Journal Montag, 2. August 2021 – Verfröstelte Hundstage

Dienstag, 3. August 2021 um 6:24

Nacht mit wilden Träumen: Herr Kaltmamsell und ich sollten per Kreuzfahrtschiff wohin, mussten aber auf dem Weg zum Hafen am Münchner Hauptbahnhof umsteigen, der sich in ein nahezu unbeleuchtetes Schwerindustrie-Labyrinth verwandelt hatte, wir schafften es gerade noch kurz vor Ablegen aufs Schiff, stellten dann auch noch fest, dass wir auf dem falschen von zwei gemeinsam fahrenden gelandet waren, unser Zeug war bereits auf dem anderen; während alle anderen Passagiere Urlaub auf dem Schiff machten, waren wir aber am Emigrieren, wenn nicht sogar auf der Flucht. Gefühl dabei: Angestrengt und müde, aber ohne Verzweiflung.

Der Morgen war grau und kühl, ich brauchte eine wärmende Jacke. Vereinzelte Mauersegler am Himmel. In der Arbeit Nachrichten, die große Veränderungen mit sich bringen werden.

Meinem Schienbein ging es deutlich besser, Schmerz fast nur noch bei Draufdrücken, ich ging vorsichtshalber langsam zu Fuß. Also kein Anruf bei der Hausärztin nötig, puh.

Zu Mittag gab es Schnippselsalat aus Gurke, Paprika, Zucchini (Ernteanteil) sowie Frühlingszwiebeln und Tomaten, angereichert mit ein paar Löffeln gekochten Haferkörnern vom Vorabend.

Über den Tag trafen mich so viele hormonell bedingte Glutattacken, dass ich als Warnblinkanlage durchgegangen wäre. Dazwischen Frieren. Muskelkater in Po und Oberschenkelrückseite, besonders stolz war ich aber auf den im oberen Bauch: Das hatte ich schon ewig nicht mehr geschafft.

Über den Tag blieb es kühl, auch wenn die Sonne rauskam, meine Jacke brauchte ich auch für den Heimweg.

St. Paul.

Zu Hause machte ich nochmal Tsatsiki mit jungem Knoblauch und Gurke aus Ernteanteil für Dienstag. Und ich wiederholte die fordernde Yoga-Einheit vom Samstag.

Das Nachtmahl servierte wie fast immer Herr Kaltmamsell: Linguine (ich hatte halt mal schwarze mitgebracht) puttanesca.

Am Abendhimmel Gletscher-farbene Wolken – und nochmal Mauersegler inklusive Schrillen.

§

In UK wird diesen Sommer mal wieder diskutiert, ob Latein als Unterrichtsfach sinnvoll ist. Der anglikanische Bischof Nick Baines nutzte sein besinnliches “Thought for the Day” auf BBC Radio 4 für eine Verteidigung des schulischen Lateinunterrichts:

Yes, it’s understandable that some people think it a waste of time to learn something that has no economic development potential (unless, of course, you happen to have invented the Asterix franchise – to which I say hic, haec, hoc).

(…)

Educating a person is not the same thing as training her for a job. (…) Are our children really destined only to be cogs in an economic wheel – commodities in a competitive market? Or are they people whose mind and imagination need essentially to be teased and stretched and ignited and kindled – because, in Christian terms, they are made in the image of God … to be creative?

(…)

The learning of Latin is, in and of itself, not a useful end. But, it is a means to an end – opening up the mind and imagination; giving access to the wisdom and follies of past civilisations; reminding us what education is really for.

Und von wegen “tote Sprache”:

I well remember my first day at university – studying French and German, but not very good at either. The professor told us bluntly that there is no point speaking a foreign language if you have nothing to say in it.

