Archiv für Januar 2005

Der getürkte Deutsche in Antalya

Montag, 31. Januar 2005

Atilla noch nicht beschnitten, erster EU-test-türke, 6 fuss hoch und mit einem kampfgewicht von 276 lbs eine stadtliche figur. Lebt zur zeit in antalya und erleidet aufgrund türkischer eigenarten mehr nerven zusammenbrüche als die Queen zu Dianas lebzeiten.

Wieder ein Blog, das ich gerne erfände, wenn es nicht schon existierte:
Heimatlos

Darin zum Beispiel:

Was Salz im Mocca mit Liebe zu tun hat.

Oder: Antalya und ihre Gigolos.

Wenn die neue Abteilungsleite ihre Pressespreche anruft

Montag, 31. Januar 2005

Nur ganz selten kommt er von allein: Ein deutscher Beruf in der Grundform mit Genus feminin. Fast immer bedarf die weibliche Form einer eigenen Endung.
Die Bemühungen der letzten Jahrzehnte, Frauen auch grammatikalisch sichtbar zu machen („Lehrer und Lehrerinnen“, „Kollegen und Kolleginnen“ etc.) haben uns Frauen umso deutlicher darauf gestoßen, dass wir das Andere sind, die Sonderform – nicht das Übliche und Selbstverständliche. Dazu kamen sprachliche Kollateralschäden wie das Binnen-I (StudentInnen), gerne mit glottal stop vor dem I ausgesprochen. Bäh.

Think outside the box! Die deutsche Wortbildung bietet eine viel elegantere Lösung: feminine Grundformen. Ich denke da an Wörter wie Hexe oder Hebamme, Schlampe oder Putze, die sich für die Vermännlichung ein maskulines R anhängen müssen.

Machen wir also Nägel mit Köpfen:
– die Bäcke, der Bäcker
– die Manage, der Manager
– die Schlosse, der Schlosser
– die Arzthelfe, der Arzthelfer
– die Pressespreche, der Pressesprecher
– die Verkäufe, der Verkäufer
– die Bibliotheksleite, der Bibliotheksleiter
– die Kindergärtne, der Kindergärtner
– die technische Zeichne, der technische Zeichner
– die Unternehme, der Unternehmer

Manchmal werden wir trotz dieses neuen Musters nicht um eine weibliche Endung rumkommen, unter anderem bei:
– die Chefin, der Chef
– die Professorin (die Professore?), der Professor
– die Journalistin, der Journalist
– die Polizistin, der Polizist

Netterweise gibt’s ja ein paar Bezeichnungen, die nur das Genus ändern müssen, nicht die Wortendung, zum Beispiel:
– die / der Vorsitzende
– die / der Angestellte
– die / der Beamte

Frau Duden, wo kann ich das einreichen?

Schlittschuhlaufen

Sonntag, 30. Januar 2005

Gestern end-lich auf dem Stachus beim Schlittschuhlaufen gewesen. Nicht zu vergleichen mit Central Park oder Gorki Park (geht fast ohne Schmerzen, die Münchner Eisbahn in diese Reihe zu stellen), aber trotzdem mitten in der Stadt und schön bescheuert. Außerdem war gestern die letzte Gelegenheit für diese Saison.

Ich war schon viele Jahre nicht mehr Schlittschuhlaufen gewesen. Während ich im nachmittäglichen Sonnenlicht meine Runden drehte, hing ich Erinnerungen an meine persönliche Schlittschuh-Laufbahn nach.

Das erste Paar Schlittschuhe bekam ich mit vier Jahren zu Weihnachten. Meine Mutter erzählt, dass ich sie gleich am nächsten Tag ausprobieren wollte. Da der „Künettigraben“ meiner Geburtsstadt gefroren war, ging das auch (ich musste erst erwachsen werden um zu lernen, dass nicht etwa ein Signore Künetti der Namensgeber war). Dort hatten ganze Generationen Schlittschuhlaufen gelernt, auch meine Mutter, bis ein Stadtbach durchgeleitet wurde und der Graben nicht mehr zufror. Die Holzbrücke darüber bot mit ihren Pfeilern und Verstrebungen Sitzgelegenheit, um die Schlittschuhe anzuziehen oder sich auszuruhen. Meine Mutter erzählt auch, dass ich nach zehn Minuten bereits genug hatte und wieder nach Hause wollte (diese angeborene Unsportlichkeit war meinen Eltern ein ewiges Kümmernis).
Am schönsten konnte man aber auf dem Baggersee der Stadt schlittschuhlaufen. Er muss in meiner Kindheit regelmäßig dick genug gefroren gewesen sein, denn ich erinnere mich an viele Erlebnisse auf dem See. Der Baggersee ist nicht nur einer, sondern heißt auch so; fast 50 Hektar Eis kann er im Winter bieten. An einigen Ecken waren immer Eisstockschießbahnen freigeschubbert, auf dem Rest liefen wir spazieren.

