Archiv für August 2008

Making this world a better place: Lesezeichen

Donnerstag, 7. August 2008

Zweimal im Jahr werde ich von meiner Familie gezwungen, in mich zu gehen: Ich muss mir für Weihnachten und für meinen Geburtstag Geschenkwünsche einfallen lassen. Zwar habe ich mir über die Zeit angewöhnt, dem begeistert Listen anfertigenden Mitbewohner das ganze Jahr über Wunschideen zuzurufen, auf dass er sie aufnehme, doch reichte diese Sammlung nie aus, wenn der Beschenktag nahte.

Für den nächsten Termin ist mir sogar ein tatsächlicher Herzenswunsch eingefallen: schöne, gute Lesezeichen. Zur Not merke ich – wie wohl jede andere Dauerleserin – die Stelle, an der ich zu lesen aufgehört habe, mit allem Papierartigen ein, das ich zu fassen kriege. Aber wirklich nur zur Not. In meiner Wohnung gibt es ein Eck mit einem Stapelchen Lesezeichen; die meisten sind Kartonstreifen mit Werbeaufdruck, dazwischen mischen sich aber auch ausgediente Pokerkarten. Letztere verwendet fast nur der Mitbewohner, mir verschwinden sie zu leicht im Buch. Aus demselben Grund bevorzuge ich Kartonstreifen in Überbuchlänge – allerdings meide ich edle Varianten, wie sie zum Beispiel in Museumsshops angeboten werden, weil sie ja doch über kurz oder lang verknicken.

Mein ideales Lesezeichen ist aus Stoff: Meine Mutter machte mir zu Kinderzeiten eines aus dreifachem grünen Band und nähte an beiden Enden eine kurze Schnur mit zwei Holzfigürchen ein. Sehr praktisch, denn so ein Band rutscht selbst bei Transport nicht aus dem Buch, kann auch nicht verknicken, die Figürchen sorgten für genau das richtige Gewicht. Ähnlich praktisch war das schmale, bestickte Stofflesezeichen mit kleinen Lederschühchen an einem Ende, das mir eine Schulfreundin als Souvenir von einem Jugolsawienurlaub mitbrachte. Da es aber nur buchlang war, kommt es auf den zweiten Platz.

Ich werde wohl meine Mutter bitten, mir zum Geburtstag zwei Lesezeichen zu nähen.

30 Kaltmamsellitäten

Mittwoch, 6. August 2008

1. Ich war noch nie volltrunken.

2. Mit sechs habe ich einem Nachbarsbuben (Rainer) 50 Pfennig gestohlen.

3. Ich finde meine Narben (Knie, Hand, Unterarm) aufrichtig hinreißend.

4. Wenn im Restaurant mehrere passende Weine zur Auswahl stehen, nehme ich den mit dem lustigsten Namen.

5. Auf dem Bauch liegend kann ich nicht lesen, ich finde die Haltung ungeheuer unbequem.

6. Zum ersten Mal richtig verliebt war ich mit fünf.

7. Ich kann nicht malen oder zeichnen – in geradezu unglaublichem Maße nicht.

8. Ich finde die englische Küche großartig.

9. Lieber wäre ich nicht da.

10. Ich hatte dreimal im Leben ganz lange Haare: von Kindergarten bis 4. Klasse, vor dem Abitur, zum Magister.

11. Wenn ich jemanden anrufe, frage ich immer erst mal, ob ich störe. (Sollte ich mir das abgewöhnen?)

12. Von einem Keksteller esse ich zuerst die zerbrochenen Exemplare.

13. Schon als Teenager war ich so langweilig gestylt, dass es kein einziges peinliches Foto von mir aus der Zeit gibt.

14. Ich habe weniger Angst vor Schmerzen durch eine Erkrankung als davor, einen Tremor zu bekommen.

15. Wenn ich versuche, über mich selbst zu lachen, kommt meistens dabei heraus, dass ich mich verächtlich auslache.

16. Am abstoßendsten wirkt auf mich an einem Mann eitle Dummheit.

17. Als Frühaufsteherin liebe ich das Licht und die Gerüche des Morgens.

18. Leider kenne ich fast niemanden, mit dem ich diese Begeisterung teilen könnte.

19. Als Kind stieß ich meinen nervigen kleinen Bruder einmal so heftig von mir, dass er sich eine Platzwunde an der Bettkante holte.

nachgetragene 20. Mir fällt in wirklich jeder Tragik etwas Komisches auf.

