Journal Sonntag, 24. März 2019 – Frühlingswarmer und freier Sonntag

Montag, 25. März 2019 um 6:31

Tief und durchgeschlafen, dennoch müde aufgewacht. Draußen startete ein weiterer sonniger Frühlingstag, der schön warm werden sollte. Ein freier Sonntag!

Ich hatte mich sehr auf eine Schwimmrunde gefreut, nach gemütlichem Bloggen und Kaffeetrinken radelte ich trotz anhaltender Müdigkeit raus zum Olympiabad (diesmal hatte ich vorher sichergestellt, dass geöffnet war). Vormittags war es noch frisch draußen, doch die Sonne tat gut.

Schwimmen war ok, es ging schon mal leichter, aber ich schaffte, mich nicht durch die zahlreichen Spielzeugschwimmer und -schwimmerinnen nerven zu lassen, auch die beiden Nierenschläge von Rückenschwimmerinnen auf der Nebenbahn ertrug ich relativ gelassen.

Das Heimradeln war dann richtig warm und machte Spaß. Der Olympiapark war voller Menschen, in der Maxvorstadt quollen die Straßencafés über, ich besorgte Semmeln zum späten Frühstück.
Daheim öffnete ich die Balkontür – sie konnte die nächsten Stunden offen bleiben, herrlich. Draußen Vogellärm: Wer glaubt, Amselriche hätten abgefahrene Gesangs-Moves drauf, hat noch nie einen Distelfink ausflippen gehört. Eine Mischung aus Amsel und Rotkehlchen auf Speed, dazwischen Schnarr-Geräusche.

Ich musste dringend nach Südfriedhof und Isar schauen.

Zurück zuhause begann ich Philip K. Dick, The Man in the High Castle, zu lesen, sehr inhaltsdicht. Und mit einer der besten Widmungen meines Leselebens.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Bœuf Stroganoff, ich machte dazu Gurken- und Ruccolasalat.

In letzter Zeit denke ich oft darüber nach, was ich hier alles nicht schreibe, nämlich über Menschen, denen ich begegne und die mich beschäftigen. Zum Beispiel schrieb ich keine Details über den Richter, den Staatsanwalt, die Verteidigerin bei meinem ersten Einsatz als Schöffin – obwohl alle drei hoch interessant und beschreibenswert waren. Doch in der Öffentlichkeit dieses Blogs wäre das übergriffig gewesen: Ich hätte ohne ihre Erlaubnis über sie verfügt, ähnlich wie beim Veröffentlichen ihres Fotos. Dieses Gefühl ist in den vergangenen Monaten immer stärker geworden, und völlig unabhängig von der rechtlichen Seite: Nach meinem Empfinden gehört sich das nicht. Deshalb kommen hier immer weniger konkrete Menschen vor, deren Begegnungen mich bereichern. Wo es mir doch eigentlich viel Freude bereitet, solche Begegnungen zu teilen, ihn oder sie mit Worten lebendig werden zu lassen.

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Wie sollte der Umgang mit Alzheimer-Patienten sein? Pflegepersonal und Angehörige lernen immer mehr dazu, hoffentlich steigt auch in der Allgemeinheit das Verständnis. Croco verlinkt dazu eine bewegende Geschichte:
“Die im Supermarkt tanzt”.

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Die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht ein Interview mit Renate Röllecke, pädagogisch-wissenschaftliche Referentin bei der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK):
“Folgen, Liken, Posten: Was Kinder und Jugendliche an Influencern und sozialen Netzwerken fasziniert”.

via @dasnuf

Wenn Eltern das Gefühl haben, dass sich ihre Kinder immer mehr in die digitale Welt zurückziehen und kaum noch ansprechbar sind – was würden Sie Ihnen raten?

Kinder und Jugendliche haben heute durch lange Schul- und Betreuungszeiten oder feste Freizeittermine kaum Rückzugsmöglichkeiten. Im Netz können sie selbst agieren, Spielkompetenzen entwickeln, sich konzentrieren und sich kreativ ausdrücken. Die intensive Beschäftigung mit Inhalten im Internet ist an sich noch kein Problem. Hier gilt es wie immer zu unterscheiden, was man dort im Einzelnen macht und wem man folgt: Welche Faszination steht dahinter? Sind die kommerziellen Aspekte für das Kind überwältigend, wird Taschengeld vorwiegend für die von Influencern beworbenen Produkte aufgewendet? Oder nutzen sie die Sozialen Kanäle in erster Linie, um Kontakt zu Freunden zu halten, sich auszutauschen oder mitzubekommen, was andere machen oder wofür sie sich interessieren? In diesem Fall sind sie ja mit realen Menschen verbunden, nicht in einer irgendwie losgelösten digitalen Welt. Tatsächlich gibt es keine zwei Welten, sondern unsere reale Welt ist digital durchwirkt.

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Zwei schöne Foto-Essay von Yosigo zeigen Menschen am Strand – ganz anders als Martin Parr.
“Bañistas By Yosigo”.
“Animal Turista, Yosigo’s Rich Photographic Essay Documents Mediterranean Tourists”.

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24. März 2019: Der Tag, an dem Millionen Frauen auf Twitter erfuhren, dass sie ihr Leben lang völlig falsch gebadet hatten.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Sonntag, 24. März 2019 – Frühlingswarmer und freier Sonntag“

  1. Joel meint:

    Ja. Dritte Personen im Blog ist immer schwierig.

    Ich hatte jetzt letztens den Fall dass ich zu gerne mehr über eine missglückte Oper geschrieben hatte. Konnte ich aber aus rechtlichen Gründen nicht und ich hätte sehr viele Menschen bloß gestellt.
    Aber selbst wenn es ein Erfolg gewesen wäre, wäre es auch schwierig gewesen.

  2. Trulla meint:

    Selbst in Kommentaren gibt man – je nach Thema – viel Persönliches preis. Und da hängen viele andere Menschen mit dran, die das gar nicht mögen, so bin ich mit Rücksicht darauf zur Trulla geworden. Man kann das so oder so sehen, denn ich bin niemals meinungsscheu gewesen in meinem “realen“ Leben. Obwohl – inzwischen ist das digitale Mitleben ein ziemlich realer Bestandteil meines Tagesablaufs geworden, wodurch ich mich sehr bereichert fühle. Ich begegne hier interessanten Menschen, von denen ich viel lernen und die ich mir aussuchen kann.

  3. Frau Klugscheisser meint:

    Das mit den Begegnungen würde ich gern genauer wissen. Ist es übergriffig den Personen gegenüber, wenn diese hier mitlesen? Macht das Mitlesen den Unterschied oder die reine Tatsache der (anonymen) Beschreibung? Wie wäre es, die Personen einfach nach deren Zustimmung zu fragen?

  4. die Kaltmamsell meint:

    Es fühlt sich entblößend an, Frau Klugscheisser, als zeigte ich eine Foto-Großaufnahme von ihnen.
    Für mich ist es alles andere als einfach, mit jemandem so eng Kontakt aufzunehme, dass ich nach einer Zustimmung zum Auftauchen in meinem Blog fragen kann: Ansprechen, persönlich werden, Blog erklären – und das ist nur der Anfang. Allein deshalb bewundere ich ja schon Straßenfotografinnen.

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