Journal Gründonnerstag, 14. April 2022 – Hausarztabenteuer und ein Abend in der Brasserie Colette

Freitag, 15. April 2022 um 9:03

Ich hatte morgens wegen Arzttermin um acht mehr Zeit und den Wecker vorgestellt. Wachte dennoch zur üblichen Zeit auf – nach einer wirklich gut geschlafenen Nacht.

Beim Verlassen des Hauses roch es wie schon am Mittwoch in herrlichem Wetter massiv nach Frühling, ich hatte heftige Wander-Assoziationen.

Der neue Hausarzt (Internist) ließ sich meine Klimakteriumsbeschwerden erzählen, schickte mich aber doch zum Gyn, denn dort gebe es die tiefe Fachkenntnis, die für die Einstellung einer Hormonersatztherapie nötig sei (ich bekam die Empfehlung für drei Praxen, auf einem Zettelchen als Ausdruck vorbereitet). Seine Aufgabe sah er darin, mögliche andere Ursachen meiner Beschwerden auszuschließen. In der daraus folgenden Fragerunde gab ich auch meinen Appetit- und daraus resultierenden Gewichtsverlust zu Protokoll.

Bei der Rundum-Erfassung durch eine freundliche und routinierte Medizinische Fachangestellte MFA musste ich auf die Frage nach meinem Körpergewicht komplett passen (“Ich habe keine Ahnung.”), konnte mich wegen Körperveränderung nicht mal mit einer Schätzung behelfen (eine Waage besitze ich ja seit vielen Jahren nicht mehr). Woraufhin mich die Angestellte auf die Praxiswaage stellte, ich sie aber rechtzeitig bitten konnte: “Bitte das Ergebnis nicht sagen.” (Wegen vieler lieber nicht aufzumachender Fässer.)

Als ich zur Durchsprache der Laborergebnisse an der Theke einen Termin vereinbarte, wurde ich gefragt: „Möchten Sie zu uns kommen oder per Video-Sprechstunde?“ Sie können sich vermutlich meine leuchtenden Augen vorstellen. Möglicherweise ist die neue Hausarztpraxis exakt die richtige für mich.

In der Arbeit nahm mir die Arbeit die einstündige Verspätung schwer übel und fiel mich vielfältig an, alles eilig, alles dringend oder menschlich.

Zu Mittag gab es übrige Grie Soß (SO gut!) mit kalten Kartoffeln und einen Apfel.

Obwohl ich eine Stunde später angetreten war, machte ich freitäglich gewohnt um halb fünf Feierabend – damit wahrscheinlich UNTERSTUNDEN!

Auf dem Heimweg Einkäufe, zu meiner Überraschung war die Osterware des großen Edekas im Forum Schwanthalerhöhe bereits so leer gekauft, dass ich keine Deko-Süßigkeiten für den polnischen Osterkuchen Mazurek mehr bekam – ich werde am Samstag nochmal losmüssen.

Das Wetter war sensationell, alles saß draußen, viele bare Arme und Füße, Sandalen waren durchaus angemessen.

Nachtmahl gab’s aushäusig, wir hatten in der Brasserie Colette reserviert. Ich zog mir dafür ein hübsches Bluserl an, Herr Kaltmamsell trug neue Jeans (er war gestern meinem Tipp gefolgt und hatte sich beim Hirmer – endlich – zu gut sitzenden beraten lassen), dann spazierten wir in herrlicher Abendluft durchs Glockenbachviertel und viel feierabendliches Volk ins Restaurant.

Keine Impfkontrollen, keine Masken – letztere hatte ich für Kundschaft in der Gastronomie eh albern gefunden, weil die Infektion durch Aerosole die Unterscheidung zwischen Sitzen am Platz und Aufstehen zum Klo unlogisch machte. Wir beide hatten uns zur (relativen) Sicherheit der anderen morgens noch gestestet.

Das derzeitige Monatsmenü orientierte sich an der Auvergne, das wollten wir, und zwar inklusive Weinbegleitung. Aber erst mal ein Glas Cremant, auf das ich mich schon den ganzen Tag gefreut hatte. Dazu gab es wie immer Cornichons und Brot mit Butter.

Das Menü startete mit Räucherlachs und ein wenig Linsen mit Salzzitrone.

War ok – wir lernten nichts, was wir über Räucherlachs nicht schon wussten. Dazu gab es einen elsässer Riesling Domaine Ostertag, der mir gut gefiel (also nicht sehr Riesling-typisch schmeckte).

Interessant war der Zwischengang: Patranque ist eine rustikale Auvergner Speise aus Roggenbrot und Käse, in der Pfanne rausgebraten. Hier serviert mit besonders köstlichen roten Zwiebelchen.

Schmeckte mir sehr gut. Auch der Wein dazu war spannend: Es gab einen betont un-blumigen, un-duftigen weißen von der Rhône aus autochthonen Reben: Château de Montfaucon Comtesse Madeleine Lirac 2020.

Gleich mal gemerkt.

Der Hauptgang gefiel uns beiden am besten: Gebratene Kaninchenleber, Ravioli mit Kaninchenschenkel gefüllt, dazu gelbe Bete und Feldsalat.

Auch den Rotwein dazu mochte ich sehr: ein Beaujolais Jean Foillard Morgon 2020.

Nachtisch war eine Apfeltasche mit Buttereis, schön fruchtig.

Der Süßwein dazu war ein Rivesaltes Ambré 17 ans, nett.

