Journal Samstag, 4. März 2023 – Backerfolg, Schwimmgereiztheit

Sonntag, 5. März 2023 um 9:19

Nach mittelguter Nacht mit düsterem Herzen aufgewacht. Beim Ausräumen der Geschirrspülmaschine trotz korrekter Spültab-Funktion auf viel schmutziges Geschirr gestoßen, ich musste von Hand nachspülen. Bei dieser Gelegenheit reinigte ich das Filtersieb, das aber nicht auffallend verschmutzt war.

Nach dem Bloggen buk ich den geplanten gestürzten Apfelkuchen aus verschiedenen Sorten Heimgarten-Lageräpfeln – in kleinerer Form, weil weniger Äpfel zur Verfügung standen. Vom Rührteig bereitete ich die ganze Portion zu, verwendete lediglich nicht allen für den Kuchen, sondern zweigte zwei Extra-Muffins ab.

Nach meinen spektakulären Back-Fiaskos der jüngeren Zeit war ich beruhigt: Ich kann’s noch.
Rechts das handgeschriebene Backbuch, in dem ich ab Teenagerjahren bis zum Ende meiner Dreißiger Rezepte notierte, Kuchen, Torten, Kleingebäck, Nachspeisen, von der anderen Richtung auch herzhafte Gerichte – dann übernahm diese Funktion mein Blog ganz.

Durchs Kuchenbacken kam ich eher spät zum Schwimmen los. Gut, dass ich erst noch rausging, um Fahrradreifen aufzupumpen: Der Sonnenschein hatte mich die Temperatur überschätzen lassen.

Im Schwimmbecken (mittel besetzt) kam ich leider nicht zur Ruhe und in den Fluss. Zum einen war ich gereizt und dadurch bereit, selbst Kleinigkeiten doof zu finden (z.B. den stark gemusterten Schwimmanzug einer anderen Schwimmerin, der mich sowas von gar nichts anging), zum anderen wollten meine Beine krampfen, taten’s dann auf den letzten 600 von 3.000 Metern auch: Zehen nach oben, Zehen eingerollt, untere Wade. Hörte immer wieder von selbst auf, verhinderte aber Spaß.

In der Dusche rubbelte ich mich mit meinem Peeling-Handschuh ab, ein wenig melancholisch, weil mir kein Fotomotiv für #swimstagram eingefallen war. Bis ich den Blick hob.

(Für die Aufnahme hastete ich ins Handtuch gewickelt an meinen Spind, holte das Smartphone raus, sperrte wieder zu, nahm das Foto auf.)

Sonniges Heimradeln mit Extrarunde fürs Semmelholen: Die zunächst angesteuerte Bäckerei Wünsche hatte vier Minuten vor meiner Ankunft geschlossen, also wurde es ein Wimmer.

Frühstück um halb drei: Eine Semmel mit sehr guter Landleberwurst aus dem Glas, drei Stück Apfelkuchen.

Am Nachmittag unter anderem Handarbeiten: Einmal schloss ich ein Loch in der Ärmelnaht meines schwarzen Lieblingsoberteils seit 20 Jahren, unersetzlich. Und dann ein Rocksaum – einerseits bin froh, dass ich irgendwann Säumen gelernt habe (ist nicht schwer), andererseits verärgert, dass ich es bei einem Rock anwenden muss, den ich erst viermal getragen hatte.

Eine Runde Yoga, ich hatte mir nach dem mittäglichen Schwimmen eine halbe Stunde Dehnen mit Maddy Morrison rausgesucht.

Zum Nachtmahl bereitete Herr Kaltmamsell die Rote Bete aus Ernteanteil mit Schmand und frisch gemahlenen Gewürzen nach einem Rezept aus dem Klosterkochbuch zu (in der Version ohne Sauerkraut, schmeckte ausgezeichnet), und wir teilten uns ein Entrecôte.

