Archiv für September 2008

Dankesschreiben an den Feminismus

Montag, 22. September 2008

Oh ja, auch da hat Courtney Recht: Es gibt mindestens zehn Dinge, für die dem Feminismus herzlich zu danken ist.

1. Ich habe ein eigenes Konto, über das ich verfügen kann, ohne meinen Ehemann zu fragen.

2. Ich darf nächsten Sonntag wählen.

3. Frauenhäuser.

4. Ich darf selbst entscheiden, ob ich ein Kind will.

5. Ich durfte eine höhere Schule besuchen und studieren, was ich wollte.

6. Ich muss niemanden um Erlaubnis bitten, wenn ich allein das Haus verlasse.

7. Ich kann mich scheiden lassen, ohne fortan als Freiwild zu gelten.

8. Ich habe eine Kollegin, die zehn Jahre lang als Schiffsmechanikerin zur See gefahren ist.

9. Mein Bruder hat daheim gelernt zu bügeln und zu putzen.

10. Mein Vater hat mir zum Auszug von zu Hause einen bestens bestückten Werkzeugkasten geschenkt.

Meine Damen, meine Herren: Wollen Sie mitdanken?

Feminismus-Stöckchen

Freitag, 19. September 2008

Courtney, eine der Autorinnen von feministing, listet zehn Alltagssexismen auf, ohne die sie bestens leben könnte.

Meine ganz persönliche Liste von Dingen, auf die ich verzichten könnte:

1. Die Behauptung über welche Frau auch immer, sie „verleugne ihre Weiblichkeit“.

2. Den Wunsch nach einem höheren Frauenanteil am Arbeitsplatz, weil sie „mehr Emotionalität und Harmonie in ein Team bringen“.

3. Selbsthass auch noch so aufgeklärter Frauen wegen ihres Gewichts.

4. Dass es immer noch kein Medikament gegen höllische prämenstruelle Brustschmerzen gibt.

5. „Ich bin ja keine Feministin, aber…“

6. Dass anscheinend nur Frauen die Adressaten von Familienpolitik sind.

7. Dass ich mich derart über Frauen in typischen Männerberufen / auf typischen Männerpositionen freue (würde ich ja nicht, wenn sie eine alltägliche Erscheinung wären).

8. Rosa und Glitzer als Merkmal für die weibliche Variante von technischem Gerät.

9. Mit dem Nachnamen meines Ehemanns angeredet zu werden.

10. Jeden Satz, der mit „Männer sind halt“ oder „Frauen sind halt“ beginnt.

Meine Damen, meine Herren: Welche zehn Alltagssexismen gehen Ihnen auf die Eier?

Leseempfehlung: Scienceblogs

Mittwoch, 17. September 2008

Seit Tagen hänge ich darin fest, finde ein interessantes Thema nach dem anderen – von Fachleuten behandelt und fast durch die Bank überdurchschnittlich gut geschrieben: Scienceblogs.

Einige Beispiele:

Wie wundervoll sind die “unerklärlichen Heilungen” in Lourdes? So rein zahlenmäßig? Ali Arbia hat mal nachgerechnet.

Warum Wissenschaftler und Laien oft Verständigungsprobleme haben.

In Österreich sind “lebendiges Wasser” und Homöopathie auf dem Weg in den Physikunterricht.

Ein Blog, nach dem ich seit Jahren gesucht habe – ohne es zu wissen.

Geburtstagsglück

Dienstag, 16. September 2008

Vielleicht schließe ich mit meinem Geburtstag doch noch Frieden, zumindest geschenkseitig. Jetzt ist nämlich ein Geburtstagsgeschenk wahr geworden, das ich seit Jahren auf meiner Wunschliste hatte – das die zuständigen Stellen aber ganz offensichtlich nicht ernst nahmen. Dieses Jahr betonte ich vorsichtshalber, dass mir dieser Wunsch ganz echt ehrlich ernst ist. Und jetzt habe ich es: ein Jahresabo für die Münchner Kammerspiele. Hintergedanken: a) Ich gehe gern ins Theater, raffe mich aber zu selten auf, Stücke auszusuchen und Karten zu besorgen. b) Am häufigsten sind es Inszenierungen in den Kammerspielen, die mich interessieren, zumal dort die erste Sahne deutscher Schauspieler auftritt.