Das möchte ich dann doch übersetzen:

Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Tag an der Uni – ich studierte Französisch und Deutsch und konnte weder das eine noch das andere. Der Professor warf uns entgegen, dass Fremdsprachen sinnlos sind, wenn man darin nichts zu sagen hat.

via @wmarybeard, die auch erwähnt wird

(Wobei wir ja schon auch gelernt haben, dass dieses humanistische Ideal von Bildung als Selbstzweck an armen Kindern weitgehend vorbei geht. Ach, es ist – wie immer – kompliziert.)

§

Warum es schon lange kein Sommerloch / keine Saure-Gurken-Zeit mehr gibt.
“Das Sommerloch ist vollgelaufen”.

Ich möchte bei allem Seufzen über das Ausbleiben duftender Sommernächte betonen, dass ich diesen späten, feuchten und kühlen südbayerischen Sommer auf keinen Fall gegen die Gluthitze auf dem nordamerikanischen Kontinent tauschen möchte, auch nicht gegen die in Griechenland, in der Türkei oder auf Sizilien.

“Türkei, Italien, Griechenland
Hitzewelle historischen Ausmaßes”

Bei dieser Gelegenheit: Zeit für ein bisschen Pessimismus.
“Viele Deutsche wollen mehr fliegen als vor Corona”.

§

Perfekte Umsetzung von “God’s away on business”. (Ich mag Tom Waits-Musik sehr gerne, komme aber bis heute nicht darüber hinweg, dass er irgendwann seine Stimme so albern verstellt hat – an frühen Aufnahmen kann man nämlich hören, dass er eigentlich singen kann.)

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/U5X4N2exOsU

via @giardino

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 1. August 2021 – Nomadland

Montag, 2. August 2021 um 6:34

Schon August. Am Vorabend war mir beim Balkoncheck bewusst geworden, wie wenige echte Sommernächte mit den entsprechenden Düften es dieses Jahr gegeben hatte (die auf Sonntag war keine). Dieser August begann grau, kühl und regnerisch.

Gebloggt, Hefezopf gebacken, Wasserfilter ausgetauscht, mit der kalkfreiesten ersten Fuhre Wasser eine Kanne Lapsang-Souchong-Tee zubereitet – 1. August hin oder her, es war kalt und grau genug dafür.

Nach den jüngsten Honigmelone-Enttäuschungen kam die Werbemail von Crowdfarming genau richtig: Habe eine Kiste Bio-Honigmelonen direkt beim Anbauer in Spanien bestellt, im kastilischen Llanos del Caudillo. CO2-Bilanz wahrscheinlich schlechter als bei Kauf im Supermarkt, aber vielleicht kriege ich endlich gute Melonen, mit den Avocados hatte ich ja gute Erfahrungen gemacht.

Sport des Tages war nach Längerem mal wieder ausgiebiges Hanteltraining mit Fitnessblender – ging überraschend gut, mein Yoga scheint dann doch auch Kraft zu trainieren. Allerdings befürchte ich Muskelkater (den ich, fällt mir gerade auf, vom Schwimmen nicht mal nach der langen Pause hatte), ich dehnte ausgiebig. Doch schon beim Zu-Bett-Gehen spürte ich meinen Po.

Zum Frühstück gab’s ein Stück Brot vom Vorabend, frischen Hefezopf mit Butter und Quittengelee, außerdem Pfirsich, Aprikosen – und noch eine große Tasse Tee mit entkalktem Wasser. Hätte ich hier Oldenburger Wasser, tränke ich sehr sicher mehr Tee.

Im Sessel und mit Blick auf Regen las ich die Wochenend-Süddeutsche. Nachmittags Kino: Ich guckte Nomadland, den diesjährigen Oscar-Gewinner, mit Untertiteln im City-Kino an der Sonnenstraße. Gefiel mir sehr gut, es war viel Weinens (all diese Figuren, die gerne leben), Frances McDormand hervorragend. Ich schließe mich der Besprechung von Juliane Liebert in der Süddeutschen an (nur dass die Hauptfigur Fern nicht als “Leiharbeiterin” arbeitet, sie ist nicht bei einer Leiharbeitsfirma angestellt, die sie bezahlt, sondern eine Wanderarbeiterin, die befristete Jobs annimmt, je nach Saison zum Weihnachtsgeschäft bei Amazon, nach der Rübenernte in der Rübenfabrik, in der Ferienzeit in einem Freizeitpark – auch das ist also orientiert am Rhythmus des Jahreskreises). Empfehlenswert auch die Analyse von A.O. Scott in der New York Times.