21. Ich kann mit meinem linken kleinen Finger winken.

22. Es kostet mich große Überwindung, Sekt- und Champagnerflaschen zu öffnen.

23. Schlechte Angewohnheiten: Ich zwirble meine Haaren und zupfe an meinen Fingernagelhäuten.

24. Ich trinke sehr gerne Leitungswasser, außer im Hochsommer am liebsten lauwarm.

25. Seit mehr als drei Jahren trage ich keine Ringe mehr.

26. Ich ziehe Sektschalen den Sektflöten vor.

27. Ich vergesse nie zu essen.

28. Ich finde Frauen automatisch entzückend, wenn sie ein schmales Gebiss mit leicht hervorstehenden Eckzähnen haben.

29. Erst mit 15 machte ich mit dem Konzept Zungenkuss Bekanntschaft – weil jemand versuchte, mir einen solchen zu geben.

30. Es ist sehr leicht, mir zu nahe zu treten.

Inspiriert von Wortschnittchen

Wird fortgeführt.

Die allmähliche Verfertigung eines Gedankens bei körperlicher Ertüchtigung

Dienstag, 5. August 2008

In der Muckibude schiebe ich gerade vor meinem Gesicht zwei gepolsterte Bügel zusammen, als mein Blick auf das schwarze T-Shirt eines Herrn an einer Maschine gegenüber fällt. Darauf steht in großen weißen Buchstaben
Atelier für Maßkleidung
Marlene Bittner
– darunter eine Telefonnummer. Nu, frage ich mich, während meine Arme dem Widerstand der Gewichte langsam nachgeben, ob ein T-Shirt aus sehr wahrscheinlich fernöstlicher Massenproduktion wirklich der beste Werbeträger für eine Maßschneiderei ist? Als meine Ellbogen die größte Entfernung voneinander erreicht haben und ich zu einem erneuten Zusammenschieben ansetze, bemerke ich, dass der Werbeshirt-Träger nur ein Bein hat. Ah, denke ich, diese Art von Maßkleidung! Dann ist ein billiges Leibchen mit Telefonnummer, von einem Kunden getragen, vermutlich sogar das ideale Webemittel.

Hader mit dem Altern

Montag, 4. August 2008

Jetzt erwischt es mich vielleicht doch noch, das Hadern mit dem Alter. Und das, wo ich mich der Vorteile einer langen Lebenszeit sonst so sehr erfreue. Doch plötzlich fallen mir Bemerkungen auf wie die von den Fugly-Damen:

I’m not saying she needs to put it away because – gasp! – she’s over 40. On the contrary, the Sexy Woman of a Certain Age trend is one of my favorites.

Of a certain age, aha. Dass ich nicht mehr jung bin, ist mir schon lange bewusst; an mich war Jugend ohnehin verschwendet – leider. Aber jetzt soll ich mir ernsthaft die „reife Frau“ anziehen? Damit muss ich erst mal zurecht kommen.

Mein Bindegewebe wabbelt seit Jahren; wenn ich mich am Hals kratze, spüre ich schildkrötenartige Haut unter den Fingern; meine Unterarme sind von einem dichten Netz winziger Fältchen überzogen; um meine Fußknöchel tanzen Besenreiser; immer mehr Gelenke sind jederzeit für ein Knacken gut. Schon möglich, dass ich endgültig in der Lebensphase „ältere Frau“ angekommen bin, die in etwa 25 Jahren abgelöst wird von „alte Frau“.

Dann sitze ich wieder mal in der S-Bahn und sehe mir gegenüber einen wunderschönen jungen Mann – der sich für mich Muttiartige ganz sicher nicht mehr interessiert. Bevor ich traurig werde, fällt mir mit etwas Glück ein, dass sich wunderschöne junge Männer noch nie für mich interessiert haben, egal in welchem Alter. Vielleicht wirft er mir sogar ein Lächeln zu – was mich sofort an eine Szene in Zadie Smiths On Beauty erinnert:

Kiki hunted in her purse for her wallet. Warren Crane stood beside her, with his hefty head, too large for that neatly muscular blue-collar New Jersey body, his beefy sailor arms crossed and a whimsical look on his face, like that of an audience member waiting for the comedian to get on stage. When you are no longer in the sexual universe – when you are supposedly too old, or too big, or simply no longer thought of in that way – apparently a whole new range of male reactions to you come into play. One of them is humour. They find you funny.

Mit wiederum ein wenig Glück allerdings erreiche ich auf dieser Basis schnell eine Haltung über den Dingen und kann mit einer ganz neuen Offenheit und Lockerheit auf schöne junge Männer zugehen – einfach, weil sie sich von mir ganz sicher niemals angebaggert fühlen würden.

Ein kleines Bisschen Berlin von letzter Woche

Sonntag, 3. August 2008

Das Hotel, in das sicher wieder mal komme.