Dazu öffnete ich eine Flasche Wein: Der Septentrion 2016 der Bodega Pagos de Obanos erwies sich als der erste navarreser Rotwein aus dem selbst zusammengestellten Probierpaket (und den in San Sebastián gekauften), der mir richtig schmeckte – unaufdringlich und wirklich trocken, Thymian, Nelke und Pfeffer am Gaumen. Nachtisch Schokolade.

Daneben ließen wir einen Bollywood-Film laufen, In guten wie in schweren Tagen, um sowas auch mal gesehen zu haben. Es gab erfreulich viele Tanzszenen!

Im Bett begann ich die Lektüre eines Romans, den Novemberregen auf Goodreads empfohlen hatte: Claire North, Notes from the Burning Age, ich hatte mal wieder Lust auf speculative fiction. Noch muss ich mich in der phantastischen Welt mit einigen erfundenen Begriffen zurechtfinden.

§

Roman Deiniger bereitet die Nation (und seine Kolleg*innen in den Redaktionen) auf den bayerischen Landtagswahlkampf vor, vor allem auf das Verhalten der CSU (€):
“Braucht es die überhaupt?”
(Die Überschrift der Print-Ausgabe lautet passender “Witz und Wahn”.)

Deiniger warnt davor, weiterhin auf die Taktik der CSU reinzufallen, durch möglichst abstruse Aussagen und Forderungen einerseits das Klischee der hinterwäldlerisch lächerlichen Bayern zu erfüllen, andererseits die Aufmerksamkeit in Form von Aufregung und/oder Amüsement hoch zu halten.

Wie umgehen mit der CSU? Das ist eine Problematik, mit der man sich im Jahr der bayerischen Landtagswahl rechtzeitig und präventiv befassen sollte, genau wie man nach Kräften Vorkehrungen für Starkwetterereignisse trifft. Denn Söders Wahlkampf wird unausweichlich über das Land hereinbrechen, und kein Nordlicht soll glauben, dass geografische Gnade es ihm oder ihr dann erspart, die Aschermittwochs-Hits bis zum Wahltag am 8. Oktober in heavy rotation zu hören.

(…)

Die erste Lektion einer Anleitung zur Wahrung der geistigen Gesundheit im bayerischen Wahljahr muss deshalb die Anerkenntnis der Tatsache sein, dass ein Söder sich, wo nötig, rhetorisch auch mal frei macht von den Fesseln der Logik, genau wie Generationen von CSU-Anführern sich nicht an all die Konventionen der öffentlichen Rede gebunden fühlten, die andere Politiker zu unterschiedsloser Mittelmäßigkeit zwingen. Es ist genau dieser libertäre Umgang mit Fakten und Kausalitäten, der es Söder in Passau erlaubte, ungeniert den “Ampel-Minions” Vorwürfe wie diesen zu machen: “Wie absurd ist es eigentlich, lange an der Maske im Zug festzuhalten, aber die Droge auf der Straße gut zu finden?”

Wer hier die Vernunft vermisst, der muss sich bewusst machen: Mit Vernunft hat Söder es wirklich lange genug versucht. Seiner Neuerfindung der CSU in der ökologischen Mitte fehlte einfach die Unterstützung – in der CSU.

(…)

Die CSU hat ihre Wählerinnen und Wähler über die Jahrzehnte so nachhaltig an Affären und Skandale gewöhnt, dass der gerechte Zorn, der manchmal – Söder würde sagen – “norddeutsche Redaktionsstuben” erfüllt, zwischen Spessart und Karwendel nicht im gleichen Maße geteilt wird. Wir Journalisten haben schon so manchen Tropfen als jenen auserkoren, der das Fass zum Überlaufen bringt (für die Älteren: #bayernlb); es war dann aber doch nur irgendein Tropfen in einem offenbar ziemlich großen Fass.

