Archiv für November 2022

Journal Mittwoch, 9. November 2022 – #Lindwurmessen in Shisha-Wölkchen

Donnerstag, 10. November 2022

Gleich mal mit einem Highlight in den Tag gestartet: Eine Stunde zu früh aufgestanden. Ich wachte kurz vor Weckerklingeln auf – wie ich mit Blick aufs Zifferblatt meines Weckers dachte, der nur zu dem Zweck auf dem Nachtkastl steht, dass ich mit einem Blick die Uhrzeit sehen kann, die Weckfunktion geht nämlich seit vielen Jahren nicht mehr. Munter zog ich meine warmen Schlumpfklamotten an und ging in die Küche, um die auf Abschluss bei Weckerklingeln programmierte Waschmaschine zu checken: Laut Anzeige war sie aber erst in einer Stunde durch. Blick auf die Küchenuhr: 4:43 Uhr, ich war eine Stunde zu früh dran. Kurz überlegte ich, ob ich meine verfrühte Wachheit für irgendwas nutzen konnte, entschied mich dann aber doch für eine Rückkehr ins Bett. Ich schlief auch fast wieder ein.

Gefährlich: Dass ich die jüngsten drei Nächte überdurchschnittlich gut geschlafen habe (inklusive großem Genuss des Einschlafens, “ohhh, ist das schön hier im Bett, ohhh, ist das schön einzuschlafen!”), führe ich in erster Linie auf den Erkältungslikör zurück – und war gleich mal versucht, ihn weiterzunehmen. Tue ich als Streberin natürlich nicht, die Beipackzettel nicht nur liest, sondern auch ernst nimmt. Aber ich merke mir hier gleich mal die enthaltenen Wirkstoffe Doxylamin und Dextromethorphan als Schlafmittel für Ernstfälle.

Angenehmer Weg in die Arbeit.

Die Erkältung trieb gestern Schabernack mit den Druckverhältnissen in meinen oberen Atemwegen: Mal fiel mir das rechte Auge schier raus, dann wieder hörte ich auf dem linken Ohr fast nichts, bevor die rechte Kieferhöhle tobte. Abends stellte sich heraus, dass ich wahrscheinlich Herrn Kaltmamsell angesteckt habe.

Mittags gab es Pumpernickel mit Butter und Granatapfelkerne.

Ich machte recht pünktlich Feierabend, denn ich hatte einen weiteren kosmetischen Termin: Pediküre. Eine professionelle Fußpflege kann halt Dinge, die ich selber nicht kann.

Daheim holte ich lediglich Herrn Kaltmamsell ab: Es ging wieder zum #Lindwurmessen.1 Wieder mogelten wir ein wenig: Vorige Woche hatten wir auf dem Weg zur vermeintlich nächsten Station entdeckt, dass wir ein Lokal übersehen hatten – waren dann erst mal nicht sicher, ob es dort etwas zu essen gab, außerdem zu unflexibel zum Umplanen gewesen. Dieses Lokal, Sava, wurde es dann gestern, denn der Check auf der Website hatte ergeben: Ja, hier gab es sogar einiges zu essen.

Gleichzeitig handelte es sich um ein Shisha-Lokal, aber ein elegantes und hochklassiges. Diese Mischung war mir neu, ich fand sie sehr spannend. Um uns herum wurde ruhig Shisha gedampft, von jungen Männern, jungen Frauen, allein oder unter Freundinnen. Die Bilder an der Wand waren Bildschirme; als wir ankamen, lief auf allen Kaminfeuer.

Wir bestellten hausgemachte Limonaden, Ingwer und Maracuja – ganz frisch und sehr gut.

Außerdem von der Pinsa-Karte eine Diavolo für Herrn Kaltmamsell und eine Orientale mit Sucuk und Feta für mich, ich orientierte mich am Crossover-Thema des Lokals. Beide schmeckten sehr gut. Auch die Musik hier hielt sich ans Crossover-Thema: orientalischer Reggaeton. Wir wurden herzlich und freundlich bedient und fühlten uns wohl.

Zurück daheim gab es noch Süßigkeiten zum Nachtisch.

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Wie Maximilian Buddenbohm, bei dem ich den Link zu weiteren Gedanken über Twitter gefunden habe, so treffend schrieb:

Wir sind nicht durch damit, lange nicht, die Retrospektive etwa dauert sicher noch etwas, das will alles verwunden sein.

