Journal Freitag, 17. März 2023 – Benommener Frühlingsvormarsch

Samstag, 18. März 2023 um 8:30

Tief geschlafen, der Wecker holte mich selbst ein wenig vorgestellt viel zu früh in den Tag.

Benebelt und dumpf absolvierte ich meine Morgenrituale (Schlumpfklamotten anziehen, Milchkaffee und ein Glas Wasser zum Bloggen, Brotzeit einpacken, Bett machen und Kleidung rauslegen, währenddessen Wohnung lüften, Zeitung aus dem Briefkasten holen, keine Bank- und Seitstütz weil Zeit zu knapp, Zähneputzen, Duschen, Körperpflegen, Schminken, Anziehen) und marschierte durch Morgensonne in die Arbeit.

Ich begegnete einer Frau in deutlichem Rentenalter, die in Wanderkleidung (Wander-Leggins, Wanderstiefel, Rucksack) schwungvoll federnd Richtung U-Bahn ging, mutmaßlich zu einem Wandertag. Ich wäre so gern sie gewesen.

Im Büro hielt die Dumpfheit im Hirn an, Arbeit war müh- und langsam. Vor allem freute ich mich seit Aufwachen auf den Abend mit einem heimgekehrten Herrn Kaltmamsell – am Schreibtisch merkte ich, wie viele Stunden noch dazwischenlagen. Ich nahm mir Datenbankarbeiten vor und verschob alles mit menschlicher Beteiligung (jetzt werden Sie sagen: “Das war aber ungeschickt, denn Datenbanken können warten, Menschen hingegen werden ungeduldig!” – jajaja, auch das erledigte ich noch vor Mittag).

Mittags gab es Äpfelchen, Sahnequark mit Joghurt, eine Orange. Der Nachmittag verging dann doch schnell, ich machte mich pünktlich auf den Weg nach Haus, kurzer Einkaufsabstecher beim Vollcorner. Es roch nach Frühling, ich benötigte weder Handschuhe noch Mütze, öffnete nach einer Weile auch meinen Janker.

Vorpreschende Zierkirsche am Bavariaring (vor einem der letzten verbleibenden Bombenloch-füllenden Gebäude, sonst sind diese mittlerweile durch schicke Neubauten ersetzt).

Daheim machte ich mich gleich an die Zubereitung des Abendessens: Es sollte Italienische Dim-Sum-Dampfnudeln mit Tomatensauce und Asia-Salat aus Ernteanteil geben (diese drei Bestandteile schaffe auch ich gleichzeitig servierfertig zuzubereiten, sonst mein großes Problem). Währenddessen kam Herr Kaltmamsell heim, zog sich aber erst mal in sein Zimmer zurück – bis ich während der letzten Gar-Phase Aperitif servierte: Cosmopolitans.

Zum Essen gab es Ziereisen Grauburgunder – ich hatte dann doch ein Kistlein geordert.

Alles war gelungen und schmeckte sehr gut. Herr Kaltmamsell erzählte von seiner Informatik-Didaktik-Fortbildung, Nachtisch Schokolade.

Mehr Madrid recherchiert. Unter anderem fand ich heraus, dass auch in der Madrider Innenstadt in der Karwoche heftig prozessiert wird. Noch hoffe ich, dass die Prozessionen uns nicht so sehr in unserer Bewegungsfreiheit einschränken wie vor 20 Jahren in Andalusien.

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Fotorückblick!

Vor zehn Jahren – Erinnerung an den wunderschönen, edlen Max-Mara-Mantel, der mir in den darauffolgenden Sommermonaten aus unserem Kellerabteil gestohlen wurde.

Auch vom März 2003 finde ich kein Foto von mir – also gibt’s Vorschuss für April: Ein vorgezogenes Bild aus unserer Kabine auf der alten Queen Elizabeth 2, mit der wir im April 20222003 den Atlantik kreuzten von Southampton nach New York.

Vom März 1993 finde ich leider auch keines.

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Manche Leute behaupten, es gebe zu jedem gesellschaftlichen Thema einen passenden entlarvenden Calvin-and-Hobbes-Cartoon. Für die Erklärung von Bankenkrisen stimmt das schon mal.

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Radler und Radlerinnen! Bitte gebt Handzeichen vorm Abbiegen/Ranfahren! Und zwar nicht, weil man euch das in der 3. Klasse für den Fahrradführerschein so gesagt hat, sondern weil es Basishöflichkeit gegenüber anderen Menschen im Straßenverkehr ist. Hier ein paar weitere Handzeichen:
“Copenhagen Cycling Signals”.

die Kaltmamsell

9 Kommentare zu „Journal Freitag, 17. März 2023 – Benommener Frühlingsvormarsch“

  1. Frau Klugscheisser meint:

    Das Bild ist echt von 2022? Mit Haare gefärbt?