Ich saß mal wieder im Vorführraum 2, in dem einige Arbeiten des letzten Münchner Kinoplakatmalers René Birkner hängen.

Anschließend hätte ich zum Nachdenken große Lust auf einen Spaziergang in der Regenpause gehabt, schonte aber brav das immer noch druckempfindliche Schienbein (meine arme Schrittzähler-Statistik!).

Als ich heimkam, berichtete Herr Kaltmamsell, dass er in meiner Abwesenheit Meisen und einen Specht auf dem Küchenbalkon gesehen habe – und dort dann doch einen Meisenknödel aufgehängt (auf dem großen Balkon hatten wir ein Jahr ohne diesen Dreck beschlossen). Der Knödel wurde umgehend frequentiert.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell den Chinakohl aus Ernteanteil gebraten mit Champignons und Gorgonzola, hatte dazu Haferkörner gekocht, die sehr gut passten. Zum Nachtisch ein Schüsselchen Eiscreme.

§

Auf Twitter wurden Erinnerungen an Terry Pratchett ausgetauscht – Erinnerung an einen wirklich guten Menschen.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 31. Juli 2021 – Draußenschwumm und mehr über neuronale Netze

Sonntag, 1. August 2021 um 8:48

Ausgeschlafen bis um sieben, zerstückelt, aber ohne längere Pausen.

Sportplan des Samstags war Schwimmen. Ich hatte eigentlich zum Olympiabad rausradeln wollen, doch entgegen der Vorhersage war das Wetter nicht kühl und nass: Gemischtwolkiger Himmel mit Sonnenlöchern, milde Luft. Ich sah also nach, ob das Schyrenbad noch Schwimmplätze offen hatte – und konnte buchen! Auch dorthin nahm ich das Rad, übers Wochenende wollte ich das schmerzende Scheinbein schonen und mich zu so wenig Fußwegen wie möglich zwingen (was das mit der Schrittzähl-Statistik in meinem Handy anrichten würde!).

Schon um halb zehn war ich im Becken und schwamm los, über mal sonnenglitzerndem, mal fahlgrauem Stahlboden 2600 Meter. Die Bahnen waren mitteldicht besetzt, ich gehörte zu den langsamen Schwimmerinnen und hielt mich so weit wie möglich außen, um gut überholbar zu sein. Hin und wieder wurde mir kalt, dann schwamm ich einige Zeit mit mehr Kraft. Kaum körperlichen Beschwerden, lediglich hin und wieder Krampf-Ansätze in Waden und Zehen wie schon beim Yoga am Vorabend.

In den Duschen geriet ich in einen Schichtwechsel und musste auf einen freien Platz warten – es waren zum Abstandhalten nur die Hälfte der Duschen freigegeben. Cremen, Haarefönen, ich merkte mal wieder, wie gut mir Schwimmen tut.

Flüchtiger Sonnenmoment beim Verlassen des Schyrenbads.

Auf dem Heimweg hielt ich an für ein paar Einkäufe im Biomarkt Schmatz (Öko aus Zeiten der Strickläden mit ähnlicher Art von Namen), daheim gab’s erst mal eine große Tasse Tee.