“Zeit der Veränderung”.

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Wie sehr sich die Informations- und die Online-Welt in den vergangenen Jahren verändert und entwickelt hat, sieht man an zwei Blogposts, die 2009 erklärten, was Twitter für sie bedeutet, und es gegen die damaligen Doof-Finder verteidigten:

– Thomas aka Formschub schrieb: “5857 Zeichen sind eigentlich 5717 zu viel.”

– Anke Gröner schrieb: “How Twitter Changed the Way I Live”.

(Wie schön ich es finde, dass beide weiterhin bloggen, weiterhin Teil meines Webs sind – sodass ich von Thomas an diese Posts erinnert werden konnte.)

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Jetzt aber auch mal was zu Mastodon, und zwar ein Hintergrundbericht von einer Instanz:
“Über das Betreiben einer Mastodon-Instanz”.

via @KathrinPassig (erste Verlinkung zu Mastodon)

  1. Wir futtern uns nacheinander durch alle Lokale an der Südseite der Lindwurmstraße von Sendlinger Tor westwärts bis Stemmerhof, dann an der Nordseite wieder zurück. []

Journal Dienstag, 8. November 2022 – Neue Einblicke als Schöffin

Mittwoch, 9. November 2022

Wieder gut geschlafen, diese Erkältung wird derart niedergenesen!

Ich radelte in die Arbeit, und das sehr früh: Gestern hatte ich meinen ersten Einsatz als Schöffin seit Februar und wollte mir vorher noch eine Stunde im Büro sichern. Der Morgen war kühl, aber mit Mütze und Handschuhen in der Morgensonne sehr schön.

Um neun machte ich mich von der Arbeit mit dem Radl auf den Weg, kam nach verhältnismäßig wenigen Risiko-Situationen ans Justizzentrum Nymphenburger Straße.

Es gab keinerlei Corona-Maßnahmen mehr im Gebäude. Im Verhandlungsraum standen noch die festen Plexiglas-Trennwände um die Anklagebank, die Wände auf dem Richtertisch schoben wir zur Seite. Irritierend für mich hörte ich Baugeräusche von unten: wie die Alien-Botschaft in Contact.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/MM9Xzsf4M2o?t=220

Es ging um ein Verkehrsdelikt, für die Klärung des Verlaufs waren Ansichten von Straßen und Wegen im Osten Münchens wichtig. Ich lernte, dass das ausgedruckte Anschauungsmaterial, um das wir uns immer wieder am Richtertisch scharten, nicht alles Google-Satellitenaufnahmen waren: Das LKA arbeitet auch mit eigenen Drohnen, um einen Überblick aufzunehmen.

Erste Male als Schöffin gestern für mich:
1. Es wurde ein Schusswaffengutachten vorgetragen. Das war offensichtlich auch für die anderen Anwesenden etwas Besonderes – zum Glück wird in Deutschland echt selten geschossen. Ich lernte, was man herausfinden kann und was nicht, mit welchen Methoden (wenig überraschend ist die Realität sehr weit entfernt von CSI oder Bones).
2. Eine Sexworkerin (Escort) sagte als Zeugin aus.

Neue Wendungen für mich unter anderem: “Besis” für Beweissicherungsbeamten und “mit Blau und Horn” (Sie kommen selbst drauf), beides aus dem Munde einer als Zeugin aussagenden Bereitsschaftspolizistin. Und ich lernte einen bislang noch nicht angetroffenen Typus Verteidiger kennen.

Es war auch meine erste Verhandlung mit mehreren Verhandlungstagen, allerdings änderte die Richterin die ursprünglich angesetzten Tage, um einen bestimmten Zeugen unterzubringen, der noch um Urlaub ist. Gestern ging’s bis kurz nach zwei, bis dahin hatte es nur zwei kurze Pausen gegeben, in denen ich Wasser trinken konnte.

Zurück im Büro gab’s gegen das Magenknurren zwei große Bananen. Dann war noch Zeit für Wegarbeiten.

Nach Feierabend daheim eine Einheit Yoga mit Adriene, diesmal mit deutlich weniger Geschnatter, wie schön. Herr Kaltmamsell servierte zum Abendessen einen sahnigen, käsigen Kartoffel-Blumenkohl-Auflauf, das Gemüse kam aus Ernteanteil. Nachtisch BrezenSterneHerzen-Lebkuchen und Schokolade.

