Eine Woche im September
Montag, 8. September 2008Eine Mordsgaudi bei Step-Aerobic: Die Aushilfsvorturnerin erinnerte mich sehr an diese Dame – nur mit erheblich langweiligerer Brille –, hatte also eh einen Sympathie-Vorschuss. Und dann baute sie auch noch eine abgefahrene Choreografie auf, die sie höchst albern vermittelte.
(Über die Marlene-Dietrich-Augenbrauen einer anderen Vorturnerin mache ich mich nie wieder lustig: Bin ihr heute in der Tram begegnet und habe von Nahem erkannt, dass sie irgendwann Verbrennungen im Gesicht erlitten haben muss, in der Folge wahrscheinlich keine eigenen Augenbrauen mehr hat. Habe mich sehr geschämt.)
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Auf einer Branchenveranstaltung einem Herrn Kommunikationschef begegnet, von dem ich sofort wusste, dass wir uns kennen. Nach 15 Minuten Plaudern fiel mir endlich ein, woher: Er war als Student vor fast 20 Jahren bei der Zeitung Praktikant in dem Ein-Personen-Ressort, das ich gerade als Urlaubsvertretung führte. Jetzt bin ich also so alt, dass ich jemanden im Berufsleben sieze, den ich in einem vorherigen Berufsverhältnis schon mal geduzt habe.
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Auf derselben Veranstaltung zwei definitiv nicht mehr junge Redakteurinnen vom Typ Haudegen kennengelernt: Erfahren, unerschrocken, kompetent, schier unerschöpflicher Quell von Kriegsgeschichten aus 30 Jahren Bundesrepublik und Rest der Welt sowie aus allen Medienarten. Die Sorte Frau, die Eleganz und Weltgewandtheit ausstrahlt, der man aber gleichzeitig zutraut, dass sie Bierflaschen mit den Zähnen öffnen kann. Ich war schwer beeindruckt.
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Beim Isarlauf gestürzt, weil in einem abschüssigen, sandigen Waldstück an einer Wurzel hängen geblieben. Richtig bewusst wurde mir das allerdings erst, als ich wieder stand: Ich hatte mich nach kurzem Stopp auf dem rechten Knie über die linke Schulter abgerollt. Zwar war ich ganz schön schmutzig, aber unverletzt. Nein, das hat mir nie jemand beigebracht; macht aber ziemlich Spaß.
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Mit einer Freundin in einem edlen Restaurant gegessen, dessen Angebot einer Weinbegleitung zum Menü wir gerne annahmen. Speisen und Wein waren ausgezeichnet; sollte sich das Erlebnis replizieren lassen, stelle ich das Lokal vor. Die Bedienung berichtete von einem österreichischen Winzer, der seinen Wein in Holzfässern in der Erde vergräbt, um sie dort reifen zu lassen. Ich rätselte mit der Freundin, auf welche Wirkung das wohl abzielt. Wir fragten dann doch nach und bekamen als Erklärung, das sei wegen der Energie im Boden, die der Wein mit dieser Methode aufnehme.
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Andererseits erzählte mir letzte Woche eine Kollegin von ihrer Freundin, die abends Leitungswasser in Glaskaraffen fülle und Zettel aufklebe, auf die sie die Wörter „Friede“ oder „Liebe“ schreibt. Am nächsten Tag schmecke dieses Wasser unvergleichlich gut. Wenn sie zum Gegenbeweis auf die Zettel „Teufel“ oder „Hass“ schreibe, könne man das Wasser am anderen Tag vor lauter Bitterkeit schier nicht trinken.
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Die Deutsche Welle hat mich für ihre „Blogschau“ zur Blogstadt München befragt. Das Ergebnis wurde gestern gesendet und kann hier nachgehört werden.