Einen Winter gab es in den 70ern, in dem es plötzlich viele Tage lang eisig kalt war, ohne dass auch nur eine Schneeflocke fiel. Das Ergebnis war ein spiegelglatt gefrorener Baggersee. Das Eis war so glasklar, dass der ganze See schwarz aussah und wir eingefrorene Fische und Pflanzen erkennen konnten. Meine Mutter, die unter Vertigo leidet und bereits auf Brücken Schwierigkeiten hat, wagte sich keinen Schritt hinaus. Ich wiederum konnte mich gar nicht sattsehen und verbrachte Stunden auf dem Eis.

Einige Jahre später wurde in der Stadt ein Eisstadion gebaut. Das bot nicht nur verlässlich Eis und mit seinem Dach Schutz vor der Witterung, sondern lockte auch mit einem Kiosk. Und an dem gab es „Skiwasser“, kalt oder heiß, rosarot. Vermutlich handelte es sich einfach um Himbeersirup, der entweder mit Mineralwasser oder heißem Wasser aufgegossen wurde, aber ich fand das Getränk sensationell. Zudem spielte im Eisstadion Musik, man traf Gleichaltrige, und in der Mitte der Eisfläche übte immer irgend jemand Eiskunst-Figuren.

Das Schlittschuhlaufen im Kreis auf einer Kunsteisbahn ist zwar alle paar Jahre mal ganz nett (und in Gorki Park würde ich wirklich sehr gerne mal fahren), aber die große Sehnsucht habe ich nach dem Baggersee. In Winterluft unter klarem Himmel mit kräftigen, langen Zügen den See durchmessen, den Blick auf die riesigen Eichen am Ufer genießen, gleichzeitig immer das Eis im Blick, damit nicht ein Ast, eine Schneeverwehung oder ein eingefrorener Gegenstand den Lauf abrupt stoppt.

Ja, hingefallen bin ich gestern auch, gleich zu Beginn. Blaue Flecke über beiden Knien.

Altgriechisch heute

Donnerstag, 27. Januar 2005

„Meine Tochter möchte unbedingt Altgriechisch lernen“ schreibt mir ein Leser Stefan und bittet mich, den Fragebogen, den ich hier mal erfunden habe, selbst zu beantworten.

Aber gerne!

Zuvor: Stefan, bitte knutschen Sie mir Ihre Tochter ganz fest. „Möchte unbedingt Altgriechisch lernen“! Guuuute Tochter!

– Wie beurteilst Du im Nachhinein Deine Kurswahl? Gut / schlecht / irrelevant
Altgriechisch war das beste an meiner gesamten Schulzeit. Ich tauchte in eine Welt der Intellektualität ein, die mein geistiges und ethisches Heranwachsen prägte. Von den Begründern unserer abendländischen Kultur lernte ich zu fragen und zu hinterfragen.

– Hast Du in Deinem weiteren Leben von diesem Kurs profitiert? Nein / ja, privat, nämlich … / ja, beruflich, nämlich …
Ja, ja.
Privat durch die Freude am Debattieren und Nachdenken. Und ich behaupte immer noch, dass wir Altgriechen uns bereits nach wenigen Sätzen gegenseitig erkennen.
Beruflich: Bereits in meinem ersten Semester Nebenfach-Geschichte bot mir der Lehrstuhl Alte Geschichte einen Hiwi-Job an. Zudem weiß ich, dass in manchen Manager-Seminaren mit Platos Höhlengleichnis gearbeitet wird. Scheint also was für die Karriere herzugeben.

– Würdest Du Deinen Kindern Altgriechisch empfehlen? Ja / nein / egal.
Ich habe keine Kinder und würde diese Empfehlung sehr vom einzelnen Kind abhängig machen. Einem Menschen, der am glücklichsten ist, wenn er aus Metallabfällen einen Hubschrauber baut, würde ich es nicht empfehlen. Wohl auch keinem, der sich noch nie für die Hintergründe dessen interessiert hat, was er so sieht und hört.
Aber jemandem, der schon als Kind fragt: „Mama, warum IST was?“ – ja. Einem Menschen, der „unbedingt Altgriechisch lernen“ möchte – ja!

