Journal Samstag, 2. Januar 2021 – Beifang aus dem Internetz

Sonntag, 3. Januar 2021 um 9:11

Eher unruhige Nacht.

Sport: Nach einer Runde Crosstrainer (Ausrede “Aufwärmen”) Rundum-Krafttraining mit Schwerpunkt Reha-Übungen. Unter anderem testete ich, ob ich nicht doch die eine oder andere Übung aus dem Reha-Zentrum mit Theraband und Balance Pad nachspielen kann (so lala).

Draußen hochneblig düster und kalt. Ich spazierte für Espresso-Einkauf in die Maxvorstadt (wäre nicht nötig gewesen, aber ein guter Anlass für Bewegung an der frischen Luft), da das nördliche Bahnhofsviertel immer noch von Baustellen durchzogen ist, musste ich oft die Straßenseite wechseln. In einem unangenehm engen Vollcorner arbeitete ich die Einkaufsliste ab.

Daheim Frühstück: Brot mit Käse, Honigbrot, Tee. In der Krone eines mächtigen Ahorns vorm Balkon zwitscherten Distelfinken so laut, dass ich auch bei geschlossenen Fenstern auf sie aufmerksam wurde. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich unsere Aussicht auf die Vogelwelt in der neuen Wohnung zwei Stockwerke höher verändert (Vertrag liegt vor, wenn unterschrieben, gibt’s mehr Details).

Wie schon in der Nacht kämpfte ich mit Sodbrennen – bemerkenswert, weil bei mir sehr selten. Die Fachempfehlung, die ich im Internet fand: Warme Milch trinken. (Meine polnische Oma schwor auf einen Apfel, doch diese Säurebombe wollte mir als Gegenmittel gegen aufsteigende Magensäure nicht einleuchten.) Nach einem Tässchen warmer Milch und sonst im Lauf des Tags nur Wasser verschwand das Sodbrennen tatsächlich.

Zeitung gelesen, am späteren Nachtmittag ein Stück Panettone (im Eataly hatte es keinen klassischen mehr gegeben, ich hatte mich unter den exotischen Varianten für “Amarena” entschieden, der tatsächlich statt kandierter Früchte Stücke von Amarenakirschen enthält – gut!).

Im Internet eingekauft. Es hat sich nämlich ergeben, dass wir Bettwäsche brauchen, alle beide. Und damit meine ich keineswegs “brauchen” im Sinne von “gerne hätten”: Während ich lediglich über kein Betttuch ohne Loch mehr verfüge, hat Herr Kaltmamsell gar keine unzerrissene Bettwäsche mehr, und sein letztes Betttuch ist so löchrig, als hätte jemand versucht, ihn im Schlaf mit einem Schrotgewehr zu erschießen. Womit ich zwar mein Ziel keine Dinge anzuhäufen hervorragend erreicht habe (ich habe mir sagen lassen, dass sich in den meisten Haushalten meiner Altersklasse Bettwäsche stapelt), aber. Die vielen Geschäfte mit Bettwäsche, die wir als privilegierte Innenstädter in wenigen Minuten zu Fuß erreichen, sind schon länger und noch auf unabsehbare Zeit Pandemie-bedingt geschlossen – ich bestellte also online irgendwas in den vorsichthalber nachgemessenen Größen.

Zum Abendessen hatte ich große Sehnsucht nach Salat gehabt und machte uns Endiviensalat mit roten Paprika und Tahinidressing, dazu Eier.

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Gegen die Maulerei, deutsche Behören hätten die Organisation der Covid-19-Impfung gegen die Wand gefahren, hilft ein wenig Hintergrund, den Stefan Leifert, ZDF-Korrespondent in Brüssel, in diesem Twitter-Thread aufbereitet.

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Maximilian Buddenbohm schildert den Jahresanfang in Hamburg:
“And so it begins”.

Müll weht vorbei und gepflegt wirkt das alles nicht. Wenn man die Stadt schließt, dann lässt sie sich gehen. An den Fenstern der Restaurants, der Imbisse und Läden hängen Zettel, in manchen Fenstern etliche davon. Hygienekonzepte, Bitten um Masken, Erklärungen, Verlautbarungen, Regeln, Piktogramme mit AHA, Verweise auf noch offene Zweigstellen in anderen Gegenden, liebe Kundinnen und Kunden, dear customer. Hinweise auf Telefonnummern, Webseiten und Mailadressen. Wegen Corona, wegen der aktuellen Situation, wegen der Verordnungen.

Manchmal wurden Zettel über Zettel geklebt, die Novemberzettel verdecken so halb die Märzzettel, darüber etwas aus dem Dezember. Man könnte Zettelarchäologie betreiben und Schicht um Schicht freilegen. Bei einem Italiener hängt ein Blatt in Din A4 aus dem März, darauf steht einfach nur „Zum Mitnehmen“. Halb darüber klebt ein Zettel in DIN A3 aus dem November oder Dezember, darauf steht in riesiger Schrift, farbig und mit Ausrufezeichen: „ZUM MITNEHMEN!“

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Für die FAZ hat Julia Bähr zum einzigen Genre gegriffen, in dem man das vergangene Jahr glaubwürdig erzählen kann: Als Fernsehserie.
“Das Jahr 2020”.

