Journal Freitag, 12. Januar 2024 – Sonne am Himmel, Trucker- und Trecker-Gehupe auf der Straße

Samstag, 13. Januar 2024 um 8:44

Diese erste Arbeitswoche fühlte sich schonmal elend lang an, trotz (wegen?) des freien Tags in der Mitte, ich brauchte die Karotte der Restaurantreservierung am Freitagabend dringend.

Draußen war es weiter streng frostig, weil ich gestern Schürstiefel statt der Schneestiefel auf dem Weg in die Arbeit trug (passten zum Outfit, waren mir aber zu sperrig für Extra-Mitnahme in der Arbeitstasche), umging ich lieber die spiegelglatte Theresienwiese.

Aber: SONNE! Gestern bekamen wir auch in München den knackig-sonnigen Wintertag, der das Frieren ein wenig aufwiegt.

Auf der Straße vorm Bürohaus erst eine Hup-Karawane Zugmaschinen des größten Kalibers (ich erkenne einen MAN TGX immer noch von Weitem), dann Hup-Karawane Riesen-Trecker (no, so teuer kann der Kraftstoff ja nicht sein), später sah ich nicht mehr nach, wer jetzt schon wieder ohrenbetäubend hupte. Die gesamte (auch meiner Überzeugung nach fehlgelaufene) Landwirtschaftspolitik nach dem Krieg auf EU-, Bundes- und Landesebene der jetzigen Bundesregierung in die Schuhe zu schieben, ist für mich keine Diskussionsgrundlage. Und macht mir die ständig wiederholte Forderung, diese Regierung müsse die Wählerschaft “halt mehr mitnehmen” haltlos. (Falls Sie sich die EU-Agrarreform von 2021 in Erinnerung rufen wollen, hier ein guter Überblick beim Deutschlandfunk.)

Das konzertierte Maulen auf dem Flur mit Kolleginnen über die zu niedrige Bürotemperatur wirkte: Gestern hatte ich mit lediglich Thermorolli unter Pulli warme Hände.

Mein Weg zum Mittagscappuccino führte durch Sonnenschein – allerdings löste dieser auch die Dachlawine aus, die wenige Meter vor mir niederrauschte. Die Luft roch nach Skifahren, diese Erinnerung ist auch Jahrzehnte nach meiner letzten Abfahrt lebendig.

Zu Mittag gab es am Schreibtisch Vollkornbrot mit Butter und Mango mit Sojajoghurt.

Nach Feierabend auf dem Heimweg in letztem Tageslicht und durch Kältedunst erledigte ich noch Einkäufe in Drogeriemarkt und beim Vollcorner. Daheim nur kurzes Ausruhen, dann spazierten wir zum Abendessen in die Goldmarie.

Dort gutes Abendessen mit Brot/Tomatenbutter/Salami, Lammleber/Spitzkohlsalat, Südtiroler Kasnocken / Tagliatelle Peposo und dazu passenden Weinen.

Herr Kaltmamsell nahm noch Grießflammerie zum Nachtisch, ich einen Schlehenbrand. Doch ein Wochenendfeiern mit ausgedehntem Abend wurde das nicht, die anderthalb-Stunden-Schichten für die Tischreservierung waren gestern sehr ernst gemeint und wir standen um acht schon wieder auf der Straße.

Daheim noch Süßigkeiten.

§

Verfolgen/Verbieten von Faschisten kann funktionieren (hier allerdings nur anekdotisch und in den USA belegt):
“The Proud Boys are collapsing: Surprise! Legal consequences do hurt authoritarian movements”.

Ich wackle immer noch ein wenig in der Frage eines Antrags auf AfD-Verbot, verfüge für eine Meinung noch nicht über genug Informationen (und die muss ich zur Meinungsbildung ja dann auch noch für mich gewichten). Ich bin große Freundin unserer parlamentarischen Parteien-Demokratie, und das Verbot einer Partei gehört zu den schärfsten Waffen.

Wichtigstes Gegenargument war für mich bislang, dass ein Verbot der AfD nicht das verfassungsfeindliche Gedankengut beseitigt, das in der Bevölkerung verbreitet ist. Dann wieder: Ohne AfD hat dieses Gedankengut weniger Nährboden und Futter, wird weniger gezielt verstärkt.
Ich neige (!) immer mehr zu: “Der beste Zeitpunkt für ein Verbot der AfD war vor ein paar Jahren, der zweitbeste ist jetzt.” Und: Wir müssen unsere Demokratie möglichst schützen (siehe Toleranz-Paradoxon). Eine Möglichkeit ist das Verbot von rechtsextremen, demokratiefeindlichen Organisationen – solange es noch geht und sie nicht bereits die Schaltstellen besetzen, die ein solches Verbot überhaupt beschließen und durchsetzen können. (Wie die Leute 1930 und 1933 schwanke ich und will und will das einfach nicht für ein realistisches Szenario halten.)

