Archiv für Juni 2005

Birdwatching

Mittwoch, 29. Juni 2005

Dieser Vogel (oder seine Geschwister) begegnen mir regelmäßig in einer städtischen Parkanlage mit altem Bach in meiner süddeutschen Arbeitsstadt. Er ist so groß wie eine Amsel. In meinen beiden schmalen Vogelbüchern finde ich ihn nicht, deshalb: Kennt den jemand?

Favourite Songs

Mittwoch, 29. Juni 2005

List your CURRENT six favorite songs, then pick six other people that have to do the same.

Oy Gewalt, Croco! Mit Musik habe ich’s doch so gar nicht. Passen’S bloß auf, als nächstes bitte ich Sie, mir Ihre drei DERZEIT liebsten Porzellanmaler zu nennen.

„Favorite songs“? Darf ich einfach die Lieder nehmen, die in den letzten Monaten regelmäßig angenehm in meinem Kopf aufgetaucht sind oder bei denen ich mich freue, wenn ich ihnen zufällig begegne, oder die ich selbst gern singe?

– The way you look tonight (komponiert von Jerome Kern)
– This guy’s in love (gesungen von Herb Alpert)
– Que no se entere mi madre (gesungen von Pepe Blanco)
– Geh net außi, du kloana Pinzga (österreichisches Volkslied)
– Smells like Teen Spirit (in der Interpretation von Paul Anka)
– They can’t take that away from me (komponiert von George Gershwin)

Die sechs Leute: Mama, Papa, Bruder, Mitbewohner, Kollegin, Alex. (Da steht nix, dass die ein Blog führen müssen.)

Letzte Woche habe ich mir zwei CDs gekauft und angehört: Paul Anka Rock Swings und den Soundtrack von De-Lovely. Gefiel mir beides in großen Teilen. Dann habe ich festgestellt, dass ich mit Musik-CDs umgehe wie mit Büchern: Nach einmal Durchhören weiß ich, was drauf ist und stelle sie ins Regal. Durchaus möglich, dass ich später irgendwann nochmal reinhöre – aber eher unwahrscheinlich.

Warum ich keine Sambatrommler ertrage

Dienstag, 28. Juni 2005

In der Provinzstadt, in der ich groß und stark wurde, gab es eine Volkshochschule. Dort machten in den 80ern brave Hausfrauen bereichernde Dinge wie Töpfern oder Macramee oder Schmuckbäumchenbasteln. Die Hausfrauen mit Vergangenheit, also die aus dem Norden zugezogenen oder solche, die Ende der 60er / Anfang der 70er ein paar Jahre in München gelebt hatten, die machten an der Volkshochschule wildere Sachen. Zu diesen gehörte das Sambatrommeln beim Charlie B. Woher ich das weiß? Nee, meine Mutter war eine Arbeitermutter und somit bei den Töpferinnen, Spanischlernerinnen und Damenturnerinnen der Stadt; das Wildeste an ihrer Vergangenheit war die Zeit als Gruppenleiterin bei der CAJ von St. Pius.
Doch an einem Termin des Jahres traten sie unübersehbar ans Tageslicht, die Hausfrauensambatrommlerinnen des Charlie B.: beim Bürgerfest.

In meiner Geburtsstadt gab schon so früh ein zweitägiges Bürgerfest, dass es sich noch nicht herumgesprochen hatte, dass ein solches immer „historisch“ oder gar „mittelalterlich“ zu sein hat (mit einer Definition von Mittelalter, die das 19. Jahrhundert problemlos einschließt). Es wurde einfach in der Altstadt gefeiert, mit Bands und Blaskapellen, vor deren Bühne man meinen Lieblingsoberbürgermeister sich gemächlich betrinken sah. In diesen Anfangszeiten hatten auch die verschiedenen Gastarbeiter-Verbände ihre Fressbuden aufgestellt, und so kam der provinzielle Oberbayer der frühen 80er erstmals in den Genuss von Gyros und Paella (am spanischen Paellastand half ich in einem Sommer aus und wurde Zeugin, wie sich zwei zugewanderte Damen aus dem Norden Deutschlands angewidert über die riesige Pfanne beugten und urteilten: “Pa-el-la, igittigitt! Also, da muss man schon Spanier sein, um sowas zu mögen!”)