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Warum noch viel mehr Mist passieren muss, bevor ich mein Internet nicht mehr liebe: Jemand singt auf TikTok einen Sea Shanty, ein weiterer veröffentlicht eine Bassstimme dazu – und das ist erst der Anfang. Das und viel mehr davon in diesem Twitter-Thread.

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Eine weitere Aufmunterung zum Jahresstart.

die Kaltmamsell

17 Kommentare zu „Journal Samstag, 2. Januar 2021 – Beifang aus dem Internetz“

  1. rum meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Gerne gelesen

    *******************************************************

  2. lihabiboun meint:

    Wunderbar, Julia Bähr ist einfach genial! Danke – und ich wünsche ein gutes neues Jahr.

  3. Meike meint:

    Apfel funktioniert. Meine Oma erklärte dazu, das der Apfel gerieben sein müsste, damit sich das Pektin entfaltet.

  4. die Kaltmamsell meint:

    Ah! Danke für die Erklärung, Meike!

  5. Rebekka. meint:

    Danke, hervorragend; beim Lesen und hören gelacht, geweint und geseufzt.

  6. Bettina meint:

    Wo bestellen Sie Bettwäsche? Ich hätte Bedarf.

  7. obadoba meint:

    Der Mann hat auch öfter mit Sodbrennen zu tun und schwört auf einen Schluck Enzian (Brr!). Sodbrennen wird kurz schlimmer und lässt dann nach. Eine Erklärung dafür kann ich allerdings nicht bieten.

  8. Sandra meint:

    Klingt nach Homöopathie- Erstverschlimmerung ;) Enzian D6?

  9. Mrs. Knallenfalls meint:

    Ihnen ein gutes neues Jahr!!! Und vielen Dank für den Sea Shanty, so schön und sehr berührend.

  10. Christine meint:

    Sodbrennen:
    Erstaunlicherweise ist Magensäure so sauer, dass alle Nahrungsmittel (einschließlich Zitrone) diese neutralisieren.
    Ich kaue gerne Kaugummie bei Sodbrennen, weil ich mir einbilde, dass Speichel am effektivsten ist.

    Bettwäsche:
    Ich habe einen Faible für Bettwäschedesign der 70er (brau&orange&grün) und brauche nun die ererbte Bettwäsche meiner Tante auf und freue mich sehr.

  11. die Kaltmamsell meint:

    Ich habe bei Zara Home bestellt, Bettina, zum ersten Mal – einfach weil’s mir als Erstes eingefallen ist (so kaufe ich auch offline ein).

  12. Bobbie meint:

    Julia Bährs Jahresrückblick ist genial. Vielen Dank. Wegen Bettwäsche: Ich suche fast verzweifelt einfarbige Bettwäsche. Am liebsten rot oder schwarz oder weiß. Ich mag keine gemusterte Bettwäsche. Hab schon überlegt, selbst welche einzufärben, weil ich nichts finde. Ach ja, glatt sollte sie auch sein.

  13. Christine meint:

    In Deutschland ist die Annahme weit verbreitet, dass Sodbrennen bzw. Reflux durch zuviel Magensäure verursacht würde. Dem ist (in den meisten Fällen) nicht so. Die Oma lag mit Säure nicht falsch (für die damaligen Mittel/Möglichkeiten). Heute wird man es mit Betain HCl versuchen.

    Dieser wissenschaftliche Artikel https://chriskresser.com/what-everybody-ought-to-know-but-doesnt-about-heartburn-gerd/ erklärt die Zusammenhänge. (heartburn = Sodbrennen, GERD = Gastroösophagealer Reflux)

  14. Susann meint:

    Die Stadt lässt sich gehen…ja, das fiel mir auch schon auf. Im ersten Lockdown sind wir irgendwann prinzipiell nur mehr mit Müllsack und so einer Aufsammelzange spazierengegangen – offenbar bestand schwerwiegender Bedarf, der Mitbürger/innen, Gummihandschuhe, Masken etc. dort zu entsorgen, wo man eben gerade stand. Mir scheint, momentan ist es nicht so schlimm, aber die Leute sind halt auch weniger draußen als im April und Mai.

  15. Anne meint:

    Oh, Sie lesen gerade The City & the City! Steht schon lange auf meiner Liste, bitte berichten Sie, wie Sie es finden!

  16. Alexandra meint:

    Färben in der Waschmaschine ist lächerlich einfach. Ich mache das seit Jahren mit allen möglichen Textilien. Das einzig zu Beachtende ist: Nur Naturmaterialien nehmen Farbe vollständig auf. Bei Mischgewebe ist das Ergebnis also nicht sicher vorherzusagen. Und der Faden, der die Nähte hält, ist gelegentlich aus Polyester. Das hat zum Beispiel den Effekt, dass eine ehemals reinweiße Leinenhose in meinem Schrank nun tiefschwarz ist, aber weiße Nähte hat.

  17. Berit meint:

    Das zweite wäre auch immer genug Färbepackungen zu benutzen. Ein dickes Winterkleid braucht auch gern mal 2.

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