Journal Dienstag, 26. August 2025 – Wien 5 mit Meiselmarkt, Jüdischem Museum und chinesisch-spanischem Essen

Mittwoch, 27. August 2025 um 9:25

Nacht mit Loch: Nach einem Aufwachen um drei schlief ich lang nicht mehr ein.

Ausführliches Bloggen (wie halt immer im Urlaub), während Herr Kaltmamsell die Aufgabe hatte, den Hauptpunkt des Tagesprogramms zu entscheiden (ich hatte ihm einfach alles zugeworfen, was ich noch an Ideen auf meiner Wien-Liste hatte). Fest stand, dass wir als erstes den Meiselmarkt erkunden würden, den wir am Sonntag beim Spazieren entdeckt hatten und der uns mittlerweile unabhängig davon empfohlen worden war. Fest stand auch die Verabredung zum Abendessen. Die Entscheidung: Wir würden uns an diesem Tag mit dem Jüdischen Museum befassen.

In wieder wundervollem und mildem Sonnenwetter spazierten wir aber erstmal zum unweit gelegenen Meiselmarkt.

Das hatten wir am Sonntag von außen gesehen, der Anblick hatte mich sofort an altmodische Madrider Mercados denken lassen.

Das sahen wir nach Betreten der Markthalle.

Der Vergleich mit Mercados hielt, auch wenn es fast nur Fleisch und fast keinen Fisch in den Auslagen gab (Wien ist ja mit 380 Kilometern nur 20 Kiloemter weiter vom Meer entfernt als Madrid). Sehr viele, sehr unterschiedliche Obste und Gemüsen, viele, viele fast ausschließlich einwanderisch geprägte Metzgereistände (viele Innereien, kroatische Stände mit G’sellchtem und ganzen gebratenen Spanferkeln), spannende Gewürze, Hülsenfrüchte, ein paar Bäckereien, ein Blumenstand, dazu Marktkneipen – und nur wenige Stände waren wegen Sommerurlaubs geschlossen. Wir sahen uns ausführlich um, kauften Kleinigkeiten ein.

Einkäufe in der Ferienwohnung verstaut, ein wenig Brotzeit eingepackt, dann nahmen wir eine U-Bahn ins Zentrum.

Das Jüdische Museum in der Dorotheergasse hatten Herr Kaltmamsell und ich bei unserem ersten Wien-Urlaub vor ca. 20 Jahren besichtigt, doch seither wurde die Dauerausstellung völlig neu konzipiert, und dazugekommen ist ein weiterer Museumsteil am Judenplatz: Hier, wo ab dem 13. Jahrhundert ein jüdisches Viertel gewachsen war, hatte man unter dem Gebäude Judenplatz 8 die Reste einer Synagoge entdeckt und ausgegraben. Außerdem hatte ich gelesen, dass das Jüdische Museum die Netsuke von Edmund de Waal zeigte, die im Zentrum seines familienbiografischen Romans The Hare with the Amber Eyes stehen – deshalb wollte ich über den Palais Ephrussi hingehen, in dem seine Familie die Netsuke einst aufbewahrte.

Palais Ephrussi am Universitätsring (warum die Adresse nicht mehr wie in meiner Erinnerung Dr.-Karl-Lueger-Ring heißt, wurde im Jüdischen Museum im Kapiel Wiener Antisemitismus erklärt). Im Starbucks im Palais bekam ich meinen Mittagscappuccino (genauer: Milch mit leichtem Espresso-Aroma, ich hatte wieder vergessen, dass ich bei Starbucks immer einen Extra-Shot bestellen muss).

Spaziergang durch die touristische Innenstadt zum Jüdischen Museum, hier die Schlange vorm berühmten Café Central (dafür brauchte es ziemlich sicher keine Tiktok-Kampagne).

Die Ausstellungen im Jüdischen Museum gefielen mir sehr gut. Das Haupthaus in der Dorotheergasse konzentriert sich auf das jüdische Wien: Ein Teil schildert die jüdische Geschichte der Stadt nach 1945, thematisiert endlich auch die Jahrzehnte, in denen das nicht-jüdische Wien und Österreich jede Mitschuld an der systematischen Verfolgung und Ermordung ihrer jüdischen Mitbürger*innen im Dritten Reich von sich gewiesen hatten.

