Journal Donnerstag, 31. Oktober 2024 – Ausschlaf-Vorfreude

Freitag, 1. November 2024 um 7:20

Diesmal wachte ich kurz vor Weckerklingeln auf, munter und ausgeschlafen.

Wieder ein Hochnebeltag, diesmal hielt er sich konsequent bis abends.

Unerwartet emsiger Arbeitsvormittag, auf eine interne Anfrage aus Berlin reagierte ich nicht nur mit Hinweis auf den Feiertag am Freitag in Bayern, sondern ergänzte sicherheitshalber, dass ich da auch nicht arbeite.

Mittags huschte ich raus auf einen Mittagscappuccino bei Nachbars und zum Markt am Georg-Freundorfer-Platz. Die gewünschten Äpfel bekam ich, aber keine Butter, weil der Platz des Käsewagens leer blieb.

Auch der Nachmittag gestaltete sich überraschend arbeitsreich (ich hatte den Tag für geruhsame Aufräumarbeiten eingeplant), für meinen pünktlichen Feierabend vor dem dreitägigen Wochenende musste ich mich anstrengen.

Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe. Daheim traf ich noch Herrn Kaltmamsell an, der kurz darauf wie seit vielen Jahren zu Allerheiligen zum mehrtägigen Monstertöten aufbrach (Rollenspiel Call of Cthulhu).

Ich fettete meine Wanderschuhe ein, wusch Wäsche, turnte eine lange Folge Pilates (anstrengend), kochte aus Ernteanteil-Äpfeln Kompott (in einen besonders dunkelfleischigen biss ich beim Schälen, und er erwies sich als so süß und aromatisch, dass ich ihn roh aß), machte mir aus den beiden Ernteanteil-Salaten Postelein und Radicchio Trevisano (das ist der lange) Abendessen mit Haselnussmus-Dressing und Eiern.

Aufsicht auf große weiße Salatschüssel mit Streifen von lila Blättern und grünen Postelein-Stängeln, darauf vier Hälften gekochtes Ei

Nachtisch Apfelkompott und Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen, Vorfreude auf Ausschlafen.

§

Immer weitere furchtbare Bilder von den Folgen der Sturzfluten in mehreren süd-ost-spanischen Provinzen, Stand gestern Abend waren 158 Tote. Vom Wasser zusammengeschobene parkende Autos sind ja in den vergangenen Jahren ein vertrauter Anblick geworden, doch welche Wucht zu solchen Auto-Türmen geführt hat, mag ich mir gar nicht vorstellen. Valencia und Murcia, “Europas Garten”, sind auch die Regionen, aus denen Deutschland enorm viel Gemüse und Obst bezieht (wir erinnern uns: Deutschland deckt 2/3 seines Gemüsebedarfs durch Importe), wir werden die Folgen hier auch in den Supermärkten und Discountern spüren. Ob’s bald wohl Aktionen mit Flutgurken gibt wie damals mit Flutwein aus dem Ahrtal?

Solche Extremwetter werden immer häufiger kommen, wir müssen uns darauf vorbereiten. Besser als die Regionalregierung von Valencia:
“Zahl der Toten nach Sturzfluten steigt”.

Der konservative Mazón, der seit vergangenem Sommer dank der Unterstützung der rechtsextremen Vox regiert, hatte – als eine seiner ersten Amtshandlungen – im vergangenen November die valencianische Notfalleinheit aufgelöst, die sein sozialdemokratischer Amtsvorgänger ins Leben gerufen hatte. Sie sollte im Fall von Katastrophen, wie Waldbränden oder Überschwemmungen, alle Behörden und Rettungskräfte koordinieren. „Unnötige Ausgaben“ seien das, ein „leerer Organismus“, „unnütz“, lautete Mazóns Begründung.

Ich kenne die Kommunikationsempfehlungen, in puncto Klimawandel positive Narrative zu verwenden, also mehr darauf zu verweisen, welche guten Auswirkungen Klimaschutz hat, statt die Folgen seines Ausbleibens auszumalen, uM DIe meNscHEn mITzUnEhMEn. Aber die Folgen sind ja schon da. Positv, positiv… Gucken Sie doch mal wieder zum Madrider Stadt-Projekt Bosque Metropolitano! Dieser 75 Kilometer lange Waldgürtel um die spanische Hauptstadt soll CO2 reduzieren und die Temperatur in der Stadt senken, der eine Zukunft mit dem Stadtklima von Marrakesch prognostiziert wird.

die Kaltmamsell

Lieblings-Microbloggingposts Oktober 2024

Donnerstag, 31. Oktober 2024 um 19:06

Wieder ein Monat rum, ich starte mit meinen Lieblingen auf Mastodon:

(In meinem Kopf wird das übrigens mit der Stimme meines Bruders gesagt: “Kaputt.”)

