Journal Donnerstag, 18. Januar 2024 – Gänsejagd

Freitag, 19. Januar 2024 um 6:23

Eigentlich gut geschlafen, dann doch erleichtert über das Weckerklingeln gewesen, weil gerade eine Angst-Welle über mir zusammenschlug.

Es war seit dem Schmelzwasser-Vortag noch ein wenig wärmer geworden, ich ging in leichtem Regen in die Arbeit.

Dort ein sehr emsiger Vormittag, vor einem Mittagstermin huschte ich raus auf den Markt, um Käse fürs Abendessen zu besorgen, die für gestern angekündigten 11 Grad Höchsttemperatur hatte es da locker. Der Mittagstermin war dann ein geselliger mit Essen, ich bekam gemüsige Wraps, eine sehr gute Mini-Quiche und Walnussbrot.

Auch der Nachmittag abwechslungsreich: u.a. Info-Veranstaltung online, Unterstützung bei völlig Fachfremdem.

Draußen regnete es energisch, doch als ich Feierabend machte, war die Temperatur so weit gesunken, dass es nass schneite.

Auf dem Heimweg beteiligte ich mich an der Gänsejagd, die ich mit Herrn Kaltmamsell vereinbart hatte. Denn: Ich hatte in der vergangenen Saison für meinen Geschmack nicht genug Gans bekommen. Es gibt nämlich Menschen, die mehr als einmal Gänsebraten in der Weihnachtszeit für zu viel halten. Außerdem hat das Christkindl Herrn Kaltmamsell eine Fett-von Nichtfett-Trennkanne gebracht, die eingesetzt werden will. Nur dass halt die Gänsesaison wirklich vorbei ist. Unsere einzige Hoffnung war eine von Weihnachten übrige gefrorene Gans, und die jagten gestern Herr Kaltmamsell und ich quer durch die Gefriertruhen der Supermärkte. Uns war sehr bewusst, dass wir in die praktisch nie schauen: Zum einen kaufen wir ja immer frisch ein, zum anderen ist unser Gefrierschrank hinderlich klein.

Nachmittags hatte Herr Kaltmamsell zumindest schonmal die Entdeckung von Gänsekeulen und -brüsten vermeldet. Ich sah beim Edeka Theresienhöhe nach: Nur Keulen. Beim Lidl: Nichts Gänsiges. Aber dann beim Edeka Schwanthalerhöhe: Polnische Hafermastgänse, gleich zwei Stück, ich brauchte aber nur eine. Und ich lernte beim Suchen in den Gefrierabteilungen der Supermärkte, wie viel höher der Anteil an Fertiggerichten und -gebäck in Gefriertruhen ist, seit ich als Studentin regelmäßig Fisch, Suppengemüse, anderes Gemüse gefroren gekauft hatte.

Daheim ließ ich mir von Herrn Kaltmamsell gratulieren, dann turnte ich eine Runde Yoga-Gymnastik. Nachtmahl war Portulak aus Ernteanteil und Käse vom Markt, zum Nachtisch Schokolade.

Im Bett startete ich als nächste Lektüre Alasdair Gray, Poor Things, dessen Verfilmung gerade in die deutschen Kinos kommt: Ein Wiederlesen nach dem ersten Mal kurz nach Erscheinen des Buchs 1995, und ich habe zu dieser konkreten, wunderschönen Ausgabe eine ganz persönliche Geschichte, die ich nach Abschluss der Lektüre erzählen werde (habent sua fata…).

§

Dass in Video-Calls Bücherwände zu den vertrauensweckenden Hintergründen gehören, sprach sich schnell herum. Der Guardian weiß aber, dass die Ausstrahlung von Buchregalen auf die Wahrnehmung der Persönlichkeit nicht bei der schieren Existenz aufhört:
“Shelf-absorbed: nine ways to arrange your bookshelves – and what they say about you”.

Wir hier sind demnach:

4. Alphabetically shelved books
Nice effort, try-hard, but if a book has been properly curated and read, it need never be reread. Arranging your books in a way that implies you might want to find them again suggests you just don’t get this. Besides, many sequentially alphabetical books just don’t look right together. Use your eye, not your brain.

Ich fühle mich unfair angepinkelt, denn diese Sortierung war das Ergebnis reiflicher Überlegung von zwei Menschen, die vor über 25 Jahren ihre umfangreichen Bibliotheken vereinten. Damit wir in den zu Höchstzeiten 40 Quadratmetern Buchregalen überhaupt etwas finden konnten, war ein System nötig. Und wir entschieden uns für eines, das wir so ungefähr aus der Uni-Bibliothek kannten und unterteilten in Fiktion (darin nach Sprachen, diese jeweils alphabetisch nach Autor*in) und Non-Fiction (diese nach Sachgebieten, nicht sehr trennscharf, darin wiederum alphabetisch). Extra kamen Reihen.

die Kaltmamsell

11 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 18. Januar 2024 – Gänsejagd“

  1. Nadine meint:

    Zum Buchsortierartikel: Hier eine Mischung aus 1 und 3, aber vor allem: nach Farbe sortiert, sehr fies sind da nur Bücher, wo das Cover eine wesentlich andere Farbe hat als der Buchrücken…

    Und in Anbetracht des Seitenhiebs “Use your eye, not your brain” finde ich es schon ein bisschen lustig, dass der Autor das System “nach Farbe” überhaupt nicht erwähnt…

  2. Frau Irgendwas ist immer meint:

    Ja, zwei Menschen zusammen (hier über 30 Jahre) und ihre Bücher … hier wird nach `deine` und `meine` Bücher sortiert, dabei wird der vorhandene Platz 50:50 verteilt. Jeder hat sein eigenes Sortiersystem und jeder findet sofort jedes eigene Buch. Und auch im `fremden` System ist die Büchersuche nicht sooo schwierig, man weiß ja wie der Andere tickt.

