Archiv für August 2023

Lieblingstweets und -tröts August 2023

Donnerstag, 31. August 2023

Es wird immer noch ruhiger auf der Microblogging-Plattform formerly known as Twitter (bald sind die beruflich Twitternden ganz unter sich – und ihren Hatern -, Ziel erreicht?).

Und nun die Mastodon-Gala! Neue Heimat der besonders flach fliegenden Kalauer!

Journal Mittwoch, 30. August 2023 – Blue Skies unterschwommen

Donnerstag, 31. August 2023

Zu Regenrauschen aufgewacht – dennoch froh, weil mich der Wecker aus einem unangenehmen Traum holte, in dem ich an einem Präsentationsseminar teilnahm, in der jetzigen Sitzung alle Teilnehmerinnen ihren Probe-Vortrag präsentieren sollten und ich lediglich Notizen und einen ersten Entwurf erstellt hatte, auch keine PPT vorbereitet, einfach total vergessen.

Als ich mich mit Schwimmzeug im Rucksack fertiggemacht hatte, regnete es nicht, und der Regenradar kündigte erst für später weitere Niederschläge an. Ich ging auf volles Risiko und verließ das Haus ohne Regenschirm und Wechselschuhe. Musste es nicht bereuen.

Schon am Vormittag bekam ich nach vier Tagen ein wenig blauen Himmel zu sehen, huschte im Trockenen zur Nachbar-Cafeteria auf einen Mittagscappuccino. Mittagessen: Ein paar Löffel Chinakohl-Kimchi aus Herrn Kaltmamsells Produktion (das im Büro noch Stunden nachroch – sorry!), selbst gebackenes Brot mit Butter.

Nachmittags nochmal ein bisschen Regen, doch wie geplant machte ich kurz nach vier Feierabend und fuhr mit der U-Bahn zum Dantebad. Die Schwimmbahnen waren erfreulich wenig beschwommen und anfangs sogar von Sonne beschienen – allerdings merkte ich das vier Stunden zuvor gegessene Butterbrot: Es drückte im Magen bis kurz vor Seitenstechen. Dazu kam ab der Hälfte Frösteln, insgesamt nur mittel erfreuliche 3.000 Meter. Die heiße Dusche tat gut, ich musste mich aufwärmen.

Nach Hause nahm ich die Tram, ich wollte ein bisschen rausgucken.

Herr Kaltmamsell servierte zum Nachtmahl wie gewünscht Shakshuka, ich aß zwei große Teller voll. Nachtisch Schokolade.

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Life-Hacks Folge 445: Schlafen im Zug.
@kattascha postet den ersten Tipp, in den Kommentaren gibt’s weitere.

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Neu bei der Bundeszentrale für politische Bildung das Büchlein:
“Aufgeheizt
Verschwörungserzählungen rund um die Klimakrise”.

(Das PDF steht kostenlos zum Download zur Verfügung.)

In der Einleitung erklärt Maja Bächler, warum eine Beschäftigung mit diesen Verschwörungsmythen nützlich und notwendig ist:

Sie sind der Grund, warum sich Teile der Gesellschaft vom gesamtgesellschaftlichen Miteinander abkoppeln und den Diskurs darüber, wie wir zusammenleben und Zukunft gestalten wollen, verlassen. Dabei ist die breite Beteiligung an gesellschaftlichen Diskursen ein, wenn nicht sogar der zentrale Bestandteil unserer Demokratie. Denn nur im Ringen unterschiedlicher Positionen kann eine Lösung gefunden werden. Wenn jedoch bereits das Problem bestritten und wissenschaftliche Ergebnisse nicht anerkannt werden, worüber lässt sich dann noch streiten?

(Und ich habe aus dem Aufsatz von Marius Raab “viabel” als deutsches Adjektiv kennengelernt, kannte ich bislang nur als englisches Wort fürs deutsche “praktikabel”.)