Zu den vielen Erkältungsdetails, die ich nach Jahren ohne solche vergessen hatte: Wunde Nasenränder vom vielen Schneuzen. Doch der Infekt wird deutlich besser, den habe ich bald überstanden.

§

Mir ist schon klar, dass das die Allerwenigsten interessiert – aber hier, in diesem kleinen, komplett irrelevanten, dafür aber selbst gehosteten Blog geht es nunmal um meine Interessen. Und mit denen schmerzt das Herz auch weiterhin beim Anblick des kaputtgehenden Twitter. Diesmal ein Blick auf die technische Seite. Die Technology Review skizziert:
“Here’s how a Twitter engineer says it will break in the coming weeks”.

Twitter’s remaining engineers have largely been tasked with keeping the site stable over the last few days, since the new CEO decided to get rid of a significant chunk of the staff maintaining its code base. As the company tries to return to some semblance of normalcy, more of their time will be spent addressing Musk’s (often taxing) whims for new products and features, rather than keeping what’s already there running.

(…)

Getting answers will be harder externally as well. The communications team has been cut down from between 80 and 100 to just two people, according to one former team member who MIT Technology Review spoke to. “There’s too much for them to do, and they don’t speak enough languages to deal with the press as they need to,” says the engineer.

§

Aber so lange es noch da ist: Twitter mit einer Integrationsprüfung für Zuwanderer von Tiktok. (Es handelt sich um eine Dornbirner Rap-Mannschaft.)

Journal Montag, 7. November 2022 – Montag mit Vollmond hinter fast kahlen Bäumen

Dienstag, 8. November 2022

Guter und tiefer Nachtschlaf dank ein wenig Nasenspray und einem Stamperl Erkältungslikör von Wick. Ich stand sehr munter und mit Energie auf, rotzte halt rum. Über den Tag hielt ich mich von Menschen fern, und wenn das nicht mit großem Abstand ging, trug ich Maske: Auch eine schlichte Erkältung möchte ich nicht weitergeben. Zudem teste ich mich noch ein paar Tage auf Corona, damit sich das nicht unbemerkt hinter Schnupfensymptomen einschleicht.

Sonniger Morgen: Ich brauchte weder Mütze noch Handschuhe, genoss den Fußmarsch ins Büro.

Der Vormittag war gefüllt mit emsiger Arbeit nahezu ohne Hässlichkeiten. Mittags ging ich auf einen Cappuccino ins Westend raus in die lockende Sonne.

Schöner Laden (die Einrichtung konnte man kaufen), an den meisten Tischen wurde gearbeitet. Der Cappuccino war mir aber zu stark.

Zurück im Büro gab’s am Schreibtisch ein großes Glas vorgeschnittene Mango/Orange/Mandarine sowie Hüttenkäse.

Emsiger Nachmittag ohne große Ereignisse, ich kam gut voran. Als ich nach Feierabend über den Heimeranplatz kam, strahlte mich ein enormer Vollmond durch die großen Bäume an, nur noch wenige verbliebene Blätter warfen Schatten. Mal wieder versuchte ich vergeblich, ihn zu fotografieren.

Unterwegs ein paar Einkäufe im Drogeriemarkt und im Vollcorner.

Daheim eine weitere Folge Yoga mit Adriene: wenig Bewegung, viel Geplapper – ich hoffe, dass das nicht so bleibt in diesem 30-Tage-Programm.

Zum Nachtmahl sevierte Herr Kaltmamsell den Rest vom Sonntagsessen: Kalbsrahmgulasch mit Spätzle. Danach Schokolade.

Es sind anscheinend Robin-Hood-Tage im Fernsehen: Samstagabend guckte ich in die Verfilmung von 2018, ein Computerspiel als Film, vor allem hinsichtlich des Anspruchs an Action und historische Genauigkeit, Herr Kaltmamsell wies auf die für Computerspiele typische Kameraeinstellung hin. Gestern Abend ließen wir die Verfilmung von 1938 mit Erol Flynn laufen, deutlich charmanter, halt ein Musical ohne Gesang (so bunt! und Robin Hood hat Glitzer am Hemdchen über den grünen Strumpfhosen!). Die Musik kannte ich gut, weil sie einen Oscar bekommen hat und auf den Sammelkassetten Oscar-gekrönter Filmmusik war, die mir Frank im Studium aufgenommen hat – aaaah, Erich Korngold.