Mal sehen, ob bei Bluesky was zusammengekommen ist – och doch ein bisschen.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 30. Oktober 2024 – Blumengeschenk und Großstadt-Deko

Donnerstag, 31. Oktober 2024 um 6:27

Der Wecker riss mich aus tiefem Schlaf, ich stand sehr ungern auf (anscheinend brauche ich derzeit besonders viel Schlaf).

Das Draußen war zu dicken Nebel zurückgekehrt, mein Büroblick hätte eine Star-Rolle in einer Edgar-Wallace-Verfilmung übernehmen können.

Modernes Bürogebäude im Nebel

Bis Mittag verflog der Nebel aber, nach einem Arbeitsvormittag mit viel Wuseln (wie es doch die Bürobewegung erhöhen kann, wenn man merhfach zum Drucker eilt, ohne aufs finale “Drucken” geklickt zu haben!) ging ich zu meinem Mittagscappuccino im Westend durch Sonnenschein.

Spätes Mittagessen, weil so viel SOFOCHT wegzuschaffen war (meine Perspektive, weil für nachmittags etwas Größeres anstand und ich dafür Zeit freimachen wollte): Roggenvollkornbrot, Granatapfelkerne mit Sojajoghurt – jetzt ist die erste Kiste Granatäpfel von Crowdfarming durch (Herrn Kaltmamsell zweige ich immer einen kleinen Anteil der rausgeprokelten Kerne ab). Und ich habe dieses Jahr wieder nicht übers Herz gebracht, die “Adoption” des Crowdfarming-Orangenbaums abzubrechen, werde also wieder drei Riesenkisten Orangen wegkriegen müssen.

Die Sonne hielt sich auch über den wusligen Nachmittag, ab 16 Uhr konnte ich etwas geordneter arbeiten.

Heimweg mit Abstecher in einem Blumenladen: Über das anstehende lange Wochenende wollte ich was Schönes anzusehen haben und schenkte mir einen Blumenstrauß.

In einer schmalen, hohen Glasvase verschiedene Blumen in Weiß- und Rosatönen

Heimweg aber auch mit sauschlechter und gereizter Laune, ich möchte bitte ein Medikament dagegen.

Zu Hause Pilates, Brotzeitvorbereitung (nicht mehr so langwierig wie Granatapfelpulen).

Zum Nachtmahl brauchte Herr Kaltmamsell den Ernteanteil auf und erstellte aus Weißkraut und Kartoffeln Colcannon (Kartoffelbrei mit gebratenem Weißkraut). Wärmend und gut. Nachtisch adventliche Süßigkeiten, Schokolade.

Die Ellbogenlöcher in Herrn Kaltmamsells Haus-Strickjacke habe ich wohl das eine oder andere Jahr zu lang angesehen, ihr Durchmesser lässt sie mittlerweile wie Design und Laufsteg-tauglich wirken. Gestern bestellte ich ihm (nach Einholen von Einverständnis, nur Ja heißt Ja) einen irischen Nachfolger, um einen erfreulicheren Anblick zu bekommen (schönes Zeug da).

Früh ins Bett zum Lesen, neue Lektüre ist Percival Everett, James: Mark Twains kanonische Geschichte Adventures of Huckleberry Finn aus der Perspektive des Sklaven Jim erzählt, das hatte mich sofort gereizt (erinnert man sich eigentlich noch an Christine Brückners Wenn du geredet hättest, Desdemona?).

§

Maximilian Buddenbohm erweist sich als pflichtbewusster Hamburger und besucht den Fischmarkt, damit sich jederzeit ausreichend dekorative Einheimische unter den Touristen bewegen:
“Maritime Stimmungsfragen”.

