Der nächtliche Jakobsplatz

Donnerstag, 19. September 2013 um 6:16

Auf dem Heimweg von der Geburtstagsfeier des Mitbewohners (Köstliches im Milagros) kamen wir an einem meiner Lieblingsorte in München vorbei, am Jakobsplatz. Vor uns die neue Synagoge (wie waren mir die Tränen gekullert, als ich 2006 die Fernsehübertragung ihrer Eröffnung sag), rechts das schöne und zum Glück nie so richtig schicke Stadtcafé, im Hintergrund das lebendig erleuchtete Kultur- und Gemeindehaus, vorn die roten Lichter der sichernden Sperrpoller, die der Judenhass immer noch erfordert.

Zu seinem Geburtstag hatte ich den Mitbewohner in Form eines Sportlerinterviews ausgefragt, wie er das denn damals so erlebt habe: seine Geburt als Frühchen, den anschließenden wochenlangen Aufenthalt im Brutkasten. Er meinte, er habe nur beste Erinnerungen daran. Die Geburt sei ok gewesen, und danach habe er sich sehr wohl gefühlt an diesem gut geheizten Ort mit ausreichend Nahrung, an dem man ihn aufs Angenehmste in Ruhe gelassen habe. Ich bin ja der Überzeugung, dass er genau damals gelernt hat, so beneidenswert gut mit sich selbst zurecht zu kommen.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Der nächtliche Jakobsplatz“

  1. Sebastian meint:

    Der Mitsichkommer!

    Ein ganz besonderer Platz in München, auch wenn man daran denkt, wie verwüstet und verachtet er die ganzen Jahre zuvor da lag, um dann so zu werden. Es lassen sich also auch heute noch mitten in einer schon so fertigen Stadt wie dieser neue Plätze schaffen.

    (Es gibt da ja noch so eine Brache hinter der Haltestelle “Theresienwiese”…)

  2. engl meint:

    vermutlich würd mir der gefallen, der mitbewohner. er sei gegrüßt, unbekannterweise. ; )

  3. trippmadam meint:

    Der Jakobsplatz ist auch einer meiner Lieblingsplätze, und wie man manchmal sonntagnachmittags sehen kann, mögen den auch ziemlich viele andere Leute.

    Was die von Ihnen erwähnte Brache betrifft, Sebastian: da sollten wir uns wirklich mal etwas überlegen. Allerdings bin ich ja in Frankfurt aufgewachsen und weiß deshalb den Charme der Hässlichkeit durchaus zu schätzen.

  4. Sabine meint:

    Es ist ja manchmal für Laien wie mich rätselhaft, warum manche Stadtgestaltung funktioniert und andere nicht. Theoretisch hätte der Jakobsplatz auch nach der Neugestaltung ein zugiger, unwirtlicher Ort bleiben können, aber er zieht die Leute und ihre Absonderlichkeiten fast magisch an. Im Brunnen hupfen immer Kinder herum, Flaneure allenthalben, und einmal haben wir jemanden beobachtet, der sicher eine Viertelstunde mit seinem Rad enge Kreise fuhr und dabei telefonierte. Sehr seltsam und sehr schön.

    Brutkästen werden meiner Ansicht nach eh unterschätzt, auch wenn sie nicht bei allen Frühgeborenen zu der gleichen superheldenhaften Ausgeglichenheit führen wie beim Mitbewohner.

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