Journal Montag, 2. August 2021 – Verfröstelte Hundstage
Dienstag, 3. August 2021 um 6:24Nacht mit wilden Träumen: Herr Kaltmamsell und ich sollten per Kreuzfahrtschiff wohin, mussten aber auf dem Weg zum Hafen am Münchner Hauptbahnhof umsteigen, der sich in ein nahezu unbeleuchtetes Schwerindustrie-Labyrinth verwandelt hatte, wir schafften es gerade noch kurz vor Ablegen aufs Schiff, stellten dann auch noch fest, dass wir auf dem falschen von zwei gemeinsam fahrenden gelandet waren, unser Zeug war bereits auf dem anderen; während alle anderen Passagiere Urlaub auf dem Schiff machten, waren wir aber am Emigrieren, wenn nicht sogar auf der Flucht. Gefühl dabei: Angestrengt und müde, aber ohne Verzweiflung.
Der Morgen war grau und kühl, ich brauchte eine wärmende Jacke. Vereinzelte Mauersegler am Himmel. In der Arbeit Nachrichten, die große Veränderungen mit sich bringen werden.
Meinem Schienbein ging es deutlich besser, Schmerz fast nur noch bei Draufdrücken, ich ging vorsichtshalber langsam zu Fuß. Also kein Anruf bei der Hausärztin nötig, puh.
Zu Mittag gab es Schnippselsalat aus Gurke, Paprika, Zucchini (Ernteanteil) sowie Frühlingszwiebeln und Tomaten, angereichert mit ein paar Löffeln gekochten Haferkörnern vom Vorabend.
Über den Tag trafen mich so viele hormonell bedingte Glutattacken, dass ich als Warnblinkanlage durchgegangen wäre. Dazwischen Frieren. Muskelkater in Po und Oberschenkelrückseite, besonders stolz war ich aber auf den im oberen Bauch: Das hatte ich schon ewig nicht mehr geschafft.
Über den Tag blieb es kühl, auch wenn die Sonne rauskam, meine Jacke brauchte ich auch für den Heimweg.
St. Paul.
Zu Hause machte ich nochmal Tsatsiki mit jungem Knoblauch und Gurke aus Ernteanteil für Dienstag. Und ich wiederholte die fordernde Yoga-Einheit vom Samstag.
Das Nachtmahl servierte wie fast immer Herr Kaltmamsell: Linguine (ich hatte halt mal schwarze mitgebracht) puttanesca.
Am Abendhimmel Gletscher-farbene Wolken – und nochmal Mauersegler inklusive Schrillen.
§
In UK wird diesen Sommer mal wieder diskutiert, ob Latein als Unterrichtsfach sinnvoll ist. Der anglikanische Bischof Nick Baines nutzte sein besinnliches “Thought for the Day” auf BBC Radio 4 für eine Verteidigung des schulischen Lateinunterrichts:
Yes, it’s understandable that some people think it a waste of time to learn something that has no economic development potential (unless, of course, you happen to have invented the Asterix franchise – to which I say hic, haec, hoc).
(…)
Educating a person is not the same thing as training her for a job. (…) Are our children really destined only to be cogs in an economic wheel – commodities in a competitive market? Or are they people whose mind and imagination need essentially to be teased and stretched and ignited and kindled – because, in Christian terms, they are made in the image of God … to be creative?
(…)
The learning of Latin is, in and of itself, not a useful end. But, it is a means to an end – opening up the mind and imagination; giving access to the wisdom and follies of past civilisations; reminding us what education is really for.
Und von wegen “tote Sprache”:
I well remember my first day at university – studying French and German, but not very good at either. The professor told us bluntly that there is no point speaking a foreign language if you have nothing to say in it.
Das möchte ich dann doch übersetzen:
Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Tag an der Uni – ich studierte Französisch und Deutsch und konnte weder das eine noch das andere. Der Professor warf uns entgegen, dass Fremdsprachen sinnlos sind, wenn man darin nichts zu sagen hat.
via @wmarybeard, die auch erwähnt wird
(Wobei wir ja schon auch gelernt haben, dass dieses humanistische Ideal von Bildung als Selbstzweck an armen Kindern weitgehend vorbei geht. Ach, es ist – wie immer – kompliziert.)
§
Warum es schon lange kein Sommerloch / keine Saure-Gurken-Zeit mehr gibt.
“Das Sommerloch ist vollgelaufen”.
Ich möchte bei allem Seufzen über das Ausbleiben duftender Sommernächte betonen, dass ich diesen späten, feuchten und kühlen südbayerischen Sommer auf keinen Fall gegen die Gluthitze auf dem nordamerikanischen Kontinent tauschen möchte, auch nicht gegen die in Griechenland, in der Türkei oder auf Sizilien.
“Türkei, Italien, Griechenland
Hitzewelle historischen Ausmaßes”
Bei dieser Gelegenheit: Zeit für ein bisschen Pessimismus.
“Viele Deutsche wollen mehr fliegen als vor Corona”.
§
Perfekte Umsetzung von “God’s away on business”. (Ich mag Tom Waits-Musik sehr gerne, komme aber bis heute nicht darüber hinweg, dass er irgendwann seine Stimme so albern verstellt hat – an frühen Aufnahmen kann man nämlich hören, dass er eigentlich singen kann.)
https://youtu.be/U5X4N2exOsU
via @giardino












