München ist in puncto Stadt-Deko schon auch rührig. Zwar ignoriere ich die jährlichen Aufforderungen, in anständigem Dirndl das Oktoberfest zu authentifizieren, erfülle meine Münchnerinnen-Pflicht aber durch Biergarten-Sitzen, Janker-Tragen und vor allem öffentliches Bayrisch-Sprechen bei jeder sich bietenden Gelegenheit. (Die Auswärtigen wissen ja nicht, dass gebürtige Münchner*innen ihr Bayrisch fast alle verlernt haben und man am Dialekt treffsicher die zugezogene Provinzlerin oder vom Land identifiziert.)
Manchmal scheitert mein Auftritt allerdings: Wenn ich in der Rolle der “Ich wohne fei hier!” mit Einkäufen oder in Eile durch Besuchergruppen navigiere und darauf hoffe, dass ich vielleicht bestaunt werde (“guck, hier kaufen die Leute auch Frühstücksbrötchen!”), mir vor allem aber Platz gemacht wird.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 29. Oktober 2024 – Raphaela Edelbauer, Die Inkommensurablen

Mittwoch, 30. Oktober 2024 um 6:32

Guter Nachtschlaf, allerdings Verwirrung, als ich um 5:42 Uhr aufwachte, überzeugt war, dass ich noch eine Stunde schlafen konnte und mich nach dem Klogang wieder hinlegte: Der Wecker klingelte planmäßig in dem Moment, in dem mein Kopf auf das Kissen traf um 5:45 Uhr.

Morgenhimmel mit erster Helligkeit, die Silhouette eines Kirchturms, darunter Park eine Straße

Zu meiner Überraschung und Freude gab es zum Hellwerden klaren Himmel mit Mondsichel und Sternen.

Der Bürovormittag war mit reichlich Arbeit und Bewegung gefüllt, wie an den meisten Dienstagen waren die Büros gut besetzt. Mittagscappuccino bei Nachbars, dann spazierte ich weiter zu Discounter-Einkäufen. Die sonnige Luft roch kalt, war aber mild, ich genoss jeden Atemzug.

Spätes Mittagessen, weil Querschüsse: Roggenvollkornbrot, Granatapfelkerne mit Soja-Joghurt.

Emsiger Nachmittag, ohne dass ich mich hetzen musste. Feierabend in letzter Abenddämmerung, auf meinem Heimweg roch die Luft wunderbar.

Unterwegs weitere Lebensmitteleinkäufe unter anderem fürs Abendessen: Herr Kaltmamsell war aushäusig, ich musste mich selbst versorgen.

Leider hatte ich enorm schlechte Laune inklusive Bereitschaft, alles, jede und jeden schlecht und blöd zu finden.

Zu Hause Häuslichkeiten, nach Pilates und Brotzeitvorbereitung machte ich mir als Abendessen Nudeln mit frischen Tomaten und Paprika in Joghurtsauce – da keine kurzen Nudeln im Haus waren (Orecchiette zählen meiner Ansicht nach nicht, zu speziell), bediente ich mich an dem Berg Spaghetti, der sich durch Einkaufslisten-App-Fehlfunktion angehäuft hatte. Ein wenig Gelbe-Bete-Salat war auch noch da, Nachtisch Schokolade. Schon wieder aß ich insgesamt zu viel und wurde mit Bauchdrücken bestraft.

Früh ins Bett zum Lesen, ich wollte Raphaela Edelbauer, Die Inkommensurablen wegbekommen, das mir auf die Dauer dann doch zu abgedreht saturnalisch war. Ich las es dann auch aus.

Die Romanhandlung umfasst 48 Stunden um die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien Ende Juli 1914 in Wien und dreht sich um vier sehr außergewöhnliche Personen:
– Der 17-jährige Hans, mit dem die Handlung einsetzt, ist gerade von dem Bauernhof in Tirol geflohen, auf dem er nach dem frühen Tod seines bürgerlichen Vaters seit Jahren schuften musste. Warum er trotz diesem Hintergrund fast ohne Dialekt sprechen kann und soviel gelesen hat, wird über die weitere Handlung hin erzählt.
– Klara, die gerade in Mathematik promoviert wird – aus bitterarmem Lumpenproletariat stammend. Dieser Widerspruch klärt sich auf den nächtlichen Streifzügen durch Wien, sie macht mit ihren Freunden Station an den wichtigsten Orten ihrer Vergangenheit. Hans trifft sie im Stiegenhaus von
– Helene, der resolute Psychoanalytikerin, wegen der er unbedingt nach Wien wollte. Ihre Geschichte wird in einem eigenen Kapitel erzählt.
– Adam, junger Sohn einer adligen Militärfamilie, mit Klara befreundet und Patient von Helene, der von Kleinkindbeinen an brutal auf eine Offizierskarriere gedrillt wurde. Auch seine Geschichte wird in eigenen Kapiteln erzählt.