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Ich lebe ja mit jemandem zusammen, der sich gerade recherchierend durch bayerische Lehrpläne des vergangenen Jahrhunderts liest – und feststellen muss, wie schwer die zu beschaffen sind. Diesen Forschungsdrang verstehe und bewundere ich. Wie auch den von Tyler Vigen, der im US-amerikanischen Minnesota regelmäßig unter einer Fußgängerbrücke durchfuhr, die keinen Nutzen zu haben schien. Und der sich daran machte herauszufinden, wie es zum Bau dieser Fußgängerbrücke gekommen war, laut Eisenplakette 1959. Monatelang, inklusive Flugreisen.
“The Mystery of the Bloomfield Bridge”.

Im Licht des vorhergehenden Themas finde ich eine Schlusserkenntnis des leidenschaftlichen Amateurs Tyler Vigen wichtig: Hätte er sich gleich an eine wissenschaftliche Expertin fürs Thema gewendet, wären ihm zwei Monate fruchtlose Recherche erspart geblieben. (Das gehört nämlich meiner Erfahrung nach zum Glauben an Verschwörungsmythen und zu Wissenschaftsleugnung: Das Bestreiten von Expertentum und komplexer Fachkenntnis oder auch nur die Verweigerung, dass es Leute gibt, die extrem viel schlauer sind als man selbst.)

Journal Dienstag, 29. August 2023 – Hochwasser, zumindest köstliches Nachtmahl

Mittwoch, 30. August 2023

Der Dienstag regnete einfach den Montag weiter, in verschiedenen Stärken. Da es bei meinem Aufbruch in die Arbeit gerade eher gischte, winzige Tropfen Wasser standen in der Luft herum, ich hörte sie eher auf meinem Schirm, als dass ich sie sah, verzichtete ich auf Gummistiefel. (Ein Paar Wechselschuhe steckte ich trotzdem ein.)

Nach einem anstrengenden Bürovormittag wollte ich dringend raus auf einen Mittagscappuccino, schlüpfte dafür sogar in die Draußen-Schuhe, wurde bestraft mit heftigem Regen (-> nasse Füße), einer langen Schlange am Tresen, einer Zahl-App auf dem Smartphone, die genau beim Zahlversuch jetzt bitteschön ein neues Passwort haben wollte (noch ein Glück hatte ich extra Münzen eingesteckt, um bei Urlaubs-Geschlossenheit auf reine Bargeld-Cafés ausweichen zu können), keinem freien Platz, ich kippte also meinen hart errungenen Cappuccino im Stehen.

Mittagessen später: Ein Schnitz selbstgebackenes Brot (7-Pfünder aus der Gefriere), Mango mit Sojajoghurt.

Endende Urlaube in meiner Arbeitswelt hatten zur Folge, dass ich Themen mitbekam, die während der Kolleg*innen-leeren Wochen gnädig ungesehen an mir vorbei zogen. Die Lage legte wieder an Komplexität zu.

Soundtrack draußen weiter Regenprasseln in unterschiedlichen Lautstärken, bereits an Tag 3 ging er mir gehörig auf die Nerven. Der Pegel der Isar in München erreichte derweil abends Meldestufe 2.

Feierabend später als geplant, weil ich eine Phase mit ein bisschen leichterem Regen abwartete. Ein bisschen wenigstens.

Angenehm war der Heimweg unterm Schirm in der Kälte dennoch nicht. Temperatur unserer Wohnung zum Glück angenehm, bei Yoga-Gymnastik wurde mir zusätzlich warm.

Herr Kaltmamsell hatte den letzten Rest Ernteanteil, nämlich Zucchini, zu diesem wunderbaren Teller verarbeitet: Marinierte Zucchini auf Ricotta mit Haselnüssen und Minze, ergänzt um einen Ring Haselnussmus – eine köstliche Idee.

Früh ins Bett zum Lesen: Die sehr fakten- und quellenorientierte Familiengeschichte des Historikers Ewald Frie empfinde ich nach den autobiografischen “Romanen” dieses Jahres als erfrischend.

