Seit gut zehn Jahren leben wir in dieser Wohnung, die wir beim Einzug einmal durchgeweißelt hatten, seit zwei Jahren ist mir klar, dass sie dringend gestrichen gehört. Einschließlich der schönen alten Türen, die schon unsere Vormieter vor 20 Jahren so übernommen hatten.
Es dauerte allerdings bis vergangene Woche, dass ich den von einer Freundin empfohlenen Maler (gibt es eine andere Methode, an verlässliche Handwerker zu kommen? Suchen die Leute ernsthaft bei Kwüpe?) anrief. Der schon am Tag darauf zum Gucken vorbeischaute („Wollen Sie gleich in der Früh kommen? – „Früh heißt bei mir ummara sechse.“ Wir einigten uns auf halb sieben.) und schon am gestrigen Samstag für den ersten Teil, also Esszimmer und Küche, zum Malern kam.
Für mich war das eine Premiere: Ich habe bisher immer selbst gestrichen, und es hat mir sogar Freude bereitet. Doch ein Großteil dieser Freude rührte daher, dass es sich bisher immer um unbewohnte Räume gehandelt hatte. Zudem kommt das Lackieren alter Kassettentüren und -rahmen schon sehr nahe ans Basteln, für das ich überhaupt kein Geschick habe. Warum also mich abplagen und Pfusch riskieren, wenn es Profis gibt, die das gegen Geld und sauber machen?
Ab sieben hatten wir also den Maler im Haus, einen sehr freundlichen, nicht mehr ganz jungen Urmünchner (aufgewachsen in Altschwabing), dessen Äußeres mich sofort eine Vergangenheit als Surfer vermuten ließ: Lange, teils sonnengebleichte Haare, unzählige Lachgrübchen, drahtige Figur mit vielen modischen Tätowierungen, zugewandter Blick. Er ließ sich Kaffee und Wasser anbieten, unterhielt sich gerne über die verschiedenen Gegenden Münchens, erzählte von Familie und Maltechnik.
Ein Handwerker im Haus verunsichert mich immer: Soll ich Brotzeit anbieten? Konversation machen? Nur hin und wieder vorbeischauen? Unser Maler ging selbsttätig in der Nähe Mittagessen, nachmittags ein wenig Luft schnappen im nahen Park. Das angebotene Leitungswasser (wir haben nur bei Besuch Flaschenwasser im Haus) akzeptierte er zwar, trank aber kaum aus seinem Glas, also besorgte ich auf meiner Einkaufstour lieber eine Flasche Sprudel. Die er dann schnell leerte. Hin und wieder vorbeischauen war richtig, bei diesen Gelegenheiten konnte er Vorschläge unterbreiten, nach Werkzeug fragen.
Was ich einfach nicht fertig bringe, ist das Handwerker-Du (genauso wenig wie das angeblich selbstverständliche Du im Web). Der Herr war mir nur als „da Päda“ (hdt. der Peter) empfohlen worden, nannte mir aber beim ersten Händeschütteln glücklicherweise seinen Nachnamen. Den gestrigen Tag über siezte ich ihn – das ist für mich halt der naheliegende Umgang zwischen erwachsenen Leuten, zumal in einer geschäftlichen Beziehung. Er schien ein wenig irritiert und umging die direkte Anrede weitgehend.
Um vier war Herr Maler mit dem vereinbarten Pensum inklusive Fenster innen und Zwischentüre fertig. Alles zu meiner Zufriedenheit. Nebeneffekt: Wir hatten die Küche ausgeräumt und bei dieser Gelegenheit Oberflächen von Fett und teilweise dem Staub von zehn Jahren befreit – meine Mutter weist bei Besuchen zurecht auf die mangelnde Sorgfalt unserer Putzmänner hin.
Dass ich um legale Bezahlung und Rechnung ausdrücklich würde bitten müssen, hatte ich mir schon gedacht: „Des is aba dann mit Steuer!“ machte mich der Maler pflichtbewusst aufmerksam. In zehn Tagen geht es weiter.