Um sie herum tobt Kriegsbegeisterung, ganz Wien ist im Taumel. Die drei absolvieren ein Abendessen bei Adams Familie, auf dem alte, hohe Offizielle die Kriegslage diskutieren. Dann ziehen sie los durch die Wiener Zwischenwelt von Homosexuellen und Drogen. Dazwischen diskutieren sie ausführlich Klassenfrage und Weltlage. Was sie verbindet, sind übersinnliche Wahrnehmungen.

Das alles ist rauschhaft mit vielen Details erzählt, politische Diskussionen wechseln sich ab mit tumultartigen Schlägereien, Orgien, Wahn, am Ende wird Klaras Rigorosums-Vortrag über die Inkommensurablen seitenlang wörtlich wiedergegeben. Mir wurde schon klar, dass die Erzählweise das Durcheinander direkt vor Kriegsausbruch spiegelte, die Gleichzeitigkeit von allem Nicht-Alltäglichen, den irrationalen Kriegsrausch. Doch mir war das insgesamt einfach zu viel, zu konstruiert: Ich kam keiner Figur, keinem Ort und keinem Thema (eingebaut sind auch Suffragetten und Zwölftonmusik) nahe.

§

Entdeckung auf instagram (Beifang aus dem beruflichen Pressespiegel: Der Tagesspiegel hatte “Vermittlungskünstler” aus der Forschung vorgestellt.):
robinga_schnoegelroegel, Plantfluencer, informiert zu Biodiversität.
Hier sein Rant zu Zuchtsorte aus dem Supermarkt und ihre ökologische Auswirkung auf den heimischen Garten.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 28. Oktober 2024 – Ausflug nach Neuperlach

Dienstag, 29. Oktober 2024 um 6:23

Eher unruhige Nacht, verkraftbar nach all dem guten Schlaf.

Nebel über einem herbstbunten Park, schemenhaft ein Kirchturm

Das Draußen war zurückgekehrt zur Nebelsuppe. Bei der Morgentoilette hörte ich über den Innenhof unseres Wohnhauses einen Nachbarn deutlich übler husten als den gebeutelten Herrn Kaltmamsell, aber bei diesem Nachbarn handelte es sich mutmaßlich um den Herrn, der mit starkem Rauchen nachhilft.

In der Arbeit schaffte ich schnell so viel weg wie möglich, stimmte mich mit relevanten Team-Mitgliedern ab, nahm am ersten Teil einer wöchentlichen Online-Runde teil – dann brach ich auf zu meinem Termin Myom-Sprechstunde in der Klinik Neuperlach.

Lange U-Bahn-Fahrt, das letzte Stück ging ich lieber zu Fuß, als mich vom Bus fahren zu lassen, ich wollte ein wenig Neuperlach sehen.

Der Termin involvierte doch einiges an Warterei, aber darauf war ich im Klinik-Betrieb vorbereitet. Die Fachärztin nahm sich viel Zeit fürs vorbereitende Gespräch, dann auch für die Untersuchung, ebenso fürs anschließende Besprechen der Untersuchung und möglicher Konsequenzen. Es stellte sich heraus, dass meine Gebärmutter mittlerweile von meinem (seit vielen Jahren bekannten) Riesenmyom und einigen kleineren Gefährten komplett vereinnahmt wurde, auf dem Ultraschall-Bildschirm war nichts zu sehen außer MYOM, Myome und Gebärmutterhals. Das bedeutet laut der Gynaäkologin: Entfernung der Wucherungen selbst unmöglich, doch auch die Entfernung mitsamt Wirts-Organ ist mit für mich überraschenden Risiken behaftet (Frau Dr. hatte tatsächlich Zahlen dazu im Kopf, ich war beeindruckt). Ich werde nachdenken müssen.

Erst nach eins stand ich wieder draußen – und freute mich über einen weiteren Sonnentag, der es durch den Nebel geschafft hatte.