Erst Montagabend kam ich darauf, dass Diclofenac-Gel gegen die arthrotischen Schmerzen meines linken Großzehengelenk hilft, und zwar nahezu umgehend. (Jajaja: Weil ich erst am Montag nach Monaten gegooglet hatte, ob Arthrose-Schmerzen vielleicht doch nicht halt so sind weil Alter, sondern ob es etwas dagegen gibt.)

Journal Montag, 28. August 2023 – Gummistiefelwetter

Dienstag, 29. August 2023

Gut geschlafen, hätte meinetwegen auch länger als bis Weckerklingeln sein dürfen.

(Gilt eine fehlende Süddeutsche im Briefkasten als Einzelfall, über den ich versprochen habe nicht zu nörgeln, wenn die letzte fehlende nicht mal eine Woche her ist?)

Draußen strömte weiter der Regen. Ich versuchte das mit der Lernfähigkeit und schlüpfte für den Arbeitsweg gleich in Gummstiefel – ohne erst durch einen Büro-Vormittag mit patschnassen Schuhen an ihre Existenz erinnert zu werden.

Bereit für den Kampf. Es gibt nämlich sehr wohl schlechtes Wetter. Auch mit der richtigen Kleidung.

In Pulli und Jacke kam ich durch die schwüle Luft beim Marsch ins Büro dann doch recht ins Schwitzen und müffelte erst mal vor mich hin.

Emsige Arbeit, doch spannend waren vor allem die Nachrichten von Herrn Kaltmamsell zur nassen Wand hinter unserer Küchenzeile: Er hatte bei der Hausverwaltung Alarm geschlagen, vermeldete früh eingetroffene Handwerker, “Unterputzventil”, kein Wandaufstemmen, sondern nur Neuverputzung. Und schon zwei Stunden später kam die Nachricht vom Abschluss des Handwerkens. Wenn die Küche jetzt trocken bleibt, war’s das. (Bis auf, wie ich abends erfuhr, das Verputzen des Lochs um das neu eingesetzte Ventil und bis dahin Trocknen der Wand mit vorgezogener Waschmaschine.)

Eigentlich hatte ich einen aushäusigen Mittagscappuccino geplant, aber gerade in der relevanten Zeit regnete es wieder so heftig, dass ich nur in Gummstiefeln rausgegangen wäre – zu viel Aufwand für einen Cappuccino. Gestriges Mittagessen: Ein Stück Butterkuchen, ein Glas Quark mit Joghurt.

Mit (Baumwoll-)Pulli war’s mir im Büro in dicken Turnschuhen meist zu warm, in nur Hemd oder T-Shirt hätte mich gefroren; ich werde für diese Woche zu Kleidung in Schichten wechseln müssen.

Heimweg wieder in Gummistiefeln und unter Regenschirm. Eine besonders große und tiefe Pfütze im Westend platschte herrlich beim Durchqueren, ich drehte um und platschte noch zweimal durch (never gets old). Lebensmitteleinkäufe bei Edeka und Vollcorner.

Daheim Yoga-Gymnastik, Brotzeitvorbereitung, kleine Näharbeiten an Kleidungsstücken, die ich diese Woche noch tragen möchte.

Herr Kaltmamsell sorgte wieder fürs Nachtmahl: Große Teile des Ernteanteil-Salbeis wurden mit Butter ein schlichtes und köstliches Pasta-Gericht.

Danach viel Schokolade.

Journal Sonntag, 27. August 2023 – Regensonntag und Daniela Dröscher, Lügen über meine Mutter

Montag, 28. August 2023

Mittelgut geschlafen, vor allem nicht lang genug. Draußen kühler Regen.

Ich startete den Sonntag mit Geschäftigkeiten: Waschmaschine mit Bettwäsche bestücken und anschalten, Geschirrspüler ausräumen, Hefeteig für Zwetschgendatschi kneten. Nach meinem Morgenmilchkaffee bereitete ich die spärliche Zwetschgenernte vom Vortag dafür vor.

70 Prozent musste ich den Würmern überlassen, ach meia.

Aber ich hatte mir Zwetschgendatschi in den Kopf gesetzt, also machte ich Zwetschgendatschi.