“Wer diese Partei wählt, gibt Menschen ein Mandat, die die Demokratie abschaffen wollen und Deportationen planen.” Gerhard Baum in der Süddeutschen (€). Er schlägt vor, als Erstes die “Junge Alternative” (JA) zu verbieten, den Nachwuchsverband der AfD, “eine weithin wirksame Vorfeldorganisation und ohne Zweifel verfassungsfeindlich”. Da diese ein Verein sei und keine Partei, reiche dafür die Unterschrift der Bundesinnenministerin.

(Mein innerer Schabernacki ist stark genug sich zu fragen, ob ich nach Verleugnung meiner Einbürgerung von 1979 wohl nach Spanien oder nach Polen deportiert würde.)

§

Fand ich eine interessante Beleuchtung von menschlichen Mechanismen:
“Psychologische Erklärungen fürs Nichtstun: Warum viele die Klimakrise scheinbar kalt lässt”.

(Kostenlos lesbar, all die Kästen und Overlays lassen sich wegklicken.)

Unter anderem das Gegenstück zum bockigen Kleinkindverhalten:

Neben der Preisgestaltung könnte allerdings auch mit Verboten gearbeitet werden, so Reese: „Verbote sind eigentlich etwas sehr Gerechtes. Wenn ich etwas verbiete, kann ich mich auch nicht mit viel Geld rein- oder rauskaufen.“ Allerdings würden Verbote bei vielen Menschen spontane Abwehr auslösen: „Dennoch können Verbote hilfreich sein, nämlich dann, wenn sie gerecht sind und der Mehrheit sehr viel Gewinn bringen, wie zum Beispiel das Nichtraucherschutzgesetz oder das Verbot, ohne Gurt Auto zu fahren, zeigen.“ Gerade die Anschnallpflicht mache zudem deutlich, dass politische Maßnahmen der schnellste Hebel seien, um soziale Normen zu verändern, sagt Uhl-Hädicke.

§

Tischkarten-Idee für die nächste Hochzeit von Hauck & Bauer.

die Kaltmamsell

8 Kommentare zu „Journal Freitag, 12. Januar 2024 – Sonne am Himmel, Trucker- und Trecker-Gehupe auf der Straße“

  1. Flusskiesel meint:

    Wie schön, dass Hauck und Bauer wieder heiraten!
    (Das war jetzt *mein* innerer Schabernacki! SCNR!)

  2. Annbellis meint:

    Lammleber finde ich mutig – eine Freundin hatte früher eine Schäferei und ich hab öfter verschiedene Teile vom Lamm von ihr bekommen, alles sehr lecker außer der Leber – war die wirklich ein Genuss?

  3. Sandra meint:

    Meine Mutter kam mit 2 Jahren aus Italien hierher und heiratete einen Deutschen. Auf dem Amt sagte ihr eine Dame,solange meine Mutter sich nichts zu Schulden kommen ließe, bräuchte sie nicht Deutsche zu werden.
    Als ich diese Woche von dem Treffen hörte, bekam ich es mit der Angst zu tun.

  4. Bianca meint:

    Ich wurde auch schon mal vom Metzger vor der Lammleber gewarnt. Ich fand es allerdings sehr lecker und nicht so anders als Rinderleber.

  5. Chris Kurbjuhn meint:

    Für mich ist Lammleber eine Delikatesse, deutlich feiner als zum Beispiel Schweinerleber. Nein, die schmeckt nicht “hammelig”. :)

  6. die Kaltmamsell meint:

    Die Lammleber probierte ich, Annbellis, fand sie zart und aromatisch, eher wie Kalbsleber. Kein Vergleich zu den Lammnieren, die Herr Kaltmamsell und ich vor vielen Jahren eigens für ein englisches Rezept beim Metzger bestellten – und die intensiv nach Schafstell rochen und schmeckte.

  7. Hauptschulblues meint:

    Die Schichtzeiten beim Essen sind ärgerlich.
    Ich meide diese Restaurants.

  8. Stefanie meint:

    Liebe Frau Kaltmamsell, nach Jahren des stillen Lesens möchte ich mich für den Input, den ich aus Ihrem Blog bekomme, herzlich bedanken: heute zu meinen eigenen, noch nicht abgeschlossenen Überlegungen zu einem AfD-Verbot, in der Vergangenheit zum Beispiel zum Kombinat-Film. Inspiriert von Ihren Berichten, werden wir den Film am Dienstag in unserer Stadt im Rahmen eines regionalen Kulturprogramms zeigen; heute hab ich ihn mir vorab angesehen und danach Ihre Filmbesprechung vom letzten Juni nochmal durchgelesen (kann da aber nicht mehr kommentieren, glaube ich?) und verstehe die jetzt besser: auch als Außenstehende haben mich die menschlichen und zwischenmenschlichen Dynamiken und die Bereitschaft, das zu zeigen, sehr berührt. Und deshalb möchte ich mich endlich mal bedanken für diese Seite: ich kenne Sie nicht, Sie kennen mich natürlich noch viel weniger, aber Sie geben mir die Gelegenheit, Neues kennenzulernen, aus der Blase meines Lebens mal herauszutreten – vielen herzlichen Dank dafür! Viele Grüße, Stefanie

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