In der Sonne gehen Menschen über eine Brücke, im Hintergrund Wohnhochhäuser und blauer Himmel mit weißen Wolken

Der Himmel über Neuperlach, für mich ein sehr selten besuchtes und deshalb exotisches Stadtviertel Münchens. Doch mir war die lebendige Atmosphäre mit vielen bunten Menschen sofort sympathisch, das viele Grün half ebenfalls, architektonisch fand ich die verschiedenen Wohnblock-Epochen interessant.

Zurück im Büro stürzte ich mich kurz vor zwei exterm hungrig auf meine Brotzeit: Roggenvollkornbrot, Granatapfelkerne.

Dann schaffte ich ordentlich was weg, kam gut durch bis zum Feierabend, musste allerdings selbst an diesem sonnigen Tag die letzte halbe Stunde das Licht im Büro einschalten.

Herr Kaltmamsell muss diese Woche nicht in die Schule und kann seine Zeit frei einteilen: Er hatte die Einkaufsliste leergekauft, ich ging direkt nach Hause. Dort Blumengießen, Wäscheaufhängen, eine halbe Stunde Pilates, Brotzeitvorbereitung.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell aufgewärmt die zweite Runde Gänsebraten mit Semmelknödelfüllung, wieder sehr gut. Auch Gelbe-Bete-Salat war noch da. Nachtisch Nusskuchen und Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 27. Oktober 2024 – Vorübergehender Sonnensieg

Montag, 28. Oktober 2024 um 6:22

Ist mir möglicherweise noch nie passiert: Ich hatte morgens das Ende der Sommerzeit vergessen. Beim Aufwachen zeigte mein Nicht-Funk-Wecker sieben Uhr an, das passte zu meinem Gefühl des Ausgeschlafenseins. Doch später nach Spülmaschine-Ausräumen und Milchkaffeekochen war es auf meinem Handy 20 nach 6, dasselbe zeigte der Laptopbildschirm an. Wo es doch draußen bereits sichtbar tagte? Erst jetzt erinnerte ich mich an den Grund. Und aktualisierte die Uhren an Mikrowelle und Backofen, im Bad und Schlafzimmer.

Beim Aufwachen zogen gerade meine Nasenschleimhäute wieder zu: Am Vortag hatte ich mir einen Chlorschnupfen aus der Hölle geholt und zum Schlafen Nasenspray gebraucht. Herr Kaltmamsell wiederum hustete und schnupfte echt und infiziert, der ärmste, sein Husten klang schon ganz mut- und kraftlos.

Nach Bloggen und der Zubereitung von Gelbe-Bete-Salat (Ernteanteil) fürs Abendessen war ich also in neuer Zeitzählung schon um halb zehn fertig für meinen Isarlauf. Zu meiner Begeisterung hatte sich gerade jetzt der Hochnebel verzogen und die Sonne durchgelassen. Ich konnte mich schier nicht für eine Strecke entscheiden, denn auf allen meinen gewohnten gab es Ansichten und Aussichten, die ich gern bei diesem Licht und zu dieser Jahrezeit sehen wollte. Es wurde dann die Strecke direkt weg von der Haustür über den Alten Südfriedhof Richtung Thalkirchen und zurück.

Ich hoffte mit leichtem Zagen auf Lauftüchtigkeit, nachts war ich einmal mit besonders heftigen Kreuzschmerzen bis ins Bein aufgestanden. Doch das hatte keine Auswirkungen, erst gegen Ende meiner gut 100 Minuten zwickte das Kreuz ein wenig. Als sich auf Höhe Maria Einsiedel auch die ersehnte Leichtigkeit in Beinen, Herz und Kopf einstellte, erfüllte mich tiefe Dankbarkeit für die Körpertüchtigkeit, die mir das ermöglichte.

Düsterer Himmel über einem herbstbunten Park, man sieht die Sonne hindurch

Erste Ahnung, dass es die Sonne schaffen könnte.

Denkmal in einem sonnenbeschienenen Herbstpark, auf dessen Sockel sitzen zwei Männer, zwischen ihnen ein E-Roller

Alter, parkähnlicher Friedhof mit Sonnenschein

Etwas erhöhter Blick auf einen Bach, daneben ein Weg, umgeben von Bäumen

Brücke über Fluss, in der Mitte ein Reiterdenkmal, rechts der Fluss, an dessen Ufer sitzen Menschen

München strömte umgehend ins endlich sonnige Draußen, die Weg füllte sich schnell mit Menschen an Hundeleinen, Jogger*innen, Spaziervolk, Sonnensitzer*innen.