Kombiniert mit Butterkuchen.

Der Regen sollte sich laut Wettervorhersagen den ganzen Tag hinziehen, ging ich halt bei Regen auf meine Laufrunde und schlüpfte in die Regenjacke, setzte meine Schirmmütze auf. Starker Regen, weniger starker Regen, Tröpfeln. Es war besser als kein Lauf, dennoch mit nur übersichtlichem Vergnügen (Schwitzen unter Regenjacke, der Schirm der Mütze drückte entweder zu sehr auf die Brillenbügel oder schützte die Gläser zu wenig).

Schnell noch Frühstückssemmeln besorgt, Heimkehr mit nassen Füßen. Feudales Frühstück um halb zwei: Körnersemmel mit Käse, Hälfte des Zwetschgendatschis (sehr gut) mit Sahne. Als Resultat trat Bettschwere ein, ich machte ein wenig Siesta. Danach ging ich die wohl letzte große Bügelrunde des Sommers an.

Endlich wieder Gelegenheit für eingemerkte Podcasts. Erstmal drei ARD-Korrespondent*innen in Moskau:
“Inside Russland: Der Preis des Krieges”.
(vom 23. August 2023 – also vor dem wahrscheinlichen Tod Prigoschins, dazu nur eine kurze Bemerkung am Schluss nach Aufzeichnung)

Und dann noch die neueste Folge Fix und vierzig: “Brauchen wir wirklich eine Beauty-Routine?”
Goldener Satz von Katja Berlin: “Ich hab zum Beispiel für mich die Erfahrung gemacht: Das beste Schönheitsmittel für mich ist, einfach keine Spiegel zu haben.”
Wichtiger Hinweis: “Was dich am schnellsten altern lässt, ist eben Armut.”
(Und hinreißend, wie Gunda Windmüller vornehm “Crähm” sagt, bei mir Bayerin ist das halt “a Crreme”.)

Draußen dauerhafter Regen.
Die Yoga-Gymnastik des Tages war zackiges Krafttraining, mir wurde ganz schön warm.

Zum Nachtmahl verarbeitete Herr Kaltmamsell die Aubergine aus Ernteanteil in Pasta alla Norma nach einem Rezept aus Rachel Roddys A-Z of Pasta (sie nimmt allerdings Spaghetti, wir hatten Casarecce).

Ganz hervorragend – und besser als in der Woche zuvor in der Goldmarie: Diese Version schmeckte viel deutlicher nach der Aubergine, wurde umgehend ein Auberginen-Liebling. Zum Nachtisch gab es Butterkuchen und Schokolade.

Ein Tag mit unwohnlicher Küche: Wir hatten festgestellt, dass unter der Waschmaschine Wasser austrat – obwohl sie seit mehreren Tagen nicht gelaufen war und ohne Veränderung bei Betrieb. Herr Kaltmamsell übernahm es, systematisch nach der Quelle zu suchen, dafür musste die Waschmaschine herausgezogen in der Küche stehen.

Ausgesprochen unangenehmes Ergebnis der Analyse: Das Wasser kommt aus keinem Schlauchleck oder undichtem Anschluss, sondern aus der Wand – wir entdeckten ca. zwei Quadratmeter nasse Wand hinter der Küchenzeile, zum Teil bereits mit schwarzen Stellen. Herr Kaltmamsell wird sich am Montag um schnelle Hilfe bemühen müssen (was ein Glück, dass er noch Ferien hat).

Früh ins Bett, um die nächste Lektüre anzugehen: Ewald Frie, Ein Hof und elf Geschwister, jetzt mal eine offizielle Familiengeschichte ohne “Roman”.

§

Daniela Dröscher, Lügen über meine Mutter ausgelesen. Nochmal Autofiktion, also eigentlich Biografisches, das als “Roman” verkauft wird. Aber in diesem Fall wird die “autofiktionale Stimme” thematisiert, in der Danksagung heißt es sogar “ich danke Claudia Hamm für ihre Gedanken zur autofiktionalen Stimme”. Das gefiel mir sehr gut.

