Journal Mittwoch, 28. Juni 2023 – Cotswolds Way 2 von Stanton nach Cleeve Hill, und Entschuldigungskulturen

Donnerstag, 29. Juni 2023 um 8:39

Wegen zu frühen Aufwachens nicht genug Schlaf bekommen, etwas benommener Start in den Tag.

Die ehemalige Feuerstelle im Frühstücksraum.

Unsere B&B-Gastgeberin entschuldigte sich immer wieder für ihren Fauxpas bei unserer Ankunft, als sie unser Klingeln nicht gehört und ihr Handy auf Lautlos gestellt hatte. Mein Hauptproblem war ja erstmal gewesen, dass ich wusste: Im Englischen gebietet die Höflichkeit, auf jede Entschuldigungen mit Gegen-Entschuldigung zu reagieren, auch wenn die Verfehlung ganz eindeutig nur auf einer Seite liegt. Doch mir fiel in der Situation einfach keine ein, ich bin halt deutsch. Erst am nächsten Tag kam mir die Idee: “Sorry for all the trouble.” Das geht ja eigentlich immer. Erst beim Abschied konnte ich diese Gegen-Entschuldigung endlich anbringen.

Wir waren am Dienstag auf der Straße von Nachbarn darauf angesprochen worden, dass wir ja wohl Schwierigkeiten gehabt hätten, unsere Landlady erzählte, dass das ganze Dorf Bescheid wisse. Lustig, denn in der Situation selbst hatte uns niemand angesprochen oder gar Hilfe angeboten, auch nicht diese Nachbarn, die am Montag an uns vorbeigegangen waren.

Wir verabschiedeten uns sehr herzlich, bekamen als weitere Entschuldigung eine Schachtel edler Pralinen geschenkt.

Wieder mussten wir Taxi fahren, um an das Ziel der Vortags, den Start unserer nächsten Etappe in Stanton zu gelangen. Aber ab jetzt werden wir jeden Tag von der einen Unterkunft zur nächsten wandern.

In Stanton Pärchen-Selfie zum Start. Das Wetter war wieder trübe, doch im Gegensatz zum Vortag warm-schwül. Ich brauchte auf der ganzen Etappe keine Jacke.

Durchs malerische Stanton hinaus in eine Landschaft, die eher nach Park als nach Landwirtschaft aussah.

Diese seltsamen Wellen sind ploughing humps.

Zweimal ging es gestern recht lang, aber sacht bergauf, ich kam in der Schwüle ziemlich ins Schwitzen.

Aber es ging auch wieder runter.

Im Eingangsportal der Kirche von Hailes machten wir nach gut zwei Stunden zum ersten Mal Pause, ruhten uns eher pflichtgemäß aus.

Keine Stunde später kamen wir ins lebendige Örtchen Winchcombe und kehrten in einem Pub ein. Herr Kaltmamsell probierte Ciders, ich bekam meinen Mittagscappuccino.

Englischer Humor, im Schaufenster eines Hardware Stores in Winchcombe.

Um zu zeigen, dass nicht alle Wege des Cotswolds Way supermalerisch sind (aber die allermeisten).

Blick zurück nach Winchcombe.

Eine Schaukel! In freier Wildbahn!

(Foto: Herr Kaltmamsell) Bisschen kurz, aber jede Schaukel ist besser als keine Schaukel.

Sehenswürdigkeit am Weg: Belas Knap, ein Hügelgrab.

Dem brummenden Strom der Hochspannungsleitung spielte ich ein bisschen “Ohm, sweet Ohm” von Kraftwerk vor.

Eine der vielen kissing gates, die wir gestern passierten, immer die Gelegenheit für einen Kuss wahrnehmend.

Nach einem kleinen Abstieg machten wir gegen drei im Wald auf einem Baumstamm Brotzeitpause, ich aß Apfel, Eiweißriegel, gemischte Nüsse. Beim Aufstehen nach der Pause bemerkte ich eine schmerzhafte Stelle am Schienbein, obwohl nichts am Schaft der neuen Stiefel dort drücken konnte. Ich beschloss gleich mal, am nächsten Tag in die alten Stiefeln zu wechseln.

In der letzten Wanderstunde in der Nähe von Cheltenham (das wir immer wieder unter uns sahen) stießen wir nicht nur immer wieder auf Pferde, sondern auch auf viele Kaninchen.