Vor der winzigen Bäckerei, die ich sicher wieder mal aufsuche – jetzt, wo ich weiß, dass die Knesebeckstraße jenseits des Sauvignyplatzes weitergeht. Der freundliche Herr Bäcker wies mich darauf hin, dass dieses köstliche, mächtige Mohntörtchen wirklich nur mit Mohn gefüllt sei; weil diese Zutat recht teuer sei, streckten sie die meisten Bäcker mit Grieß. Vielen Dank an Frau katha für den Tipp! (Von den wunderbaren Rugelach habe ich mir eine Tüte voll für Zuhause mitgenommen.)

Rührender Glaube an die Vernunft

Samstag, 2. August 2008

Dabei sollte sich doch herumgesprochen haben, dass garantiert nebenwirkungsfrei auch garantiert wirkungsfrei bedeutet.

schreibt da Gerd Antes, Leiter des Deutschen Cochrane-Zentrum in Freiburg in seiner Stellungnahme zum angeblichen Gesundheitsexperten Hademar Bankhofer in der SZ. Oh mei, Herr Antes – wann haben Sie zuletzt mit einem der Millionen Homöopathie-Gläubigen gesprochen? Es war vor vielen Jahren, als ich meinen lieben, kundigen Hausarzt fragte, woran man eigentlich als Laie erkennen könne, ob einem ein Placebo verordnet worden sei: “Wenn der Beipackzettel keine Nebenwirkungen nennt.”

Aber, auch das entnehme ich der SZ, es gibt ja da den “Aberglauben bei Tauben”:

Der Psychologe Burrhus Frederic Skinner machte 1947 einen Versuch, der als ,,Aberglauben bei Tauben‘‘ berühmt wurde. Er ließ die Tiere hungern und setzte sie dann einzeln in einen Käfig, in den nach exakt 15 Sekunden automatisch Futter gekippt wurde. Das Prozedere wurde oft wiederholt, und die Tauben begannen ihre zunächst zufälligen Handlungen wie ein Ritual zu wiederholen. Egal ob sie pickten, tänzelten oder sich drehten – die Tiere verfestigten die Handlungsmuster, mit denen sie scheinbar erfolgreich Futter im Käfig auftauchen ließen.

Dieser Mechanismus funktioniert auch bei Menschen und würde das Renommee eines Herrn Bankhofer erklären.

Liebes Internet,

Samstag, 2. August 2008

seit neun Monaten besuche ich Dich von einem Rechner der Marke Apple Macintosh aus, von einem so genannten Power Book (ich hatte einfach mal was Neues ausprobieren wollen). An die Oberfläche habe ich mich gewöhnt, die Trackpad-Funktionen mag ich sogar ganz gerne. Bei zahlreichen Funktionen stehe ich aber immer noch ganz am Anfang – unter anderem weil ich zu faul bin, intensiv in Dir nach Kleinigkeiten zu recherchieren. Und selbst für Alltägliches wie einen Screenshot muss ich jedesmal wieder nachschlagen, wie das ging (wenn mir jemand erklären mag, was an der Tastenkombination Apfel-Shift-3 zum Erstellen eines Screenshots intuitiv und userfreundlich ist?). Die Stabilität des Betriebssystems steht der von Windows in nichts nach: Der Rechner friert nicht öfter oder seltener unaufweckbar ein als sein Vorläufer der Marke Fujitsu Siemens.

Ganz am Anfang stehe ich beim Handling von Bilddateien. Von der Bildbearbeitung wollen wir gar nicht reden – vielleicht setze ich mich ja irgendwann an die Übungssoftware zu Gimp (und wundere mich nicht mehr, dass dazu dieses komische X11 nötig ist). Nein, ich will einfach nur in meinen Fotos blättern. Guck mal da unten:

In diesem Fenster wird mir ein Bild angezeigt, und nun möchte ich im selben Fenster ohne Umwege das nächste Bild in diesem Ordner ansehen. Man möchte meinen, ich müsste nur auf den Pfeil links oben klicken – keineswegs. Wenn ich auf diesen klicke, tut sich gar nichts. Alternativ bietet mir das Menü an, zur nächsten Seite zu gehen, samt Tastenkombination dafür.

Auch hier tut sich bei der Ausführung nichts. Zoomen und Drehen hingegen gehen. Verstehst Du, liebes Internet, dass ich jeden Mut verliere, wenn nicht mal so scheinbar einfache Funktionen funktionieren? Das ist schlimmer als das iPhoto-Programm, mit dem ich mich gerade mal ein bisschen angefreundet hatte, so auf Arbeitskollegen-Ebene, als eines Tages im Mai beim Starten des Programms alle bisherigen Ordner (die heißen in diesem Programm “Ereignisse”) bis auf einen verschwunden waren und ich keiner Ansicht auffindbar. Womit mein Interesse völlig erlosch.

Umso wichtiger wäre es mir, liebes Internet, wenn Du mir verraten könntest, wie ich in der Bilderansicht des so genannten Finders blättere. Bitte?