  3. Flusskiesel meint:

    Der Bibliothekar schaut kurz über den Rand seiner Gleitsichtbrille, nickt und grunzt leise zustimmend.

  4. Christine meint:

    Hier auch: Belletristik alphabetisch. Sachbücher extra. Bildbände, Comisc und Atlanten extra wegen des Format. Kochbücher auch gesondert, abe rnicht mehr in der Küche, weil sie dort zu sehr verfetten wegen der Küchendünste.

    Fachbücher in einem ganz anderen Regal im Büro.

    Übrigens muss ich meine Bücher mit dem Rücken bündig vorne an den Regalboden stellen. Mein Ex hat die Bücher immer nach hinten bis an die Wückwand ins Regal geschoben, was mich kirre gemacht hat. (ich hätte es eher wissen können, aber ich habe das Zeichen übersehen).

    ~
    Ich habe ausreichend Tiefkühlmöglichkeiten und bevorrate mich gerne mit TK-Gemüse. Auch ich bin erstaunt über die Unmengen und Variationen von Fertiggerichten.

  5. Sanne meint:

    @Flusskiesel: die Bibliothekarin schmunzelt. (Und kann an jedem öffentlichen Büchertauschregal nur schwer der Versuchung widerstehen, die Buchrücken so anzuordnen, dass sie von einer Seite aus gelesen werden können … augenroll)

  6. Trulla meint:

    Wir sortieren hier nach Rubriken: Belletristik, Krimis, Kunst, Musik, Politik, Sachbuch und innerhalb dieser wieder nach Alphabet. Erleichtert das Finden nach Bedarf. Mein Mann hat häufig diesen Bedarf, versäumt aber leider das Wiedereinordnen und die Bücher stapeln sich neben Notizen und sonstigen Kleinteilen an unterschiedlichen Stellen. Schwer für die Putzfrau und deshalb gelegentlicher Streitpunkt unter uns. Denn ich bin es, welche wegen unserer unterschiedlichen, aber ausgewogenen häuslichen Arbeitsteilung für die gewünschte Ordnung in den Regalen zuständig ist. Höchstens einmal pro Jahr wird diese für kurze Zeit erreicht.

    Man könnte meinen, die Bibliothek lebt, deshalb wäre eine Farbsortierung unter dem Dekorationsaspekt gar nicht möglich.

  7. Die Toni meint:

    Hier Sortierung nach Herkunft der Autoren, grob Nordamerika, Südamerika, Europa nach Ländern, arabische Länder, Japan usw. und innerhalb dessen die Autoren nach deren Geburtsjahr. Die einzig logische Sortierung.
    Für mich ;-)

  8. B. Reimers meint:

    Jupp, hier auch. Zumal ich Sartre und de Beauvoir, A. Schwarzenbach und Klaus + Erika Mann (mal als geläufige Beispiele) niemals trennen wollte/würde.
    Oder Sylvia Plath und Ted Hughes, Paul Auster und Siri Hustvedt?
    Manchmal bin ich aber auch gemein, wenn ich etwa in die Nähe von Adorno (den ich nie von Benjamin und Scholem separieren würde) H.Arendt stelle (die er gelegentlich als ganz fürchterliche/unfähige Frau bezeichnete).
    Noch so eine Paarung: Celan und Szondi – alphabetisch wären sie sogar in verschiedenen Räumen.
    Wobei sich aus jeder dieser Konstellationen sofort wieder neue ergeben…
    Und daher auch nochmal jupp zu einer Bemerkung weiter oben: Auch meine Bibliothek lebt, regelmäßig sind ganze Konvolute auf Wanderschaft, werden neu zugeordnet und verknüpft.

  9. @lazycuttlefish meint:

    Liebe @Die Toni, ich musste Ihren Beitrag gleich meinem Mann vorlesen, um zu beweisen, dass ich nicht die einzige Irre (bzw. vernünftige Person) auf der Welt bin. Genauso mache ich das auch: Belletristik getrennt nach Ländern, dann geordnet nach Geburtsjahr der Autoren.

    Ich habe z. B. sehr viel englische Literatur und “natürlich” beginnt das Regal unten mit Shakespeare, um sich dann über Wycherley und Defoe zu Austen, Gaskell, Dickens, Trollope et al nach oben vorzuarbeiten. Die jungen Briten stehen unter der Decke. Ich finde es immer sehr spannend zu sehen, welche Autoren Zeitgenossen waren — die schrieben ja nicht im luftleeren Raum.

  10. FrauC meint:

    Der Artikel im Guardian nennt nur noch acht Möglichkeiten. Was war denn die neunte? Und vor allem, warum wurde sie gelöscht?

  11. @lazycuttlefish meint:

    @FrauC:

    Ich kann Sie beruhigen. Ich hatte mir den Artikel zum Späterlesen in Evernote abgespeichert. Im ungeänderten Artikel geht die Nummerierung zwar tatsächlich bis 9, allerdings hatte man die 5 vergessen. Es waren also von vornherein nur acht Möglichkeiten plus ein Zählfehler. Vielleicht sollte der Verfasser seine Bücher zur Übung nach ISBN sortieren. :)

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