  2. die Kaltmamsell meint:

    Vertippt, Frau Klugscheisser! Das Bild ist von 2003. Aber ja: Haare gefärbt. Das war die kurze Zeit, in der ich mir einreden ließ, meine grauen Haare machten mich alt. (Kurz darauf merkte ich, dass ich lieber alt und interessant als jung und langweilig aussah.)

  3. Gaga Nielsen meint:

    Ich finde gar nicht, dass die Kaltmamsell im Bett jung und langweilig aussieht. Interessantheit kommt nicht von ungefärbten Haaren, aber natürlich auch nicht von gefärbten. Genausowenig wie der Verzicht auf Make up oder zwei Lagen angeklebte Wimpern interessant macht. Interessant oder anziehend ist die Ausstrahlung von jemandem, der sich gut fühlt, wie offenbar die verwuschelte Kaltmamsell im Bettchen. Ohne Frage gibt es den Teaser des visuellen Reizes, der ist aber eher deshalb gegeben, weil sich jemand mit Bedacht pflegt und zurechtmacht. Ist in jeder Farbschattierung möglich und wenn das Styling sogar kunsthandwerkliche Feinheiten aufzeigt, wie einen besonderen Haarschnitt oder eine raffinierte Coloration, experimentelles Augen-Make up, – whatever, zeigt das doch den Persönlichkeitsanteil, sich und der Umgebung bewusst ein visuelles Angebot zu machen. Ein schöpferischer Akt.

  4. Micha meint:

    … ein visuelles Angebot machen :) zu gut!

    Und der Mantel – wie gemacht für verschneite Petersburger Nächte, wirklich superschön!

  5. die Kaltmamsell meint:

    Das finde ich schon auch, Gaga Nielsen: Ohne wache Ausstrahlung funktioniert auch Alter nicht. Nur wehre ich mich dagegen, dass allein schon jüngeres Aussehen Attraktivität steigern soll – und wehre mich gegen Attraktivität als generell erstrebenswert.

  6. Gaga Nielsen meint:

    Wie steht es mit der Beurteilung von Attraktivität aufgrund von Farb- oder Formschönheit bei anderen Erscheinungsformen der Welt? Ist das auch nicht erstrebenswert? Design von Gebrauchsgegenständen? Oder Haarschnitte: wozu dann Haarschnitte vom Friseur? Ein Haarschopf ließe sich auch mit der Haushaltsschere kürzen, ohne Rücksicht auf Silhouette. Wozu Eyeliner, Kajal? Ein Mantel von Max Mara? Ist das dann nicht herausgeschmissenes Geld?

    Mit gefärbten Haaren kann man auch reichlich alt, müde und verknittert aussehen, ebenso wie ergraut. Tatsächlich ist Attraktivität bei Lebewesen sehr abhängig von der vitalen Ausstrahlung. Grauhaarigkeit automatisch größere Interessantheit und Nicht-Langweiligkeit zu unterstellen finde ich eine recht sportliche Behauptung, die sich wohl vornehmlich diejenigen gegenseitig attestieren, die sich dazu entschieden haben. Ich kapiere nicht, wieso das so olympisch auf ein Treppchen gestellt werden muss, ob grau oder grün oder gelb oder schwarz oder blau. Gesteigerte Intelligenz oder Ausstrahlung oder was auch sonst immer zum Interessantheits-Paket gehört, liegt doch nicht im fehlenden Haar-Pigment oder habe ich in Biologie nicht aufgepasst? Reiferes Alter führt erfahrungsgemäß auch nicht zu charismatischer Weisheit, manche Menschen werden im Alter nur bitter, kraftlos, verbraucht. Und ebenso gibt es junge Menschen, die ermattet vor sich hinvegetieren. Und was es gibt es für inspirierende, charismatische junge Menschen. Kinder, Jugendliche, Zwanzigjährige, Dreißigjährige, voller Elan und Ideen und Feuer.

  7. die Kaltmamsell meint:

    Ich habe den Eindruck, Gaga Nielsen, du willst mich missverstehen. Attraktivität und Ästhetik sind nicht identisch. Und Grauhaarigkeit habe ich bei mir größere Interessantheit attestiert.

  8. Sebastian meint:

    Schönes privates Bild von einer Dame, die mit erkennbar großer Freude den Auslöser anschaut. Finde es auch eine gute Ergänzung zu Deinen “I smile if Iwant to” Porträts.

  9. Karin meint:

    Fantastischer Mantel! Bei den gefärbten Haaren dachte ich spontan an eine Perücke – grau steht Ihnen meiner Meinung nach besser (bin da aber parteiisch, da selbst ungefärbt).
    Ich trage meine Haare übrigens aus purer Faulheit grau und lang, ich hasse Friseurbesuche und halte es darüber hinaus nicht für meine Aufgabe, meiner Umwelt ein visuelles Angebot zu machen.

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