Archiv für Dezember 2020

Journal Samstag, 19. Dezember 2020 – Schabernack #Verwaltungsweihnachtslieder

Sonntag, 20. Dezember 2020

Ausschlafen dauerte bis sieben.

Noch vor Einschalten der Cafetera knetete ich Teig fürs Roggenschrotbrot, um genügen Zeit für die hier besonders lange Stockgare zu haben.

Dann aber Morgenkaffee und Bloggen, das Tageslicht erhellte mühsam einen Hochnebel-hellgrauen Himmel. Als Sport gönnte ich mir nach dem Pflichtteil Bank- und Seitstütz längeres Crosstrainer-Strampeln. Dabei hörte ich einen schon länger vorgemerkten Podcast: Der nordenglische Landwirt James Rebanks in der Sendung von Jeremy Paxman.

Jeremy enjoys a robust encounter with the farmer and writer James Rebanks (who puts up with no bull) about the coming revolution in the English countryside.

Vergnüglich und lehrreich anzuhören. Paxmans Fragen bringen James Rebanks dazu darzulegen, dass eine zukunftsträchtige Form der Landwirtschaft nicht ohne Veränderung anderer gesellschaftlicher Parameter geht – wie alle, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen, war er schnell auf die Vernetzung mit und Abhängigkeiten von scheinbar fernen Faktoren gestoßen. Nicht nur deshalb empfehle ich diese 28 Minuten.

Brot gebacken, es gelang sehr gut.

Zum Frühstück holte ich die Kerne aus einem riesigen, reifen Granatapfel, gab davon Herrn Kaltmamsell ab, aß meine plus einer Mandarine und einer Birne mit Joghurt.

Zeitungslektüre im Sessel am Fenster. Ich schwankte, ob ich noch an die frische Luft wollte – war dann aber neugierig auf den Hofgarten und Monopteros.

Die geschlossenen Geschäfte in der Innenstadt hatten die samstägliche Besetzung der U-Bahn ausgedünnt, ich stieg am Odeonsplatz aus.

Doch der Englische Garten, stellte ich fest, war nicht Innenstadt: Statt immer wieder Ahnung von blauem Himmel gab es hier dickeren, unangenehm kalten Nebel.

Ich beendete meinen Spaziergang bald, weil ich dafür nicht warm genug angezogen war, und steuerte den U-Bahnhof Universität an.

Daheim wärmte ich mich mit Tee auf, aß frisch gebackenes Brot, das jetzt genug für einen Anschnitt abgekühlt war. Aufs Bett mit Füßehoch, restliche Zeitungslektüre. Außerdem folgte ich einem weiteren eingemerkten Link zu einem neuen Online-Format auf YouTube vom ZDF: Inside PolitiX. Daraus sah ich mir an: “Wirecard und Guttenberg: Brauchen wir Lobbyismus – oder muss das weg?” Gut gemacht!

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https://youtu.be/6BPQR082yhA

Zum Abendessen servierte Herr Kaltmamsell den Schweinehals, den er über die vergangenen Tage gepökelt hatte: Gekocht mit Karotten und Kartoffeln aus Ernteanteil, zudem mit Püree aus getrockneten Erbsen.

Im Fernsehen ließen wir dazu Notting Hill laufen, der sich zum Glück ganz gut gehalten hat.

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Große Erheiterung gestern auf Twitter: #Verwaltungsweihnachtslieder. Ein paar Lieblinge:

Journal Freitag, 18. Dezember 2020 – Weitere Corona-bedingte Veränderungen

Samstag, 19. Dezember 2020

Früher Wecker, aber noch früher aufgewacht. Dadurch hatte ich sogar einen gemütlichen Morgen, bevor ich zur Öffnung um sieben ins Reha-Zentrum fuhr.

Die Vorsichtsmaßnahmen für den Reha-Sportraum waren verschärft worden: Ich musste eine Liste von Verpflichtungen unterzeichnen (davor bestanden sie lediglich in Hinweisen des Personals), darunter Abstandsgebot, durchgehendes Tragen von Maske (hatte ich eh, doch es war erlaubt gewesen, an Geräten die Maske abzusetzen – was einige taten), Fernbleiben bei Erkältungssymptomen. Und ab sofort wird beim Betreten des Raums Temperatur gemessen.

