Journal Samstag, 18. Oktober 2014 – nochmal Spätsommer

Sonntag, 19. Oktober 2014 um 9:54

Selbst das wenige Außenlicht, das es nur sehr indirekt mit Nordfenster und zu zwei Dritteln herabgelassenem Rollladen in mein Schlafzimmer schaffte, war beim Aufwachen um sieben unverwechselbar: Es kündigte einen strahlenden Sonnentag an. Nach einem Morgenkaffee radelte ich zur Luitpoldbrücke, um von dort meinen Isarlauf nach Unterföhring und zurück zu starten. Ein traumhafter Lauf in der Sonne – von der Leinthalerbrücke aus sah ich nach Süden deutlich den Wendelstein -, körperlich unbelastet.

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In lustiger Kleidung Einkaufen gegangen, vorbei an vielen, vielen Menschen in Straßencafés.

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Nachmittags merkte ich, dass ich nach dem Freitagabend über französischem Essen mit einer Freundin nicht ganz genug geschlafen hatte und legte mich zu einer Siesta hin – in den letzten Jahren habe ich sehr selten dieses Bedürfnis, freue mich umso mehr, ihm nachgeben zu können.

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Zeitunglesen im sonnigen Wohnzimmer. Die neue SZ am Wochenende macht einen sehr guten Eindruck. Ausführliche Wochenendzeitungen habe ich ja Anfang der 90er während meines Auslandsjahrs in Großbritannien kennengelernt und schätzte es dort sehr – mit weniger als drei Wochenendblättern kam ich sonntags nie vom Morgenschwimmen zurück ins Student House. Doch seither haben sich meine Lesegewohnheiten sehr verändert; mal sehen, wie sich das auf das Lesen dieses neuen Formats auswirkt.

Allerdings wünschte ich, ich hätte das Streiflicht nicht angeschaut: Mit launigen Stereotypen über Internetnutzer, die kein wirkliches Leben haben, wurde die Hetzjagd gegen Anita Sarkeesian lächerlich gemacht, die ja nur der jüngste Auswuchs von Terror gegen Feministinnen ist:

Viel zu befürchten hat Frau Sarkeesian aber nicht. Wer ihr etwas antun wollte, müsste die virtuelle Welt verlassen. Doch wer so tief darin lebt, hat längst vergessen, wo eigentlich der Ausgang war.

Ernsthaft? Ja, die Süddeutsche ist stolz auf ihre interne Meinungspluralität. Aber da ich weiß, wie viele Menschen in der Redaktion inzwischen das Internet kennen, es klug nutzen, darin leben, wundert mich schon sehr, dass es immer noch keine Filter gibt, die das Rausplärren solch geballter Ignoranz verhindern. Das Streiflicht, bezeichnenderweise nicht namentlich gekennzeichnet, steht wie keine andere Rubrik für die Zeitung. Dieser vorgestrige Blödsinn macht das ganze Blatt lächerlich.

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Den späten Nachmittag in der Küche verbracht:

Apfelschlangerl nach Katharina Seiser gebacken. Gelernt: Pink Lady ist kein guter Kuchenapfel (war mir vor Jahren mal empfohlen worden, hatte ich deshalb ausprobiert, wird aber leider gummig hart), anderthalb Kilo Äpfel sind zu viel Füllung, die Rolle platzte im Ofen auf.

Neuen Joghurt angesetzt, derzeit esse ich pro Woche mindestens ein Kilo.

Morgenbrötchen nach Lutz Geißler angesetzt.

Zum Nachtmahl Kartoffel-Kohlrabi-Eintopf gekocht. In jüngster Zeit entdecke ich die klassische Einbrenn als Geschmacksgeber für Gemüsegerichte und -suppen. Sie scheint mir der zeitgenössischen Alltagsküche völlig abhanden gekommen zu sein, nachdem sie in der Generation meiner Mutter an fast alles kam. Vielleicht hat Letzteres zu Ersterem geführt?