(…)

Wer diesen Mann [gemeint ist Söder] professionell oder gar aus privater Leidenschaft beobachtet, sollte das mit unbeugsamer Gelassenheit tun. Wir Journalisten haben alle korrekt analysiert, dass Söder und seine Partei derzeit bundespolitisch so was von abgemeldet sind. Das hindert uns freilich nicht daran, aus gefühlt jeder zweiten Söder-Kachel bei Instagram eine Geschichte zu machen. Söder, ein Freund der Tiere und kein Freund falscher Bescheidenheit, hat das mal so formuliert: “Eine schlanke Gazelle geht unbemerkt durch den Busch. Größere Tiere hinterlassen immer einen Pfad.”

Mal abgesehen davon, dass Söder im sechsten Lebensjahrzehnt in der Tat alles Gazellenhafte abgelegt hat: Die Aufmerksamkeit, die Söder im Netz zuteil wird, weil er Kamala Harris am Münchner Flughafen eine weiße Rose überreicht, bekäme Daniel Günther nicht, wenn er in Kiel in der Holstenstraße nackt Krabben pulen würde.

Das wird ein schweres Jahr für uns hier in Bayern.

die Kaltmamsell

9 Kommentare zu „Journal Samstag, 4. März 2023 – Backerfolg, Schwimmgereiztheit“

  1. Hauptschulblues meint:

    “Das wird ein schweres Jahr für uns hier in Bayern.”
    Allerdings.

  2. Friederike meint:

    Haha, jetzt haben Sie gleich die Frage beantwortet, die mir gestern beim Badeanzug-Duschfoto auf Instagram durch den Kopf schoss: „Wieso hat die unter der Dusche das Handy griffbereit???“ Tolles Bild!
    Danke auch für die Tipps zur geistigen Gesundheit angesichts des Bayern-Wahlkampfs. Hier in Sachsen erwarte ich viele Augenroll-seufz-Momente, nicht erst zur Landtagswahl im nächsten Jahr …

  3. Karin meint:

    Ja, das wird ein sehr schweres Jahr. Das sage ich als Wahl– (oder Zwangs–? ) Bayerin. Eigentlich mag ich Bayern. Aber die politische Mentalität begreife ich wirklich immer noch nicht, auch nicht fast 30 Jahren….

  4. Thea meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Gerne gelesen

    *******************************************************

  5. Sannie meint:

    Schmutziges Geschirr bei sauberem Sieb hatte ich auch eine Zeit lang bis mir auffiel, dass die Düsen verstopft sind. Mit einer Rouladennadel bekam ich sie frei.

  6. Marqueee meint:

    Same here…

  7. Croco meint:

    Wir haben den gesamten Paulaner Nockherberg angeschaut, mit anschließender Diskussion. Es ist unglaublich! Man sagt oben die Wahrheit, knallhart, offen und ehrlich und unten wird es weggelächelt. Und man bekommt noch unpassende Kommentare zu den anderen Bundesländern und Berlin von Herrn Söder.
    Der Mann ist einerseits ein Faszinosum, ein schillernde Kombi aus populistischen Teilstücken. Und andererseits gibt es aber auch Leute, die das gesamte irrsinnige Paket genau so wollen.
    Man verzweifelt an diesem Bayer ansich, und ist voller Mitleid den anderen gegenüber, die das alle Tage aushalten müssen.

  8. Micha meint:

    Mit Ihrer Suchfunktion komme ich manchmal nicht zurecht. Jetzt habe ich das Rote-Bete-Gemüse gefunden, das ich gerne nachkochen möchte, aber ich suche außerdem zwei andere Einträge von Ihnen, auf die ich mich gerne beziehen würde:
    zum einen den Link zum KI-Foodblog-Text zum Thema Ei
    und außerdem Ihre Bemerkung zu den immer geistloser werdenden Begleittexten zu Rezepten von neueren Foodblogs. Ob Sie mir weiterhelfen würden?

  9. die Kaltmamsell meint:

    Oh je, Micha – ich habe auch keine weiteren Suchmöglichkeiten neben Google und dem Suchfeld hier (und finde oft genug eigene Inhalte nicht wieder).

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