Autorin Daniela Dröscher ist es explizit selbst, die von ihrer ganz konkreten Mutter erzählt, von ihrer Kindheit im Hunsrück, in der diese Mutter vom eigenen Ehemann auf ihren in seinen Augen zu dicken Körper reduziert wird, in der dieser Vater seine Frau mit allen Mitteln und Gemeinheiten zum Abnehmen bringen will. In der die Autorin selbst schon als Kind in die eigentliche Elternrolle schlüpfen muss.

Dröscher thematisiert die Erzählsituation, lässt in der Gegenwart ihre Mutter dazu Stellung nehmen, dass ihre Tochter ein Buch über sie schreibt. Ganz am Anfang heißt es und erklärt den Titel des Buchs:

“Wenn du nicht endlich redest”, drohe ich, “muss ich etwas erfinden. Ich muss lügen.”
“Nur zu. Das ja dein Beruf.”

Denn es gibt bis in die Gegenwart so viele Geheimnisse in dieser Familie, so viele nicht gesagte Dinge. Dröscher schiebt immer wieder kursiv gesetzte Zwischenkapitel ein, in denen sie die eben erzählte Situation analysiert, aus erwachsener Perspektive und manchmal mit Ausblicken auf die Zukunft. Das entzieht dem Erzählen das So-tun-als-ob, es reißt die vierte Wand ein, die auch in einem Roman so tun kann, als würde hier gar nicht erzählt, sondern ein Erlebnis vermittelt.

Es schützt auch vor zu starkem Mitfühlen, denn es sind unangenehme Erlebnisse, die erzählt werden. Ein weiteres solches Schutzmittel ist das Thematisieren von Sprache. Dröscher betont, wie wichtig ihr schon immer Sprache war; immer wieder verwendet sie sprichwörtliche Floskeln aus ihrer Kindheit, die sie schon als Kind faszinierten, markiert sie durch Kursivsetzung.

Die eigentliche Handlung bricht ab, als die Erzählerin Ela acht oder neun ist. Wir erfahren nur in einer kurzen Zusammenfassung, wie es weiterging. Und nur die Mutter im Titel hat einen Auftritt in der Gegenwart, der weitere Lebensweg aller anderen Figuren bleibt offen – auch das gefiel mir sehr gut.

Journal Samstag, 26. August 2023 – Paella in großer Runde bei Elterns

Sonntag, 27. August 2023

Gut und lang geschlafen.
Morgens erstmal den Inhalt der nachts gelaufenen Waschmaschine aufgehängt, Brotlaib in den Ofen geschoben – ich hatte es mit dem Sauerteig-Anteil möglicherweise übertrieben, als ich gleich 250 Gramm altes Anstellgut unterbrachte, der Laib ging nicht sehr auf.

Nachts hatte es weiter gewittert. Die Luft war abgekühlt, wollte aber durch die offenen Fenster und Türen nicht recht herein. Vormittags lockerte der Himmel auf, es wurde sofort wieder sehr warm.

Herr Kaltmamsell und ich waren mit Münchner Freunden und mit der Bruderfamilie zu meinen Eltern zum Paellaessen eingeladen. Freunde und Herr Kaltmamsell nahmen das Freundesauto, ich fuhr eine Stunde früher mit dem Zug nach Ingolstadt, um vor Paellaessen ordentlich was vom Zwetschgenbaum der Eltern zu ernten. So war zumindest der Plan. Doch als ich am Münchner Hauptbahnhof eintraf, kündigte die Anzeigentafel bereits 30 Minuten Verspätung meines Zuges an. Diese Verspätung wurde länger. Als ich bereits im Zug saß und er 40 Minuten nach geplanter Abfahrt immer noch stand, hatte ich bereits mein Telefon in der Hand, um doch die Mitfahrt im Auto zu vereinbaren – als wir endlich losfuhren. Grund der Störung übrigens: „Personen im Gleis“. Gegen menschliche Idiotie helfen auch keine Milliarden Invesitionen in Bahn-Infrastruktur.