Aber zurück zu Charlie B. und seinen Sambatrommlerinnen. Irgendwann am Nachmittag des Bürgerfests bogen sie in Hordenformation um eine altstädtische Ecke: Fünfzehn bis zwanzig Frauen in den besten Jahren (die GIBT es heute gar nicht mehr, diese besten Jahre!), bewehrt mit Trommeln, Schellen, Trillerpfeifen und machten Lärm. Die langen Haare flogen wild, die frisch gebügelten Baumwollhemden und -röcke im Indienstil flatterten, alle trugen flache Schuhe oder waren barfuß, um den Rhythmus ungehindert „aus dem Bauch raus“ zu erfühlen. In den Hausfrauengesichtern spiegelte sich der Triumph, mal sowas richtig Unkonventionelles zu machen, die Fesseln des Bürgertums (das ihnen zu dem netten kleinen Sportwagen verholfen hatte, der sie aus dem Eigenheim im poshen Vorort in die Innenstadt gebracht hatte) abzustreifen, mal ganz Frau zu sein. Vorne weg Charlie B., dessen Miene man ansah, dass er sich seine Percussion-Karriere anders vorgestellt hatte.

Schon als Jugendliche empfand ich das Ganze als würdeloses Spektakel und übte Fremdschämen. Und weil ich bei den Klängen jeder Samba-Horde daran erinnert werde, kann ich sie nicht mehr hören.

Play with your food!

Montag, 27. Juni 2005

In Zeiten des Bequemlichkeitsessens sollte es kein Problem sein, in einem Brotzeitstüberl ein Schinkenbaguette zu kaufen; noch viel weniger in einem Brotzeitstüberl, das mit Baguettes wirbt. Wendelbald Klüttenrath hat in einer entsprechenden Stüberlkette ganz andere Erfahrungen gemacht.

Woraufhin ich Wendelbald dazu anstachelte, etwas Ähnliches in den weit verbreiteten Imbissbuden mit dem großen gelben M auf rotem Grund zu versuchen. Hier geht’s zum Ergebnis.

(Die Überschrift gehört zu meinen persönlich liebsten Filmzitaten. Anybody?)

Louis de Bernières, Birds without Wings

Sonntag, 26. Juni 2005

(Wenn ich über Bücher oder Filme schreibe, gebe ich mir immer Mühe, möglichst wenig von der Handlung zu verraten.)

Groß ist er, der neue Roman Birds without Wings von Louis de Bernières, das auf jeden Fall. Groß im Sinne von umfassend, dick, inhaltsreich. Da dieser Umfang aus Mosaiksteinchen besteht, also aus vielen Handlungssträngen und Episoden, dauerte es aber bis fast ans Ende des Romans, bis er für mich zu einer Einheit wurde.

Das historische Gitter sind das untergehende osmanische Reich, der Gallipoli-Feldzug, die erbitterten Auseinandersetzungen zwischen Griechen und Türken im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt steht ein kleiner Ort in Südwest-Anatolien, in dem Christen und Muslims jahrhundertelang nebeneinander und verhältnismäßig friedlich ihre Traditionen und Religionen lebten, manchmal sogar verbanden. Wir lernen unter anderem Iskander den Töpfer kennen, Philotei, ein christliches Mädchen von atemberaubender Schönheit, Ibrahim den Ziegenhirten, die Freunde Karatavuk und Mehmetçik, den orthodoxen Popen Kristoforos und den muslimischen Gemeindevorsteher Abdulhamid Hodja, den Großgrundbesitzer Rustem Bey und den Lehrer Daskalos Leonidas, einen glühenden Anhänger der neo-hellenistischen Bewegung.
Parallel wird das Leben von Mustafa Kemal berichtet, dem späteren Atatürk.

Die Stimme ist immer dieselbe, die erzählt, auch wenn einer der Protagonisten als Ich auftritt. So breitet sich das Schicksal aller Protagonisten über die Jahrzehnte vor uns aus, angereichert durch eine Fülle historischen Hintergrunds.