Hatte ich vergessen am Wochenende festzuhalten: Sonntagmorgen habe ich die Heizung erstmals in dieser Saison aufgedreht.

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Neues zum kaputtgehenden Twitter.
1. Der Lacher: Elon Musk hat versehentlich zu viele Leute entlassen.
2. Die Bundesregierung hat eine Instanz bei Mastodon eingerichtet, genauer der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), und zwar für Bundesbehören, hier die bereits vertretenen.

Journal Sonntag, 6. November 2022 – Sonntagsruhe

Montag, 7. November 2022

Symbolbild Nacht, Anblick beim Aufwachen. Meine ganz oberen Atemwege wehrten sich mit beeindruckender Schleimproduktion gegen den Infekt (*pottpottpott*, gut gemacht), ich wachte immer wieder vom Blubbern in der Nase auf. Gegen die infektkalten Füße hatte ich mir die erste Wärmflasche der Saison mit ins Bett genommen, sie hatte funktioniert. Coronatest negativ.

Das Wetter hatte Regnen eingestellt. Dennoch war ich vernünftig genug, meine ursprünglichen Jogging-Pläne zu verwerfen und nur einen längeren Spaziergang anzupeilen. Ich fühlte mich nicht wirklich krank, nur Hirn-benommen wie nach einem großen Glas Rotwein. Vormittags war mir dann aber doch nach Ibu, meine Nebenhöhlen taten, was sie bei jedem Atemwegsinfekt sehr schnell tun: weh.

Das Wetter wurde wirklich freundlich, ich ging raus. Hatte ich eigentlich schon Samstag tun wollen: Die restliche Lindwurmstraße nach Westen abgehen und Fotos der verbleibenden Lokale in die eine Richtung aufnehmen – um nachsehen zu können. Es bleiben tatsächlich nur noch sechs.

Ich hatte Lust auf mehr Spazierengehen und erweiterte die Runde zum Westpark.

Die Plätze des Freiluftcafés Gans am Wasser waren dicht besetzt.

Auf der Theresienwiese sah ich einen ADAC-Rettungshubschrauber landen, der aber von den bereitstehenden Krankenwagen nicht entladen wurde, sondern gleich wieder abhob. Was das wohl bedeutete?

Nach zwei Stunden Spaziergang kam ich zurück, jetzt gab es Frühstück: Apfel, Feldsalat aus Ernteanteil und Marmeladesemmeln.

Ruhiger Nachmittag mit Lesen und einer weiteren Einrichtungsidee: Fürs bislang absichtlich nackte Westfenster des Wohnzimmers holte ich vorhandene weiße lange Stores aus dem Keller und umrahmte das Fenster damit; wenn im Winter die Sonne hier durch die kahlen Bäume reinknallt, muss ich vielleicht nicht gleich mit den hässlichen Rollläden ganz dicht machen, sondern kann damit durch Zuziehen etwas filtern. Und es sieht gut aus, Herr Kaltmamsell bekam den Auftrag, Gardinengleiter zu besorgen.

Nach Einbruch der Dunkelheit machte ich Yoga, wieder eine Runde mit viel Erklärungen und langsamen Bewegungen – auch beim Halten von Positionen, deshalb durchaus anstrengend.

Als Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell mir einen weiteren Wunsch erfüllt: Es gab sonntagsfestliches Kalbsrahmgulasch mit Spätzle. Der Mann hatte praktisch den ganzen Sonntag in der Küche verbracht, erst mit der Erstellung von Christmas Pudding und Christmas Cake (müssen ja noch bis Weihnachten reifen und gegossen werden), dann fürs Abendessen.

Früh ins Bett zum Lesen. Den aktuellen Irving The Last Chairlift lese ich bereits nach 10 Prozent in doppelten Tempo, also indem ich weite Passagen lediglich überfliege: Diesmal versteigt sich Irving in einen irrelevanten Detailreichtum und in so ausschweifende (und dabei komplett vorhersehbare) Schilderungen, dass sowas wie ein Lektorat unmöglich dran gewesen sein kann.

