Journal Donnerstag, 6. Mai 2021 – Beifang aus dem Internetz

Freitag, 7. Mai 2021 um 6:32

Trotz gutem Schlaf morgens schwer aus dem Bett gekommen.

Nachdem mein Vater eine Lösung für das Spiegelproblem im Bad gefunden hatte (den Spiegel, den ich als ideal passend ansehe, besitze ich bereits aus der alten Wohnung, doch er ist brutal schwer und auf der unpassenden Seite mit einer Aufhäng-Vorrichtung ausgestattet) und mich auf einen Bestellknopf bei Amazon für eine Spiegelleuchte geschubst, war ich endlich ausreichend motiviert, nach einem letzten Regal fürs Bad zu suchen. Das ist jetzt auch unterwegs, beim nächsten Einsatz meines Handwerkervaters kann das Bad fertiggemacht werden.

Düsterer Tag. In die Arbeit kam ich noch trocken, doch dann regnete es immer wieder.

Zu Mittag gab es Vollkornbutterbrot (zwei Scheiben waren zu wenig, merken), Apfel, eine Banane – die erste seit einem Jahr, weil sie mir damals plötzlich nicht mehr schmeckten. Vielleicht ist ledigliche meine Toleranz weiter Richtung unreif gerutscht; sie liegt derzeit bei kurz nach raue Zähne und damit weit vor Sommersprossen.

Der Tag wurde immer düsterer, für den kalten Heimweg brauchte ich den Not-Regenschirm aus der Schreibtisch-Schublade. Es regnete so ausdauernd, wie es der Boden eigentlich noch ein paar Wochen bräuchte.

Daheim nochmal die Runde Yoga vom Vortag, diesmal ohne Ablenkung durch Elternsprechtag. Zum Nachtmahl verarbeitete Herr Kaltmamsell Teile des eben geholten Ernteanteils: Rote Bete, Kartoffeln, Lauch wurden Ofengemüse, dazu gab es Sauerrahm/Joghurt mit Ernteanteil-Schnittlauch.

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Die britische Tageszeitung The Guardian wird 200 Jahre alt. Eine gute Gelegenheit an eine Werbung aus dem Jahr 1986 zu erinnern, die verantwortungsvolle Berichterstattung visualisiert (manipulative Berichterstattung zeigt wider besseres Wissen nur eine der Perspektiven).

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https://youtu.be/_SsccRkLLzU

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Israel kämpft mit dem immer tieferen Graben zwischen der ultra-orthodoxen Bevölkerung und der säkularen Mehrheit. Die Massenpanik, die am Berg Meron zu 45 Toten geführt hat (sehr gute Seite Drei in der Süddeutschen zu den Hintergründen, gegen €), ist Anlass für diesen aufschlussreichen Kommentar in der Jerusalem Post:
“Meron tragedy underscores dangerous divisions in Israel – opinion”.
via @LilaR

Haredim (ultra-Orthodox), who believe in the literal truth of ancient Jewish teachings and truly desire religion to dominate their lives, cannot be expected to respect secular culture. And increasingly many make no pretense about viewing secular culture (from Ancient Greece to the Enlightenment to contemporary empiricism and liberal democracy) as an “empty cart” worthy mostly of disdain.
Secular people, meanwhile, cannot truly be expected to respect the haredi way. Liberals among them face the classic paradox of how to confront illiberalism.

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Noch nie drüber nachgedacht – aber im Moment der Bekanntschaft sofort fasziniert: Gewolltes Nichtwissen. Zwei Max-Planck-Direktoren haben es in den Fokus der Wissenschaft gerückt.
“Nichtwissen mit Bedacht”.

Hier auch ein Interview mit den beiden, Ralph Herwtig, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, und Christoph Engel, Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern:
“‘Gewolltes Nichtwissen kann als kulturelle Fähigkeit verstanden werden'”.