Das Buch kann sich nicht so recht entscheiden, ob es eine umfassende historische Aufarbeitung sein will (dann bräuchte es aber für viele, oft recht gewagte Darstellungen Quellenhinweise) oder ein Roman, der sich mit Menschen, Charakteren, Gefühlen beschäftigt. Das führt dazu, dass mir das Lesen von Birds without Wings zu weiten Strecken vorkam wie eine BBC-Dokumentation – die ja bei historischen Themen gerne mal Spielszenen mit geschichtswissenschaftlichen Erörterungen mischt.

Eine ungeheure Menge Material steckt in dem Roman – die ungewöhnlich langen elf Jahre seit seinem Vorgängerroman, Captain Corelli’s Mandolin hat de Bernières dann wohl mit gründlicher Recherche verbracht – und wenn er sich schon so viel Mühe gegeben hat, unterstelle ich ihm als Gedankengang, dann muss auch alles rein ins Buch. Mir wäre es lieber gewesen, er hätte sich darauf konzentriert, eine gute Geschichte zu erzählen.

Dem Buch scheint es sehr wichtig, gerade diejenigen Details zu betonen, die der derzeit üblichen Wahrnehmung dieser geschichtlichen Epoche widersprechen. Das Erwähnen dieser Details wäre an sich genug gewesen, aber immer wieder wedelt unübersehbar der erhobene Zeigefinger des Erzählers – auf Kosten der Geschichte. Dabei schrammt er zum Beispiel ganz knapp daran vorbei, den Genozid an den Armeniern zu rechtfertigen.

Sonst sind mir ja Autor / Autorin von Romanen recht nebensächlich. Doch selbstverständlich wird mein Lesen durch das Wissen beeinflusst, das ich über sie habe. Wenn ich einen Autor dann auch noch persönlich kenne, kann ich es gar nicht abschalten, dass ich Schlüsse vom Werk auf ihn ziehe.* Louis de Bernières habe ich ca. 1995 bei seinem Besuch an unserer Uni zwei Tage mitbetreut, und wir haben uns das eine oder andere erzählt. Deshalb schließe ich aus der großen Rolle, die Militär, Waffen, Hierarchien, Schlachten, Strategie, Logistik, Kriegsalltag spielen, dass Louis vielleicht inzwischen Frieden mit seiner Herkunft geschlossen hat: Er kommt aus einer britischen Militärfamilie (also middle class) und hat lange damit gehadert und dagegen rebelliert.

 

*Wie verheerend es sein kann, einen Autor kennen zu lernen, habe ich an einer englischen Freundin gesehen, die Mitte der 90er in russischer Literatur über Cingiz Ajtmatov und sein Schöpfen aus der kirgisischen Kultur promovierte (in England war er damals erheblich weniger bekannt als in Deutschland). Auf einer seiner Lesereisen hatte sie Gelegenheit zu einem Gespräch mit Ajtmatov: Sie brachte sehr schnell heraus, dass der Mann ein opportunistischer Wendehals ist, der marktorientiert hauptsächlich für deutsche Leser schrieb und denen einfach gab, was sie lesen wollten – Steppenromantik. Sie war völlig desillusioniert und warf ihre Promotion hin.
(Von dieser Frau stammt die wunderbare Definition von literarischem socialist realism: „Boy meets girl meets tractor.“)

The more the merrier

Sonntag, 26. Juni 2005

Take the MIT Weblog Survey

Hingehen, mitklicken. Und wen sowas interessiert: interessanter Aufbau!

Schulden begleichen

Samstag, 25. Juni 2005

Das kommt von Gier und Neugier. Das bringt die Katze im Sack. Und das hat man davon, wenn man vergeblich auf die Vergesslichkeit einer erstklassigen Übersetzerin hofft.

Frau Isa hatte einen Überaschungsgewinn angeboten. Bedingung der Transaktion: das Posten eines Gewinn-Fotos. So bin ich seit dem Blogmich Anfang Mai unerwartet Besitzerin eines… einer… Klopapierdings, fair handgeklöppelt von peruanischen Jungfrauen, mit einer Historie als Mitbringsel auf einer Bad-Taste-Party. Hiermit begleiche ich die damit eingegangene Schuld:

(Jetzt muss ich nur noch einen spielfreudigen Hund finden, der das Dings bei einem Besuch entdeckt.)