A Farewell to Molar

Dienstag, 4. Juni 2013 um 7:40

(Möglicherweise too much information, empfindliche Gemüter mögen vielleicht nicht weiterlesen. Aber ich finde solche medizinischem Geschichten, bei denen ich was lerne, immer hochinteressant. Ich war ja auch von Emergency Room fasziniert.)

“Es ist wirklich schade”, sagte die Zahnärztin, versunken in den Anblick der Röntgenaufnahme meines Gebisses. Nach einer Pause wiederholte sie: “Schade.” Wir warteten gerade darauf, dass die Betäubungsspritze wirkte.
“Sie haben so gute Zähne, beneidenswert gute Zähne. Es ist unwahrscheinlich, dass Sie jemals Ersatz brauchen”, erklärte sie nochmal. “Aber bei dem ist einfach nichts zu machen.” Und so verließ mich gestern ein Backenzahn nach fast 44 Jahren meist guter Zusammenarbeit. Es war genau der eine, der mir vor sieben Jahren zum ersten und einzigen Mal gezeigt hatte, was Zahnschmerzen sind. Und nun seit Monaten vor sich hin schwärte, zum Glück unter lediglich minimalem Schmerz.

Die Zahnärztin hatte mir beim Jahrescheck vor drei Wochen klar gemacht, dass diese Entzündung nicht von allein heilen würde. Außerdem entdeckte sie einen Sprung in diesem Zahn (der, wie sie nach Extraktion und bei Tageslicht feststellte, die Ursache der Entzündung war). Gestern Mittag kam er raus, wie vorhergesehen ohne Probleme weil mit geraden Wurzeln. Frau Doktor musste ihn nicht mal zerteilen, wie sie mir vorsichtshalber als mögliche Notwendigkeit angekündigt hatte: Ein bisschen mit dem Schraubenzieher (oder wie das heißt) gelockert, dann in kleinen Kreisen gezogen. Auf meinen flachen Scherz, ob sie denn auch gut im Krafttraining stehe, hatte die Ärztin mir vorher erläutert, dass Kraft genau die falsche Technik bei sowas sei. Damit habe schon so mancher Jungspund den zu ziehenden Zahn zerbröselt.

Morgens war ich noch Schwimmen gewesen; meine kleinen Twitterfreundinnen hatten mich auf das Sportverbot nach Zahnextraktion vorbereitet (EINE WOCHE?!). Und ich aß ein ordentliches Butterbrot, die Praxisangestellte hatte mich “kräftig gefrühstückt” bestellt.

Die Lokalanästhesie war hervorragend dosiert: Die Wirkung trat schnell und gründlich ein (ich hatte schon erlebt, dass nachgespritzt werden musste), und nach vier Stunden war alles wieder da (ich hatte schon erlebt, dass eine Betäubung fast zehn Stunden anhielt). Die operative Nachsorge ließ ich von meiner Twitter-Timeline begleiten: Sie gab mir unter anderem den hervorragenden Tipp, das Schmerzmittel bereits vor dem völligen Abklingen der Anästhesie einzunehmen. Und sie versicherte mir, dass fünf Stunden Kühlung lang genug sind, wenn nichts mehr blutet oder heiß ist. Auf diese Idee der Kühlungsfixierung kam ich aber selbst (mir waren Wilhelm-Busch-Zeichungen von Zahnweh-Kranken eingefallen):

Die Nacht verlief ruhig, nur fror ich unter meinem Federbett so sehr, dass ich mir eine Wärmflasche füllte – am 3. Juni. Der Morgenkaffee schmeckt. Na kommen’S: Ich soll nicht Sport, Kaffee, Nikotin, Alkohol; wenn ich die anderen drei brav einhalte, wird das morgendliche Koffein schon nicht die Wundheilung verhindern.

Ob ich ihn haben wolle, den Zahn, hatte Frau Doktor gefragt. Oh ja, sehr gerne! Die Zahnarzthelferin versprach, ihn noch ein wenig zu reinigen, beim Nachsorgetermin kann ich ihn mitnehmen.

die Kaltmamsell

16 Kommentare zu „A Farewell to Molar“

  1. Julia meint:

    Gute Besserung! Aber es klingt, als wäre die OP glimpflich verlaufen. Wunderbar. Übrigens: Als mehrfach am Kieferknochen Operierte kann ich nur empfehlen, mit Myrrhe-Tinktur in lauwarmem (nicht warmem!) Wasser vorsichtig zu spülen. Es schmeckt eklig bitter, kostet nicht viel (Apotheke) und hilft bei der Wundheilung wie Bolle. Und das kleine Fläschchen kann man auch hernehmen, wenn man sich mal innen auf die Wange gebissen hat oder sonstwie eine Verletzung im Mund hat…

  2. Sebastian meint:

    Haha, wann kommt denn die Geisterbahn? Ich kann inzwischen zig solcher… hust.

