Yoga-Gymnastik, meditatives Granatapfelentkernen (Crowdfarming) für Brotzeit, Telefonat mit genesendem Vater (sehr zögerliche Genesung). Fürs Nachtmahl sorgte Herr Kaltmamsell: Aus den Süßkartoffeln im Ernteanteil wurde dieses Jahr eine Variante Mac and Cheese.

Gedeckter Tisch, im Vordergrund auf Bast-Set ein großer Glasteller mit Nudeln in dicker heller orangiger Sauce, dahinter eine Auflaufform mit dem Rest

Gut und wohltuend. Nachtisch Süßigkeiten.

§

Über diesen Cartoon zu Wissenschaftskommunikation (den ich gestern den entsprechend zuständigen Kolleginnen weiterschickte) stieß ich auf dieses schöne Ergebnis (von 2019, deprimierenderweise – die Phase, in der das Thema Klimakatastrophe bei uns Menschenmengen auf die Straße brachte, war wohl nur kurz):

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/CptBBAxd928?si=LpE47-olZzAwa5_4

Wie anders die USA ticken, erkannte ich hier daran, dass Katharine Hayhoes am häufigsten gesehener Erklärfilm “What does the bible say about climate change?” war.

Journal Montag, 21. Oktober 2024 – Große Montagsanstrengung, aber mit Erkenntnissen

Dienstag, 22. Oktober 2024

Ich lerne vom Romanelesen, ob ich will oder nicht. (Neutraler formuliert: Literatur beeinflusst meine Wahrnehmung.) Zum Beispiel: In den letzten Nachtstunden auf Montag geriet ich ins Angst-Karussell, durchaus vorhergesehen bei den Aussichten auf diesen konkreten Arbeitsmontag. Nun hatte ich vor dem Einschlafen ja Karsten Dusses Das Kind in mir will achtsam morden gelesen (tut mir leid, aber Fortsetzungen kriegen mich einfach fast nie, mich interessiert bei originellen Ideen am meisten das world building, also das Ausarbeiten dieser originellen Grundidee – und das ist in praktisch jeder Fortsetzung halt schon vorbei) (Geschichten, die über mehrere Romane hinweg erzählt werden, sind was anderes). Und darin gibt die Erzählerstimme den Rat seines Therapeuten wieder: Gedankenkreisel dadurch zähmen, dass man im Geiste ganz aufmerksam durch die Räume der eigenen Wohnug geht, sich möglichst viele Details in Erinnerung ruft. Daran dachte ich in meinem Angst-Karussell und probierte es einfach mal aus. Was soll ich sagen: Das wirkte! (Sample n=1, noch lang nicht als Beweis belastbar.)

Was davon allerdings nicht wegging: Der Anlass des Belastungsgefühls, ich wollte beim Aufstehen und auf dem Weg in die Arbeit sehr, sehr gerne nicht exisiteren. Das Draußen war neblig, München probiert heuer mal Bilderbuchoktober aus, ok.

In morgendunklem Nebel: Vordergrund die Silhouetten der Figuren, mit denen der Anschlag aufs Oktoberfest 1983 dokumentiert wird, Hintrgrund ein Oktoberfestzelt

Aötes helles Haus zwischen zwei Straßen in leichtem Nebel, davor ein großer Baum mit wenig gelbem Herbstlaubrest

Zum Glück war es aber nicht kalt.

Im Büro riss mich Unvorhergesehenes im Postfach umgehend in heftige Betriebsamkeit, wo ich mich doch eigentlich von meinem Vormittagstermin hatte verrückt machen lassen wollen. Bis zum Termin konnte ich das Problem nicht lösen, ich musste erst mal zwei Stunden fröhlich tanzen. Das schaffte ich ohne zu großen Gesichtsverlust, doch statt Erleichterung gab es anschließend Ringen auf verschiedenen Ebenen. Das führte unter anderem zu sehr spätem Mittagessen (ohne Pause, keine Zeit): Tomaten, Apfel, Granatapfelkerne mit Joghurt. Und danach ging’s grad so weiter.

Im Nachhinein merkte ich, dass sich der Nebel bereits am frühen Vormittag verzogen hatte und die Sonne schien, währenddessen hatte ich keinen Blick dafür. Zu mittelspätem Feierabend hing ich völlig in den Seilen – freute mich aber auf den Heimweg in schöner Luft (ich musste dringend meine Geruchsrezeptoren dekontaminieren, hatte lange Strecken in dichtem Parfumdunst arbeiten müssen).