Wenn ich in mich rein horche, merke ich, dass ich mich sehr, sehr darüber freue. Am ersten Termin kann ich zwar gleich mal nicht, weil ich auf Reisen bin; dann hole ich den halt nach.

München, regnerisch

Dienstag, 16. September 2008

Gedankenstrom beim Laufen

Montag, 15. September 2008

Ah, weiße Kniestrümpfe zu kurzen Laufhosen scheinen die Massen erreicht zu haben. Vielleicht eine Möglichkeit, meine bösen Waden (zwei Orthopädinnen und ein Physiotherapeut haben sie bereits als zu hart und wohl von Haus aus verkürzt beschimpft) warm zu halten? Es müsste mir lediglich komplett egal sein, wie bescheuert ich aussehe.

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Nachdem mittlerweile selbst Studenten zum Unterrichten in bayerische Gymnasien geschoben werden, wundert mich nicht mehr, dass Lehrer als Leute gelten, die in ihrem Fachgebiet halt nirgendwo anders einen Job bekommen haben. Und dann denke ich an die Gymnasiallehrer und -lehrerinnen, die zwischen 1980 und 2000 eine Planstelle bekommen haben, als die Standardfrage an Lehramtsstudenten noch war: „Studierst du noch, oder bist du schon arbeitslos?“ Als nur die allerbesten eines Jahrgangs in den Schuldienst übernommen wurden, die Leute mit Spitzennoten. Die sich den Arsch aufgerissen hatten, um Lehrer werden zu dürfen. Und die jetzt natürlich, rubbeldiekatz, in denselben Sack gesteckt werden wie Spanischmagister, die sich zu einem Jahr Unterrichten am Gymnasium herablassen (individuelles Fördern von Schülern? dafür werden sie doch nicht bezahlt), weil sie dann wenigstens nicht arbeitslos sind. Die Lehrer, die ich kenne, zeigen dazu erstaunlichen Gleichmut – sind ja Kummer gewöhnt.

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Für einen ziemlich kalten, nassgrauen Sonntag sind erstaunlich viele Läufer unterwegs.

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Die beiden Dokumentarfilme Samstagabend im Bayerischen Fernsehen: Die Sennerin und die Fortsetzung Die Hoferbin. Wie beispielhaft Autor Matti Bauer die junge Frau vom Tegernsee eingefangen hat, wie behutsam und voll Respekt. Der „Almerin“ Zeit zum Erzählen gelassen hat, es ihr überlassen hat, Prioritäten zu setzen, sich vor der Kamera zu entfalten, über Monate hinweg. Eine beeindruckende Frau, diese Uschi. Bauerntochter, weit gereist, eigensinnig, belesen, reflektiert, kurz vor dem Landwirtschaftsmeister. Wie sie beweist, dass man auch mit tiefstem Dialekt nicht dumm wirken muss. Das Leuchten ihres dicken, rotblonden Zopfes in der Bergsonne des Sommers 2003. Dass das Ergebnis den tiefen Respekt vor dem Thema des Filmes zeigt, beweist die Fortsetzung: Wären Uschi und ihre Eltern mit Die Sennerin nicht einverstanden gewesen, hätten sie sich sicher nicht zu einer Fortsetzung bereit erklärt.

Die Hoferbin steigt wieder ein, als Uschi drei Jahre später an der Entscheidung arbeitet, ob sie den Hof der Eltern übernimmt. Mittlerweile hat sie nicht nur den Landwirtschaftsmeisterbrief, sondern auch einen Sohn. Noch deutlicher als im Film davor lässt Matti Bauer viel weg (er ist gelernter Völkerkundler, das mag seinen Stil erklären): Die Geschwister Uschis tauchen nur als Erwähnung auf, der Vater des Babys gar nicht. Ich bin sicher, das war mit den Beteiligten so vereinbart, und es ist völlig in Ordnung. Als Haupthindernis für eine Hofübernahme – meine Güte, ich Naivling hätte nicht gedacht, dass dahinter ein solcher Berg Bürokratie und Vertragswerk steckt – stellt sich implizit die Bäuerin heraus, die Mutter Uschis. Im ersten Film hatte sie zwar mehrfach betont, sie wolle den Hof abgeben, damit sie endlich machen könne, was sie selbst will, und nicht immer, was gemacht werden muss. Doch scheint sie nicht damit fertig zu werden, dass ihre Tochter sich von Zwängen befreit und auch als Bäuerin unbeirrt das tut, was sie selbst will und wie sie es für richtig hält. Dadurch verströmt die Mutter eine eigenartige, unglückliche Missgunst.