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Abends im Fernsehen in den Dominik-Graf-Krimi “Reiche Leichen” reingeschnuppert – und angenehm überrascht hängen geblieben: Überdurchschnittlich gutes Drehbuch, vor allem sehr schöne Dialoge, unpeinliche bis gute Schauspielkunst, Andreas Giebel strahlt genau die grundmenschliche Wärme aus, die es für seine Rolle brauchte. Aus der Schönheit des Starnberger Sees genau richtig viel gemacht, ohne Kitschgrenzen zu reißen.

die Kaltmamsell

6 Kommentare zu „Journal Samstag, 18. Oktober 2014 – nochmal Spätsommer“

  1. nachtschwester meint:

    Einbrenn verschwand in den 80ern (?) mit der großen Fett- und Cholesterinphobie als vermeintlich ungesunde und altmodische Kombination aus tierischem Fett und Weißmehl aus den Kochgewohnheiten. Das war ein großer Marketingerfolg der Lebensmittelindustrie, die mit glutamat-, aroma- und farbstoffhaltigen Soßenpulvern einen “sauberen” Ersatz zur Verfügung stellten, der Kochen außerdem moderner und schneller und einfacher machen sollte, weil schon fertig gewürzt. Über die ebenfalls enthaltenen gehärteten Fette dachte damals keiner nach. Zum Glück sind Butter und Schmalz inzwischen ernährungswissenschaftlich rehabilitiert.

  2. Chris Kurbjuhn meint:

    In den 70er Jahren haben Siebeck, Paczensky und Co. nachhaltig gegen mit Mehl gebundene Saucen polemisiert. u. a. vor dem Hintergrund, dass in Deutschland damals überhaupt nur die Spitzenköche mit Fonds und Reduktionen arbeiteten. In der Tat bekam man in “gutbürgerlichen” Restaurants häufig ganz grauenhaft geschmacksarme Mehlsaucen auf den Teller gekippt (standen gern als “Tunke” aus der Speisekarte, das Wort löst bei mir heute noch einen Fluchtreflex aus). Wer damals als Hobbykoch was auf sich hielt, kippte Mehl allerhöchstens noch an die Bechamel, ansonsten wurde eingekocht, was das Zeug hielt, und wenn die Plörre überhaupt nicht andicken wollte, dann hat man – wenn keiner guckte – Saucenbinder drangekippt. Spätestens in den achtziger Jahren war Mehl an der Sauce total uncool geworden.

  3. Sabine meint:

    Die Schuhe, die silbernen Schuhe! Mary Beard wäre stolz.

  4. Sebastian meint:

    “Die Mehlschwitze kommt. Was gut war, darf wieder kommen.” (Basic cooking München 1999, Seite 87)

    Weswegen auch Muttis Sugo im Frühjahr wieder kommt. Mit frischen grad nur weich gekochten statt ewig reduzierten Tomaten und mit leichter Speckmehlschwitze. Sakrileg? Dann wär’s das Fertigkochen von Pasta im Sugo wohl auch – was sehr alla mamma ist und der Sauce eben diesen herrlichen Mehlgeschmack verleiht, wie ich ihn von Mutti mochte.

  5. Sebastian meint:

    Ach, und das Streiflicht steht für mich gar nicht mehr für die SZ, weil ich darin immer mehr das Ungewöhnliche zu konzentriert strapaziert find, das dem Blatt sonst immer mehr fehlt in guter Dosierung. So überflüssig wie Spielecken in Restaurants oder ein ständig entzündeter Blindarm ist es mir, wird überlesen wie Anzeigen. Spätestens als es Streiflichter als Buch gab mit Lesungen wars vorbei. So besehen – steht es vielleicht doch für die SZ.

  6. mariong meint:

    Bei Äpfeln bin ich sehr altmodisch und habe zum Glück Streuobstwiesen in der Nähe. Die alten Sorten Klarapfel, Gravensteiner, Booskop, Berlepsch und auch die Renetten eignen sich ganz hervorragend zum backen, für Bratäpfel oder für Apfelmus. Man sollte sie auf Märkten oder bei Obstbauern noch bekommen, es lohnt sich.
    Die gute alte Mehlschwitze mag ich immer noch, besonders die helle Variante zu Blumenkohl, Kohlrabi und Spargel. Wenn man das Kochwasser des Gemüses dazu verwendet, schmeckt das besser und ist leichter als zum Beispiel die Hollandaise in der diese armen Gemüse viel zu oft ertränkt werden.

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