Mir bleiben noch vier Termine Nach-Reha, und ich hatte mit dem Gedanken gespielt, nach einer Fortsetzung auf Selbstzahler-Basis zu fragen – schließlich stehen hier Hilfsmittel und Geräte zur Verfügung, die ich daheim nicht habe. Doch bei der derzeitigen Infektionslage (Münchens stetig steigende 7-Tage-Inzidenz liegt jetzt bei 274) halte ich Innensport für ein leicht vermeidbares Risiko.

Auf den (fast leeren) U-Bahn-Fahrten zum und vom Sport las ich die Titelgeschichte des gestrigen SZ-Magazins (€):
“An der Maschine”.

Auf einer Münchner Intensivstation liegt ein Patient mit Covid-19. Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte kämpfen um sein Leben, acht Wochen lang. Ihr wichtigster Helfer: das Beatmungsgerät SN41418. Eine Chronik.

Zunächst war ich skeptisch: Corona aus der Sicht der Beatmungsmaschine erinnerte mich an die Ideen, die ich als Zeitungsvolontärin für originell gehalten hatte (der Fußballbericht aus der Perspektive eines Maulwurfs im Rasen wurde zum Glück nie etwas). Aber dann war ich überrascht, wie gut das funktionierte. Die Maschine wurde nicht vermenschlicht/verniedlicht, statt dessen war durch die Perspektve die Sachlichkeit und Faktentiefe des Berichts gut motiviert. Auf dem Heimweg fesselte mich der Artikel von Roland Schulz so, dass ich im U-Bahnhof stehenblieb, um die letzten Absätze zu lesen. Unter anderem wird klar, welch ungeheuren Personalaufwand ein Covid-19-Fall auf einer Intensivstation verursacht, auch wenn er nicht ganze acht Wochen dort versorgt werden muss (im Gegensatz z.B. zu einem Herzinfarkt-Patienten).

Bevor ich zur Arbeit aufbrach, füllte ich noch schnell eine Maschine Wäsche. Die nach wenigen Minuten mahnend piepste und “F-17” anzeigte. Ich musste das Problem Herrn Kaltmamsell übergeben – der es, wie ich später erfuhr, durch Aus- und Einschalten behob.

Gut vier Stunden Arbeit ohne Überraschungen, zu Essen hatte ich eine rote Paprika und ein Stück Käse kleingeschnitten, dazu eine Scheibe selbstgebackenes Brot.

Das Wetter war herrlich sonnig, ich genoss den Fußweg nach Hause, auch wenn ich zum Abstandhalten zu Passanten in Paaren oder Gruppen immer wieder auf jenseits der parkenden Autos mitten auf die Straße ausweichen musste.

Im Westend entdeckt: Einen weiteren E-Roller-Parkplatz, nachdem ich vor einer Woche schonmal an einem vorbeigelaufen war.

Was ein Fehler war: Nach der Arbeit schnell das Abendessen einzukaufen. Wir hatten uns auf Artischocken mit Knoblauchmajo und Lammkoteletts geeinigt, beides musste besorgt werden (ich merke, wie verführerisch dieses Großstadtleben mit unbegrenztem Lebensmittelangebot ist – wir müssen selten mit dem auskommen, was im Haus ist, sondern können unseren Gelüsten folgen). Also machte ich eine Stippvisite beim Lieblings-Süpermarket. Eigentlich war nicht viel los, doch niemand hielt Abstand (vielleicht wurden die Boden-bedeckenden Aufkleber “Abstand!” “2 Meter!” als Ersatz fürs tatsächliche Abstandhalten angesehen), ich war sehr kurz davor, meine Einkäufe einfach abzustellen und den Laden zu verlassen. Doch weil ich auch dafür Schlangen ohne Abstand kreuzen hätte müssen, zahlte ich meine Einkäufe halt dazwischen. Den Laden muss ich leider bis Ende der Pandemie meiden.

Daheim setzte ich Brotteig und Sauerteige an (u.a. mal wieder Weizensauerteig für ein Brot zum geplanten Käsefondue an einem Weihnachtsfeiertag), las Internet und Zeitung. Herr Kaltmamsell reichte Brandy Alexander an.

Zum Abendessen die geplanten Artischocken von mir, Herr Kaltmamsell servierte die Lammkoteletts mir Süßkartoffel-Pommes aus dem Speisefön. Wein dazu ein Verdejo Quinta Apolonia Belondrade von 2014, der eher versehentlich ein paar Jahre bei uns gereift war: Das hatte ihn durchaus interessanter gemacht, ich nehme an, er hat auch durch das Holz die Alterung gut vertragen.