Journal Samstag, 5. November 2022 – #WMDEDGT mit aufziehendem Infekt

Sonntag, 6. November 2022

An jedem 5. des Monats fragt Frau Brüllen: “Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?”, #WMDEDGT.

Das doofe nächtliche Kopfweh war halt dann doch Migräne. So weit konnte ich sogar denken, als ich bei einem wiederholten Aufwachen wegen Kopfschmerzen auf die Idee kam, dagegen könnte vielleicht eine doppelte Dosis Ibu helfen. Also griff ich zum Triptan. Davor hatte mich bereits ein brutaler Wadenkrampf links zu Aufschrei und Aus-dem-Bett-Springen gebracht – Entspannung der LWS-Muskulatur half auch diesmal.

Aufgestanden zu einem düsteren, kalten, regnerischen Morgen. Dennoch freute ich mich auf eine Schwimmrunde und aufs Radeln dorthin, ich hoffte auf passende Regenlöcher.

Als ich nach zehn losfuhr (Ledermantel, Mütze, Handschuhe), war es tatsächlich gerade trocken. Ich nahm die Rotlichtstrecke Schleißheimerstraße, war verdutzt, als überraschend mal zwei Ampeln hintereinander auf Grün standen. Ich wurde dann nur einmal kurz angeregnet und konnte mich darauf konzentrieren, nicht von plötzlich abbiegenden Autos und plötzlich aufgehenden Autotüren vom Fahrrad gefegt zu werden.

Das Schwimmbecken war überraschend voll, diesmal hatte ich vorher nicht auf die Live-Besucherzahlanzeige gesehen. Ich musste mich mit Schwimmanfängern ebenso arrangieren wie mit von der Nebenbahn ausschlagenden Fersen. Meine 3.000 Meter gingen gut, erst ganz am Schluss zickten die Waden, dann aber auch erst bei Erschrecken über plötzlich auftauchende Hindernisse.

Meine SWM-Bäderkarte, die mir eine Eintrittsermäßigung von 10 Prozent verschafft, war leergeschwommen, ich ließ sie an der Kasse für die nächsten Monate aufladen.

Beim Heimradeln wurde ich dann richtig nassgeregnet. Trotzdem hielt ich zum Semmelkaufen am Bäcker Wünsche beim Stiglmaierplatz, ab “nass” ist es eh egal. Schlimm fand ich, auf wie vielen Straßen und Wegen das Wasser stand – als hätte es brutalen Sturzregen gegeben. Selbst die Tram fuhr in gefluteten Gleisen. Hat die lange Trockenheit vergessen lassen, wie man Infrastrukur instand hält?

Frühstück: Eine Semmel mit Prager Schinken, eine mit Marmelade. Das machte mich müde genug für eine Runde Siesta.

Draußen war es weiter kalt und regnerisch, ich hatte keinerlei Lust auf Frischluft. Statt dessen las ich die Wochenend-Süddeutsche – und bestellte uns das beschlossene Sofa. Als Lieferzeit sind vier bis fünf Wochen angegeben, nachdem wir im Vorjahr bis zu acht Monate auf Möbellieferungen warteten, nehme ich das nicht wörtlich.

Über den Nachmittag bemerkte ich immer stärkere Erkältungssymptome: Halsweh, Atemwegsschmerzen und kalte Füße, die einfach nicht warm zu kriegen waren. Ich verschob den geplanten Spaziergang, in weiterhin regnerischer Kälte eh nicht sehr attraktiv, zog noch eine Schicht an, trank heißen Tee. (Vorgriff: Auch nach einer durchrotzten Nacht war der Corona-Test am Sonntagmorgen negativ.)

Dafür startete ich ein weiteres 30-Tage-Yogaprogramm mit Adriene, und zwar “Dedicate” von 2019. Hier wurde in der ersten Folge Grundsätzliches erklärt, ich weiß jetzt endlich, was mit “all four corners of the feet” gemeint ist: Großzehenballen, Kleinzehenballen, die beiden äußeren Ecken der Ferse.

Fürs Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell ein Rezept gefunden, das sowohl den Blumenkohl als auch die erste Sellerieknolle unseres Ernteanteils verwertete: Selleriepüree mit gewürzten Blumenkohlbröckerln und Spiegelei.