Vor ein paar Wochen hatte Herr Kaltmamsell eine Online-Fortbildung zu künstlicher Intelligenz / neuronalen Systemen gegeben: Das hatte mich sehr interessiert, gestern bekam ich die Fortbildung einzeln. Damit das online funktionierte, saß Herr Kaltmamsell an seinem Schreibtisch, ich in der Küche. Einen Vorläufer der Erklärung hatte er vor einem Jahr schon mal verbloggt, jetzt hatte er auch ein Maschinchen programmiert, mit dem er verschiedene Ebenen neuronaler Netze und verschiedene Funktionen live vorführen konnte. Ich bilde mir ein, das meiste verstanden zu haben, sah mich auch darin bestätigt, dass in den wenigsten Fällen, in denen “KI” draufsteht, auch KI drin ist, und wenn, dann höchstens schwache KI. Das Zitat dazu aus Herrn Kaltmamsells Vortrag:

As soon as it works, no one calls it AI anymore.
(John McCarthy)

Jetzt hatte ich aber ordentlich Hunger: Herr Kaltmamsell hatte aus Erntanteil-Sellerie einen Sellerie-Apfel-Walnusssalat gemacht, außerdem schnippelte ich mir Pfirsich (gut!) mit Tomate zusammen.

Am Vorabend hatte ich nach Jahren mal wieder No-knead-bread angesetzt, also Brot ohne Kneten. Jetzt war es Zeit für die Handgriffe bis Stückgare.

Während der Teig tat, was er tun musste, legte ich mich für ein Stündchen Siesta hin. Beim Kippen in den vorgeheizten Bräter blieb der Teig leider im Geschirrtuch kleben, ich hatte es nicht ausreichend bemehlt. Dadurch wurde das Brot weniger fluffig als schon mal.

Ich stellte die Lieblingstweets des Monats zusammen, hörte dabei Musik über Kopfhörer. Das machen wir mittlerweile beide, um den anderen nicht zu stören, schließlich gibt es keine Tür mehr zwischen unseren Aufenthaltsplätzen. Gestern merkte ich bedauernd, dass ich dadurch gar nicht mehr mitbekomme, was Herr Kaltmamsell so hört – das war ja doch oft spannend.

Nachmittags ein Stück neue Schokolade: Vivani 100+ – nur Kakaomasse, Kakaobutter und Kakaosplitter. Schmeckte mir sehr gut: komplett unsüß natürlich, aber nicht sauer – bitter darf Schokolade für mich gerne sein, aber bitte weder staubig noch sauer.

Auf Wunsch der anderen Haushaltshälfte setzte ich Sonntagszopf an, aber, und jetzt müssen Sie stark sein: Dies ist ein Rosinen-Haushalt. Video-Zopfanleitung mal wieder verlinkt fürs Selberfinden.

Eine kurze Yoga-Einheit mit Wums, weil ich Lust darauf hatte.

Zum Abendbrot servierte Herr Kaltmamsell Tintenfischsalat mit jungem Knoblauch, grüner Paprika und Zucchini aus Ernteanteil sowie zugekaufter Petersilie, dazu das frische Brot. Zum Nachtisch hatte ich mittags Eiscreme gekauft: Unseren Liebling von Roggenkamp Karamell mit Meersalz sowie Joghurt mit Honig, das überraschend intensiv nach Honig schmeckte.

Balkoncheck: Es sind noch Mauresegler da.

die Kaltmamsell

Lieblingstweets Juli 2021

Samstag, 31. Juli 2021 um 17:38

Was mir diesmal beim Zusammenstellen durch den Kopf ging: Das ist übrigens auch Twitter, immer noch.

Gedenkminute für den verpassten Wiesnhit 2021.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 30. Juli 2021 – Wochenabschluss mit Schmerzen und gutem Essen

Samstag, 31. Juli 2021 um 8:05

Gut geschlafen; nach dem Aufwachen mit Angst und Herzklopfen um drei probierte ich den Trick aus, rückwärts von 1000 zu zählen. Noch muss ich den Versuch reproduzieren, aber diesmal klappte das mit dem Wiedereinschlafen.

Klarer, sonniger und milder Morgen. Mauersegler über dem Kaiser-Ludwig-Platz und überm Westend.
Überraschend arbeitsreicher Tag, aber alles gut machbar.