Kahler kleiner Baum über Pfade, im Hintergrund Wiese und Sonnenschein

Hohe, fast kahle Bäume über einem Fußweg

Sonnige Flusslandschaft mit weitgehend kahlen Bäumen

Weg mit fast kahlen Bäumen in der Sonne, darauf eine Joggerin, im Hintergrund Schornsteine

Lichter herbstlicher Laufwald in der Sonne, in der Mitte ein Fußweg

Alter, parkähnlicher Friedhof in der Sonne, im Hintergrund ein kleiner Kirchturm mit Ziffernblatt einer Uhr

Frühstück kurz nach eins: Kartoffelsalat mit Majo, Roggenvollkornbrot mit Tomate, Nusskuchen (etwas zu viel). Kurze Siesta, dann Zeitunglesen und Romanlesen im Wohnzimmer – ich musste den Rollladen ein wenig herablassen, um nicht vom Sonnenlicht geblendet zu werden!

Ab Nachmittag roch es köstlich in der Wohnung: Herr Kaltmamsell briet auf meinen Wunsch fürs Nachtmahl die erste Gans der Saison. Sie war gerade gar, als ich eine Runde Pilates durchgeturnt hatte.

Braun gebratene Gans

Bei Geflügel ergänzen sich Herr Kaltmamsell und ich perfekt: Er kommt aus einer Brust-Kultur, ich aus einer Schenkel- und Knochenfiesel-Kultur. Also holte ich mir Keule und Flügel der Gans, er bekam eine Brust, beide bedienten wir uns an der Semmelknödel-Füllung, als Gemüse hatte ich ja Gelbe-Bete-Salat vorbereitet. Schmeckte alles hervorragend – und es blieb reichlich für mindestens eine weitere Mahlzeit übrig. War dann aber doch so viel, dass nur ein winziges Stück Schokolade hinterherpasste, eher aus medizinischen Gründen.

Früh ins Bett zum Lesen, weiter Vergnügen an der Lektüre von Raphaela Edelbauers Die Inkommensurablen und Formulierungen wie:
“Gelbe Barockfassaden standen in der Sonne wie geschmückte Pfingstochsen.”

§

“Der Straßenverkehr ist ein Kriminalitätsschwerpunkt”.

§

Ein schöner Artikel über Kommunikation in Fremdsprachen, mir als Teil einer vielsprachigen Familie mit nicht immer klar abzugrenzenden Überschneidungen ist das vertraut.
“Austausch an der Adria
Jedes Verstehen ist ein Gruppenerfolg”.

Es gibt auf Reisen mehr als Verstehen und Nichtverstehen. Reden in zwei verwandten Sprachen, von denen jede Person am Tisch nur eine spricht, fühlt sich an, als würden zwei Züge in gegensätzliche Richtungen aneinander vorbeifahren. Man nimmt Schemen und Fetzen wahr, ein bisschen Wahrheit und eine Kaskade von Irrtümern. Die jüngere Frau: „Mein Vater lebt in Deutschland.“ Ich: „In welcher Stadt in Deutschland?“ „Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Stuttgart …“ „Nein, ich meine, wo lebt dein Vater?“ „Wieso mein Vater? Mein Vater ist tot.“ ­Samuel Beckett hätte seine Freude gehabt.

Aber unser absurder Diskurs hat auch eine merkwürdige Poesie. Wir wiederholen uns in Endlosschleife, langsam und betont wie Betrunkene. Wenn nichts geht, lächeln wir und trinken mehr Kaffee.

§

Es mag eine Art Aberglaube sein: Je mehr Berichte ich von Menschen lese, die sterbende Angehörige begleitet haben, desto weniger schlimm wird dieses Begleiten für mich werden. Dabei weiß ich doch, dass es Gefühle gibt, auf die ich mich nie werde vorbereiten können. Dennoch hier weitergereicht sieben Geschichten, die Angehörige vom Sterben erzählen:
“Protokoll: ‘Ich habe mir das Sterben irgendwie unwürdiger vorgestellt'”.

