Journal Montag, 26. September 2022 – San Sebastián 11: Essen im Schulrestaurant des Basque Culinary Center

Dienstag, 27. September 2022 um 9:00

Wegen Tagesprogramm vorsichtshalber den Wecker gestellt, der mich um halb acht auch wirklich weckte.

Denn vor dem Hauptprogrammpunkt des Tages wollte ich noch genügend Zeit zum Bloggen und Joggen haben (“Blogg&Jogg” als Titel für eine Veranstaltung schützen lassen?).

Der Himmel sah bedrohlich düster aus, doch der Regenradar zeigte erst mittags Niederschläge an.

Der Lauf entlang der Concha war dann auch ganz herrlich und zum Teil sonnig. Bei niedrigster Ebbe traute ich mich erstmals statt den Tunnel zur Bucht Ondarreta den Weg untenrum über Strand und Felsen zu nehmen, der nur bei Ebbe passierbar ist.

Letzter Check an der Bushaltestelle vorm Haus nach Abfahrtszeiten des Busses, der uns zum Mittagessen bringen sollte – Erkenntnis, dass das so nicht stimmen konnte: Laut Plan würde der Bus anderthalb Stunden und viele Umwege für eine Strecke brauchen, die Google als eine gute Stunde Fußweg anzeigte. Ich gab auf und bat Herrn Kaltmamsell um eine neue Recherche von Null: Wie kommen wir zum Basque Culinary Center, sodass wir unsere Restaurant-Reservierung um 13.45 Uhr wahrnehmen können? Er fand über die Routenplanung von Google Maps innerhalb kürzester Zeit eine bessere Busverbindung.

Dieses Basque Culinary Center hatte ich bei der Urlaubsvorbereitung entdeckt, als ich nach den baskischen Männerkochclubs suchte, von denen ich schon viel gehört hatte. Etwas versteckt stieß ich auf das Restaurant der Studierenden, in dem auch Externe essen können, Reservierungsmöglichkeit immer am Anfang des Monats. Und so guckte ich Anfang September täglich danach, doch immer hieß es, das Restaurant sei noch in den Ferien. Erst als ich vergangene Woche hier in San Sebastián nachsah, war der Reservierungslink aktiv. Es gibt nur Mittagstermine, das Restaurant ist ja Teil des Unterrichts.

Das mit der Busverbindung war relevant, weil das Basque Culinary Center ziemlich weit draußen im Süden von San Sebastián in einem Technologiepark liegt: Dort passt es mit seinem akademischen und Forschungsanspruch auch hin.

Das Gebäude aus dem Jahr 2011 macht was her (sieht aber wie so viele zeitgenössischen Bauten nach wenigen Jahren an einigen Stellen bereits renovierungsbedürftig aus). Die englische Wikipedia bietet weitere Hintergrundinformationen zur Einrichtung.

Von hinten.

Von vorne. Ich musste an der Information einen jungen Mann in Laborkittel nach dem Weg fragen, um zum Restaurant zu finden.

Wir wurden an unseren Platz gebracht, unsere Bedienung stellte sich vor. Und dann aßen wir interessant und gut – am gefesselsten aber war ich von all den jungen Leuten um uns rum, von den Student*innen. Ich versuchte nicht zu sehr zu starren, hätte aber am liebsten von allen den persönlichen Hintergrund erfahren.
(Wenn die Anblicke gestern repräsentativ waren, sind flächendeckende Tätowierungen und viele Piercings bei ambitionierten Nachwuchsköchen aus der Mode gekommen. Allerdings bot Herr Kaltmamsell die Erklärung an, dass Männer mit Körperschmuck die Stationen des Kochenlernens markieren und Tätowierungen folglich erst bei älteren Köchen voll ausgebildet sind.)

Die Speisekarte war über QR-Code aufs Handy zu holen, aus Vor-, Haupt, und Nachspeise suchten wir uns jeweils eine aus – und wurden gebeten, möglichst nicht das Gleiche wie die Begleitung zu wählen.

Als Wein ließen wir uns einen Txakoli empfehlen, einen Itsasmendi 7: Frisch, viel Säure, Zitrusnoten, mit ein wenig Luft aber noch viel mehr.

(Ich habe Herrn Kaltmamsell bereits um Verzeihung für die Veröffentlichung dieser unvorteilhaften Aufnahme von ihm gebeten – aber es ist die einzige, die den Restaurant-Raum zeigt.)
Aperitivo waren für uns beide: Entenpastete (gleich mal mein Favorit), sowie Blumenkohl und Karotten in Sahnesauce mit ein wenig roter Paprika.