– Gibst Du Altgriechisch im Fächerkanon bayerischer Gymnasium langfristig eine Chance? Ja / nein.
Ich fürchte nein. Wenn von Bildung immer mehr ein direkt wahrnehmbarer praktischer Nutzen erwartet wird, steht ein Fach, das im Endeffekt Grundlagen des lebenslangen Lernens vermittelt, auf verlorenem Posten.

In welchem Umfang (Grund- oder Leistungskurs) weiß die angehende Altphilologin dann selbst am besten.

Warum habe ich selbst damals eigentlich Altgriechisch statt Französisch genommen? Zum einen sicher, weil der gute alte Herr Graßl, Fachbetreuer Altgriechisch, heftig dafür warb, bei Schülern und Eltern. Seine Argumente gingen wohl in die Richtung, dass man mit Altgriechisch-Kenntnissen viel besser Medizin studieren und überhaupt ganz viele Fremdwörter aufschlüsseln könne. Halte ich für Blödsinn, aber das kapierten die Leute wenigstens.
Zum anderen war es vermutlich blanker Snobismus. Altgriechisch war etwas Besonderes, das lernte so gut wie niemand, außerdem hatte es eine Geheimschrift. Die Faszination der griechischen Mythologie mag für mich auch eine Rolle gespielt haben. Und ich sagte mir, dass ich Französisch später auch noch lernen könne, Altgriechisch aber jetzt oder nie. Wie schon bei der Wahl des Gymnasiums ließen meine Eltern mir freie Wahl.

Habe ich schon die Geschichte von der Altgriechisch-Enthusiastin in Madrid erzählt? Erst in Spanien lernte ich vor 15 Jahren endlich mal coole Altphilologen kennen. Was ich bis dahin an deutschen Lehrstühlen gesehen hatte, lag an Verstaubtheit nur knapp über Priesterseminaristen. Die Gruppe Studenten von der Madrider Complutense, auf die ich während eines Übersetzungsjobs traf, brachten ihrem Fach die gleiche Leidenschaft entgegen, mit der ich Englische Literatur studierte. Außerdem konnten sie singen. Da war diese Nacht in Cáceres, als wir mit einer Gitarre unterwegs waren und aus einem Fenster ein Saxophon erklang. Wir sangen hoch, und die Sax-Spielerin sah aus dem Fenster….. andere Geschichte.

Unter diesen Altphilologen war eine junge Frau von der Schönheit einer persischen Prinzessin; nennen wir sie Isabel. Sie kam aus ärmsten Verhältnissen, war aber eine so überragende Studentin, dass sie auch ihren Vater mit ihren Stipendien durchfüttern konnte.
Nach ersten Abschlussprüfungen unterrichtete Isabel ein Jahr an einer Schule Latein, zusätzlich Altgriechisch als rege besuchtes Wahlfach. Doch dann strich die Schulleiterin das Griechisch-Angebot zugunsten eines moderneren Faches und behauptete, die Nachfrage sei zu gering gewesen. Isabel begann, um ihr Lieblingsfach zu kämpfen. Im Lateinunterricht nahm sie griechische Mythologie durch und lockte mit mehr. Als aufgrund dessen Eltern die Schulleitung um eine Wiedereinführung des Faches baten, verbot die Direktorin Isabel, Werbung für Altgriechisch zu machen. Daraufhin ließ Isabel T-Shirts mit altgriechischen Zitaten drucken und trug sie in der Schule. -¿Esto que quiere decir?- fragten die Schüler sie auf den Gängen, „was heißt das?“. Isabel sagte es ihnen, erklärte die Buchstaben und woher das Zitat stammte. Doch die Schulleitung blieb hart, und so bot Isabel Altgriechisch unentgeltlich in der Mittagspause an – vor vollen Bänken.

Spanische Altphilologen 1989 (ohne Isabel)

Geschichte tragen

Donnerstag, 27. Januar 2005

Die Gedanken von Herrn Shhhh.

Die Gedanken von Anke Gröner.

Ich finde die Quelle nicht mehr – war es Eli Wiesel, der darauf hinwies, dass jemand, der am deutschen Wohlstand teilhat, auch die Folgen der deutschen Vergangenheit mittragen muss?