Im Fernsehen ließen wir Grease laufen, der auf sehr eigenartige Art veraltet wirkte.

Zefix! Meine wichtigtuerische Gebärmutter gibt sich nicht geschlagen: An Tag 181 nach der letzten Blutung meinte sie doch nochmal menstruieren zu müssen. Kläglich aber eindeutig.

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Falls Sie ein weiteres Beispiel für kognitive Dissonanz brauchen:
“Die Wahrheit liegt auf der Straße”.

Die Münchnerinnen und Münchner wählen mehrheitlich grün – doch gleichzeitig steigt die Zahl der zugelassen Autos. Und SUVs sind besonders begehrt.

Journal Donnerstag, 17. Dezember 2020 – Superquitten

Freitag, 18. Dezember 2020

Früh aufgewacht, genug Zeit für ausführliche Reha-Gymnastik, ich kam ins Schwitzen.

Ich brach früher als in den vergangenen Tagen in die Arbeit auf, um rechtzeitig zur virtuellen Jahresabschlussfeier im Büro und vor meiner Laptop-Kamera zu sitzen. Vorher holte ich mir für die Brotzeit eine Mozzarella-Tomaten-Stange beim Bäcker – es hatte nichts mehr für Brotzeit im Haus gegeben. Nach der Feier manuelle Arbeit, es war viel Eintütens.

Ein wundervoller Sonnentag. Heimweg zu Fuß, mäandernd durchs Westend, ich blieb immer wieder stehen und genoss das schräge Sonnenlicht vor knallblauem Himmel. Die längste Schlange, die ich sah, stand an der Ausgabe “Lebensmittel für Bedürftige” an der Auferstehungskirche – bitter.

Im Vollcorner arbeitete ich die Einkaufsliste ab. Unter “Obst” bekam ich diesmal tatsächlich echte Mandarinen. Das stellte ich allerdings erst daheim fest: Ich hatte schon einmal zu den Zitrusfrüchten hinterm Schild “Mandarinen” gegriffen, doch daheim erwiesen sie sich als Clementinen oder sowas. Denn Mandarinen riechen beim Schälen wie das Mandarinen-Aroma, das wir von Fertig-Desserts kennen und sind voller Kerne – wie gestern.

Zu Hause gab es als Snack Weihnachtsstollen. Nach ein wenig Ausruhen machte ich mich an die diesjährige Herstellung von Quitten in Sirup. Die Quitten – ebenfalls vom Vollcorner – stellten sich als die besten heraus, die ich jemals verarbeitet habe. Sie dufteten angemessen (anders als die riesigen vom türkischen Süpermarket), trugen noch Flaum, hatte keine braunen Stellen und waren so frisch und saftig, dass sie sich gut schneiden ließen.

Und als ich den Topf öffnete, um die eingekochten Quitten in die bereitgestellten Gläser zu füllen, kam mir ein so vielfältiger Duft entgegen, wie ich ihn noch nie bei diesem Kompott hatte.

Zum Nachtmahl gab es neben Postelein-Salat aus dem letzten Ernteanteil des Jahrs ordentlich Käse sowie Scheiben vom aufgetauten selbst gebackenen Brot.

Vielleicht, so denke ich, macht mir diese immer bedrohlichere Corona-Zeit so verhältnismäßig wenig aus (außer ich kriege mal wieder nicht mit, dass sie mir sehr viel ausmacht, und muss das in ein paar Jahren ausbaden), weil Durchhalten mein Lebensgefühl ist. Ich will das alles nicht und mache das beste daraus, habe über Jahrzehnte gelernt, mir dieses Leben, durch das ich halt durch muss, irgendwie erträglich zu machen. Vielleicht müssen lebenslustige Menschen das jetzt erst lernen? Für mich ist der Unterschied die Sorge um andere. (Oder ich bin einfach ein unsensibler Klotz, auch eine Erklärung.)

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Kleine Erheiterung: Alle mir nach!

Journal Mittwoch, 16. Dezember 2020 – Vorbereitung Weihnachten ohne Familie

Donnerstag, 17. Dezember 2020

Früher als geplant aufgewacht, so war nach Twitter-Auslesen und einer Runde Crosstrainer-Strampeln noch reichlich Zeit für die Zeitungslektüre, bevor ich aus dem Haus musste – mit allen familiären Weihnachtsgeschenken bepackt.

