Journal Donnerstag, 18. Mai 2023 – Kalte Himmelfahrtswanderung am Starnberger See um Berg

Freitag, 19. Mai 2023 um 8:04

Lang geschlafen, das war schön.

Das Draußen verblüffte mit Sonnenschein. Doch es war saukalt, und schon ab vormittags waren dichte Wolken angekündigt.

Dennoch hielten Herr Kaltmamsell und ich an unserem Wanderplan fest: Wir wollten die Runde am Standberger See wiederholen, die wir im April vor vier Jahren schön gefunden hatten, von Starnberg aus um Berg. Hintergrund-Infos und wichtige Ansichten finden Sie in diesem Blogpost.

Die gestrige Runde war mindestens so schön, an die meisten Passagen konnte ich mich gar nicht erinnern. Allerdings war es halt kalt, ich wechselte meine leichte Fleece-Jacke überm Shirt nach wenigen hundert Metern gegen eine windabweisende Wanderjacke, und die Himmelfahrts-Spaziergänger*innen, denen wir begegneten, trugen dicke Anoraks und Wintermäntel, viele Mütze.

Sonnige Abschnitte erlebten wir nur eine Stunde lang, sonst grauen Himmel, gegen Ende unserer Runde immer düsterer. Doch wir sahen Haubentaucher, Gänseküken, Rotkehlchen, Hühner, über den Starnberger See flitzten Schwalben und Mauersegler, auf den Weiden standen Kühe, Schafe, Pferde. Und in der Luft um den See wieder viele, viele, viele Mückenschwärme.

Zeitgenössischer Brückenheiliger Nepomuk.

Schafe in Leoni.

Neben einem von mehreren interessanten und leeren alten Sommerfrische-Häusern, die in Leoni offensichtlich kurz vor der Renovierung stehen, verließen wir den Starnberger See und stiegen hinauf.

Auch beim zweiten Besuch eine besondere historische Absurdität: einer der 174 noch erhaltenen Bismarcktürme.

Schon 1881 diese grässliche Manager-Angewohnheit, Sprachen zu vermischen.
(Wenn’s Volk aber kurzfristiges commodum priorisiert?)

Mai-Farben.

In einem windschützenden Bushäuschen vor Sibichhausen machten wir um halb drei Brotzeit: Äpfelchen, Eierlikörkuchen.

Beim Fortsetzen der Wanderung hielten wir vergeblich Ausschau nach der kleinen Kapelle, in der wir vier Jahre zuvor Rast gemacht hatten. Spätere Recherche ergab: Die nebenstehende Linde hat sie bei einem Sturm im August vergangenen Jahres zerstört.

Ein wirklich schöner Fußballplatz.

Nach (unzuverlässig gemessenen) 18 Kilometern und knapp fünf Stunden kehrten wir in Starnberg in den Tutzinger Hof ein (offiziell Wirtshaus im Tutzinger Hof, sonst findet Google es nicht).

Auf das Brotzeitbrettl hatte ich mich schon gefreut, ich schaffte es fast ganz zu meinen beiden alkoholfreien hellen Bieren (die mir gestern ganz besonders schmeckten).

Mit der Rückfahrt hatten wir Glück: S-Bahnen fuhren wegen einer Stellwerkstörung gar keine, doch eine Regionalbahn von Weilheim hielt in Starnberg und nahm uns nach München mit. Auch dort war es kalt, daheim drehte ich erstmal die Heizung auf. Noch ein wenig Schokolade zum Nachtisch.

Im Bett begann ich die Lektüre des Granta 163, Best of Young British Novelists 5. Gleich die erste Geschichte war spannend – wenn auch anstrengend zu lesen: Der Schotte Graeme Armstrong schreibt seinen Text über eine Jugend in Gangs und mit Drogen in schottischem Dialekt, “The Cloud Factory”.

§

Maximilian Buddenbohm hat seinen Schwiegervater verloren und schreibt einen Nachruf auf diesen ungewöhnlichen Menschen:
“Es bleiben Rätsel übrig”.

Wie schade, wenn man interessante, faszinierende Menschen erst durch Nachrufe kennenlernt. Doch zu seinen Lebzeiten hätte Maximilian halt kein Portrait von Buddenbohms Willi bloggen können, er hätte es ebensowenig verantworten können, ihn textlich in die Öffentlichkeit zu schieben wie mit einem Foto – wobei ein Einverständnis bei einem Foto ja noch viel einfacher einzuholen ist.

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 18. Mai 2023 – Kalte Himmelfahrtswanderung am Starnberger See um Berg“

  1. frauschmitt meint:

    Darf diese Wanderung ohne Hinweis auf Oskar Maria Grafs “Das Leben meiner Mutter” gemacht werden? Vielen Dank für die schönen Maibilder!

  2. die Kaltmamsell meint:

    Wenn Sie auf den Link zum Blogpost übers erste Mal auf dieser Runde geklickt hätten, frauschmitt, hätten Sie ihn als Anlass der Wanderung gefunden. Ernsthafte Frage: Warum haben Sie nicht draufgeklickt, obwohl ich “Hintergrund-Infos und wichtige Ansichten finden Sie in diesem Blogpost.” geschrieben habe?

  3. frauschmitt meint:

    Oh, bitte entschuldigen Sie! Ich hatte auf den Link geklickt, dann aber offensichtlich schlampig gelesen und den entscheidenden Abschnitt übersehen.

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