Hier noch einer, der bei “Daß ich weder den Tag noch die Stunde kenne” nicht an sein eigenes Ende denkt, sondern an den der allerliebsten.
“Von einer großen Liebe bleibt auch,”.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 26. Oktober 2024 – Energischer Hochnebel, Kulinaritäten

Sonntag, 27. Oktober 2024 um 7:58

Nach gutem und reichlichem Nachtschlaf gab es Mokkatorte zum Frühstück: Ich hatte am Vorabend bereits die Kuvertüre für das Überziehen des Haselnusskuchens bereitgestellt, und zwar in einer Tasse für Milchkaffee. Schmelzen in der Mikrowelle (seltener Einsatz), Kuchen rundum bepinselt – und in diese Tasse goss ich dann Espresso und geschäumte Milch. Eine üppige Mahlzeit.

Im Vordergrund auf einem kleinen weißen Teller zwei Scheiben Kastenkuchen, im Hintergrund der restliche mit Schokolade überzogene Nuusskuchen

Herr Kaltmamsell ließ sich später zum Frühstück zwei Scheiben servieren und kam zu demselben Ergebnis wie ich beim Kosten am Nachmittag: Guter Haselnusskuchen, aber nicht besser als unsere bisherigen Rezepte. Meine Erkenntnis: Nussgebäck mag ich am liebsten in Form von Hefezopf.

Nach dem Bloggen kochte ich Kartoffeln zur Verwertung der restlichen Majonese, setzte Hefeteig für die Pizza am Abend an, der im Kühlschrank gehen sollte.

Telefonat mit genesendem Familienmitglied: Endlich die erlösende Nachricht deutlicher, sogar schlagartiger Besserung, es fiel der Begriff “Wunder”; da wir beide aber nicht gläubig sind, er zumindest nicht katholisch, fiel uns nicht gleich ein Heiliger oder eine Heilige ein, der wir ein Votivtäfelchen pinseln könnten.

Draußen war es wieder hochneblig düster, aber mild. Ich radelte zum Olympiabad.

Draußen vor einer mehrspurigen Straße ein SUV-Auto in Originalgröße, das aussieht, als sei es mit einer vermodernden Decke überworfen

Am Stiglmaierplatz: Über dieses Kunstprojekt “Mash & Heal” von Folke Köbberling hatte ich bereits im Blog von Heiko Bielinski gelesen. Der scheinbare SUV wurde “aus einem selbsthergestellten kompostierbaren Verbundstoff aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt”. Der Zersetzungsprozess bis Oktober 2025 ist Teil des Projekts – da ich auf dem Weg zum Schwimmen regelmäßig daran vorbeikomme, bin ich schon gespannt auf den wechselnden Anblick. Gestern kehrte ich fürs Foto um (es brauchte ein paar Sekunden, bis ich begriff, was ich da gesehen hatte): Auf dem Heimweg würde ich nicht so nah dran vorbeifahren.

Die Schwimmrunde im eher mehr frequentierten Olympiabad war anstrengend, es wollte sich nicht so recht das Vergnügen an der Bewegung und dem Wasser einstellen. Außerdem zwickte und stoch es heftig im Kreuz, mal auf der einen, mal auf der anderen Seite.

Direkter Weg nach Hause (zweimal abspringen vom Rad für Ohrenzuhalten – wo die so schmerzhaft tutenden Polizeiautos an der nahezu leeren Kreuzung doch eh grün hatten!), dort gab es kurz vor zwei Frühstück: Roggenvollkornbrot mit Butter und Tomate, Nusskuchen.

Dann machte ich mich gleich wieder auf den Weg zur U-Bahn: Ich war am Rotkreuzplatz mit einer genesenden Freundin verabredet. Wir saßen vorm Garibaldi und tranken Cappuccino (gut!), auch hier gute Gesundheitsnachrichten.

Für den Nachmittag war ein Lichten des Hochnebels angekündigt. Das trat nicht ein. Ich begleitete die Freundin noch in ihr Neuhauser Zuhause, nahm dann eine U-Bahn zurück.

Daheim bereitete ich Schmalspur-ensaladilla zu (Kartoffeln, Möhren und Erbsen aus dem Glas, Majo), las dann Wochenend-Süddeutsche – die mir Herr Kaltmamsell auf seiner Einkaufsrunde besorgt hatte, Freitag und gestern war mein Briefkasten leer geblieben.