Der Heimweg war dann auch schön, eigentlich. Denn ich war so erledigt im schlechten Sinn, dass ich am liebsten nur den Meter Boden vor mir angesehen hätte.

Lebensmitteleinkäufe, Heimkommen fühlte sich immer noch nicht wie Freihaben an: Maniküre, Yoga-Gymnastik, Karottensalat für die Arbeit zubereitet, Abendessen nur für mich gemacht, Herr Kaltmamsell war aushäusig.

Wieder schaffte es gutes Essen, mich nach diesem schlimmen Tag zu besänftigen – sogar wenn ich’s selber gemacht hatte: Endiviensalat (Ernteanteil) mit roter Paprika, süßer Zwiebel in Tahini-Dressing, schmeckte hervorragend. Mein Comfort Food ist gutes Essen. (Gegenstück zu Friedrich Torbergs “Essen war sein Leibgericht”). Küche aufgeräumt, dann gab’s noch ordentlich Schokolade, wegen ausgewogener Ernährung, jetzt hatte ich richtig frei.

§

Mit Mooren, genauer mit ehemaligen Mooren bin ich schon auch aufgewachsen: Ingolstadt grenzt ans Donaumoos mit seinen brettlebenen Kartoffelackern und schnurgeraden Landstraßen (wenn Kurve, dann gleich Marterl, weil sich dort jemand derrennt hat).

Viel interessanter aber ist, was Klaus Modick über Moore zu sagen hat:
“‘Kaum jemand feiert die Sümpfe'”.

Es gibt einen hintergründigen Satz von Walter Benjamin: „Was zu verschwinden droht, wird Bild.“ Man könnte auch sagen, was zu verschwinden droht, wird Literatur oder Kunst. Gerade die Dinge und Erfahrungen, die uns entgleiten, die verloren gehen, weil wir sie zerstören, werden mythisiert und bekommen eine ästhetische Qualität, die sie an sich gar nicht haben. Den „edlen Wilden“ gibt es erst in dem Moment, in dem die Native Americans ausgerottet werden, und das Moor erscheint ästhetisch reizvoll, als es zu verschwinden droht. So werden Bilder und Texte zu einer Art künstlerischem Naturkundemuseum. Literatur beschränkt sich nicht darauf, Dinge zu beschreiben, die vorhanden sind. Und Rezeption von Kunst ist nicht nur einfach ein Wiedererkennen von etwas, das man sowieso schon im Kopf hat. Das würde ja ­bedeuten, wir Schriftsteller und Maler zeigen euch nur das, was ihr sowieso schon wusstet. Zumindest geht es darum, etwas so darzustellen, dass es den Rezipienten neue Blickwinkel ermöglicht.

Journal Samstag, 19. Oktober 2024 – Rezepttest Zitronenkuchen, Rezepttest Tumbet

Sonntag, 20. Oktober 2024

Nicht ganz so lange wie ideal, aber gut geschlafen, der Alkohol vom Vorabend strafte mich lediglich mit ganz leichten Kopfschmerzen.

Parkbäume und schlichter, moderner Kirchturm vor feuerrosa Himmel

Eos auch am Wochenende fleißig.

Wie geplant buk ich nach dem Bloggen Zitronenkuchen in der neuen kleinen Form nach einem von Ilse empfohlenen Rezept: Ultimate Lemon Cake. Uuuuuund wir haben einen neuen Weltmeister in der Disziplin Am-meisten-Werbung-auf-eine-Webseite-packen! Hier ist der Anteil 90 Prozent des Inhalts, sogar zwischen Zutaten-Posten und Zubereitungs-Schritten – ich hatte die englische Version lange Zeit nicht mal gefunden und bereits Google Translate für die französische verwendet. Wäre ich nicht einer bewährten Empfehlung gefolgt, hätte ich diese Website nicht länger als zwei Sekunden angesehen und dann nie wieder.

Mich hatte das Ziel “seidige Textur” und “in ganz dünne Scheiben schneidbar” angezogen, das las sich nach einem ganz anderen Zitronenkuchen, als ich ihn sonst kenne. Und abgefahrene Techniken ziehen mich eh an, in diesen Fall das Einwickeln des noch warmen Gebäcks in Frischhaltefolie.

