Archiv für Februar 2006

Die phatische Funktion von Sprache

Freitag, 17. Februar 2006

Zwei, wie üblich quietschjungen, missionierenden Fundamentalchristen im Anzug in die Arme gelaufen. Der Anführer sagt, er wolle sich mit mir über Christus unterhalten, ich sage lächelnd im Gegenzug , dass ich nicht glaube, ihn für fehlgeleitet halte und hoffe, er möge bald aufwachen. Er gibt mit ernstem Blick zurück, dass er das auch mir wünsche, und so gehen wir aufs Harmonischste auseinander.

Eigenheiten

Freitag, 17. Februar 2006

Ein Kleidungsstück besonders gerne tragen, weil eine Romanfigur damit beschrieben wird.
(Schwarzes, auf Figur geschnittenes T-Shirt mit V-Ausschnitt aus besonders dicker Baumwolle. So ungefähr, bloß schwarz. Wie Ruth Cole in A Widow For one Year. Die schwarze Jeans dazu hole ich mir noch. Mit Gürtel?)

Heute bei Lisa 9

Donnerstag, 16. Februar 2006

verglatzen tun sie alle gleich

Zwischenstand: Buchreich des Bösen führt 3:0

Donnerstag, 16. Februar 2006

Das mit der guten Tat wird mir wirklich schwer gemacht. Denn: Was will ich in erster Linie von einem Buchhändler? Dass er mir die Bücher beschafft, die ich möchte. Habe ich mich ja schon aus ideologischen Gründen durchgerungen, erst mal auf die Bequemlichkeit der Lieferung zu verzichten, aber beschaffen soll er sie mir. Genau dieses konnte der kleine, fördernswerte Buchhändler in drei Fällen nicht.

Im Dezember bestellte ich online eine von der Süddeutschen Zeitung gepriesene illustrierte Neuübersetzung von Pinocchio, gleichzeitig bei Amazon und beim kleinen Buchhändler. Ein Exemplar wollte ich zu Weihnachten verschenken, das andere behalten. Das Ergebnis: Der kleine Buchhändler informierte mich, der Verlag sei mit der Bestellflut überfordert und könne nicht liefern, es bestehe auch keine Aussicht, dass er das in den nächsten Monaten wieder könne. Das evil empire des Buchhandels lieferte, wenn auch erst drei Wochen nach Bestellung.

Ebenfalls online bestellen wollte ich Ende letzten Jahres beim kleinen Buchhändler das Büchlein von Ina Bruchlos: Es war in keinem bestellbaren Verzeichnis zu finden (inzwischen übrigens schon). Amazon listete und lieferte umstandslos.

Kürzlich ließ ich mir wieder von der Süddeutschen Zeitung einen neuaufgelegten Interview-Bildband über Fernandel empfehlen. Ich bestellte zwei Stück davon beim kleinen Buchhändler, eines für meinen Vater, den Fernandel-Bewunderer, eines für mich. Kurz nach der Bestellung erhielt ich eine Mail des Buchladens, meine Bestellung könne abgeholt werden. Doch im Laden informierte man mich wieder, wenn auch mit Bedauern, wegen der großen Nachfrage könne der Verlag nicht liefern. Punkt. Keine Aussicht auf weiteres Bemühen, im Gegenteil: „Des wern’S auch sonst nirgens kriegen.“ Bei Amazon waren es zwei Klicks zur privaten Anbieterplattform (meist für Gebrauchtbücher genutzt), dann hatte ich zwei Exemplare (wenn auch plus Versandkosten) bestellt. Gestern, zehn Tage nach Bestellung, kamen die Bücher fabrikneu, noch in Folie verschweißt.

Klar gebe ich dem kleinen Laden noch weitere Chancen. Doch wer wie ich bei 99 Prozent der Buchkäufe exakt weiß, was sie will, hat im Buchreich des Böses schon ein angenehmes Leben.