Es schien immer wieder die Sonne, ich genoss die Ausblicke aus dem Bus.

Mittags Quark mit Joghurt, in den ich zum Süßen einen Esslöffel restliche Mince-Pie-Füllung gerührt hatte. Ich konnte genau die Verwirrung der kandierten Dekor-Kirsche sehen, die alles für ihre kulinarische Zukunft vorhergesehen hatte, nur das sicher nicht (passt aber ausgezeichnet, übrigens, Ehrmann sollte man über saisonalen Mince-Pie-Joghurt nachdenken).

Viel verschiedene Arbeit; ich verließ das Büro sehr pünktlich, um mit der U-Bahn (fast leer) zum Hauptbahnhof zu fahren (wenige Menschen) und einen Zug nach Ingolstadt zu nehmen (auch hier ging meine Einschätzung auf, dass ich mich sicher fühlen würde).

Auch die neblige Donauebene war gestern dezembersonnig.

In Ingolstadt warteten vorm Nordbahnhof meine Eltern und große Teile Bruderfamilie zum Weihnachtsgeschenkeaustausch, mein Bruder kam direkt von der Arbeit angeradelt. Ich sah meinen Vater (seit Montag zurück aus der Reha) und ließ mir seinen Post-OP-Gang zeigen (top!), umgekehrt musste auch ich meinen Gang mit neuem Hüftgelenk vorführen (allseits zufriedenstellend). Wir versicherten einander, wie sehr wir uns vermissen und dass wir uns sehr, sehr auf die nächstmögliche Familienzusammenkunft freuen. (Und ich musste meine Sorge um die Gesundheit all dieser Herrschaften mit Gewalt verdrängen. Mittlerweile erfahre ich fast täglich von der Infektion oder Erkrankung von jemandem, den ich persönlich kenne.) Dann nahm ich den nächsten Zug zurück nach München, auch der entspannend spärlich besetzt.

Ich kam müde nach Hause, räumte, aß eine Breze.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell einen Eintopf mit weißen Bohnen, Kartoffeln, Karotten, Graupen, Tomate. Nachtisch Plätzchen.

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“‘Bombardiert sie mit Briefen’: Schulen im Fokus der Maskengegner”.

Fragt man die Schulleiterin nach ihrem Wunsch für das neue Jahr, denkt sie kurz nach und antwortet: “Manchmal möchte ich den Eltern sagen: ‘Hört auf zu jammern, eure Kinder jammern ja auch nicht.'”

Journal Dienstag, 15. Dezember 2020 – Geschenkeeinpacken 2020

Mittwoch, 16. Dezember 2020

Morgens die Zeit vor der Arbeit nicht mit Sport oder Zeitunglesen verbracht, sondern mit dem Einpacken von Weihnachtsgeschenken. Langjährige Mitlesende wissen: Ein empfindliches Unternehmen, gefährlich vor allem für meine Ausgeglichenheit, denn Geschenkeeinpacken ist Basteln, und Basteln kann ich nicht. Doch es war eine gute Idee, die gelassenen Morgenstunden dafür zu nutzen, vor allem mit der Selbsterlaubnis, nicht fertigwerden zu müssen. So ließ ich zwei Geschenke übrig für nach Feierabend.

Ich ging zu Fuß in die Arbeit unter gemischtwolkigem Himmel und in mittelmilder Luft – genoss das sehr und freute mich ungemein, dass Fußweg in die Arbeit wieder eine Option ist.

Viel manuelle Arbeit, gegen den Hunger Mango mit Joghurt und ein Stück Brot.

Vom Büro fuhr ich direkt zum Reha-Sport. Zwei Drittel meines Programms absolviert, dann hatte ich meinen letzten Physio-Termin (der ganz ausgezeichnet war, diesmal hatte ich den Eindruck, dass sich wirklich um mein ganz konkretes Hüftgelenk gekümmert wurde), bevor ich fröhlich und munter mein Reha-Programm abschloss.

Daheim war ich sehr hungrig, aß Käse und Sauerteigcracker.

Abschluss des Geschenkeinpackens, dieses Jahr tat es wirklich gar nicht weh.

Zum Abendessen servierte Herr Kaltmamsell die zweite Hälfte der mächtigen Sellerieknolle aus Ernteanteil: In Scheiben gebacken aus dem Ofen mit einem Saucenklassiker, den er unbedingt mal ausprobieren wollte, nämlich der Sauce Café de Paris. Vom Sellerie war ich begeistert, mit der Fischnote der Sauce wurde ich vorerst nicht warm. Aber ich freute mich über diese neue Bekanntschaft.