Schmeckte wirklich gut (bei uns mit Hühner- statt Wachtelei), ich mochte die Texturkombination knackiger Blumenkohl, weiche Zwiebelstreifen, knusprige Mandelstücke auf Selleriebrei. Aber Herr Kaltmamsell, der dafür sehr lange in der Küche gestanden hatte, meinte: Den Aufwand nicht wert. Zum Nachtisch gab es die Tahini-Schoko-Tarte.

Im Fernseher stießen wir auf eine arte-Doku zu neuen Erkenntnissen über das Grab des Tutanchamun – seit meiner Faszination damit in Kindheits- und Jugendalter hat sich einiges getan. (Ach.)

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Der entlassene Engineering Manager for the Accessibility Experience Team bei Twitter schwärmt in einem Thread von seinen (alle ebenfalls entlassenen) Leuten und warum man sie dringend anstellen sollte. Gebrochenes-Herz-Emoji.

(Der Laden verwandelt sich tatsächlich stündlich mehr in einen rauchenden Trümmerhaufen, ich hatte es eigentlich nicht glauben wollen. Bin jetzt gespannt, wie schnell diese Übernahme einer zentralen Internet-Plattform durch einen einzelnen Milliardär als abschreckendes Beispiel in Schulbüchern auftaucht. Muss sehr an die US-Repräsentantenhaus-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez denken und ihren Slogan: “Every Billionaire is a Policy Failure”, jeder Milliardär steht für ein Versagen der Politik.)

Journal Freitag, 4. November 2022 – Arbeitsfreitag comme il faut

Samstag, 5. November 2022

Zu Studienzeiten hatte ich einen typischen Freitag. Ich sorgte immer dafür, dass er veranstaltungsfrei war und mir auch sonst zur freien Verfügung stand – das genoss ich an einem Werktag viel mehr als am Wochenende (an dem ich meist fürs Studium lernte, Aufgaben erledigte). Und so schlief ich aus, trank eine Kanne Tee und las dazu Zeitung, ging an schönen Orten auf Lebensmittelkäufe, meist auch auf dem Augsburger Stadtmarkt, genoss das Freihaben.

Den gestrigen Freitag halte ich hiermit als typisch für mein jetziges Leben fest.

Ich wachte vor Weckerklingeln und sehr müde auf. So ein intensiv menschlicher Abend hinterlässt bei mir immer Katersymptome, auch völlig alkoholfrei wie in diesem Fall, ich nenne ihn Partykater. Außerdem hatte ich keinerlei Erinnerung daran, wo ich am Vorabend (es war wirklich nicht sehr spät geworden) Teile meiner ausgezogenen Kleidung abgelegt und ob ich mein Abend-Medikament eingenommen hatte. Das war aber sehr wahrscheinlich dadurch verstärkt, dass ich am Vorabend eine einschneidende Information erhalten hatte und meine Seele von da an benommen torkelte, auch im Schlaf, am Morgen, auf dem Arbeitsweg.

Beim Zähneputzen hörte ich ernsthaften Regen, ich verließ das Haus mit Schirm.

Und in Ringelstrumpfhosen, diese und die roten Turnschuhe mussten gegen das Regengrau halten.

Erste Ahnung von Bürotemperaturen diesen Winter: In meinem Büro profitierte ich noch von der gespeicherten Sonnenwärme der vorhergehenden Tage, beim Postverteilen merkte ich, dass es in den Büros auf der gegenüberliegenden Gebäudeseite ausgesprochen zapfig war. Aber auch ich trug die meiste Zeit Jäckchen.

Mittags gab es Äpfel und ein Birchermuesli mit Joghurt.

Knackig kalter Heimweg, zumindest regnete es nicht (ichweißichweiß, der Regen ist mehr als nötig).

Blick Richtung Theresienwiese nach Lebensmitteleinkäufen im Vollcorner Forum Schwanthalerhöhe.

Daheim endlich mal wieder eine Runde Yoga, ich wiederholte die zackige Runde Mady von vor einer Woche. Jetzt, weiterer comme il faut-Programmpunkt für einen Arbeitsfreitagabend: Drinks.

Ich hatte unter anderem Whisky Sour angeboten, mit Saft aus eben gekauften Meyer Lemons, dafür entschied sich Herr Kaltmamsell. Dann startete er die Zubereitung der Entrecôtes, ich rührte derweil das Dressing für den zugehörigen Salat aus Ernteanteil, für das ich Mandarinen gekauft hatte: Mandarinen-Thymian-Dressing.