Der ausgepresste Saft der Zitrone ergab exakt die angegebenen 80 Gramm, ein befriedigendes Gefühl (gutes Rezept, das auch dafür Gewicht angibt – “der Saft einer Zitrone” deckt ein viel zu breites Spektrum für seriöses Backen ab).

Die Backzeit belief sich bei mir allerdings statt der angegebenen 30-40 Minuten auf 50-60, das liegt jenseits der Toleranz für unterschiedliche Backöfen.

Auf einem Kuchengitter eine kleine Kastenform mit hellem, gebackenen Rührkuchen

Kleiner Kastenkuchen fest in Frischhaltefolie gewickelt

Ich kam also eine halbe Stunde später als geplant auf den Weg zu meiner Schwimmrunde ins Olympiabad, kehrte nach Radlrausholen aus dem Keller nochmal um, weil ich für die milden Temperaturen mit Sonne viel zu warm angezogen war (weder Pulli unter der Jacke noch Mütze brauchte es). Die Fahrt raus nach Oberwiesenfeld war schön, auch wenn ich zweimal vor unterträglichen Martinshörnern vom Rad springen musste, um mir die Ohren zuzuhalten.

Bei Betreten der Schwimmhalle sah ich bereits aus den Augenwinkeln, dass die Bahnen besonders rege beschwommen wurden, als mich die mutmaßliche Ursache in Form eines freundlichen Mannes ansprach: Das Rote Kreuz veranstaltete eine Spendenaktion mit Bahnenzählen. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, ins Dantebad zu wechseln, fand mich dann aber doch mit der Situation ab.

Tür aus Glas, durch die man ebenerdig ins Hellblau einer Schwimmhalle blickt, die Wände des Gangs vor der Tür orange

Meine Schwimmrunde verlief erfreulich aus Fitnessperspektive: Ich fühlte mich kraftvoll, hatte fast keine Schmerzen (bisschen rechte Schulter, bisschen Kreuz – Normalzustand), genug Energie und Ausdauer, um viele langsamere Schwimmer*innen auf meiner Bahn zu überholen (ungewöhnlich, im Olympiabad werde ich eher überholt). Allerdings schluckte ich dabei reichlich Wasser, denn zwei bewegten sich heftig strampelnd fort (Respekt für das Durchhaltevermögen, stelle ich mir sehr anstrengend vor), mal bäuchlings, mal auf dem Rücken, was die Wasseröberfläche stark aufwühlte. Doch unterm Strich schwamm ich so eine neue Rekordzeit – wenn ich mich nicht verzählt habe, ich hatte das Zähl-und-Spende-Angebot des Roten Kreuzes ausgeschlagen.

Heimradeln im jetzt wieder Trüben, aber noch Milderen, unterwegs Brotkauf.

Weißer Teller mit gegartem Blattspinat, daneben eine Scheibe Brot

Frühstück um zwei: Herr Kaltmamsell garte Ernteanteil-Spinat, außerdem gab es einige Scheiben frisches Tessiner-Brot vom Wimmer (Butter/Honig, Butter).

Ich stellte den Zitronenkuchen fertig, auch die Sache mit dem Trocknen des Zuckergusses im Ofen gefiel mir.

Kleiner Kastenkuchen auf Kuchengitter, frisch hell glasiert

Allerdings viel zu viel Zuckerguss, insgesamt kommen über 300 Gramm Zucker in und an den kleinen Kuchen.

Nachmittag mit Zeitunglesen, immer wieder sah ich aus dem Fenster und freute mich an der herbstlichen Farbenpracht.

Fürs Abendessen hatte ich mich zuständig gemacht: Ich wollte das mallorquinische Tumbet nachbauen (obwohl nichts von den Zutaten aus dem jahreszeitlichen Ernteanteil stammte), ein Freund hatte mir das Rezept des mallorquinischen Star-Kochs Santi Taura durchgereicht. Bei solchen Traditionsrezepten traue ich auch einem Restaurantkoch zu, dass er für eine Privatküche mitdenken kann.

Während das Gemüse im Ofen fertiggarte, machte ich Yoga-Gymnastik, eine eher sportliche Folge, die sogar den Puls ein wenig nach oben brachte.