Unsere Unterkunft in Cleeve Hill. Das waren insgesamt gemessene 21 Kilometer in gut sechs Stunden mit drei Pausen.

Wir wurde erstmal in den Stiefelraum geführt, wo wir unsere Wanderschuhe lassen mussten, dann zu unserem Zimmer für die Nacht – ohne Kissenberge auf dem Bett, aber arg klein und ohne Schreibtisch (ich tippte auf dem Bett sitzend). Dafür mit neckischer Aussicht auf den grünen Hügel direkt hinterm Hotel mit reichlich Schafen. Und direkt neben dem Zimmerfenster ist wohl ein Schwalbennest, das immer wieder angeflogen wird.

Nach Ausruhen mit dann halt doch Bloggen (keine Garantie für die nächsten Tage mit deutlich längeren Wanderungen!) wusch ich mir notdürftig den Wanderschweiß ab, um zum Abendessen auszugehen: Herr Kaltmamsell hatte im Pub ums Eck reserviert, genauer im einzigen Pub am Ort. Es gehörte zur Green-King-Kette, bot entsprechend nichts Einheimisches oder Saisonales an.

Doch ich freute mich an Kürbis-Rote-Beete-Ravioli (Herr Kaltmamsell hatte Halloumi-Sticks zur Vorspeise).

Ganz besonders am großen Salat mit Halloumi (gegenüber gab es chicken pie mit chips. Und auf den Alkohol (Pinot noir) hatte ich mich schon den ganzen Tag gefreut. Zum Nachtisch gab es im Hotelzimmer die Pralinen aus Broadway.

die Kaltmamsell

9 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 28. Juni 2023 – Cotswolds Way 2 von Stanton nach Cleeve Hill, und Entschuldigungskulturen“

  1. TomInMuc oder Tomate meint:

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    Gerne gelesen

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  2. Sandra meint:

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    Gerne gelesen

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  3. giardino meint:

    Sehr richtig, an Kissing Gates muss man einander küssen, sobald di*er erste auf der anderen Seite steht, so will es das Gesetz.

    Ich finde es schön, dass die englische Countryside offenbar exakt so aussieht wie in meiner Vorstellung.

    Die Entschuldigungskultur haben wir unlängst auch wieder erlebt und sehr anstrengend gefunden. (Schönes Gespräch mit der Vermieterin an ihrer Haustür gehabt, am nächsten Morgen Email mit vielen Apologies, dass sie uns derart unhöflich nicht auf einen Tee hineingebeten hätte, aber es sei gerade eine Nachbarin zu Besuch gewesen, der es nicht gut ginge, es täte ihr wirklich usw. Darauf geantwortet nee, alles gut, und unsererseits entschuldigt, dass wir gar nicht gefragt hätten, ob wir stören usw… ächz.)

  4. Friederike meint:

    Schön, bei Ihrer Wanderung mitzulesen!
    Neugier-Frage: Wie machen Sie es mit dem Gepäck?
    Weiter schönen Urlaub!

  5. die Kaltmamsell meint:

    Unsere beiden Koffer werden wieder zum nächsten Ziel transportiert, Friederike, hat die Agentur organisiert.

  6. Michael meint:

    Himmel, wie schön!
    Das ist eine Pfeife – große Kunst in meinen Augen.
    Danke für den schönen Beitrag.

  7. Poupou meint:

    Das sieht alles sehr verlockend aus! Und Gepäcktransport ist natürlich auch großartig. Ich wünsche Ihnen weiter eine gute Zeit dort! Und stressen Sie sich bitte nicht der Leser*innen wegen mit Bloggen – ich war etwas erschrocken zu lesen, dass Sie das im Alltag so viel Zeit kostet. Wenn wir hier mitlesen dürfen ist das natürlich prima, aber bitte fühlen Sie sich nicht dazu in der Pflicht.

    Liebe Grüße
    Poupou

  8. die Kaltmamsell meint:

    Funktioniert ja wunderbarerweise nur auf Englisch, Michael, wo “pipe” Rohr heißt.

  9. lihabiboun meint:

    Ohhhhh, eine Schaukel. Geht IMMER. Auch wenn man schon auf schräge Blicke gefasst sein muss, falls man in einem gewissen Alter schaukelt …. aber mei, da stehn wir drüber, gell. Weiterhin frohes Wandern!

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