Wein dazu: Ein Rosé Santa Clara aus Mallorca, den wir geschenkt bekommen hatten – sehr interessant.

Als Dessert hatte Herr Kaltmamsell die Chocolate-Tahini-Tarte wiederholt, diesmal mit halb so dicker Schokoladenschicht – die war uns beim ersten Mal deutlich zu dick gewesen.

Ganz hervorragend, ich aß zwei Stücke.

Im Fernsehen war Herr Kaltmamsell auf die Science-Fiction-Kommödie Idiocracy aus dem Jahr 2006 gestoßen, von der er schon viel gehört hatte. Erwies sich als gruslig sehenswert – wohlgemerkt einige Jahre vor der Trump-Idiotie erdacht.

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Wenn Sie Popmusik mögen: Der Guardian hat zum 100. Geburtstag der BBC zusammengestellt
“The 100 greatest BBC music performances – ranked!”

Journal Donnerstag, 3. November 2022 – Grüßen, Warmwachs, Menschliches offline und online

Freitag, 4. November 2022

Etwas zu lang vor Wecker wachgeworden, ich hätte gerne länger geschlafen.

Ein nebliger Morgen auf dem Weg zur Arbeit.

Ich bin kurz vor einer neuen Gruß-Bekanntschaft auf dem Arbeitsweg. Ein paar Mal kam mir eine Frau entgegen, die ich besonders gern ansah, doch ich konnte ihren Blick nie auffangen. Gestern war ich früher unterwegs und unsere Wege kreuzten sich an anderer Stelle, vermutlich näher an ihrem Zuhause. Vielleicht guckte sie offener, weil sie sich dort noch nachbarschaftlicher fühlte: Wir tauschten ein erstes Lächeln.

Aushäusiges Cappuccino-Trinken in der Mittagspause scheiterte an weiteren Guerillakrieg-ähnlichen Zuständen in der Arbeit, wenn sie auch nicht so schlimm ausuferten wie am Mittwoch.

Mittags mit Pause gab es Apfel sowie Sahnequark mit Zwetschgenröster (was mir übrigens ausgesprochen gut schmeckt).

Nach Feierabend marschierte ich in die Maxvorstadt zu einem kosmetischen Termin: Mich nervt das Beinerasieren genug, dass ich mal wieder für Wachsenthaaren zahlte. Die Angestellte ging sehr hurtig vor – wie ich daheim feststellte, allerdings nicht sehr sorgfältig; von den klebrigen Wachsresten auf meinen Beinen werde ich noch lang etwas haben. Sehnsüchtige Erinnerungen an meine ersten Wachsenthaarungserlebnisse in Spanien, wo nicht nur mit Pinzette nachgearbeitet wurde, sondern man auch alle Wachsreste gründlich entfernte – ich werde beim nächsten Mal einen anderen Anbieter ansteuern.

Zum Nachtmahl war ich mit einem ausgewanderten Freund auf Geschäftsreise in München beim Eritreer ums Eck verabredet. Der Termineintrag “19.15 Uhr im Roten Meer” klang ein bisschen nach Moses, der sich mit seinen Leuten abspricht. Wir verbrachten einen viel zu kurzen Abend mit dem vegetarischen Menü (wieder sehr gut), vor allem aber intensivem Austausch – inklusive nicht nur schönen Nachrichten. Ich kehrte heim mit einem Glas selbstgemachtem Apfelmus (auch in der Mitte Deutschlands war die Ernte überbordend) und einem geliehenen Reiseführer für den Harz.

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Maximilian Buddenbohm beschreibt sehr schön, warum so manche von uns Web-Ureinwohner*innen schon lange von den Entwicklungen des Social Web (wie es heute genannt wird, wir sagten ja noch einfach Internet dazu) abgehängt sind.