Es gehört zur Integration von Einwanderern (und Einwandererkindern wie mir), sie in dieses Tragen einzubeziehen. Es wäre rassistisch, die Verantwortung für das Gedenken an die Verbrechen der NS-Zeit von Blutlinien abhängig zu machen. Gibt es eigentlich in den deutschen KZ-Gedenkstätten Führer und Führerinnen, die erkennbar nicht-deutscher Abstammung sind?

Mich machte der Umstand, dass die Shoa geschehen konnte, sehr früh fassungslos. Nie hatte ich das Bedürfnis, jemandem Schuld zuzuweisen. Oder sie auf mich zu nehmen. Mein Interesse war immer getrieben von Anteilnahme am unermesslichen Leid und von der verzweifelten Frage, wie es dazu kommen konnte. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen der Zeit, Psychologie, Masse, Schlüsselfiguren…

Eine Antwort habe ich bis heute nicht gefunden, doch die Suche hat mein Menschen- und Weltbild tief geprägt. So hoch ich Bildung und Wissen schon immer hielt – bereits als Jugendliche wagte ich es nicht, eine Verbindung zu Charakterbildung zu ziehen, weil mir so sehr bewusst war, dass die Erfinder und Betreiber der Tötungsmaschinerie und ihrer Ideologie nur allzu oft hoch gebildet waren. Dazu kam die Beschäftigung mit Folter und Folterern, vor allem in Lateinamerika. Und doch wehre ich mich dagegen zu glauben, dass in jedem Menschen ein Sadist, ein Folterer, ein Mörder steckt. Ich glaube aber genauso wenig, dass Erkenntnis bereits zu Verhaltensänderung führt, dass rationale Argumente wirken.
Wie gesagt, ich bin von einer Antwort weit entfernt.

Die Anteilnahme ist geblieben, für jedes einzelne schreckliche Erlebnis, das die Judenverfolgung verursachte. Es sind Geschichte wie diese heute in der SZ, die mir immer das Herz zusammenziehen. Ich hoffe, dass das Mifühlen und die Fassungslosigkeit nie aufhören.

Und immer wieder spüre ich das deutsche Tabu Judentum. Zum Beispiel dieses Telefonat mit einem IT-Fachjournalisten namens Grünbaum. Im Lauf unserer Plauderei sprach er mich auf meinen Namen an: „Klingt spanisch.“ Ja, erklärte ich ihm, mein Vater kommt aus Madrid. „Und Ihrer klingt jüdisch,“ sagte ich. Nicht.
Ich konnte nicht. Ging einfach nicht. Obwohl ich weiß, dass genau dieses bleierne Tabu heute den Juden in Deutschland das Leben schwer macht.

Warum ich das mit dem Ehezank einfach nicht hinkriege

Mittwoch, 26. Januar 2005

Weil dazu immer zwei gehören. Und wenn nur einer sich Mühe gibt, kann das nichts werden.

Gestern Abend nach dem Knutschen und Umarmen beim Heimkommen rückte ich ein wenig vom Mitbewohner ab und deutete mit ernstem Blick und dem rechten Zeigefinger auf seine Augen. Auf das rechte, auf das linke, auf das rechte, auf das linke.

„Jaaaaahhh?“ fragte er.
„Du weißt genau, was ich meine,“ antwortete ich mit leichter Schärfe.
Aber glauben Sie, er hätte sich dieser Steilvorlage angenommen und zurückgepampt? Zum Beispiel mit einem motzigen „von deinen ständigen Andeutungen habe ich nun wirklich nichts“, oder „soll ich jetzt auch noch Gedanken lesen?“.
Nein, nichts dergleichen. Statt dessen zog er den Kopf zwischen die Schultern, guckte geprügelt und machte „Äh?“.

Das ist in den Zank-Drehbüchern, die mir bekannt sind, nicht vorgesehen. Dass ich lediglich wissen wollte, ob er sich endlich einen Termin beim Augenarzt geholt hat, musste ich also aussprechen.

Dabei dachte ich, ich hätte aus diesem Streit bei sebas alles Nötige gelernt…

(Habe ich vielleicht zu schnell aufgegeben? Hätte ich mich mit einem gezischten „Männer!“ abrupt abwenden sollen und die nächsten Stunden jedes Gespräch verweigern? „Ich geh zu meiner Mutter!“ rufen und aus dem Haus stürmen? Leise in Tränen ausbrechen?)

Italy speaking

Dienstag, 25. Januar 2005

am samstag war ich mit freunde essen: 3 schwulen und 2 lesben. supersimpatisch aber moechten immer um 20 uhr essen.

ste lesen