Mittags gab es Joghurt und Quark mit ein paar Trockenpflaumen. Früher Feierabend, draußen ein echter Sommertag, in der Sonne war es sogar heiß. Auf dem Heimweg erledigte ich meinen Anteil der Lebensmitteleinkäufe: Milchprodukte und Espresso im Vollcorner, anschließend im Süpermarket Verdi (dessen Enge und Abstandsmangel ich seit Impfschutz nicht mehr so fürchte) Obst und Tintenfisch.

Die Schmerzen im Schienbein wurden beim Gehen eher böser als schwächer, die zentrale Schmerzstelle ist heiß, die Schwellung hat sich inzwischen auf den Knöchel ausgedehnt. Wenn’s nächste Woche nicht besser wird, raffe ich mich doch zur Hausärztin auf – mir kam nämlich die Idee, es könnte diesmal nichts Orthopädisches sein, sondern mit den Insektenstichen zu tun haben.

Zu Hause nochmal die jüngste anstrengende halbe Stunde Yoga, Balance-Übungen sind immer noch Slapstick.

Zur Feier seines Ferienbeginns hatte Herr Kaltmamsell nicht ausgehen, sondern selbst kochen wollen. Er servierte Putzenschnitzel Milanese (mit einer Parmesan-Panade) und Nudeln in Käse-Sahne-Soße, ich machte aus dem zweiten kleinen Kopf Ernteanteil-Salat Salat mit jungem Knobauch, Tomate und Gurke. Drinks dazu: Aperol Spritz.

Draußen polterte und goss ein Gewitter.

Nachtisch Wassermelone vom Verdi. Viel Wassermelone. Zu viel Wassermelone. (Andererseits: Ich kann Wassermelone nur in der Menge “zu viel” essen.)

Abendunterhaltung: Eine Folge Lebenslinien vom Bayerischen Rundfunk aus dem Jahr 1994, “Hallo, Fräulein … Die Kellnerin Traudl”. Unter anderem gelernt, dass der Beruf damals “Bedienung” hieß und dass Kellnerinnen in Münchner Wirtschaften kein Festgehalt bekamen.

Mit großem Vergnügen Clemens J. Setz, Indigo weitergelesen. Nicht-realistisches Erzählen auf eine dezidiert unangelsächsische Weise. Heimliche Erleichterung, weil ich ihm anstrengende Literatur unterstellt hatte.

§

Bislang nur aus Bequemlichkeit noch nicht gegen Covid-19 geimpft?
Hier ein paar wirklich bequeme Sonderaktionen der Stadt München.
(Bittebitte! Die Delta-Variante hat München bereits wieder in eine Inzidenz über 25 gebracht, und ich habe hier einen Lehrer, der sich nicht recht auf die Aussicht auf Sommerferien freuen kann, weil ihn das absehbare Corona-Durcheinander zum neuen Schuljahr schon jetzt belastet.)
(Sie finden, man könne die Infektion mit dem Virus bei Kindern doch einfach durchlaufen lassen? Quarks hat das mal detailliert zu Ende gedacht.)

§

Franziska van Almsick im Interview bei der Zeit mit Schwimm-Tipps (€) – vielleicht gehe ich doch noch mal die Rollwende an:
“‘Man muss sich das Wasser zu eigen machen'”.

Deshalb bewundere ich heute Hobbysportler: Die tun es nur für sich selbst. Sie könnten ja andere Dinge machen, die wirklich Spaß bringen.

Oh. Dann macht mir Schwimmen also mehr Spaß als Franziska van Almsick. Ich wiederum bewundere, dass sich jemand derart in etwas reinhängen konnte, das ihr eigentlich keinen Spaß machte.