Und abgesehen von den großen Deutungen geht es natürlich auch um die Geschichten, wie man was viele Jahre benutzt hat und warum. Einige, so mein Gefühl, und bitte, es ist nicht böse gemeint, haben gar nicht gemerkt, wie wir in den letzten beiden Jahrzehnten älter geworden sind. Aber es ist so, dass unsere Kinder in der Pubertät sind oder schon aus dem Haus. Es ist so, dass unsere Eltern krank sind, pflegebedürftig, dass sie abbauen oder schon gegangen sind. Man konnte diese Thememverschiebung auf Twitter deutlich beobachten. Es ist so, dass wir selbst krank sind oder werden, dass wir auch viel darüber schreiben, dass einige von uns sogar gehen oder schon gegangen sind und spätestens in diesem Jahr fiel es allen auf, dass man auch damit irgendwie umgehen muss und dass, wenn man weit genug voraussieht, der oder die Letzte irgendwann das Licht ausmachen wird, auch in unserem Online-Blasen, wo immer die dann sein werden, in Blogs oder auf Social-Media-Plattformen, an deren Zukunft im Moment allerdings niemand recht zu glauben scheint, und es ist auch egal.

Selbst habe ich das durchaus gemerkt, aber halt einfach so weitergemacht wie bisher: Ins Blog geschrieben, Blogs gelesen, auf Twitter und instagram mitbekommen, wie es Freund*innen und Bekannten gerade geht, was und wo sie so treiben, mir vor allem auf Twitter Hinweise auf interessante Themen und Texte geholt (das war bislang und von Anfang an tatsächlich mein Nachrichtennetzwerk online). Mein Web besteht aus Menschen. Ich biege mir die Möglichkeiten des Internets weiter so hin, dass sie mir das Leben erleichtern, es bereichern, wenn nicht gar verschönern – wer sollte mich daran hindern?

Erst dieser Wochen ist mir zweimal sehr klar geworden, wie weit entfernt diese Web-Nutzung von der allgemein verbreiteten ist: Erst las ich einen Fachtext, der spekulierte, Social-Media-Inhalte würden sich in Zukunft weg von Algorithmen-Empfehlungen hin zu persönlichen entwickeln. Schlagartig merkte ich, wie groß der Mittelteil war, den ich nicht mitbekommen hatte, denn ich hatte schon immer teils große Anstrengungen unternommen, um Algorithmus-Empfehlungen zu unterdrücken. Das zweite Mal war die Bekannte, die mir erzählte, wie wichtig instagram und tiktok für sie seien: Hier bekomme sie Trends mit, und sie wolle doch nicht den Anschluss verlieren. Aha, diesen Zweck konnten Social-Media-Dienste also auch erfüllen. Vielleicht ist es ja doch Zeit für einen neue Begriff, denn “Social” sollen diese Plattformen anscheinend gar nicht mehr sein, also gesellig. Sie sollen seit vielen Jahren nicht etwa Menschen zusammenbringen, Austausch, Kontakt, neue Begegnungen ermöglichen – die Ausnahmen sind ausdrücklich gekennzeichnet, seien es Partnervermittlungs-Plattformen oder Nachbarschaftsnetzwerke.

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Nützliche Erkenntnisse von novemberregen.

Ich habe Frau Herzbruch immer noch nicht verraten, was für Kleidung ich für Prag einpacke. Mal ganz dahingestellt, ob ich mir darüber schon Gedanken gemacht habe, vordergründig eher nicht aber so ein Gehirn tut ja zig Dinge im Hintergrund, ich nehme an, da ist schon irgendwo eine Entscheidungsvorlage, die mir Donnerstagabend nach vorn ins Bewusstsein angereicht wird.

So ähnlich funktioniert mein Hirn auch. Das vermittle ich Herrn Kaltmamsell vor gemeinsamen Unternehmungen, deren Details vermeintlich noch offen sind, gerne mit der vorsichtigen Ankündigung: “Mein Gehirn hat schon wieder Pläne gemacht.” Dann schildere ich die besagte Entscheidungsvorlage, die das Hirn komplett ohne meine Absicht oder aktive Mitwirkung erstellt hat. Manchmal ist das praktisch, oft aber nervt es, weil ich mir dieses “Treibenlassen” so schön vorstelle, das dadurch völlig unmöglich ist. Herr Kaltmamsell versichert mir übrigens, dass sein Gehirn entschieden nicht so funktioniert.

Zudem hat dieses mein Gehirn die These aufgestellt, dass Menschen mit derartigen inneren Abläufen (inklusive 120-seitigem Würfel, lesen Sie gerne den gesamten Blogpost) überdurchschnittlich oft zu Migräne neigen.