Nach Sonnenuntergang begann ich nochmal die Pilates-Woche mit Gabi Fastner (obwohl das der vierte Durchgang ist, hatte ich bereits alles vergessen und war nicht gelangweilt), dann stellte ich die Pizza fertig. Zur Vorspeise gab ein wenig ensaladilla.

Auf Backpapier eine gebackene, unregelmäßig runde Pizza Margarita

Hmja, ist mir schon besser gelungen: Der Teig war zu hart geworden. Dazu ein Glas spanischer Rotwein. Nachtisch Schokolade.

§

Hans Well fasst in der Süddeutschen die Misere der deutschen Automobilindustrie zusammen, und ich begreife einfach nicht, warum das eine Minderheiten-Erkenntnis ist (€):
“Die Fossilen”.

„Der Deutsche“ verschnarchte im Schlaf des Selbstgerechten entscheidende Entwicklungen. Konzeptstudien auch für E-Autos verschwanden offenbar zugunsten immer größerer SUVs in Schubladen; frustrierte E-Ingenieure gingen samt technologischem Know-how nach China, wo man ihre Ideen umsetzte. Deutsche Auto-Krattler setzten derweil kriminelle Energien zum Pratzln von Diesel-Kunden um.

Lang lief es ja unter der „Klima“-Kanzlerin für deutsche Autofirmen rosig. EU-Abgasregeln wurden regelmäßig nach deutschen Regeln geregelt. Schadstoffverursacher formulierten EU-Wunschwerte gleich selber. Zahlreiche Lobbyisten verhinderten mit Politikspezln in EU-Kommissionsberatungsgruppen wie Cars 21 schärfere Teststandards. Dabei hätten diese den Dieselskandal der deutschen Rosstäuscher wohl verhindert.

(…)

Minis wuchsen zu Maxis, obwohl die Reichweite von Batterien bei Viertonnern schmilzt wie Grönlandeis; der Klimawandel scheint der Autoindustrie eh wurst zu sein – man hofft wohl auf Märkte für Amphibienfahrzeuge.

(…)

München würde, statt Feinstaub zu bekämpfen, womöglich am liebsten der IAA am Marienplatz auch noch das Rathaus als Showroom bieten. Dabei dräut ab 2025 ein CO₂-Flottenwert der EU von 100 g/km. Das weiß VW schon lange, sieht aber trotz der Überschreitung darin kein Problem, weil die Chefetage gesichert ahnt, dass sie sich auf Lobbyisten und Politiker beim Verhindern von EU-Strafzahlungen verlassen kann.

Dass Politik und Autolobby damit die überlebenswichtige Transformation auf die automobile Neuzeit gefährden, könnte einem am Kotflügel vorbeigehen, wäre Massenarbeitslosigkeit kein potenzieller Turbolader für eine AfD, die schon jetzt bei 18 Prozent steht. Dabei läge es doch im Eigeninteresse aller Parteien, E-Fuel- und Antiverbrenner-Populismus einzustellen und dieser deutschen Schlüsselindustrie mit klaren Leitlinien auf die Sprünge zu helfen.

Und nein: Diesmal geht es nicht darum, dass man hinterher immer schlauer ist. Diese Stimmen und Hinweise samt Belegen gibt es seit Jahrzehnten.

§

Aber: Klimakatastrophe Schmimakatastrophe, kommen wir zu den wahren Skandalen. In England hat sich ein Betrüger 22 Tonnen handwerklich hergestellten Cheddars erschlichen, die hoch geschätzte Neal’s Yard Dairy steht vor großem Schaden.
“Cheesemakers in shock as £300,000 of produce stolen in sophisticated scam”.

The 950 stolen cheeses were Hafod Welsh organic cheddar, Westcombe cheddar, and Pitchfork cheddar, which have won a number of awards and are among “the most sought-after artisan cheeses in the UK”, Neal’s Yard Dairy said.

Jamie Oliver hat zur Unterstützung der Polizei-Ermittlungen aufgerufen.

(Wo zum Henker will der Betrüger seinen Käse gewinnbringend verkaufen? Der Betrug hat sich doch sofort in der Feinschmecker-Community herumgesprochen! HANDELT ES SICH UM EINE AUFTRAGSTAT?!)

die Kaltmamsell