Die Zeitung von gestern

Freitag, 15. Juli 2005 um 9:03

Nach anfänglichem Ärger und Widerwillen habe ich mich daran gewöhnt, morgens im Zug die Zeitung von gestern zu lesen. Vielleicht hat der SZ-Austräger in meinem Stadtgebiet gerade Urlaub und eine unerfahrene Vertretung. Oder er wurde von einer Frühaufsteherin am Ende seiner Route bestochen, damit er sie vorzieht. Auf jeden Fall liegt meine Süddeutsche seit zwei Wochen nicht mehr auf dem Fußabstreifer vor meiner Wohnungstür, wenn ich um 6:18 Uhr das Haus verlassen, sondern wird im Lauf des Vormittags gebracht.

Wenn ich die Zeitung im Zug auffalte, kenne ich die Inhalte der Titelseite also schon durch ihre Besprechung in den Nachrichtensendungen des Vortags und überblättere sie. Halt: Das „Streiflicht“ schaue ich an. Die Themen, die auf der Zwei („Themen des Tages“) und der Drei (Reportagen) breit abgehandelt werden, bleiben länger als 24 Stunden interessant, gut. Die Meinungsseite hingegen überholt sich erstaunlich schnell. Die Nachrichten aus dem Ausland sowie der Wirtschaftsteil wiederum können besonders spannend sein, wenn sie vom Vortag stammen: Im Büro schaue ich auf News-Websites nach, wie es weiter- oder ausging.

Schön ist es nachzuschlagen, was am Vorabend im Fernsehen gekommen wäre – kaum ein Unterschied zum Lesen der tagesaktuellen Fernsehseite, auf der ich mich informieren, was mich am selben Abend interessieren könnte, nur um dann doch wieder nach der Tagesschau zum Laptop zu wechseln.

(Und wenn es die Tante-Jolesch-Konkordanz gäbe, könnte ich jetzt die Geschichte des Kauzes nachschlagen, der abgelegte Zeitungen aus Kaffeehäusern einsammelte und daheim stapelte, deren Lektüre dann meist im Abstand von mehreren Monaten nachholte. Die Pointe der Geschichte war, glaube ich, dass er einen Flüchtling vor dem Naziregime fragte, ob er glaube, dass Hindenburg abtreten werde.)

die Kaltmamsell

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