Journal Mittwoch, 4. August 2021 – Übernachtungsgast und Clemens J. Setz, Indigo

Donnerstag, 5. August 2021 um 6:49

Ordentliche Nacht, aufgewacht zu einem sehr kühlen und grauen Morgen, es hatte reichlich geregnet.

Meine Idee Bürgerbüro Mobilitätsberatung schickte ich per E-Mail ans Mobilitätsreferat der Stadt München, cc Büro der 2. Bürgermeisterin Katrin Habenschaden, Vorsitzende des Ausschusses Mobilität. (Tatsächlich gehe ich davon aus, dass sowas oder Ähnliches dort schon längst diskutiert wird.)

Die andere Seite der Theresienwiese, ein wenig Volksfest.

Keine Mauersegler mehr am Himmel. Ein Regentag, es regnete, als beabsichtigte es nie aufzuhören.

Zu Mittag Pumpernickel mit Butter, eine ordentliche Portion Tsatsiki.

Nach Feierabend daheim Vorbereitungen für den Übernachtungsbesuch, das meiste hatte der ferienhabende Herr Kaltmamsell bereits erledigt, der jetzt in der Küche stand und das Abendessen zubereitete. Es war noch Zeit für eine kurze Einheit Yoga und Auspacken der Nachbestellung Walküre-Tassen.

Verpackung für drei Tassen und drei Unterteller. Diese Porzellankiste ist ganz sicher die Tochter der Vorsicht.

Unseren Gast am Hauptbahnhof abgeholt, ich brachte ihr gleich mal einen Schirm mit.

Ich hatte das Bedürfnis, mal wieder den legendären Schriftzug GRUNDIG festzuhalten, der nach Sanierung und Umbau verschwunden sein wird.

Wohnungsbesichtigung, Gast äußerte gleich mal ein paar sehr hilfreiche Beobachtungen, die bei der weiteren Einrichtung helfen werden. (Und vielleicht die bereits versiegte Nestbauenergie erneuern.) Nachtmahl war köstliches Chicken Tikka Masala, auf meine Bitte mit Naan serviert. Erster Austausch von Informationen mit Gast, ich ging aber wegen Erledigtsein gewohnt früh ins Bett.

Schon am Vorabend hatte ich Clemens J. Setz, Indigo ausgelesen. Ein sehr schräger Roman, aber in meinen Augen auf sehr gute Art. “Indigo” ist darin eine Bezeichnung für Kinder, die mit der Eigenschaft auf die Welt kommen, dass Menschen in ihrer Nähe sich sehr krank fühlen: Kopfweh, Schwindel, Übelkeit. Auch die Eltern. Der Roman erzählt von ihnen auf mehreren Ebenen: Zum einen aus der Perspektive des Mathematiklehers Clemens J. Setz (hmmm…), der kurze Zeit an einer Schule für diese Kinder unterrichtet und danach über sie recherchiert, vor allem über ihr seltsames Verschwinden aus der Schule. Die andere Ebene spielt Jahre später und dreht sich um ein erwachsenes Indigo-Kind – irgendwann in der Pubertät hört die schädliche Wirkung auf. Allerdings widersprechen sich die Inhalte zum Teil. Auf beiden Ebenen tauchen nicht-realistische Elemente auf: Menschen reden wirr, ohne es zu merken, es gibt geheime Verbindungen und Verschwörungen, erfundene historische und naturwissenschaftliche Umstände – aber nur ein wenig erfunden, leicht daneben. Dazwischengeschaltet irrlichtern immer wieder scheinbare Faksimiles von Buchseiten alter Werke, eines davon sogar in Fraktur. Mir gefiel ausgesprochen, wie un-angelsächsisch diese Phantastik sich las, sogar durch und durch österreichisch, angefangen beim Setting in Österreich. Gleichzeitig bezog sich viel dieser Phantastik auf andere auch angelsächsische phantastische Literatur aller Medienarten.

Erst gesamt ergibt das alles eine halbwegs zusammenhängende Geschichte – ohne dass mir unterwegs langweilig geworden wäre, denn jeder Abschnitt war für sich fesselnd. Allerdings hängt über allem eine ungemütliche, grausame, bedrückende Atmosphäre, manche Figuren sind ausgesprochen abstoßend gezeichnet. Kein Wunder, dass in einigen Rezensionen davon die Rede ist, es werde einem bei der Lektüre unwohl und schwindlig – wie in der Nähe der Indigos.

Ich empfehle die Rezension von Jan Wiele in der F.A.Z.: “Die X-Akten des postmodernen Romans”.

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Rachel Roddy (ihr Buch An A – Z of Pasta ist auch vier Wochen nach Bestellung noch nicht mal abgeschickt – haben wir ein kleines Brexit-Problem?) hat eine sprachliche Lösung für das Gezicke um die Korrektheit klassischer Gerichte gefunden: Hier ist von “carbonara principle” die Rede, Zubereitung nach dem Carbonara-Prinzip.

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Wenn wir schon mal auf instagram sind: Der hinreißende Schneider Zack Pinsent geht gerade Stück für Stück die klassische Herrengarderobe im 17. und 18. Jahrhundert durch und ist beim Hals angelangt – eine Variante schöner als die andere.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 4. August 2021 – Übernachtungsgast und Clemens J. Setz, Indigo

  1. Beate meint:

    Oh der Brexit – ich hatte endlich einen Regenmantel gefunden, die passende Größe gab es in D nicht mehr, und der Hersteller aus Cornwall liefert nicht in EURO-Länder!!!

    Gerade mal raus geschaut, einen Mauersegler gesehen!

  2. Schneemaennchen meint:

    Unsere Mauersegler (in Turku) sind teilweise noch da! Letzte Woche waren es noch deutlich mehr, ich rechne jeden Tag damit, dass der Rest auch geht…

  3. streckenweise meint:

    Wieder was gelernt: Die Abflugzeit der Mauersegler richtet sich offenbar nach der Tageslänge, weswegen die Vögel aus Nordeuropa später nach Afrika aufbrechen als Vögel aus südlicheren Brutgebieten. Ich hatte heute morgen in Berlin nämlich auch noch einen großen Schwarm Mauersegler gehört und gesehen und war jetzt erstaunt, daß die Münchner schon verschwunden sind. Aber klar, woran sollten sie sich sonst orientieren, wenn nicht an der Tageslänge. Wetter ist ja doch eher wenig aussagekräftig.

  4. Herr_G meint:

    Ach toll, Walküre-Porzellan haben wir auch! Wunderbar…

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