In diesem Teil konnte ich Edmud de Waals Netsuke bewundern.

Der andere Teil informiert über das jüdische Wien in den Jahrhunderten davor – sehr nahbar aufbereitet in Kapiteln mit Überblickstexten, dann anhand von ausgewählten Details (Gegenstände, Quellen, Biografien) illustriert. Es gab auch einen Online-Multimedia-Guide (plus stabilem WLAN) zu vielen Exponaten mit Fotos, Audio-Texten, Filmen, doch meist genügten mir die Informationen in der Ausstellung selbst. An passenden Stellen thematisiert: Die Rolle der jüdischen Wiener*innen, die nicht in Geschichtsbüchern auftauchen, zum Beispiel bei der Finanzierung der bedeutensten Bauwerke Wiens durch die Jahrhunderte (mehr oder meist weniger freiwillig).

Im obersten Stockwerk des Hauses besichtigten wir verschiedene Sammlungen, unter anderem eine mit historischen antisemitischen Gegenständen.

Jetzt musste ich aber wirklich etwas essen. Wir spazierten zum nahegelegenen Burggarten und setzten uns gut nach drei zwischen andere Brotzeiterinnen auf eine sonnige Bank; Herr Kaltmamsell hatte sich unterwegs an einem Würstlstand eine gebratene Burenwurst in der Semmel geholt, ich hatte Brot und Weintrauben dabei.

Auf dem Judenplatz steht ein Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoah, dahinter sieht man die schmale Fassade des Jüdschen Museums.

Wir blieben gleichmal in der Ausstellung im Erdgeschoß hängen: “Sag mir, wo die Blumen sind…”80 Jahre nach dem Krieg – Fotografien von Roger Cremers, sehr beeindruckend auf vielen Ebenen (inhaltlich, fotografisch, handwerklich).

Die Hauptausstellung im Haus: “Unser Mittelalter! Die erste jüdische Gemeinde in Wien”, inklusive der Ausgrabung im Keller sehr gut aufbereitet.

Ein drehbarer Bildschirm zeigt, wie das Innere der ausgegrabenen Synagoge wahrscheinlich ausgesehen hat.

Erstmal genug Eindrücke für einen Tag, wir nahmen eine U-Bahn zurück zu unserer Ferienwohnung. Ein Stündchen ausruhen, dann spazierten wir im goldenen Abendlicht zu unserer Abendverabredung mit einer Wienerin aus dem Internet: Auf meinen Wunsch nach asiatisch orientiertem Essen hatte sie die Chinabar vorschlagen – chinesisches Essen mit spanischem Einschlag, das klang attraktiv abgefahren.

Wir saßen draußen vor dem Lokal sehr gemütlich, teilten uns erstmal als Vorspeisen (von unten): Spanische Morcilla (Blutwurst) mit Pilzmischung, Kuttelsalat, Tofu mit Sardellen und Sesamöl (der Knaller des Abends, seither überlegt Herr Kaltmamsell einen Nachbau).

Und ein Grüntee – „Glücksei“ in Hackfleisch-Mantel auf Gemüse. Die beiden Hauptspeisen teilten wir uns auch: Thunfisch Tataki im Sesammantel auf Hausnudeln, Kalbszunge mit Pfefferoni. Dazu trank ich eine hausgemachte Limonade Himbeer-Lichee: knall-lila, sehr wenig süß, sehr gut.

Vor allem aber erzählten wir einander, was wir nicht in die respektiven Blogs oder auf Mastodon schreiben, ich konnte Details erfragen, freue mich jetzt auf die nächsten Berichte aus China. Und wir bekamen spannenden Hintergrund aus Wien und dem 15. Bezirk.

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal Dienstag, 26. August 2025 – Wien 5 mit Meiselmarkt, Jüdischem Museum und chinesisch-spanischem Essen“

  1. Jürgen Plieninger meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Gerne gelesen

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  2. Croco meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Gerne gelesen

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  3. Flusskiesel meint:

    Da bekomme ich gleich wieder Heimweh nach Wien … *Hach*

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