Eckige Auflaufform auf schwarzer, spiegelnder Kochfläche, darin Gemüse in Tomatensauce

Gedeckter Tisch, auf Korb-Sets Glasteller mit Gemüseauflauf, und einer halben Scheibe Brot, dahinter die Auflaufform mit dem Rest, rechts vom Teller ein Glas Weißwein

Schmeckte sehr gut und wie meine Lieblingsversion in Esporles. Ich hatte die im Rezept angegebenen frischen Tomaten allerdings durch tomate frito ersetzt, die ich in einer Aktionsecke beim Lidl entdeckt hatte (etwas eingekochte Passata geht sicher auch), und das nächste Mal lasse ich den abschließenden Knoblauch weg.

Hier kurz zum Festhalten das wirklich einfache Rezept (spanische Küche ist ja sehr einfach – nur dass meiner Ansicht nach im Gegensatz zur italienischen cucina povera das Ergebnis selten viel mehr ist als die Summe seiner Zutaten – hier schon), erst nach Sicherung durch Wiederholung schreibe ich es auf meine Rezepte-Seite:

3 große Kartoffeln schälen und in dünne Scheiben schneiden.

2 große rote Paprika (ich nahm drei Spitzpaprika) in Streifen scheiden.

2 Auberginen in eher dünne Scheiben schneiden.

Das Gemüse getrennt in Olivenöl golden braten, zur Seite stellen. (Santi Taura tut das auf Küchenkrepp, um Öl zu entfernen – ich mag Olivenöl. Die Göttinnen haben uns mit der Auberginen sogar ein Gemüse geschaffen, dass den Zweck hat, möglichst viel Olivenöl zu transportieren.)

Ofen auf 180 Grad (Ober- und Unterhitze) heizen.

Boden einer Auflaufform mit
Passata (insgesamt 500-600 Gramm) bestreichen. Mit dem Gemüse füllen: Erst Kartoffeln, darauf die Auberginenscheiben, darauf die Paprika – jede Schicht nach Belieben salzen. Darüber die restliche Passata, das Gemüse sollte gut bedeckt sein.

Santi Taura verteilt abschließend zwei gepresste Knoblauchzehen auf dem Gemüse: Braucht es nicht, schmeckt zu dominant raus.

40 Minuten garen, vor dem Servieren 10 Minuten etwas abkühlen lassen. Wird auf Mallorca als Vorspeise eingeordnet.

Dazu gab es bei uns einen italienischen Weißwein Pecorino sowie Ruccola aus Ernteanteil.

Nachtisch Zitronenkuchen.

Auf einem weißen Teller zwei dünne Scheiben heller Kastenkuchen, dahinter der restliche Kuchen

Ja, ließ sich in besonders dünne Scheiben schneiden. Ja, schmeckte eigen und ganz hervorragend. War allerdings stellenweise sulzig, ich habe als Ursache das Einwickeln des eben erst aufgegangenen Gebäcks im Verdacht, dass nun zum Zusammenfallen gebracht wird. Und vermute, dass die feinporige, samtige Textur auch ohne diesen Schritt gesichert ist – weil die Eier nicht schaumig geschlagen werden.

Abendunterhaltung: Herr Kaltmamsell zeigte mir angeregt durch David Schalko Schwere Knochen den Klassiker The Third Man. Ganz hervorragend, erstaunlich viel Deutsch im Original (und natürlich mit der ganzen Riege großer deutschsprachiger Schauspieler*innen der Zeit), Bilder des zerbombten Wiens, die abschließende Verfolgungsjagd durch die Wiener Kanäle ein visuelles Meisterwerk.

§

Ein weiterer Reiter der Apokalypse.

Journal Freitag, 18. Oktober 2024 – Wochenendfeiern mit feinen Cocktails

Samstag, 19. Oktober 2024

Der Wecker riss mich aus tiefem Schlaf, ich stand unwillig auf.

Der Tag startete hell, ich bekam auf dem Weg in die Arbeit nochmal Herbstleuchten.

Blicke eine innenstädische Straße entlang, gesäumt von herbstbunten Bäumen, ins Morgenlicht

Straße mit niedrigen Funktionsbauten, gesäumt von herbstbunten Bäumen, ein wenig goldenes Morgenlicht

Geordnetes Arbeiten am Schreibtisch, während draußen der Himmel zuzog. Für den Marsch zu meinem Mittagscappuccino im Westend klappte ich dann bereits die Kapuze hoch gegen Regentropfen.

Zu Mittag gab es rohe Kohlrabi-Schnitze (Ernteanteil), einen Apfel vom Markt (Sorte Nikoter – so saftig, dass es beim Reinbeißen rundum spritzte), Sahnequark mit Joghurt und einem Restl Zwetschgenröster.