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Schon mal über die Gestaltung von Türklinken nachgedacht?
“Points of contact – a short history of door handles”.

via @Hystri_cidae

So sieht die im Artikel erwähnte Bauhaus-Klinke aus, das ist die von Ludwig Wittgenstein entworfene (es gibt wohl wirklich noch Publikationen mit Rauslinkverbot).

Das ist ein faszinierendes Thema. Allein der Kulturunterschied in Europa: Dreh-Knauf (z.B. in Großbritannien) versus Klinke (z.B. Deutschland). Ich finde ganz erstaunlich, wie viele unpraktische bis unangenehme Türklinken es gibt, zum Beispiel viel zu dünne Stangen, die dann am End’ auch noch mit Ringen verziert sind. Dann wieder auffallend funktionale Türklingen, deren Sondereinsatz sofort offensichtlich wird, z.B. überlange Klinken in Krankenhäusern, die eine Betätigung mit dem Ellbogen ermöglichen.

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Wie Contact Tracing funktioniert.

Journal Montag, 14. Dezember 2020 – Ruhige Fußgängerzone

Dienstag, 15. Dezember 2020

Sonnentag, ich genoss schon vor der Arbeit beim Zeitunglesen das Licht.

Gemütlicher Bus in die Arbeit – allein schon weil der Straßenverkehr in die Innenstadt stehend dicht war.

Nach meinen vier Stunden Wiedereingliederungsarbeitszeit (zu Mittag gab’s Empanada vom Samstag, die sich sehr gut gehalten hatte – der Öl-haltige Teig zahlte sich aus) husch! in die Innenstadt, um das letzte Weihnachtsgeschenk zu kaufen. Ich ging von der U-Bahn Odeonsplatz direkt an den einen Ort, an dem Vorhandensein am wahrscheinlichsten war: Volltreffer. Weder Fußgängerzone noch Laden waren zwischen 15 und 16 Uhr unangenehm belebt, Schlangen sah ich in der Fußgängerzone nur vor den Läden, an denen ich seit Wiedereröffnung im Mai Schlangen gesehen hatte (Kleidung für Jugendliche). Ich begegnete allerdings in der Kaufingerstraße einem Fotografen mit mächtigem Teleobjektiv, der Richtung Marienplatz fotografierte – ich nehme an, eine Lokalredaktion brauchte eine Illustration für die Behauptung einer bummvollen Fußgängerzone.

Auf dem Heimweg (es war deutlich milder geworden) kaufte ich noch an einem Standl Madarinen und eine Mango. Zu Hause hatte ich Hunger, aß Mince Pies, Mandarinen, Stollen.

Im Bett mit Füßehoch las ich Internet, dann sah ich die Aufzeichnung einer Fernsehsendung von 1991 an: Günter Gaus im Gespräch mit Angela Merkel.

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https://youtu.be/YQBslPEZceI

Sehr spannend, die 37-jährige Angela Merkel zu erleben (damals Bundesministerin für Frauen und Jugend, kurz davor, stellvertretende CDU-Parteivorsitzende zu werden), die unter anderem ihre Entscheidung erklärte, sich parteipolitisch zu engagieren. Ich erkannte die souveräne Milde wieder, mit der sie sich von Günter Gaus nie provozieren ließ (nicht einmal, wenn er ihr über den Mund fuhr – der Mann war wirklich schwer erträglich). Da wir ja inzwischen wissen, dass sie ihre Reaktionen wirklich nicht hinter ruhiger Miene verbergen kann (umso interessanter, an welchen Stellen ihre Augenbrauen zusammenrückten), nehme ich ihr diese Gelassenheit komplett ab. Sie hatte auch keine Schwierigkeiten zuzugeben, dass sie etwas noch nicht weiß und noch lernen muss. Einmal sieht man bereits die Merkel-Raute.

Der Ernteanteil hatte eine mächtige Sellerieknolle umfasst; aus der Hälfte machte Herr Kaltmamsell Sellerie-Lasagne – diesmal eine übersichtliche Portion, die keine Reste hinterließ. Zum Nachtisch Schokolade.

Journal Sonntag, 13. Dezember 2020 – Keine Familienweihnacht, dafür Familien-Hauskonzert

Montag, 14. Dezember 2020

Lang geschlafen, bis acht!