Familienalbum – 15: Geselligkeit

Mittwoch, 15. Februar 2006

Eines der Fotos, das ich im Nachlass meiner Oma (dritte von links) fand. Es stammt wohl aus den Ende-40ern / Anfang-50ern und strahlt für mich die Nachkriegsatmosphäre bayerischer Städte aus.
Mit dem Mann neben ihr, dem gerade eingeschenkt wird, lebte meine Oma etwa 20 Jahre unverheiratet zusammen, heiratete ihn an seinem Sterbebett. Ich habe ihn als “Opa” kennen gelernt; da er aber nicht der leibliche Vater meiner Mutter und ihrer Schwester war, nannten diese beiden ihn “Onkel Hans”. Hans war Pole wie meine Oma, er hatte seinen rechten Arm “im Krieg gelassen” (so sagte man damals) und schlug sich damals als unbegabter Schwarzhändler durch.

Wer die anderen Menschen auf diesem Bild sind, weiß ich nicht. Sehr wahrscheinlich andere Polen.

Auf meinem Weg in die Arbeit (32): Manche Frauengrüppchen

Mittwoch, 15. Februar 2006

Diät macht blöd. Im Zug diskutieren drei Frauen zwischen 40 und 50 noch vor 7 Uhr Abnehmstrategien (selbstverständlich ist keine von ihnen dick): Die wöchentlichen Weightwatchers-Treffen seien so schlecht mit den Kindern vereinbar, außerdem müsse man zahlen, wenn man unentschuldigt fehle, viel Gemüse und Obst, „vor allem Fisch!“, Carnitin fördere den Energiestoffwechsel, „ich denk mir, Low Carb ist ja auch nicht so gesund“. Ich höre eine Weile erfolgreich weg, fange aber den abschließenden Kellnerpunkt auf: „Und da denk ich mir: Es gibt schon einige Leute, die für manche Sachen viel Geld ausgeben.“

Basitsch

Sonntag, 12. Februar 2006

Gestern zum ersten Mal meine Wochenendeinkäufe im Münchner Bio-Supermarkt Basic am Viktualienmarkt gemacht. Beschlossen, dass er „Basitsch“ ausgesprochen wird, da es in München erheblich mehr kroatische Einwanderer gibt (2004: 25.104) als britische und amerikanische zusammen (2004: 4559 / 5074).

Die Augsburger Filiale dieser Kette besuche ich ja gerne, ausgiebig und regelmäßig nach Arbeitsende, doch dieser riesige Ableger in der Münchner Stadtmitte ist ein ganz anderes Kaliber. Im Grunde sollte er als Sightseeing-Attraktion zur Besichtigung reicher Klischee-Münchner in Touristenführern verzeichnet sein. Zwar müsste ich zum ausgewogenen Vergleich auch mal beim Käfer samstags einkaufen gehen, aber vorerst schätze ich, dass man beim Basitsch auf die begütertste Münchner Schicht trifft, die noch selbst einkauft.

Eine so hohe Dichte an Louis-Vuitton-Tascherln sehe ich sonst nur in Horden von Barbiemädels, nur dass ich an den Barbiehändchen asiatische Fälschungen vermute. Offensichtlicher Pelz geht natürlich in einem Bioladen nicht, er ist dezent als Futter des Wintermantels verarbeitet. Wenn nicht LV (was mich immer auf neues Geld schließen lässt, denn altes Geld, so habe ich mir das zurecht gezimmert, würde niemals für einen Modehersteller mit dessen Logo Reklame laufen, sondern lässt maßfertigen) dann hängt Boho-Stil von PradaDGetc. an den Schultern über der Hand, die den Kinderwagen schiebt. Und so viele Kinderwagen auf einem Haufen habe ich zuletzt in Cafés am Prenzlauer Berg in Berlin gesehen.

Eine beeindruckende Obst- und Gemüseabteilung, allein mindestens vier Quadratmeter frische Pilze verschiedenster Sorten. In diesem Bereich des Ladens findet man tendenziell Kunden mit Schuhen, die gesund sind und gleichzeitig witzig designt.

Der Basitsch am Viktualienmarkt hat die Drogerieabteilung in einen eigenen Laden im Obergeschoß ausgelagert, in dem standesgemäß 40 Prozent Fläche von Esoterikware belegt ist. Hier allerdings ist selbst am Samstag ruhiges Einkaufen möglich, weil man nur über Treppen und damit nicht mit einem Kinderwagen hochkommt.