Ich traf dann nur knapp vor den anderen Gästen bei meinen Eltern ein. Doch es stellte sich heraus, dass mir das Zwetschgenbrocken (ich hatte eigens praktische Baumkletter-Kleidung dabei) nur wenig gemeinsame Zeit nahm: Die Ausbeute im Zwetschgenbaum war so gering, dass ich nach 10 Minuten durch war.

Womit meine Sonntagsplanung hinfällig wurde: Ich hatte mich auf die Verarbeitung von vielen Kilo Obst vorbereitet, in Form von Datschi, Latwerge, Einfrieren.

Aber jetzt zur Hauptsache:

Es war ein sehr fröhliches Essen (für die vier Veganist*innen am Tisch Gemüse-Paella aus dem Ofen), Plaudern, Scherzen, Erzählen, Lachen. Über den Nachmittag gewitterte es draußen mal mehr mal weniger, drinnen blieb das Wetter stabil.

Den Nachtisch hatten die Freunde aus München mitgebracht: Köstlichen Käse-Mohn-Kuchen.

Gegen halb sieben traten wir die Heimreise nach München an, diesmal auch ich im Auto der Freunde. Und auch dies Fahrt dauerte doppelt so lange wie geplant: Stau auf der Autobahn, da ein Gewitter einen Baum draufgeworfen hatte (beim Näherkommen an die gesperrte Stelle wurde die Fahrbahn immer grüner von herabgewehten und -gespülten Blättern). Sowas kenne ich ja sonst von Oberleitungen, aber bitte.

Daheim erledigte ich erstmal die gestrige Yoga-Gymnastik (kurz, anstrengend und angenehm), um neun hatten wir beide nochmal genug Hunger für Abendbrot: Restliches Tsatsiki, Tomaten aus Ernteanteil, Käse, süßes Gebäck.

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Noch keine 20, aber 19 Jahre alt wurde dieser Tage das Blog netzpolitik.org, die schon lange wichtigste deutschsprachige Plattform für Digitalthemen.
“‘Jeder war ein bisschen für alles zuständig'”.

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München in einer Nussschale. Bitte lesen Sie von Jo Lendle das kurze:
“Aus dem Dasein eines Verlags”.

Journal Freitag, 25. August 2023 – Sommerabschied mit RUMS, MarliesMelanie Raabe, Die Falle

Samstag, 26. August 2023

Mit einem freien Mittwoch lässt sich so eine Arbeitswoche deutlich leichter durchstehen. Merken. (Ich mach’s ja doch nicht. Aus purer Geldgier.)

Nach sehr gutem Nachtschlaf vom Wecker in die Orientierungslosigkeit geklingelt worden. Ich war nachts nur einmal aufgewacht, um Mitternacht und zu Regenrauschen, das heftige Gewitter davor, von dem Herr Kaltmamsell berichtete, hatte ich nicht gehört. Zu diesem Regen hatte ich Fenster und Balkontüren geöffnet, die Räume brauchten dringend Abkühlung.

Doch meinen Balkonkaffee trank ich wieder im Schwülen, auch auf dem Fußweg in die Arbeit schwitzte ich.

Die TGIF-Bronze auf meinem Weg in die Arbeit.
Was heute dahinter als medizinische Lesehalle genutzt wird, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts am Beethovenplatz als Brakls Kunsthaus erbaut.

Emsiger Vormittag im Büro, draußen braute sich immer wieder ein Unwetter zusammen, das sich dann doch nach wenigen Regentropfen auflöste.

Mittagscappuccino im Stray, sobald auch nur ein wenig Sonne herauskam, wollte man nicht in ihren Strahlen sein.

Zu Mittag gab’s eine nachgereifte Crowdfarming-Mango (hätte vielleicht noch den einen oder anderen Tag gebraucht) mit Sojajoghurt.

Nach ruhigem Arbeitsnachmittag über Einkäufe im Vollcorner nach Hause. Dort erste Handgriffe für das Auffrischbrot, das ich am Samstag zu meinen Eltern mitbringen wollte.