Das Ganze entwickelt die Spannung eines Spielberg-Filmes: Wie wird sich Uschi entscheiden? Können die Konflikte überwunden werden, zumindest auf einer pragmatischen Ebene?
Uschi hat keine Illusionen zur Landwirtschaft – wie sollte sie, sie ist schließlich auf dem Hof aufgewachsen. Ihre letztendliche Entscheidung, den Betrieb weiter zu bewirtschaften, ist dennoch rein idealistisch: Dass es Höfe wie den ihren gibt, ist für sie einfach Kulturgut, das es zu erhalten gilt.

Und dazu das schöne Oberbayrisch: Wie lange hatte ich schon nicht mehr “Schandarm” für einen Polizisten gehört, das Uschis Vater verwendete. Auf der Alm schrieb Uschi ihr Almbuch sogar auf Bayrisch: “Koiwe” (Kälber), “Kas” etc.

Wissen Sie: Wenn Rundfunkgebühren allein mit der Begründung erhoben würden, dass sie solche Dokumentationen ermöglichen, hätten sie für mich Berechtigung genug. Dann macht Fernsehen glücklich.

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Ich fände es nett, wenn das ein Lauf ohne Sturz würde. Die gestrige Wiederholung (wieder Wurzel, wieder über die linke Schulter abgerollt) war bereits halb so lustig. Wo es der riesige blaue Fleck auf dem linken Unterarm doch gerade mal in die grüne Phase geschafft hat.

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Klar: Roher Marmorkuchenteig schmeckt so gut, dass man sich fragt, ob das Backen überhaupt sein muss. Löffelweise aber wäre er doch zu üppig – die ideale Darreichungsform ist die geleerte Rührschüssel mit lediglich Resten von Teig. Ob man daraus wohl ein originelles Dessert machen könnte? Eine kleine Schüssel servieren, die noch Reste von Kuchenteig enthält, dazu die teigumhüllten Rührer?

Best of the Blogs 2008

Freitag, 12. September 2008

Die Vorschlagsrunde für die BOBs 2008 der Deutschen Welle hat begonnen. Dieses Jahr ist als elfte Sprache Indonesisch dazu gekommen – es wird also auch das beste Blog in indonesischer Sprache gesucht. Ich freue mich, dass ich wieder in die Jury eingeladen wurde und bin sehr gespannt auf das Jurymitglied aus Jakarta, Budi Putra.

Neu auf der Website: die Blogmap, die es möglicherweise für weltweit in diesem Ausmaß noch nie gab. Wieder dabei: die Blogopädia.

Die BOBs sind der weltweit größte internationale Award für Weblogs, Podcasts und Videoblogs – das schlägt sich in beeindruckender internationaler Berichterstattung nieder, auch in einem hohen Renomee der Awards im Ausland. In Deutschland wiederum… nun, in Deutschland geht es den BOBs ähnlich wie der Deutschen Welle: Als Ausslandssender Deutschlands wird sie natürlich hier am wenigsten wahrgenommen.

Deshalb begrüße ich es sehr, dass die BOBs-Organisatoren eine FAQ-Seite angelegt haben, auf der die gängigsten Fragen (u.a.: Wie soll die Jury Einreichungen in anderen Sprachen beurteilen können?) und Nölereien (u.a. Es gibt ja nicht mal eine hieb- und stichfeste Kriterienliste.) im Zusammenhang mit den Awards beantwortet werden.

Aus den Jurysitzungen der vergangenen beiden Jahre weiß ich, wie aufmerksam die nicht-deutschen Sprachbereiche gerade die deutschen Einreichungen betrachten. Allein schon deswegen bitte ich um viele, viele deutsche Vorschläge in den Kategorien Blog, Podcast und Videoblog. Zeit ist noch bis 30. September. Hier der ganze Zeitplan.

Vielleicht mögen Sie sich ja auch einen Werbeaufkleber für Ihr Blog holen?