Journal Montag, 18. September 2023 – Vor-Urlaubs-Anstrengung und Geburtstagsfeier

Dienstag, 19. September 2023 um 7:05

Besonders früher Wecker wegen eines beruflichen Einsatzes, die damit verbundene Unruhe hatte ein wenig meinen Nachtschlaf beeinträchtigt.

Geburtstagsküsse für Herrn Kaltmamsell. Torte gab’s dieses Jahr keine (Alter macht nachlässig), Geburtstagsgeschenk waren zwei neue Wander-/Joggingkappen.

Besonders früher Marsch in die Arbeit (in kurzen Ärmeln nur leicht gefröstelt). Zum Glück musste ich nur dieses eine Mal ums aktive Oktoberfest herumgehen, denn nachdem in den vergangenen Jahren bereits die Fahrradwege am umgebenden Bavariarung gesperrt waren, sind es dieses Jahr auch die Gehwege: Ich musste auf der Straße laufen.

In der Arbeit Zackigkeit, aber alles nach Plan. (Mal wieder: Wenn sich ein berufliches Problem durch Bewerfen mit meinem privaten Geld in übersichtlicher Höhe lösen lässt – super! Das ist meine Art, outside the box zu thinken.)

Insgesamt herrschte allerdings Schlagzahl in unangenehmer Höhe. Zwischen Besprechungen und Rumrennen schoss ich kurz raus auf einen Mittagscappuccino.

Spätes Mittagessen: Apfel, missglücktes Frühstückssemmelchen, Quark mit Joghurt. Jetzt verdunkelte sich der Himmel immer mehr, es regnete hin und wieder.

Am Nachmittag zügiges Wegarbeiten und Regeln für zwei Wochen Urlaub. Ich machte fast pünktlich Feierabend, denn ich musste die Jagd nach einem Medikamentenrezept fortsetzen: Vor meiner Abreise benötigte ich noch ein Rezept von meiner Hausarztpraxiskette mit durchtechnisierter Kommunikation. Dafür hatte ich vergangenen Donnerstag eine Anfrage per Website-Formular gesendet, auf dem es hieß, sie werde spätestens nach drei Stunden beantwortet – aber keine Antwort erhalten. Nach Feierabend ging ich auf Verdacht (diese Praxis veröffentlicht online keine Öffnungszeiten) zu dieser Praxis – sie war geschlossen. Jetzt versuchte ich es per Terminvereinbarung, die es explizit auch für Abholung eines Folgerezepts gibt, am gestrigen Montag nach Feierabend. Um am Sonntag eine SMS mit Verschiebung dieses Termins auf den späten Vormittag zu bekommen – den ich natürlich absagen musste, denn da war ich in der Arbeit. Gestern Vormittag versuchte ich es telefonisch – erreichbar war nur eine Bandansage mit vielen Alternativen (“drücken Sie die 4”), und neben der Anweisung, deren App runterzuladen (wie bitte?), sollte ich eine Anfrage per Online-Formular stellen, sie werde spätestens nach drei Stunden beantwortet. Ohne große Hoffnung tat ich das also nochmal, mit genauso wenig Antwort.

Mittelpünktlicher Feierabend, ich ging über einen Umweg entlang der ruhigeren Südseite der Theresienwiese nochmal zur Arztpraxis, daran ein Schild, dass sie an diesem Montagnachmittag geschlossen sei, am Dienstag aber “zu den gewohnten Zeiten” (?) geöffnet. Mal sehen, ob ich es vor der Abfahrt meines Zugs schaffe, bei einem definitiv letzten Besuch dieser Praxis an mein Rezept zu kommen. Ich stehe ja auf Durchtechnisierung, sie setzt allerdings voraus, dass die Beteiligten damit umgehen können.

Auf den letzten Metern wurde ich leicht feuchtgeregnet. Daheim nur kurzes Auspacken, ich führte Herrn Kaltmamsell zum Abendessen aus; unter den wenigen feinen Lokalen, die auch Montagabend öffnen, hatte er sich die Brasserie Colette ausgesucht. In weiterem Regentröpfeln spazierten wir dorthin.

Es gab ein paar erste Male, unter anderem zum Aperitif einen French 75: Gefiel mir sehr gut.

Und dann die berühtme Bouillabaisse des Hauses mit Rouille auf Brioche und extra angegossener Flüssigkeit. Tatsächlich ausgesprochen köstlich.

Auch beim Hauptgang hatten wir auf dasselbe Lust: Thunfisch Niçoise auf Artischockenpüree.