Mit Herrn Kaltmamsell Lebensmittel-Bevorratung geplant. Wir sind seit vielen Jahren als Innenstadtbewohner ohne Auto gewohnt, immer für konkreten Einsatz einzukaufen, und das fast jeden Tag frisch. Ausgangsbasis für die Essensplanung ist der Ernteanteil, Grundvorrat sind Milch, Butter, Tomatendosen, ansonsten wird nachgekauft, was gerade leer wird (z.B. Senf, Tomatenmark), auf der Basis einer geteilten Einkaufszettel-App. So kann es zwar sein, dass von einer Lebensmittelgruppe, z.B. getrockneten Hülsenfrüchten, sehr viel Verschiedenes im Schrank steht; es kommt aber zu keiner Häufung des gleichen Lebensmittels auf Basis der Fehlannahme, es könnte eventuell fehlen.

Jetzt aber wollen wir aus Corona-Gründen so selten einkaufen wie möglich, zudem fällt für drei Wochen der Ernteanteil weg (Winterpause). Wir müssen also die Art Überlegungen anstellen, die heutzutage eigentlich die Norm sind, weil der größte Teil der Bevölkerung alle ein bis zwei Wochen zu einem Großsupermarkt fährt und einen Kofferraum voll Lebensmittel einkauft. Eine komplette Umstellung.

Ich musste bis mittags rumtrödeln, noch eine Tasse Tee trinken, Twitter leer lesen, bis ich die Energie für Sport aufbrachte. Dann aber mit Musik auf den Ohren Crosstrainer und ausführliche Gymnastik.

Zum Frühstück gab’s Käse mit einer Scheibe Brot, Mince Pies.

Jede Art von weihnachtlicher Feier mit Familie oder Familienteilen abgesagt, das Infektionsrisiko ist derzeit einfach zu groß. Ich werde nur einen kurzen Abstecher in hoffentlich leerer Bahn in meine Geburtsstadt machen, um Geschenke auszutauschen. Parallel dazu erfuhr ich Details der strengeren Ausgangsbeschränkungen, die jetzt doch schon ab kommenden Mittwoch gelten sollen (immer noch kein “Lock-down”: man darf das Haus beliebig oft verlassen, nicht mal die Schulen sind geschlossen).

Obwohl das Wetter wieder düster und nass war, wollte ich eine Runde raus. Ich ging die Lindwurmstraße runter und bog in fremde Gassen ein. In der Adlzreiter-Straße, in der ich noch nie war, stieß ich auf dieses Schild.

Es war ein wenig milder geworden, aber immer noch Handschuh-kalt.

Daheim schnell aufs Bett und Rechner aufgeklappt: Live auf instagram gab es eine Kultursendung der Bruderfamilie, eine knappe halbe Stunde vor allem Musik, aber auch Albernheit. Alle fünf sind Bomben-musikalisch und hatten ein zackiges Programm zusammengestellt: Spanisches Weihnachtslied (mehrstimmig), Literaturtipp, Andachtsjodler, Interview mit dem Erzengel Raphael (“Wie ist es denn gerade so im Himmel?”) (der Erzengel trug zu Miniflügeln Birkenstock-Pantoffel), das gecrasht wurde von einem recht billig eingekleideten Bischof Nikolaus, dann Speed-Metal-Version von “Jingle Bells” (Schlagzeug Bruder, E-Gitarre Neffe 2), A-capella-Version von “Last Christmas” (wieder fünfstimmig), “Nachrichten zum Nachdenken” (ernsthafte Erinnerung an Flüchtlinge auf Lesbos, auch an benachteiligte Kunstschaffende), alpenländisch Winterliches wieder fünfstimmig – dazwischen wurden instagram-Kommentare von Zuschauerinnen und Zuschauern vorgelesen. Rundum hinreißend!

Zum Nachmittagssnack aß ich alles Obst, das da war (Mandarinen, Orangen). In der Küche bahnte sich das Abendessen an.

Wirsinggemüse (Ernteanteil) mit Würschtln, dazu Kartoffelpü (Ernteanteil). Ich steuerte die Einbrenn für den Wirsing bei. Gutes Abendessen.

Zur Unterhaltung sahen wir aus der Mediathek eine Eichhörnchen-Doku auf arte an.

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Eine Liebesgeschichte, wie nur Corona sie schreiben konnte, von Laury Penny.
“My Highly Unexpected Heterosexual Pandemic Zoom Wedding”.