Dann turnte ich die derzeit tägliche Einheit Yoga-Gymnastik, die Hüfte (für meine Verhältnisse) weiterhin auffallend dehnbar. Gestern merkte ich das bei pigeon pose, in die ich mich fast vollständig entspannen konnte. Mag sein, dass die Täglichkeit meiner Beweglichkeit tatsächlich zuträglich ist, meinem Gemüt kommt Aussetzen an manchen Tagen dennoch mehr entgegen.

Jetzt aber: Wochenende! Ich machte Herrn Kaltmamsell und mir Negronis, auf dem Balkon saß es sich nach einem weiteren Gewitter mit ordentlichem Regenguss endlich angenehm, wir konnten Fenster und Türen öffnen.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell Onglet besorgt (das klassische Fleischstück für das französische Steak frites), also Nierenzapfen. Dazu gab es aus Ernteanteil Selleriegemüse mit weißen Bohnen, ich hatte eine Ernteanteil-Gurke zu Tsatsiki verarbeitet. Im Glas ein spanischer Verdejo Quietus aus Rueda. Nachtisch Schokolade.

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Am Donnerstag hatte ich MarliesMelanie Raabe, Die Falle ausgelesen.

Wahrscheinlich ist mein Problem mit Thrillern nicht nur Brutalität und Grausamkeit (die hier nicht vorkommen): Ich kann eine bestimmte Art von Spannung nur schwer ertragen. Das scheint blöderweise schlimmer geworden zu sein: Bislang kenne ich dieses enorme Unbehagen seit Kindheit vom Filmgucken, litt aber nicht beim Romanlesen. Bei der Lektüre von Marlies Raabe, Die Falle, musste ich allerdings die hochspannenden Passagen (Interview, Showdown) ganz schnell lesen, wollte sie hinter mich bringen.

Dabei weiß ich die handwerklich saubere Sprache, vor allem aber die schönen Ideen der Konstruktion zu würdigen: Raabe baut ein Set-up mit einer Romanautorin, Linda, die sich nach einem traumatischen Erlebnis in ihr Haus zurückgezogen hat, seit elf Jahren keinen Schritt vor die Türe macht. Nun sieht diese Autorin eine Möglichkeit, die Ursache ihres Traumas aufzuklären, den Verursacher in eine Falle zu locken: Sie schreibt einen Roman um den Vorfall. Gekennzeichnet durch andere Schriftart werden Kapitel dieses Thrillers in den Thriller Die Falle eingebaut – das ist sehr gut gemacht.

Ich empfand das ganze Szenario als glaubwürdig, mochte die Personenführung. Hervorragend gerade für ein Spannungs-Genre auch der Kniff, in erster Person aus der Sicht einer Figur mit massiven psychischen Problemen zu schreiben: Romanautorin Linda ist sich ihrer Wahrnehmungen und Erinnerungen nie völlig sicher, lässt zudem ihrer Fantasie gerne freien Lauf, ganze Kapitel der Hauptgeschichte erweisen sich als reine Vorstellung – die Leserin balanciert bald auf ebenso unstabilem Realitätsboden wie die Hauptfigur. Dadurch wird auch die Einordnung von Nebenfiguren schwer: Sind die Polizei-Ermittler*innen stereotyp gezeichnet – oder lesen wir Lindas Wahrnehmungsfilter?

Insgesamt sehr gut gemacht, Lese-Empfehlung für Menschen mit größerer Spannungs-Toleranz.

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Wo wir durch die neuen spanischen Fußballweltmeisterinnen eh gerade Ihre Aufmerksamkeit für Frauen im Leistungssport haben:
“Diskrimierung im Rudersport: Oben ohne in Yale”.

Schlechte Boote und kalte Duschen: So sah das Rudern in Yale aus – zumindest für Frauen. Um das zu ändern, griff ein Achter zu einer ungewöhnlichen Maßnahme.

(Das scheint ohnehin eine interessante taz-Kolumne zu sein.)