Journal Montag, 16. März 2015 – Kartentelefonieren

Dienstag, 17. März 2015 um 6:08

Morgens gebloggt, ins Büro gegangen, dort bis 16 Uhr pausenlos und heftig durchgearbeitet. Danach etwas lockerer.

Na gut, das ist überdramatisiert: Zwischendurch nahm ich mir die Zeit für Versuche, telefonisch beim Aboservice der Kammerspiele meine Aprilkarte umzutauschen. Kurz vor drei kam ich endlich durch, mit dem Ergebnis: Keine Chance, alle anderen Vorstellungen dieses Stücke sind ausverkauft.
Dann schicke ich halt meine Mutter.

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Auf dem Heimweg einen Stapel unlustiger Strumpfhosen gekauft und im Kaffeeladen ein Sportoberteil.

Daheim Bestürzung, dass ich eine berufliche Zukunftsmöglichkeit versemmelt habe. In einer Kombination von technischer Panne und Tölpeleien, die überhaupt nicht zu meinem beruflichen Selbstbild passen. Und mir so peinlich sind, dass ich hoffe, sie wollen mich nun doch nicht kennenlernen.

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Gestern hatte ich mich bei der Lektüre der Wochenend-SZ sehr über die Seite mit arabischen Süßigkeiten gefreut, genauer mit syrischen Süßigkeiten, die auch meinen arabischen Konditor Nawa in der Landwehrstraße ausführlich erwähnt.

Heute war die Freude gleich noch größer: Der Artikel steht frei lesbar online!
“Süßigkeiten aus dem Orient. Sieben süße Sünden”.

Jetzt weiß ich, dass diese Nicht-Marzipan-Leckerei aus Grießteig gemacht wird und Halwat Dschibn heißt.

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Stephan Greenblatt schreibt für die New York Review of Books:
“Shakespeare in Tehran”.

Er war auf die ersten iranischen Shakespearekonferenz eingeladen worden (wer sonst?) – und dachte erst mal über den wütenden Antisemitismus der Staatsdoktrin und nicht weniger Konferenzbeteiligter nach. Nicht nur als Jude.

Just after the revolution, the leader of the Iranian Jewish community, Habib Elghanian, was arrested on charges of “contacts with Israel and Zionism,” “friendship with the enemies of God,” and “warring with God and his emissaries.” Elghanian was executed by firing squad. Following this execution, large numbers of Iranian Jews emigrated, and those who stayed are mindful of the fact that “contacts with Israel and Zionism” remain a serious offense. Foreign travelers with any evidence in their passports of visiting Israel are denied admission to Iran. Yet in my case, Shakespeare, it seemed, somehow erased the offense and bridged the huge chasm between us.

(…)

What did it mean that Shakespeare was the magic carpet that had carried me to Iran? For more than four centuries now he has served as a crucial link across the boundaries that divide cultures, ideologies, religions, nations, and all the other ways in which humans define and demarcate their identities. The differences, of course, remain—Shakespeare cannot simply erase them—and yet he offers the opportunity for what he called “atonement.” He used the word in the special sense, no longer current, of “at-one-ment,” a bringing together in shared dialogue of those who have been for too long opposed and apart.

It was the project of many in my generation of Shakespeare scholars to treat this dialogue with relentless skepticism, to disclose the ideological interests it at once served and concealed, to burrow into works’ original settings, and to explore the very different settings in which they are now received.

Greenblatt entschied sich, in seiner Konferenz-Keynote vom oppressiven Gesellschaftssystem der Shakespearezeit zu erzählen – in Details, die alle auch auf den heutigen Iran zutreffen.

via @h0d3r – dessen Freilassung aus iranischer Gefangenschaft in den deutschen Medien nahezu unterging (ich hatte Hossein in der Jury zum Best of the Blogs der Deutschen Welle kennengelernt)

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Sehr viel Awww!
“Bist du normal? Oder hast du auch eine Behinderung? Ich seh das ja nicht.”
Ich habe mehrfach bei diesen Begegnungen gequietscht.

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https://youtu.be/gZFHK3OwzFM

via @NiniaLaGrande

die Kaltmamsell

5 Kommentare zu „Journal Montag, 16. März 2015 – Kartentelefonieren“

  1. Trippmadam meint:

    Aus den schlimmsten Vorstellungsgesprächen kommen manchmal die besten Jobs. Beim Gedanken an mein Vorstellungsgespräch für meine derzeitige Stelle werde ich auch nach Jahren noch rot. Ich glaube, ich habe sämtliche Faux-pas einen nach dem anderen abgearbeitet und sie haben mich trotzdem genommen. (O.k., ich will nicht behaupten, dass ich eine stets zufriedene Mitarbeiterin im Irrenhaus bin, aber ich hatte definitiv schon schlimmere Arbeitsplätze.)

  2. Kitty Koma meint:

    Same here. Könnte sein, dass einen so was aus der Perfektionismuskurve haut und etwas nahbarer macht.

  3. Galalettalotta meint:

    Das Begegnungsvideo made my day!!! Ganz großartig! Wunderbar! Eigentlich viel zu kurz. Danke dafür!

  4. Kai meint:

    Eine Firma die einen danach trotzdem einstellt, muss einfach die Richtige sein. :)

  5. Lila22 meint:

    Dieses Video ist einfach genial und so typisch für Neuanfänge…

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