Mit ein wenig Anstrengung schafften wir Dessert: Für den Herrn Crème brûlée mit Zitronensorbet, für mich Tarte au chocolat – bei diesem Namen hatte ich allerdings keinen Rührteigkuchen erwartet, sondern eine Mürbteigschale mit Schokoladenfüllung. Schmeckte trotzdem.

Den abschließenden Schnaps gab’s daheim, der Herr musste am nächsten Morgen früh raus in die Arbeit.

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Regelmäßiges Großereignis bei der Deutschen Bahn (nur kurz zur Sicherheit und zur Erinnerung: Ich bin begeisterte Bahnreisende.): Fahrplanwechsel. Und zwar auch heimlich zwischen den offiziellen im Juni und Dezember. Rein statistisch müssten doch dadurch einfachere Verbindungen diejenigen aufwiegen, die durch den Wechsel komplizierter werden. Tun sie aber nicht. Vanessa kann eine komplette Reise in die Tonne treten und fährt nun doch mit dem Auto in den Urlaub, meine heutige Verbindung von München 330 Kilometer ins Nordfränkische dauert durch die Umstellung mit fünfeinhalb Stunden lediglich eine gute Stunde länger als ursprünglich recherchiert und enthält einen Umstieg mehr (mit jeweils 15 Minuten Umstiegszeit, drücken Sie mir bitte die Daumen). Noch ein Glück.

§

Luisa Neubauer, Klimaaktivistin und Mitgründerin von Fridays for Future, fasst auch meine Verzweiflung in Wörter:
“Kulturkampf kann man nur verlieren”.

Lange hatte man gehofft, dass genug Klimakatastrophen die Politik schon zum Handeln bringen würden, der Katastrophensommer 2023 bricht mit dieser Vorstellung, nirgends ist angemessenes politisches Handeln in Sicht.

(…)

Statt Kampf gegen die Klimakrise bringt das Jahr 2023 bisher vor allem eins: Kampf um Kultur. Jede Fahrradstraße, jede Wärmepumpe, jedes Windrad wird zum Angriff auf die Republik, jeder Meter Autobahn zur Festung bürgerlicher Freiheitsfundamente.

Doch Neubauer hat durchaus eine Idee, woran das liegt – auch wenn ich mir ihre Gegenvoschläge nicht konkret umgesetzt vorstellen kann.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Montag, 18. September 2023 – Vor-Urlaubs-Anstrengung und Geburtstagsfeier“

  1. Neeva meint:

    Hmmm. Zumindest im Osten könnte es beim Kulturkampf helfen, die utopische Literatur wieder aufleben zu lassen. So ein paar Karl-Heinz Tuschel Verfilmungen… In den Büchern hat allerdings der Weltkommunismus lange gewonnen, kann sein, dass das zu politisch ist. :-)
    Modernen Solar-Punk gibt es ja auch.

  2. Markus Kolbeck meint:

    Die Erfahrung mit der Arztpraxis ist schon das halbe Script für einen Horrorfilm. Allein beim Lesen nervenzehrend.

  3. Thea meint:

    Ich stimme Markus Kolbeck zu.

  4. @lazycuttlefish meint:

    Ach, wie schön, noch jemand, der Karl-Heinz Tuschel kennt.

  5. Tine meint:

    ja, als regelmäßige Wochenendpendlerin mit der Bahn kenne ich das auch. Das ist kein Fahrplanwechsel, das ist einfach eine Verschiebung der Züge aufgrund von Baustellen. Täglich und wöchentlich aufs Neue. Momentan kommt das leider an allen Stellen bei der Bahn vor. Jede Woche ist es spannend, ob und welche Züge fahren, wie oft ich umsteigen muss (von Metropole zu Metropole, also nicht von Dorf zu Dorf). Früher kannte ich die Züge auswendig, jetzt wird Woche für Woche neu ausgewürfelt, wo man umsteigt und wo man hängen bleibt.

    Es ist schade, dass die Bahn auf diese Weise Vertrauen verspielt. Es ist gut, dass gerade so viel gebaut wird, aber es ist einfach kein Ende in Sicht. Es wird ja noch viel schlimmer werden.

    Und dabei kann man den Bogen schlagen zur Klimakrise. Die Bahn muss jetzt eigentlich zu viel auf einmal umbauen, um überhaupt noch zu funktionieren, weil sie jahrzehntelang alles vernachlässigt hatte. Genauso werden wir später auch viel zu viel auf einmal umbauen müssen, einfach, weil wir heute keine Lust auf ein bisschen Umbau haben.

  6. Beate meint:

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    Gerne gelesen

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  7. Joël meint:

    Hi hi. Mein erster Verleser das Tages:
    Von München 330 Kilometer ins Nordafrikanische…

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