    Ok, der letzte Absatz hat mich dann aber doch geschockt. Waaaah, ich will doch keine toten Teile von mir im Haus haben! Oder wird der ins Essen gemörsert, wir hatten es ja mal hier auch mit Mutterkuchenkochen…

  3. joriste meint:

    zum Thema Zahnschmerz weiß ich ein kleines Geschichtchen meiner Patentochter: sie sollte zur Schulfähigkeitsuntersuchung eine Bildergeschichte nacherzählen, bei der ein Kind mit einem um die Wangen gewickeltes Tuch abgebildet war (ich assoziiere hier übrigens E.O. Plauens Vater und Sohn) aber konnte mit diesem Bild überhaupt nichts anfangen, da sie weder Zahnschmerzen kannte noch diese Kühlungsart. Sie durfte dann aber trotzdem eingeschult werden.

    Ihnen weiterhin gute Genesung!

  4. die Kaltmamsell meint:

    Aber niemand hat jemals meine Milchzähne aufbewahrt, Sebastian! Wenn ich eine Chance bei der Zahnfee haben will, muss ich JETZT aktiv werden!

  5. Sebastian meint:

    Na dann viel Spaß: http://www.youtube.com/watch?v=zDmtSa6eHeU

  6. die Kaltmamsell meint:

    Julie Andrews! Billy Crystal! Ich MUSS diesen Film sehen!

  7. Sebastian meint:

    Ich auch. Die Katzenhupe! Habe ihn eben nur per Zufall gefunden, weil ich wissen wollte, was so eine Zahnfee noch mal genau macht. Jetzt guck ich, wer Molar ist. War das nicht der mit der Hypo und dem Justizskandal?

  8. Susann meint:

    Liebe Kaltmamsell, klopfen Sie sich auf die Schulter und bedanken Sie sich bei ihrem Körper (oder Schöpfer, je nach Gusto) für die geraden Zahnwurzeln.
    Meine sind ungefähr dreifach ineinander verschraubt und laufen in kleinen Widerhäkchen aus, was eine Zahnextraktion zum wilden Leidensweg macht.

    Schön, dass es so problemlos ging bei Ihnen! :-)

  9. die Kaltmamsell meint:

    Habe den Film eben in der Bibliothek bestellt, Sebastian. Sobald er da ist, lade ich dich zum Gucken ein.

    Oh ja, Susann, schon beim Entfernen der Weisheitszähne vor 27 Jahren hattee ich meine geraden Wurzeln zu schätzen gelernt. Ihre Plagen tun mir wirklich sehr leid. (“Intelligent design” my foot!)

  10. Sebastian meint:

    \o/

  11. Susann meint:

    @ Kaltmamsell

    Ja, u. a. das Design von Zähnen ist ein Grund dafür, warum ich an der Existenz eines liebenden und/oder allmächtigen Schöpfergottes zweifle (und dringend auf ein Überleben der westlichen Zivilisation inkl. Zahnarztpraxen und Betäubungsmittel hoffe).

  12. casino meint:

    wir haben hier ein omadöschen voller zähne, ich glaube, es sind sogar hundemilchzähnchen drin gelandet, das macht aber grenzwertige gefühle beim hineinsehen. vielleicht ein zahnmedallion? statt bären- eben eigene, nicht selbstgejagte, oder sie pflanzen tomaten drauf?
    aber schön zu lesen, dass es ihnen wieder gut geht.

  13. MissJanet meint:

    Gute Besserung, Frau Kaltmamsell. Verzichten Sie nun einfach auf den Zahn, oder lassen sie sich ein(en) Implantat, Brücke, Inlay einsetzen? Oder schwanken Sie noch, und warten zunächst ab?

  14. die Kaltmamsell meint:

    Danke, MissJanet! Ich spare gerade auf ein Implantat (Kostenvoranschlag steht noch aus), das erscheint mir nach aller Recherche die klügste Investition. Und dass sowas heute möglich ist, fasziniert mich ohne Ende.

  15. MissJanet meint:

    Implantate kommen mir auch sehr sinnvoll vor, dann mußman keinen Nachbarzahn abschleifen und als Brückenträger verbauen. Außerdem – falls Sie doch einmal einen umfangreicheren Zahnersatz brauchen sollten, können Implantate, die schon lange und dadurch fest sitzen, ein echter Segen sein.

    Wie geht es ihnen denn heute, verläuft die Heilung komplikationslos?

  16. die Kaltmamsell meint:

    Alles weiter problemlos, MissJanet, Zahnärztin bei Check zufrieden.

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