Journal Dienstag, 28. Juni 2022 – Dunkle Corona-Wolken

Mittwoch, 29. Juni 2022 um 6:35

Noch vor Weckerklingeln mit bedrücktem Herzen aufgewacht. Die nächtlichen Gewitter hatten die Temperaturen angenehm gesenkt.

Ich rechne fest damit, dass ich mich bei Herrn Kaltmamsell angesteckt habe. Bei einer durchschnittlichen Inkubationszeit von 5,8 Tagen müsste es ungefähr Samstag sein, bis der zweite Strich erscheint. Außer ich habe mich schon vorher im Masken-befreiten Österreich angesteckt (derzeit drei rote Risikobegegnungen in der App von den Bachmannpreistagen – was nur von erkrankten mitgereisten Deutschen verursacht worden sein kann, Österreich ist nicht an diesem Meldesystem beteiligt, anders als die Schweiz). Was insgesamt etwas vom Licht am Ende des Tunnels hat – dem eines herannahenden und unausweichlichen Zugs. Aber hey! Am Montag hatte sich für ein paar Stunden der sense of doom gelichtet, der seit zweieinhalb Jahren über mir hängt.

Als Herr Kaltmamsell aufstand, berichtete er von schlechter Nacht, Symptome sonst nur Husten und laufende Nase, leicht erhöhte Temperatur.

Im Büro hatte sich nach vier freien Tagen so viel angesammelt, dass es auch drei Wochen hätten sein können – ich weiß doch, dass eine Abwesenheit von mehr als zwei Arbeitstagen ebenso viel Vor- und Nachbereitung verursacht wie ein richtig langer Urlaub.

Erst nach neun kam ich dazu, nach Nachrichten des Covid-Patienten zu sehen (er langweilte sich).

Mittags huschte ich schnell raus in eine Apotheke, Ibu-Vorräte auffüllen: Seit ich weder Menstruation noch kaputte Hüfte habe, werden die Schmerzmittel bei uns schlecht (hurra!).

Zu Essen gab es Ernteanteil-Gurke, Pumpernickel mit Butter, Banane. Nachmittags ein großes Stück dunkle Schokolade (der das lange Rumliegen in der Schublade auch nicht gut getan hatte).

Nachmittags ackerte ich weiter, immer mit leichter Paranoia in mich und auf Corona-Symptome horchend. Beschwerliches Atmen? Knödel im Hals? Fix und Fertigkeit nach nur achteinhalb Stunden im Büro?

Zum Feierabend steckte ich meinen Arbeits-Laptop ein: Für den Fall einer Covid-Infektion ohne Beschwerden, damit ich von daheim arbeiten konnte.

Es war tagsüber bewölkt geblieben, hin und wieder gab es ein paar Regentropfen.

Ich schätze den Luxus, zu einem warmen Nachtmahl heimzukommen, ohnehin sehr. Bei krankem Koch fehlt das schmerzlich, gestern übernahm ich die Erstellung eines Ersatzes – samt Einkaufen der Zutaten, das sonst auch Herr Kaltmamsell erledigt. (Ich kann das klassische Hausfrauenmodell SO gut nachvollziehen! Also: aus Männerperspektive.)

Auf dem Heimweg also eingekauft, wie so ein Mann ohne Hausfrau daheim. Angeregnet worden – Schirm hatte ich einstecken, aber wie soll man den halten mit beiden Händen voll voller Einkaufstaschen? Wie MACHT Herr Kaltmamsell das bloß immer? (Sie sehen, ich steigere mich gerade in die Rolle des hilflosen Ehemanns rein.)

Zu Hause sah ich nach dem Patienten: Husten und laufende Nase, am meisten litt er jedoch an Langweile – ein gutes Zeichen.

Ich nahm mir erst Zeit für eine Runde Yoga (meine arthrotische Lendenwirbelsäule hakt und rumpelt derzeit wie ein defektes Mühlrad, ich möchte, dass das irgendwie aufhört), machte mich erst dann ans Kochen: Ofengemüse mit Couscous.

Nur halt mit Bulgur statt Couscous (es darf immer nur eines davon im Haus sein, sonst Muss-weg-Panik) und ohne Harissa-Dressing (ich wollte kein Harissa kaufen, weil der Rest der Tube doch bloß wieder vergammelt). Aubergine bleibt das beste am Ofengemüse, ich habe aber gelernt, dass sich das durch Erhöhung des Auberginen-Anteils keineswegs steigern lässt.

Nachtisch Kirschen und Süßigkeiten. Einsames Rumkruschen und Internetlesen.

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Fürs nächste Medientraining im Management zu empfehlen:
“Wie der britische Weselsky zum Social-Media-Star wurde”.

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Sie möchten in den nächsten Wochen (Monaten) per Flugzeug reisen? Hier unten kursiv 20 praktische Tipps von einer Profi, die ich nach den Geschichten und Bildern der vergangenen Wochen an Ihrer Stelle wirklich ernst nehmen würde.