§

Sie haben vermutlich mitbekommen, dass immer mehr Unternehmen in den USA Ihre Angestellten zum Impfen gegen Coid-19 verpflichten.
“Corporate America to workers: Get vaccinated or get out”.

via @stedten*hopp

It’s good business. Johnny Taylor, Jr, of the Society of Human Resource Management, says most employees want vaccine mandates. They want to know their workplace is safe when people return. His polling shows nearly 70% of employees want their colleagues to be vaccinated. And patience has worn thin with the vaccine-hesitant.
“You must be vaccinated if you want to come to work,” he tells me. “There are some organizations that are trying one more step before that. They’re saying, if you choose not to be vaccinated, then you will have to be tested several times during the week on your own dime. And you will have to wear a mask in the workplace and not any mask, but that N95 surgical mask. I mean, we are going to, at the end of the day, make this a little uncomfortable for you because you’re making it uncomfortable and the workplace less comfortable for your colleagues.”

§

Die umweltfreundlichste Kleidung ist die, die man nicht neu kauft. Und das umweltfreundlichste Haus ist das, das nicht neu gebaut wird. Möchte man meinen. Nicht jedoch in Hamburg.
“Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke”.

Es gibt kaum eine schlimmere Energievernichtung und -verschwendung, als Häuser abzureißen und neu zu bauen.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 29. Juli 2021 – Neue Bewegungsbehinderung

Freitag, 30. Juli 2021 um 6:19

Die bis dahin gute Nacht war kurz nach vier zu Ende, ich schlief nicht wieder ein. Das Gähnen holte mich aber erst am Nachmittag bei einem Vortrag ein, doch da ich online zuguckte, musste sich kein Referent beleidigt fühlen (so praktisch!).

Ein überraschend sonniger Tag, es war richtig warm.

Mittags gab es Kefir mit Hüttenkäse und Aprikosen.

Nach Feierabend spazierte ich eine Stunde in die Maxvorstadt für Spezialeinkäufe – und stellte schnell fest, dass die Schienbeinschmerzen links nach dem Wandern von Samstag ausgebaut hatten und mich am Gehen hindern wollten.

Vor der Alten Pinakothek Hermann Hahn: Rossebändiger.

Ich war reichlich genervt, dass mein Körper mich schon wieder auf neue Art an Bewegung hindern will: Sehr schmerzhafter Knubbel auf dem unteren Schienbein (weswegen ich zunächst von einer Druckstelle durch Stiefel ausgegangen war), nach ein paar Metern Gehen schmerzt der ganze linke Schienbeinmuskel, nach ein paar weiteren Dutzend Schritten bis in Knöchel und Knie. Doch in Ruhe ist alles weg, es scheint nichts kaputt zu sein. Den Heimweg schaffte ich so nicht, ich musste bereits ein Stöhnen bei jedem Schritt unterdrücken; ich nahm die U-Bahn am Halt Universität – die auch noch unangenehm voll war. Die Beschwerden kann ich umso weniger brauchen, als ich in drei Wochen einen Wanderurlaub antrete. Zefix.

Zum Abendessen gab es die donnerstägliche Schüssel Ernteanteilsalat – zu der ich Herrn Kaltmamsell Tomaten, Champignons und Eier hatte zukaufen lassen.

Zum Nachtisch Süßigkeiten – aber diesmal nicht irgendwelche Süßigkeiten! Herr Kaltmamsell hatte selbst Butterfingers gemacht, die ihm gut geraten waren. Da er ab sofort Ferien hat, bin ich schon sehr gespannt auf weitere Küchenabenteuer.

Am Abendhimmel vom Balkon aus Mauersegler und Fledermäuse gesehen – und eine Libelle am Wipfel der Linde, ich wusste gar nicht, dass die so hoch fliegen.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 28. Juli 2021 – Auer Dult anders

Donnerstag, 29. Juli 2021 um 6:30

Ordentliche Nacht. Ich erwachte zu lautem Regenrauschen, das mich ein wenig überraschte. Check des Regenradars ergab: Meine Pläne waren nicht ganz durchkreuzt. Ich hatte nämlich vor, das Rad in die Arbeit zu nehmen, um mich danach mit Herrn Kaltmamsell an der Auer Dult zu treffen, der ersten seit anderthalb Jahren.