Ralph Hertwig: Wir unterscheiden mindestens sechs Funktionen von gewolltem Nichtwissen. Eine wichtige Funktion ist die Emotionsregulierung. Bestimmte Dinge nicht zu wissen, kann uns helfen, negative Emotionen zu vermeiden. So treffen manche Menschen zum Beispiel bewusst die Entscheidung, ihre Stasi-Akten nicht einzusehen, weil sie befürchten, Dinge zu lesen, die sie extrem traurig oder auch zornig machen würden. Beispielsweise, dass jemand, der ihnen nahesteht, mit der Stasi zusammengearbeitet hat. Eine zweite Funktion ist das Aufrechterhalten von Spannung und Überraschung: Bei einem Krimi möchten wir nicht vorab wissen, wie er ausgeht. Eine weitere Funktion betrifft den Erwerb neuer Fertigkeiten. Wenn ich mich als Anfänger ständig mit Fortgeschrittenen vergleiche, die besser sind als ich, kann das demotivierend wirken. Gewolltes Nichtwissen kann aber auch strategisch eingesetzt werden. Für jemanden, der eine Leitungsfunktion in der Politik oder Wirtschaft hat, kann es strategisch sehr wichtig sein, wahrheitsgemäß sagen zu können: „Von diesen Vorgängen habe ich nichts gewusst“. So wie Franz Beckenbauer, der im Zuge der Sommermärchen-Affäre sagte: „Ich habe immer blind unterschrieben“. Darüber hinaus kann gewolltes Nichtwissen Menschen vor bestimmten Vorurteilen schützen und so zu besseren Entscheidungen führen. Außerdem können wir gewolltes Nichtwissen als Strategie zum Informationsmanagement einsetzen. Diese Strategie hilft uns zum Beispiel mit der Informationsflut in den digitalen Medien umzugehen.

Konkretes Anwendungsbeispiel (ohne zu einem Ergebnis zu kommen):
“Harry Potter und gewolltes Nichtwissen in der Wohlfahrtsökonomie”.

die Kaltmamsell

5 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 6. Mai 2021 – Beifang aus dem Internetz“

  1. Gaga Nielsen meint:

    “Gewolltes Nichtwissen”, oh ja. Zum Beispiel ein Jahr oder zwei nicht mehr auf ein FB- oder Instagram-Profil zu schauen, um sich nicht mit Bildmaterial und Statusmeldungen zu belasten, die Anlass zu weiteren Schlüssen geben, die Übellaunigkeit verursachen :-)

  2. mareibianke meint:

    Ich assoziiere das “Recht auf Nichtwissen ” mit der Pränataldiagnostik. Hier ist es für Eltern, die ihr Kind in jedem Fall bekommen wollen, äußerst wichtig, dass ihr Umfeld respektiert, wenn sie auf mögliche vorgeburtliche Untersuchungen und Tests bewusst verzichten.

  3. trolleira meint:

    Ja das nicht wissen hilft oft sehr, ich habe fest gestellt, dass es hilft Nebenwirkungen bei Behandlungen nicht zu wissen, das hilft, sie nicht zu bekommen, bzw. das Wissen macht oft, dass man sie bekommt. Sicher eben eine Kopfsache!

  4. die Kaltmamsell meint:

    Genau das wird als Beispiel genannt, mareibianke.

  5. Simone meint:

    Ein bisschen beneide ich Sie um die Tatsache, dass Ihr Mann kocht (und auch noch gut); nach über einem Jahr würde ich zu gerne wieder mal etwas essen, was ich nicht selbst gekocht habe. Ich weiß, Luxusprobleme, aber trotzdem.
    Und dann musste ich tatsächlich zwei mal hingucken um zu sehen, dass da ein Glasteller drunter ist und das Essen nicht direkt auf dem Tisch liegt (nicht, dass ich das wirklich für möglich gehalten hätte, aber meine Augen, verflixt).

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