Im Verlauf des Arbeitstags überlistete ich mich zu überraschend viel Erledigungen. Vereinbarte nebenher auch endlich einen seit vielen Jahren empfohlenen Termin in der Myom-Sprechstunde des Klinikums Neuperlach.

Freitagspünktlicher Feierabend, ich spazierte unter dunkeldüsterem Himmel zum Vollcorner für reichlich Wochenend-Einkäufen.

Als ich daheim meine Einkäufe auspackte, stand ich verdutzt vor einem vollen Kühlschrank: Unsere Einkaufslisten-App RememberTheMilk hatte nicht ordnungsgemäß synchronisiert und bereits gelöschte Posten weiterhin angezeigt – und so hatten wir die Liste beide abgearbeitet. Jetzt gab es sehr viel Joghurt, Eier, Butter. Unter anderem. Ich ärgerte mich.

Am Abend waren wir mit einer langjährigen Internet-Bekanntschaft zum Cocktailtrinken verabredet (sie hatte sich bereit erklärt, als Anlass dafür zu dienen, nachdem Herr Kaltmamsell und ich es seit langer Zeit nicht mehr auf Cocktails geschafft hatten), davor blieb Zeit für Wäscheaufhängen und Yoga-Gymnastik.

In leichtem Regentröpfeln spazierten wir ins Auroom, große Freude beim Wiedersehen.

Auf dunklem Holz in gedimmter Beleuchtung drei Gläser mit Cocktails, zwei davon rötlich, in einem Longdrinkglas ein sehr heller. Dahinter angeschnitten der Oberkörper einer Frau

Auf dunkler Tischplatte zwei Cocktails, außerdem eine Wasserflasche und Wassergläser, im Vordergrund ein weißes Porzellantablettchen. darauf weißes Sake-Kännchen, weißes Sake-Tässchen

Vor allem der zweite Cocktail, den ich auf Empfehlung des Baristas gewählt hatte (ich wollte etwas Frisches), schmeckte mir ganz hervorragend. Die anderen beiden waren mit ihren Getränken (auch ohne Alkohol) sehr zufrieden. Dazwischen gab es Oliven, Speckpflaumen, Flammkuchen gegen den Hunger. Und Austausch vor allem über den aktuellen Stand des Gymnasiallehrens, der berufliche Hintergrund der beiden.

Nicht allzu späte Heimkehr. Ich hatte noch Hunger und ließ mir von Herrn Kaltmamsell ein Omelett mit Käse backen (die vielen Eier mussten ja weg), danach noch Schokolade.

In Blau-, Grün- und Beigetönen groß melierte selbstgestrickte Socken

Die allerschönsten Stricksocken gibt es nicht zu kaufen. Und sie halten ein Leben lang (die beiden Paar, die mir eine damalige Freundin vor 40 Jahren strickte, sind weiterhin in Nutzung – und ich musste sie noch nicht einmal stopfen).

§

Von der Serie “Reden wir über Geld” im Wirtschaftsteil der Süddeutschen habe ich ja schon mehrfach geschwärmt, die gestrige Folge fand ich besonders lesenswert: Interviewt wird Andreas Hofmeir, Tubaspieler aus der Holledau (€).
“‘Da, wo viel Geld ist, sind die schlimmsten Leute'”.

„Meine Steuererklärung ist der pure Horror für alle Beteiligten, weil ich ja zum Teil auch in Japan, in Brasilien, in Amerika verdiene.“
Und das, obwohl Sie sich ja gar nicht richtig anstrengen beim Üben.
„Ich finde mein Leben dennoch sehr anstrengend. Wenn ich zum Beispiel zum Flughafen fahren muss, ist das wahnsinnig mühsam. Mit der Tuba, die ja relativ groß ist, ist das noch viel schlimmer.“
Ist das Sperrgepäck?
„Es gibt mehrere Möglichkeiten. Eine ist, einen zweiten Sitz im Flugzeug zu buchen für die Fanny. Das ist meine favorisierte Lösung, weil man dann auch zwei Essen bekommt.“

Werde mir noch lange vorstellen, wie dieser 12-Jährige stundenlang Autoscooter fährt von seinem Tuba-Verdienst.

(Ich möchte fuchteln, dass wir hier Bayern nämlich auch SO sind, fei, dann fällt mir ein, dass doch hoffentlich nur wenige die abschreckenden Klischee-Beispiele an der Landesregierungsspitze für repräsentativ halten.)