Ich kam in einer Regenpause trocken in die Arbeit, ab vormittags regnete es wieder energisch unter durchgrautem Himmel. In der Morgenfrische war ich ohne Jacke losgezogen, weil ich über den Tag steigende Temperaturen einkalkulierte – doch damit lag ich falsch.

Mittagessen eine Scheibe Pumpernickel, außerdem Aprikosen und Kirschen mit Kefir. Nachmittags schwarze Schokolade.

Es wurde über den Tag eher kühler als wärmer, ich schloss das Fenster und schlüpfte in meine Bürostrickjacke. Aber der Regen hatte ein Einsehen: Zu Feierabend war er versiegt, ich kam trocken mit dem Rad zur Auer Dult. Das Gelände um die Mariehilfkirche war von einem Bauzaun umgeben, es gab Ein- und Ausgänge, zudem Maskenpflicht. Deutlich weniger Stände als sonst boten Waren an, ich bekam nicht, weswegen dem ich gekommen war: Nach einigem Bruch hatte ich Walküre Classic Milchkaffeetassen und -unterteller nachkaufen wollen. Nun, dann bestellte ich halt abends doch direkt beim Hersteller (und lernte dabei, dass es ihn gar nicht mehr in Bayreuth gibt, Friesland Porzellan hat nach der Insolvenz von Walküre vergangenes Jahr den Namen und das Sortiment übernommen). Auch das erhoffte echte Schaschlik (mit Niere) war gestern nicht bei den Angeboten der Fressbuden; statt dessen gab es zum Abendessen Bratwurst/Fleischspieß und heißen Rahmfladen.

Daheim hatte ich Zeit für eine längere und anstrengende Yoga-Einheit. Gelernt: Auch Yoga turne ich deutlich entspannter mit leerem Magen. (Börp.)

Verspäteter Nachtisch Schokolade, am Abendhimmel nochmal Mauersegler.

Sigrid Nunez, The friend ausgelesen. Wieder diese seltsame Mischung aus fiction und non-fiction, die in den vergangenen Jahren zuzunehmen scheint. In diesem Fall ist sie sehr gut gemacht: Die Geschichte einer Schriftstellerin und Schreib-Lehrerin in New York, die ihren besten Freund an Suizid verliert und seinen trauernden Hund zu sich nimmt, eine riesige Deutsche Dogge. Keine große Geschichte, aber auch nicht klein. Die Erzählerin erinnert sich viel an die gemeinsame Zeit mit diesem verlorenen Freund, den sie als ihren eigenen Schreib-Lehrer an der Uni kennengelernt hat. Und sie baut einen neuen Alltag mit dem Hund auf. Sogar einen Spannungsbogen gibt es, denn eigentlich darf sie laut Mietvertrag gar kein Haustier halten. Und in einem Kapitel gegen Ende wird ein alternativer autobiographischer Hintergrund erzählt, ein charmanter Taschenspielertrick rund um based on a true story. Auch geht es viel ums Lesen und ums Schreiben im Wandel der vergangenen Jahrzehnte, Referenz ist nicht nur englischsprachige, sondern auch deutsche Literaturgeschichte. Ein schönes Buch.

Als nächste Lektüre lud ich Clemens J. Setz, Indigo auf mein Lesegerät: Nicht nur wollte ich endlich etwas vom frisch gekürten Büchnerpreisträger lesen, ich hatte auch beim Zurückblättern in Fotos festgestellt, dass ich mit Clemens Setz schon mal in Klagenfurt um die Wette geschwommen bin – ist ja wohl unverzeihlich, dass ich keines seiner Bücher kenne.

§

Bisschen Musik.

https://youtu.be/Sv2z1d9DHcs

die Kaltmamsell