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Dem Klang nach nehme ich an, dass der schon ziemlich alt ist – aber Pina Bausch würde vor Neid erblasst sein: iPhone-Töne als Dance Moves.

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Wenn das nicht hilft: Das hier rettete mich gestern – wie verschiedene Tiere kämpfen.

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https://youtu.be/xyv7xlCcSoU

die Kaltmamsell

10 Kommentare zu „Journal Dienstag, 28. Juni 2022 – Dunkle Corona-Wolken“

  1. Herr Kaltmamsell meint:

    >Wie MACHT Herr Kaltmamsell das bloß immer?
    Eine gute Hausfrau hat ihre kleinen Tricks und verrät sie nicht.

    >ich wollte kein Harissa kaufen, weil der Rest der Tube doch bloß wieder vergammelt
    Der unvergleichliche Herr Kaltmamsell hätte wahrscheinlich Harissa schnell selber gemacht, aus Koriander, Kreuzkümmel, Knoblauch, Chili und, der Einfachheit halber, etwas Tomatenmark.

  2. Neeva meint:

    Ohje gute Besserung! Ich meine hin und wieder gelesen zu haben, dass Herr Kaltmamsell Fantasy und Science Fiction nicht abgeneigt ist.
    Eventuell ist der Barrayar-Zyklus von Lois Macmaster Bujold ein Mittel gegen die Langeweile.

  3. Schlosswiler meint:

    Harissa selbst machen geht übrigens ganz einfach:

    1:1 rote Peperoncini und Peperoni (in D=Paprika), bei den Peperoni gehen zur not auch gelbe, aber keine grüne.
    Soviel Knoblauch wie man mag, ich nehme 4-5 Zehen für 100 g Peperoncini, das ist aber Geschmacksache,
    wenig Salz, max. 1/2 TL pro 100 g Peperoncini
    für 100 g Peperoncini je etwa 1 TL Kreuzkümmel und Koriandersamen, im Mörser zerdrückt und ohne Fett angeröstet.
    Alles zusammen in Öl anbraten, etwas Wasser und Zitronensaft dazu geben, 15 Min kochen, dann mit dem Stabmixer pürieren. Nach dem Mixen – aus Haltbarkeitsgründen – nochmals kurz aufkochen, in kleine Gläser abfüllen.
    Aus Erfahrung: Es hilft, wenn man beim letzten Schritt noch etwas (WENIG!) Ascorbin- oder Zitronensäure beigibt, dann bleibt die Paste im geschlossenen Gefäss 1 Jahr haltbar. Einmal geöffnet ohne Ascorbin- oder Zitronensäure innert wenigen Tagen aufessen, sonst schimmelt die Paste. Mit Konservierungsmittel hält sie 2-3 Wochen im Kühlschrank.

  4. Herr Kaltmamsell meint:

    Zum Lesen fehlt mir ein bisschen die Konzentration. Das war vorher schon so, besserte sich im Juni. Für die Statistik würde ich gerne “Tiger! Tiger” von Alfred Bester noch in diesem Monat abschließen. (Wiederholungslektüre.)

  5. Frau Bruellen meint:

    Ich drücke euch sooooo sehr die Daumen, dass das grösste Problem beim Patienten die Langeweile bleibt und er die Viren für sich behält!
    (Die Schweiz hat die Warn-App übrigens schon im April abgestellt, weil hier ja alle Massnahmen beendet wurden)

  6. die Kaltmamsell meint:

    Ich habe Harissa bereits mal selbst gemacht, Schlosswiler, Herr Kaltmamsell. Die resultierende Menge war doppelt so viel wie eine Tube. Der Rest ist dann in einem Glas im Kühlschrank vergammelt.

  7. die Kaltmamsell meint:

    Achja, Frau Bruellen, Schweiz hat ja kein Corona mehr, da wurde meine App noch nicht nachgezogen (so wird das jetzt bei mir in der Arbeit auch gehandhabt: Corona-Fälle werden nicht mehr erfasst, also kann man die Kantine wieder öffnen und die Maskenpflicht aufheben). Was mir beim zweiten Gucken aufgefallen ist: Über der Schweizer steht die Europa-Flagge in der App, also wird Österreich doch drin sein – zumindest so sehr wie die Schweiz.

  8. Julia meint:

    Aus der Kommentar-Abteilung: wie lange ich Sie schon lese. Das Ofengemüse habe ich aus Ihrem Blog vor 10 Jahren gekocht, der Ausdruck (na, ist halt 10 Jahre her) hat fantastische Kochspuren. In diesem Sinne: auch danke dafür!

  9. Sebastian meint:

    Zwei Kranke und zwei Filme zum Kranklachen. Gute Besserung. Und gerne gelesen.

  10. Anke meint:

    Ich mache Harissa nicht selbst, sondern verbrauche viel davon, besonders, seitdem dieses Rezept in unser Leben gekommen ist:
    https://www.fitforfun.de/rezepte/harissa-kichererbsen-mit-mangold
    Vielleicht ist das auch waas für Sie?

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