Als Vorspeise hatte Herr Kaltmamsell Reis mit Schnecken und Lamm bestellt, er wurde mit Minzschaum serviert. Ich hatte Linsen mit Bacalao. Wir konnten aus dreierlei Brot dazu wählen: Brioche, traditionelles Bauernbrot (das nahm ich: wirklich guter Weizensauerteig) und Vollkorn.

Hauptspeise: Bei mir gegrillte Lachsforelle mit Fenchel (sehr gut, nur die Haut etwas widerspenstig fest), bei Herrn Kaltmamsell gegrilltes Rind (Lende?) mit Kartoffelgratin und gegrilltem Chicoree.

Als Dessert hatte ich Baba al ron (bei dem mir Rum und Saftigkeit etwas fehlten) mit Pfirsich und – zweiter Favorit des Menüs – Schafsmilcheis. Herr Kaltmamsell hatte ein Apfeldessert bestellt: Apfeleis, Apfelkaltschale, Apfelstücke.

Zum abschließenden Café gab es Pralinen, ganz hervorragend. Zur Rechnung wurden wir gebeten, auf der QR-Code-verlinkten Site einen Fragebogen auszufüllen, als Feedback für die Studierenden, die gekocht hatten und im Service geübt. Zur Ausbildung gehört ja auch der Umgang mit den Gästen inklusive Smalltalk (ich kenne das von der Friseurausbildung), und so hatte der eine freundlich mit uns gescherzt, die andere sich erkundigt, woher wir kommen – gut gemacht!

Und ein schönes Klo hat’s da auch.

Wir verließen den Ort ausgesprochen vergnügt, ich kann das Erlebnis empfehlen.

Zurück in der Stadtmitte gingen wir auf ein paar Einkäufe in den Supermarkt, Urlaub in der Ferienwohnung machen auch Aufstocken von Kaffee, Klopapier, Küchenrolle nötig. Beim Feigenkauf in einem Obstladen wurde ich von der Besitzerin sowohl mit cariño als auch mit reina tituliert, die Liste ist abgehakt, ich kann beruhigt heimfahren.

Zeitunglesen in Decken gewickelt.

Abendessen: Apfel, Tomatensalat mit Zwiebeln, Käse mit Feigen und Brot, Schokolade und süße Gummis.
In den Nachrichten dazu: Überflutungen wegen extremer Regenfälle, in der Region Múrcia die stärksten seit den Wetteraufzeichnungen, auf den kanarischen Inseln halten die Regenfälle an.
Die Kampagne zur vierten Anti-Covid19-Impfung hat begonnen, erst mal für die Ü-80-Jährigen, Risikogruppen, Gesundheitspersonal: Spanien hat offensichtlich gewartet, bis ein Impfstoff zugelassen war, der auch Omikron abdeckt. Grippeimpfung empfohlen für alle über fünf Jahren.

§

Kennte ich den aktuellen Moderator nicht, hätte ich natürlich nie von diesem TV-Format erfahren, bin jetzt aber sehr angetan: Im Luxemburger Fernsehen gibt es die Show Generation Art, in der junge Künstler*innen gegeneinander in Challenges antreten und von einer Fachjury bewertet werden, in jeder Folge muss eine*r gehen. In dieser Staffel sind das Fotograf*innen, die erste Folge kann man in der Mediathek sehen:
“Déi éischt Episod mat engem kreativen Challenge”.

(Auf Luxemburgisch, mal ein anderes europäisches Sprachbad.)
Das Format ist sehr zackig und knapp, nichts riecht nach scripted reality, mich hätten oft noch mehr Details und Hintergründe interessiert – welch angenehmer Gegensatz zu all den internationalen Koch-, Back- und Dinnershows im Fernsehen, die ich nie durchhalte, weil sie mir viel zu detailreich, gestellt, und geschwätzig sind.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Montag, 26. September 2022 – San Sebastián 11: Essen im Schulrestaurant des Basque Culinary Center“

  1. Saarländerin meint:

    Europäische Sprachbäder: Das Schwimmen in Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch, selbst Portugiesisch ist lernbar. Echte CHALLENGES dagegen sind Lëtzebuergesch – und Baskisch!

  2. die Kaltmamsell meint:

    Das geht mir ganz anders, Saaländerin: Luxemburgerisch verstehe ich fast so mittelgut wie Schweizerdeutsch, da es viele Gemeinsamkeiten mit dem Deutschen hat. Baskisch wiederum hat belegbar keiner Ähnlichkeit mit irgendeiner anderen Sprache – ich verstehe weder geschrieben noch gesprochen auch nur eine Silbe.

  3. Saarländerin meint:

    Ja, dem saaRländischen Dialekt ist die Sprache unserer luxemburgischen Nachbarn auch etwas ähnlich.

  4. Sebastian meint:

    Was für ein tolles Mittagessen! Mit Vergnügen gelesen.

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