Etwas zu lang vor Wecker wachgeworden, ich hätte gerne länger geschlafen.
Ein nebliger Morgen auf dem Weg zur Arbeit.

Ich bin kurz vor einer neuen Gruß-Bekanntschaft auf dem Arbeitsweg. Ein paar Mal kam mir eine Frau entgegen, die ich besonders gern ansah, doch ich konnte ihren Blick nie auffangen. Gestern war ich früher unterwegs und unsere Wege kreuzten sich an anderer Stelle, vermutlich näher an ihrem Zuhause. Vielleicht guckte sie offener, weil sie sich dort noch nachbarschaftlicher fühlte: Wir tauschten ein erstes Lächeln.
Aushäusiges Cappuccino-Trinken in der Mittagspause scheiterte an weiteren Guerillakrieg-ähnlichen Zuständen in der Arbeit, wenn sie auch nicht so schlimm ausuferten wie am Mittwoch.
Mittags mit Pause gab es Apfel sowie Sahnequark mit Zwetschgenröster (was mir übrigens ausgesprochen gut schmeckt).
Nach Feierabend marschierte ich in die Maxvorstadt zu einem kosmetischen Termin: Mich nervt das Beinerasieren genug, dass ich mal wieder für Wachsenthaaren zahlte. Die Angestellte ging sehr hurtig vor – wie ich daheim feststellte, allerdings nicht sehr sorgfältig; von den klebrigen Wachsresten auf meinen Beinen werde ich noch lang etwas haben. Sehnsüchtige Erinnerungen an meine ersten Wachsenthaarungserlebnisse in Spanien, wo nicht nur mit Pinzette nachgearbeitet wurde, sondern man auch alle Wachsreste gründlich entfernte – ich werde beim nächsten Mal einen anderen Anbieter ansteuern.
Zum Nachtmahl war ich mit einem ausgewanderten Freund auf Geschäftsreise in München beim Eritreer ums Eck verabredet. Der Termineintrag “19.15 Uhr im Roten Meer” klang ein bisschen nach Moses, der sich mit seinen Leuten abspricht. Wir verbrachten einen viel zu kurzen Abend mit dem vegetarischen Menü (wieder sehr gut), vor allem aber intensivem Austausch – inklusive nicht nur schönen Nachrichten. Ich kehrte heim mit einem Glas selbstgemachtem Apfelmus (auch in der Mitte Deutschlands war die Ernte überbordend) und einem geliehenen Reiseführer für den Harz.
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Maximilian Buddenbohm beschreibt sehr schön, warum so manche von uns Web-Ureinwohner*innen schon lange von den Entwicklungen des Social Web (wie es heute genannt wird, wir sagten ja noch einfach Internet dazu) abgehängt sind.
Und abgesehen von den großen Deutungen geht es natürlich auch um die Geschichten, wie man was viele Jahre benutzt hat und warum. Einige, so mein Gefühl, und bitte, es ist nicht böse gemeint, haben gar nicht gemerkt, wie wir in den letzten beiden Jahrzehnten älter geworden sind. Aber es ist so, dass unsere Kinder in der Pubertät sind oder schon aus dem Haus. Es ist so, dass unsere Eltern krank sind, pflegebedürftig, dass sie abbauen oder schon gegangen sind. Man konnte diese Thememverschiebung auf Twitter deutlich beobachten. Es ist so, dass wir selbst krank sind oder werden, dass wir auch viel darüber schreiben, dass einige von uns sogar gehen oder schon gegangen sind und spätestens in diesem Jahr fiel es allen auf, dass man auch damit irgendwie umgehen muss und dass, wenn man weit genug voraussieht, der oder die Letzte irgendwann das Licht ausmachen wird, auch in unserem Online-Blasen, wo immer die dann sein werden, in Blogs oder auf Social-Media-Plattformen, an deren Zukunft im Moment allerdings niemand recht zu glauben scheint, und es ist auch egal.
Selbst habe ich das durchaus gemerkt, aber halt einfach so weitergemacht wie bisher: Ins Blog geschrieben, Blogs gelesen, auf Twitter und instagram mitbekommen, wie es Freund*innen und Bekannten gerade geht, was und wo sie so treiben, mir vor allem auf Twitter Hinweise auf interessante Themen und Texte geholt (das war bislang und von Anfang an tatsächlich mein Nachrichtennetzwerk online). Mein Web besteht aus Menschen. Ich biege mir die Möglichkeiten des Internets weiter so hin, dass sie mir das Leben erleichtern, es bereichern, wenn nicht gar verschönern – wer sollte mich daran hindern?
Erst dieser Wochen ist mir zweimal sehr klar geworden, wie weit entfernt diese Web-Nutzung von der allgemein verbreiteten ist: Erst las ich einen Fachtext, der spekulierte, Social-Media-Inhalte würden sich in Zukunft weg von Algorithmen-Empfehlungen hin zu persönlichen entwickeln. Schlagartig merkte ich, wie groß der Mittelteil war, den ich nicht mitbekommen hatte, denn ich hatte schon immer teils große Anstrengungen unternommen, um Algorithmus-Empfehlungen zu unterdrücken. Das zweite Mal war die Bekannte, die mir erzählte, wie wichtig instagram und tiktok für sie seien: Hier bekomme sie Trends mit, und sie wolle doch nicht den Anschluss verlieren. Aha, diesen Zweck konnten Social-Media-Dienste also auch erfüllen. Vielleicht ist es ja doch Zeit für einen neue Begriff, denn “Social” sollen diese Plattformen anscheinend gar nicht mehr sein, also gesellig. Sie sollen seit vielen Jahren nicht etwa Menschen zusammenbringen, Austausch, Kontakt, neue Begegnungen ermöglichen – die Ausnahmen sind ausdrücklich gekennzeichnet, seien es Partnervermittlungs-Plattformen oder Nachbarschaftsnetzwerke.
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Nützliche Erkenntnisse von novemberregen.
Ich habe Frau Herzbruch immer noch nicht verraten, was für Kleidung ich für Prag einpacke. Mal ganz dahingestellt, ob ich mir darüber schon Gedanken gemacht habe, vordergründig eher nicht aber so ein Gehirn tut ja zig Dinge im Hintergrund, ich nehme an, da ist schon irgendwo eine Entscheidungsvorlage, die mir Donnerstagabend nach vorn ins Bewusstsein angereicht wird.
So ähnlich funktioniert mein Hirn auch. Das vermittle ich Herrn Kaltmamsell vor gemeinsamen Unternehmungen, deren Details vermeintlich noch offen sind, gerne mit der vorsichtigen Ankündigung: “Mein Gehirn hat schon wieder Pläne gemacht.” Dann schildere ich die besagte Entscheidungsvorlage, die das Hirn komplett ohne meine Absicht oder aktive Mitwirkung erstellt hat. Manchmal ist das praktisch, oft aber nervt es, weil ich mir dieses “Treibenlassen” so schön vorstelle, das dadurch völlig unmöglich ist. Herr Kaltmamsell versichert mir übrigens, dass sein Gehirn entschieden nicht so funktioniert.
Zudem hat dieses mein Gehirn die These aufgestellt, dass Menschen mit derartigen inneren Abläufen (inklusive 120-seitigem Würfel, lesen Sie gerne den gesamten Blogpost) überdurchschnittlich oft zu Migräne neigen. 
die Kaltmamsell