Für Espresso zum Abschluss spazierten wir heim, es war immer noch schön mild, die Leute saßen weiterhin draußen. Zu Hause machte ich uns (koffeinfreien) Espresso, dazu ein Glas 33 Jahre alten spanischen Brandy Cardenal Mendoza (wunderbar!) aus dem Bestand des besten Freunds meines Vaters, der seine Sammlung auflöst (der Korken war bereits so mürbe, dass er auseinander brach und ich den unteren Teil vorsichtig mit dem Korkenzieher entfernen musste – zum Glück in einem Stück und ohne Bröselei).

§

Sollten Sie jüdischen Freund*innen/Nachbar*innen das christliche Osterfest erklären wollen: Hier eine ausführliche Anleitung.

die Kaltmamsell

12 Kommentare zu „Journal Gründonnerstag, 14. April 2022 – Hausarztabenteuer und ein Abend in der Brasserie Colette“

  1. Alexandra meint:

    Ich bin bisher der einzige Mensch, den ich kenne, bei dem sich alle zugeneigten Personen vorbehaltlos freuen, wenn ich mitteile, soundsoviel Kilogramm zugenommen zu haben.

    Nun. Der Gewichtsverlust von 40% geschah nicht freiwillig.

    Dass Zunahme unter Anderem zum alles bestimmenden Terror werden kann, finde ich rundherum unerträglich.

    Es wird mir aktuell durch gegenteilige Suchergebnisse auf “Wege zur Gewichtszunahme” zur Zeit überdeutlich klar

    Ein dringend an der Wurzel auszurottendes Übel!

    DEN/DIE Arzt/Ärztin gefunden zu haben ist beglückend.

  2. Kitty Koma meint:

    Spanischer Brandy! Ich bin vor vielen Jahren mal allein durch Andalusien gefahren und der Abschluss jedes Abendmahls war ein Brandy.
    Glücklich der, der eine ganze Sammlung hat.

  3. die Kaltmamsell meint:

    Oh Gott oh Gott, Alexandra: 40% liest sich erschreckend.

    Ich wüsste gerne, Kitty Koma, welchen Stand Brandy gerade in Spanien hat: Vielleicht total uncool?

  4. N. Aunyn meint:

    Ich denke, daß hierzulande, der Erklärungsbedarf eher umgekehrt läuft :-) Schöne Feiertage.

  5. Neeva meint:

    Der Erklärungsthread für Ostern ist wundervoll. Noch besser ist der Thread mit den Erklärungen. Sonst hätte ich fast die Hälfte nicht verstanden oder wäre mir nicht sicher gewesen.

  6. Mari meint:

    So eine Hausarztpraxis hätte ich auch gerne!
    Ich beneide immer ein bisschen eine Freundin in Finnland. Wenn sie ein Dauermedikament nachordern muss, ruft sie bei ihrem Arzt an. Dieser leitet das Rezept direkt an die Apotheke, welche ihr eine Nachricht schickt (SMS), sobald es abgeholt werden kann.
    Bei mir zieht sich der gleiche Vorgang über 2 Tage. Anruf beim Arzt – Rezept abholen (immer mit Wartezeit) – Apotheke (Medikament muss meistens bestellt werden) – Apotheke (am nächsten Tag) um das Medikament abzuholen. Mit Radl- + Wartezeit dauert dies insgesamt 1,5 Stunden. Und natürlich alles tagsüber (Apotheke schließt um 18.00 Uhr).
    Ich wäre sehr für finnische Verhältnisse!

  7. Friederike meint:

    Guten Tag!
    Welchen koffeinfreien Espresso nehmen sie, wenn ich fragen darf?

    Mit freundlichen Grüßen

  8. die Kaltmamsell meint:

    Beim Eataly habe ich Caffé Vergnano Decaffeinato gefunden, der mir sehr gut schmeckt, Friederike.

  9. Sebastian meint:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************

    Gerne gelesen

    *******************************************************

  10. Alexandra meint:

    Eine Begleiterscheinung einer anderen nicht von mir ausgesuchten Geschichte, liebe Frau Kaltmamsell. Aber ich habe keine Lust, mich zu fürchten. ;)

    Lustig finde ich, wie alle sich freuen – und mir ihre “Bäuchleins” dazu geben wollen – wenn ich berichte, dass ich wieder etwas mehr “Ich” geworden bin.

    Und dass ich bei entsprechender Suche immer nur Diätanweisungen finde, ist beknackt.

  11. Alexandra meint:

    Und die Menschen aus der Türkei, die jetzt ihre Rente in der alten Heimat verbringen wollen, kommen aufgrund des mit dem Alter zunehmenden Bedarfes doch zurück nach Deutschland in unser Gesundheitssystem. Es ist alles relativ.

    Wenn ich Unterlagen vom Arzt schnell an meine Krankenkasse weiterleiten will, ist das andererseits oft “Steinzeit meets Digital”: Zum Arzt fahren, das erhaltene Papier umgehend noch auf der Empfangstheke der Praxis mit dem Handy abfotografieren, in der Krankenkassen-App hochladen und damit quasi im selben Moment dem Sachbearbeitenden dort auf den Schreibtisch legen.

    Finnisch fände ich also für so etwas auch schöner … ;)

  12. Eva meint:

    In den U.S.A. in dieser Hinsicht (und vermutlich leider nur in dieser) ebenfalls finnische Verhältnisse, zumindest wenn man krankenversichert ist.

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